Definition des Behandlungspfades

  • Versuch einer Definition

    Mit dem Begriff „Klinischer Behandlungspfad“ werden verschiedenste Definitionen in Deutschland verbunden, die eine klare Diskussion erheblich erschweren. In der internationalen, aber insbesondere auch der deutschen Literatur über Behandlungspfade werden unterschiedlichste Begriffe inhaltlich gleich, aber auch gleiche Begriffe inhaltlich verschieden definiert, teilweise sogar in den selben Publikationen. Clinical Pathways, critical Pathways, Patientenpfade, Behandlungspfade, Leitlinien, Behandlungsrichtlinien, Arbeitsanweisungen, Standard operating procedures etc. werden synonym und divergent verwendet. Kliniken berichten über Behandlungspfade, meinen damit aber oft Leitlinien, Checklisten, Arbeitsanweisungen oder andere Unterlagen, die teilweise in den Stationsregalen oder den unergründlichen Tiefen des Intranets „schlummern“, in der täglichen Patientenbehandlung aber nur eine marginale Rolle spielen. Abläufe müssen nicht nur neu organisiert werden, sondern die Neuorganisation muss auch umgesetzt, also gelebt werden. "Organisationspläne", die in Form von gedruckten Unterlagen oder im Intranet der Klinik „prinzipiell“ zur Verfügung stehen, in der Praxis aber nicht einheitlich und vor allem messbar angewendet werden, werden keine nachhaltigen Veränderungen bewirken können.
    Eine Definition des klinischen Behandlungspfades ist in der Tat schwierig und wird immer durch persönliche Ansichten, lokale Verhältnisse und weitere Faktoren beeinflusst. Um die Diskussion zu erleichtern , möchte ich unsere Definition für den klinischen Behandlungspfad vorstellen:

    DEFINITION
    Ein klinischer Behandlungspfad ist der im Behandlungsteam selbst gefundene berufsgruppen- und institutionenübergreifende Konsens bezüglich der besten Durchführung der Krankenhaus-Gesamtbehandlung unter Wahrung festgelegter Behandlungsqualität und Berücksichtigung der notwendigen und verfügbaren Ressourcen sowie unter Festlegung der Aufgaben und der Durchführungs- und Ergebnisverantwortlichkeiten. Er steuert den Behandlungsprozess, ist gleichzeitig das behandlungsbegleitende Dokumentationsinstrument, und erlaubt die Kommentierung von Abweichungen von der Norm zum Zwecke fortgesetzter Evaluation und Verbesserung.


    Abzugrenzen vom klinischen Behandlungspfad sind Patientenpfade. Wir definieren Patientenpfade als die für Patienten verständliche aggregierte Form eines Behandlungspfades, der dem interessierten Patienten überreicht werden kann.


    Der Behandlungspfad ist keine klinische oder pflegerische Leitlinie mit Darstellung der verschiedensten diagnostischen und therapeutischen Optionen, aber auch keine starre Arbeitsanweisung, die im Sinne einer Kochbuchmedizin die ärztliche oder pflegerische Entscheidungsfreiheit einschränkt und unausweichlich den Behandlungsweg vorschreibt. Der Pfad stellt vielmehr den im Team definierten Handlungskorridor für die Diagnostik und Therapie bei einem Patienten mit einem beschreibbaren Symptom oder Krankheitsbild im Sinne einer logistischen und zielorientierten Ablauforganisation mit Entscheidungsvarianten (alternative Pfadverzweigungen, Teilpfade) dar. Er darf einem Behandlungsteam nicht von außen aufgezwungen werden, sondern ist von ihm selbst zu entwickeln.

    Norbert Roeder

  • Guten Tag

    Ich finde diese Definition als gut, ausführlich und erschöpfend.
    In der Praxis könnten sich 3 Formen von Behandlungspfaden entwickeln :

    1. Den Zielorientierten Behandlungspfad mit „Deadlines“. Man markiert innerhalb des geplanten Behandlungsverlaufs ein oder mehrere Meilensteine und orientiert sich mit den durchzuführenden Prozessen an diesen Markierungen. Beispiel : Im Behandlungspfad Leistenhernie halte ich das OP-Datum und das Entlassungsdatum als Markierungen fest und sage :
    a. Bis zur ersten Markierung (OP) muss ich folgende Prozesse ohne eine bestimmte Rheinfolge durchgeführt haben : EKG, Labor, Rö-Thorax, Anamnese, Einverständniserklärung, Pflegeanamnese usw.
    b. Bis zur nächsten Markierung (Entlassung) müssen folgende Prozesse durchgeführt werden: Aufklärung, Anleitung zum Verbandwechsel, AU-Bescheinigung ausstellen usw.
    2. Den Prozessorientierten Behandlungspfad. Hier muss jeder Prozess genau definiert werden. Die Eingangsbedingungen für jeden Prozess müssen genau festgehalten werden, z.B. Kein Rö-Thorax, wenn Alter < 40 Jahre oder kein EKG wenn Alter < 30 Jahre, keine Aufnahme wenn Diagnose fehlt usw. Für jeden Prozess muss ich ein Zeitrahmen festhalten. Labor spätestens bis 16:00 Uhr usw. Jede Abweichung muss festgehalten werden. Der Behandlungspfad wird nur bei außerordentlichen Abweichungen verlassen.
    3. Den standardisierten Behnadlungspfad. Schon die Aufnahme des Pat. löst eine Kette von weiteren Prozessen, die in einer bestimmten Rheinfolge abzulaufen haben. Bei Abweichungen wird der gesamte Behandlungspfad aufgegeben.

    mit freundlichen Grüßen
    Alaa Eddine

    mit freundlichen Grüßen