Geburtshilfe: Vorhandensein von B-Streptokokken

  • Na ja, ich bin noch immer der Meinung, dass \"ERkrankung\" auch eine Krankheit als Grundlage haben muss, aber hier spitzfindig medizinisch zu diskutieren bringt ja auch nichts, da Wort-Auslegungen der ICD und DKR im Zweifelsfall ohnehin juristisch geklärt werden müssen.
    Aber der Vollständigkeit halber würde mich interessieren, ob Sie, wenn der Säugling ebenfalls prophylaktisch eine Antibiose erhält, dann auch ebenfalls die B95.1 kodieren würden?
    UNd was ist mit prophylaktischen IgG-Gaben bei viraler Keimexposition (aber eben noch nicht manifester ERkrankung) von Schwangeren? Wie das kodieren?

    • Offizieller Beitrag

    Ich würde den Keim nur dann kodieren, wenn er auch bei demjenigen gefunden wurde.
    Dass die DKR an dieser Stelle ggf. einer inhaltlichen Überarbeitung bedarf, steht auf einem anderen Blatt.

  • Also würden Sie bei der Mutter die B95.1! kodieren, obwohl es sich nicht um eine Krankheit der Mutter handelt, sondern nur eine Antibiose gegeben wird, damit das Kind sich nicht infiziert?
    Beim Kind würden Sie es aber nicht kodieren, obwohl es aus demselben Grund die gleiche Antibiose erhält?

    Und weitere Zusatzfrage: würden Sie die B95.1! kodieren, wenn es sich nur um eine anamnestische Angabe aus dem Mutterpass handelt und die Pat. bereits vor stat. Aufnahme oral Antibiose bekommen hat?
    (Ist hierzulande ja der Normalfall - wer nimmt schon Mikrobio-Abstrich, wenn die Pat. mit Wehen in die Klinik kommt...)

  • Hallo,
    mal ne komische Frage:
    hier wird die prophylaktische Antibiose bei der Mutter in Frage gestellt, da ein Dritter (in dem Fall der Säugling) davon profitiert.
    warum kodieren wir dann die prophylaktische Isolierung von MRSA-Patienten beim (möglicherweise sogar) asymptomatischen MRSA-Patienten? Hier profitiert der MRSA-Patient doch auch nicht, sondern Dritte.

    Oder ist das zu quer gedacht?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Wenn wir schon beim Querdenken sind:

    1. Die Gabe von Antibiotika an die Mutter kann ein Kindbettfieber verhindern (meist B- oder A-Streptokokken). Somit ist durchaus auch an die Mutter gedacht.
    2. Cephalosporine und Penicilline sind plazentagängig und erreichen im Fruchtwasser wirksame Konzentrationen. Also wird auch das Kind behandelt bzw. prophylaktisch mitversorgt.
    3. Der Haupteffekt liegt in der Verhinderung des Aufsteigens von Keimen im Geburtskanal (speziell bei vorzeitigem Blasensprung/langer Wehendauer direkt relevant fürs Kind).
    4. Wenn man die Gabe eines Medikaments an die Mutter nicht kodieren könnte, wenn es nur dem Kind zugute käme, was wäre dann mit all den anderen Therapien während der Schwangerschaft (Rhesusprophylaxe etc.)?

    Ist doch absurd, die Therapie und den Erreger nicht zu kodieren...

    Prof. Dr. Tim Pietzcker, MBA
    Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
    Technische Hochschule Ulm

  • ad 1.) \"Kindbettfieber\" ist ein veralteter Oberbegriff für fieberhafte Erkrankungen, die alle möglichen Erreger als Ursache haben können! Die einmalige (nach Blasensprung auch mehrmalige) peripartale i.v.-Gabe von Penicillin ist da zur Prophylaxe für die Mutter sicher ungeeignet.
    Die Therapie bei beta-hämolysierenden Streptos richtet sich tatsächlich ausschließlich in ihrem Effekt zur Senkung des Risikos für das Neugeborene.

    ad 2.) Eben. Wobei dir wirksamen Konzentrationen nicht innerhalb kurzer Zeiträume entstehen können, wie sie bei der single-shot-Antibiose unter Geburt bis zur Entbindung meist entstehen.

    ad 4.) Es geht hier nicht um die Kodierung - wir waren uns alle einig, dass die O23.5 korrekt kodiert wird. Es ging nur darum, ob der ERREGER zusätzlich kodiert werden kann!

    Der Nachweis b-häm. Streptos vaginal wird ambulant in der Frauenarztpraxis geführt, lange vor der Entbindung. Die Pat. kommt also mit der anamnestischen Angabe einer Besiedelung in die Klinik und wird deshalb prophylaktisch per single-shot-Antibiose behandelt.
    Deshalb hatte ich die zusätzliche Kodierung DES ERREGERS hier für problematisch eingestuft, da a) der Erreger gar nicht durch Mikrobio-Abstrich in der Klinik festgestellt wurde und b) der B 95.1!-Code m.E. nach gemäß ICD-Beschreibung nur zur besseren Erklärung einer ERKANKUNG kodiert werden kann, nicht bei einer prophylaktischen Maßnahme.
    Ganz anders würde ich das Ganze beurteilen, wenn tatsächlich z.B. beim Säugling im Abstrich der Erreger gefunden wird...

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Rosinchen:
    Der Nachweis b-häm. Streptos vaginal wird ambulant in der Frauenarztpraxis geführt, lange vor der Entbindung. Die Pat. kommt also mit der anamnestischen Angabe einer Besiedelung in die Klinik und wird deshalb prophylaktisch per single-shot-Antibiose behandelt.
    Deshalb hatte ich die zusätzliche Kodierung DES ERREGERS hier für problematisch eingestuft, da a) der Erreger gar nicht durch Mikrobio-Abstrich in der Klinik festgestellt wurde

    ok, keine Kodierung, weil kein eigener Aufwand. Allerdings kann man hier ins Wanken kommen, da ja eine Antibiose gemacht wird und die Information zu dem Keim med. sinnvoll wäre. Allerdings bin ich der Meinung, dass man an irgendeiner Stelle auch eine Grenze ziehen muss. Für mich ist die gegeben, wenn der Keim nicht selber bestimmt wurde. Das kann man gerne kritisieren.

    Zitat

    Original von Rosinchen:und b) der B 95.1!-Code m.E. nach gemäß ICD-Beschreibung nur zur besseren Erklärung einer ERKANKUNG kodiert werden kann, nicht bei einer prophylaktischen Maßnahme.

    Dieser Rückschluss, dass auch eine Erkrankung bei Keimnachweis bestehen muss, steht nirgends in der ICD. Es wird nur gesagt, dass der Keim Auslöser von Erkrankungen ist, welche in einem anderen Kapitel gelistet sind. Die DKR sind Nr. 1 im Ranking bei Kodiervorgaben. Wenn da jetzt steht, dass bei medizinisch sinnvoller Information diese Kodes auch angegeben werden können, wenn die sonst dort in der DKR genannten Bedingungen nicht vorliegen, wird doch explizit die Ausnahme der Regel beschrieben, nicht wahr? Und wenn ich dann doch eine Antibiose durchführe, dann doch nur deswegen, weil der genannte Keim Ursache von Krankheiten ist, die in der ICD in anderen Kapiteln gelistet sind. Wenn also immer nur bei Vorliegen einer Erkrankung der Keim zusätzlich kodiert werden soll, wäre die Formulierung zu der Ausnahme in der DKR nicht nur obsolet, in diesem Fall dann schlichtweg falsch.
    Also, bei Vorliegen eines Keims mit pathologischem Potential ohne akute oder chronische Infektionskrankheit, wird der Z-Kode, z.B. Z22.3, mit dem Erreger-Kode, z.B. B95.6! kombiniert. Der springende Punkt hierbei ist, dass der Begriff „Krankheit“ im Titel des Kodes nicht so eng gefasst ist. In der ICD-Klassifikation werden auch „gesundheits-/ krankheitsassoziierte Zustande“ beschrieben, werden aber nicht zusätzlich noch im Titel aufgeführt. Somit gibt es aus klassifikatorischer Sicht kein Problem mit dieser Kodierung, erst gar nicht wegen der schon mehrfach zitierten DKR-Formulierung. Beim DIMDI wird dies auch so gesehen. Zur Sicherheit wird aber bei der WHO nachgefragt, ob für die Angabe des B-Kodes auch eine aktuell vorliegende Infektionskrankheit ausgelöst sein muss. Solange von dort nicht (die nicht zu erwartende) also eine gegenteilige Aussage kommt, gibt es keinen Grund, anders zu verfahren.

  • Guten Morgen!

    Danke für die ausführliche Erläuterung.

    Eine Frage, die nichts mit Streptos zu tun hat, sondern mit anderer prophylaktischer Therapie:

    Neugeborenes erhält anti-HIV-Medikation postpartal bei HIV-positiver Mutter.
    Würden Sie hier Z20.6 (Exposition gegenüber HIV) beim Kind verschlüsseln oder P00.2 (Schädigung des Neugeborenen durch infektiöse Erkrankung der Mutter) oder beides?
    Nebenbemerkung: Kind wurde als Frühchen per Sectio wg. vorz. Wehen der Mutter entbunden, musste beatmet werden etc.