MDK lehnt Heli-Verlegung ab - welche Folgen für das KH?

  • Liebe Forumsteilnehmer,

    wir sehen uns als KH in letzter Zeit zunehmend mit der Überprüfung unserer Wahl eines geeigenten Transportmittels bei Notfallverlegungen durch den MDK konfrontiert. So wurde bspw. die Verlegung mit dem Heli nicht bestätigt und der RTW als für ausreichend befunden.

    Ich möchte hier gar nicht so sehr auf den medizinischen Background und dessen Interpretation des Prüfarztes eingehen, sondern vielmehr die Auslegung der Kasse hinterfragen.
    Diese schließt nämlich aus dem neg.Gutachten kausal auf eine NICHT INDIKATIONSGERECHTE und damit UNZULÄSSIGE Verordnung der Transportleistung und verlangt gemäß unseres Landesvertrags nach § 112 SGB V (\"Bei Krankenbeförderungsleistungen, die nicht nach Maßgabe der Krankentransportrichtlinien erfolgen, haftet das Krankenhaus.\") die Rückerstattung der VOLLSTÄNDIGEN Transportkosten.
    Hierzu meine Frage(n): Ich halte die Interpretation der Kasse für generell nicht haltbar, da sich aus meiner Sicht aus der (ex post betrachtet) Wahl des Transportmittels keinen Zusammenhang zur Verlegungsindikation generell ergibt. (Das der Patient verlegt werden musste, hat auch der MDK nicht bezweifelt.)
    Somit sollte doch zumindest eine \"Aufrechnung\" mit den Kosten für eine Verlegung mit dem RTW erfolgen. Wenn überhaupt, hat die Kasse doch nur Anspruch auf den Differenzbetrag oder sehe ich das grundsätzlich falsch.

    Vielen Dank

  • Hatten Sie denn bereits eine REchnungskorrektur mit Abzug der Heli-Kosten und Errechnung der RTW-KOsten gestellt?

    Oder habe ich das falsch verstanden und nicht Sie, sondern der Rettungsdienst stellte die Rechnung der Transportkosten und Sie sind nun zum Ausgleich verpflichtet?

  • Korrekt! Den Heli-Einsatz hat der Rettungsdienst (in dem Fall die DRF) der KK in Rechnung gestellt. Und diese Kosten (ich hoffe, sie haben sie wenigsten bei DRF beglichen) stellt uns die KK nun in voller Höhe in Rechnung und beruft sich dabei auf das MDK- Gutachten.
    im übrigen verzichtet die Kasse auch gleich auf den Nachweis der tatsächlichen Einsatzkosten in Form einer Rechnungskopie der DRF o.ä.
    (Kann ja sein, der ganze Einsatz hat auch nur die Hälfte gekostet...)

    Wie gesagt, das ist kein Einzelfall und ich möchte fast eine gewisse Systematik bei der Kasse unterstellen.

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,


    Zitat


    Original von Jupp:
    Hierzu meine Frage(n): Ich halte die Interpretation der Kasse für generell nicht haltbar, da sich aus meiner Sicht aus der (ex post betrachtet) Wahl des Transportmittels keinen Zusammenhang zur Verlegungsindikation generell ergibt.


    Zitat


    Original von Jupp:
    (Das der Patient verlegt werden musste, hat auch der MDK nicht bezweifelt.)


    Gesetzliche Grundlage
    Nach der Änderung des § 60 Abs. 2 Nr. 1 SGB V ( Bundesgesetzblatt Jahrgang 2003, Teil I, Nr. 55, Seite 2199)
    lautet die Regelung zur Übernahme der Transportkosten durch die Krankenkasse wie folgt:


    „.. . dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur,

    wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist

    oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkassen erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus.“


    In der Gesetzesbegründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD/CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen zum GMG (Drucksache 15/1525, Seite 94 ff.) wird ausgeführt:

    „Die Änderung in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 stellt sicher, dass Verlegungsfahrten zwischen den an der Erbringung stationärer Leistungen beteiligten Krankenhäusern nur dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden können, wenn diese Verlegungsfahrten ausschließlich aus zwingenden medizinischen Erfordernissen geboten sind. Damit wird auch bei den Verlegungsfahrten zwischen den Krankenhäusern ausdrücklich
    die medizinische Notwendigkeit der jeweiligen Verlegungsfahrt
    klarstellend hervorgehoben.“


    Zitat


    Original von Jupp:
    (\"Bei Krankenbeförderungsleistungen, die nicht nach Maßgabe der Krankentransportrichtlinien erfolgen, haftet das Krankenhaus.\")


    Es lohnt sich den gesamten Text im Landesvertrag zu lesen:

    Vertrag
    nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V
    Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung
    zwischen
    Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen e. V.
    und
    AOK - Die Gesundheitskasse in Thüringen


    (2) Die Kosten einer Krankenbeförderung im Zusammenhang mit der Aufnahme, Entlassung und Verlegung sind nicht Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen.
    Krankenbeförderungskosten im Rahmen einer Verbringung oder konsiliarärztlichen
    Behandlung sind allgemeine Krankenhausleistungen.

    (4) Für Sekundärtransporte dürfen Rettungshubschrauber nur eingesetzt werden, wenn der Einsatz eines Intensivtransportwagens aus medizinischen Gründen nicht möglich ist.

    § 11
    Krankenbeförderung
    (1) Ist eine Krankenbeförderung zu Lasten einer Krankenkasse im Rahmen der stationären Behandlung medizinisch erforderlich, so ist sie von einem Krankenhausarzt unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit zu verordnen. Die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransport- und Rettungsdienstleistungen (Krankentransport-Richtlinien) in der jeweils geltenden Fassung zu
    berücksichtigen. Das Nähere über die Verordnung können die Parteien gesondert vereinbaren.
    Bei Krankenbeförderungsleistungen, die nicht nach Maßgabe der Krankentransport-
    Richtlinien erfolgen, haftet das Krankenhaus.


    http://www.aok-gesundheitspartner.de/imperia/md/con…vertrag112_.pdf


    Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB V (Krankentransport-Richtlinien)

    (4) Rettungshubschrauber (RTH) sind zu verordnen, wenn ein schneller Transport des Patienten mit einem bodengebundenen Rettungsmittel nicht ausreichend ist. Darüber hinaus sind Rettungshubschrauber anzufordern, wenn eine schnellere Heranführung des Notarztes an den Notfallort zur Durchführung lebensrettender Maßnahmen oder zur Herstellung der Transportfähigkeit des Patienten mit dem jeweils geeigneten Transportmittel notwendig ist.


    Fazit:


    Offene Fragen:
    1) Die Frage der med. Notwendigkeit (zwingende med. Gründe) muß gestellt werden.

    Handelte es sich um einen Notfall?

    11 LB 1374/01
    OVG Lüneburg
    Leitsatz/Leitsätze

    1. Intensiv-Verlegungstransporte von Krankenhaus zu Krankenhaus gehören zu den Aufgaben der Notfallrettung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NRettDG.

    2. Die Kosten für derartige Transporte (einschließlich der Kosten des begleitenden Notarztes) stellen keine allgemeinen Krankenhausleistungen iSd §§ 2 Abs. 2, 10 Abs.2 Satz 1 BPflV dar und sind daher nicht durch den Pflegesatz des abgebenden Krankenhauses abgegolten. Maßgebend hierfür ist vielmehr die aufgrund von § 15 NRettDG zwischen dem Träger des Rettungsdienstes und den Kostenträgern abzuschließende Entgeltvereinbarung.
    http://www.dbovg.niedersachsen.de/Entscheidung.a…0100137411%20LB


    Oder wurde es versäumt vor dem Transport ein Einverständnis des Kostenträgers einzuholen?


    2) Sind die Ausführungen des MDK-Gutachters, der den Patienten nie gesehen hat, plausibel?
    Bei der Meinung des Gutachters handelt es um ein Werturteil, nicht um die Behauptung von Tatsachen.


    Zum Vergleich:
    sind Gutachter „allwissend“?
    Who Reviews the Reviewers?
    Feasibility of Using a Fictitious Manuscript to Evaluate Peer Reviewer Performance
    “Peer reviewers in this study failed to identify two thirds of the major errors in such a manuscript.“
    ANNALS OF EMERGENCY MEDICINE 3 2 : 3 SEPTEMBER 1998, PART 1

    http://download.journals.elsevierhealth.com/pdfs/journals/…6449870006X.pdf


    Gruß

    E Rembs

  • Hallo Herr Rembs,

    vielen Dank für die umfängliche Auseinandersetzung. Genau die gleichen Probleme mit der medizinischen Notwendigkeit sehe ich auch. Da ist wie gesagt auch der Gutachter meiner Meinung.

    Zitat aus dem Gutachten:
    \"...eine Verlegung schon...indiziert war\"
    \"...aber bei der zu verlegenden Versicherten lagen nicht vor:
    - ein intensivmedizinisch überwachungspflichtiger Zustand (sehe ich natürlich anders)
    - eine Notwendigkeit der intermittierenden Behandlung
    - lebensbedrohliche Versagenszustände (naja...)

    Ergebnis der Begutachtung:
    ITH Einsatz nicht angebracht bzw. kritisch zu hinterfragen. Verlegung mit einem bodengebundenen Transportmittel wäre zweckmäßig gewesen.
    Ergebnis: med.Voraussetung der Leistungsgewährung nicht erfüllt
    Empfehlung: andere Maßnahmen empfohlen (Kunststück bei einer ex post- Betrachtung)

    Damit ist doch die Verlegung dem GRUNDE nach unstrittig, also höchstens die Wahl des Verlegungsmittels u.U. unangemessen.

    Ganz konkret: stellt das dann einen Verstoß gegen die Krankentransportrichtlinien dar und führt gemäß des angeführten § 11 des Landesvertrages zu einer Haftung des KH?

    Eine Einholung des Einverständis des Kostenträgers ist in dieser konkreten Notsituation unterblieben.

    Vielen Dank für Ihre Mühen

  • Guten Tag,
    Frage an die Bayern hier im Forum:
    folgende Beschreibung:
    Patient wird verlegt

    ZAST stellt Rechnung an KK; KK lehnt ab (da angeblich keine medizinische Notwendigkeit);
    ZAST stellt Rechnung an KH;
    KH sagt: medizinische Notwendigkeit war vorhanden.

    wie geht es nun weiter?
    ich würde die Rechnung zu meiner Entlastung an die ZAST zurückschicken.

    wer verklagt dann wen oder kommen dann gleich die Jungs aus Moskau?

    Hat da jemand konkrete Erfahrung zu (zur ZAST)?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Dr. Horndasch,

    ich kenne die Fragestellung bereits bei einfachen Transporten, einen Heli mussten wir bisher noch nicht anstrengen... Jedenfalls habe ich in diesen Fällen hinterfragt, wie sich die Kasse sicher sein kann, dass eine Verlegung u.a. aus ex ante Sicht nicht med. notwendig war/ist. Jedenfalls ist doch relativ klar (SGB V) geregelt, dass bei einer medizinisch Notwendigkeit der Verlegung die Kasse die Transportkosten übernehmen muss. Warum die ZAST dann nun an das Kh herantritt statt die Zahlungsauforderungen an die Kasse zu schicken, erklärt sich für mich nur, weil es wohl der einfachere Weg ist...
    Ohne MDK Begutachtung lehnen wir diese Verlagerung der Kosten an das Kh ab.
    Handelt es sich hierbei vielleicht um eine Abwärtsverlegung (Versorgungsstufe)?

    Beste Grüße

    MfG
    Ductus
    Die Welt ist global, das Denken lokal

  • Guten Morgen,

    ich würde das versuchen differenziert zu betrachten. Endgültige Klärung ist meistens nur über den MDK möglich. Allerdings handelt es sich um keine Prüfung §275, da Prüfgrund hier FAhrkosten sind.

    Gem. § 60 dürfen die KK FaKo nur übernehmen, wenn diese medizinisch notwendig sind. Bei einer Verlegung aus einem Haus der Maximalversorgung in ein Haus der Regelversorgung würde ich die medizinische Notwendigkeit grundsätzlich verneinen, da alle notwendigen medizinischen Behandlungen beim Maximalversorger möglich sind (gesonderte Fachabteilungen oder Spezialisierung im aufnehmenden KH mal ausser Acht gelassen).

    In diesen Sachverhalten würde ich es auch nicht über den MDK klären.

    Die Crux ist, dass sich im Bereich der Transportkosten die Logik des DRG-Systems (Maximalvers./Regelversorger, Rückverlegungen....) mit dem der Fahrkosten treffen. Allerdings ist die Leistung der Fahr-/Transportkosten klar geregelt im SGB V. Daher dürfte es selten wirkliche Zweifelsfälle geben.

    Viele Grüße und einen entspannten Resttag vom
    Rheinkilometer 660

  • Hallo,
    ich bitte im Zusammenhang mit Verlegung in niedrigere Versorgungsstufe die Entscheidung des BSG vom
    16.12.2008 (B 1 KR 10/08 ) zu beachten.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Hallo MiChu,

    um Transportkosten ging es in der von Ihnen zitierten Entscheidung aber gerade nicht. Und da das BSG explizit ausführt, dass die Regelung über Fahrtkosten in § 60 SGB V ungeeignet ist, Rückschlüsse auf die Auslegung des § 1 Abs. 1 S. 2 KFPV 2004 zu ziehen, muss wohl davon ausgegangen werden, dass ein solcher Schluss auch auf umgekehrte Weise nicht gezogen werden kann.

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach