MDK lehnt Heli-Verlegung ab - welche Folgen für das KH?

  • Hallo Hr. Hollerbach,

    ich stimme Ihnen zu, dass sich die gesetzliche Grundlage zur Übernahme von Fahrtkosten durch die Krankenkassen in § 60 SGB V findet.

    Selbst wenn man unterstellt, dass der strittige Transport nicht indiziert war, wo findet sich die gesetzliche Grundlage dafür, dass das KH die Kosten zu übernehmen hat.

    Wie Sie schreiben, "bleiben dann nur noch das Krankenhaus oder der Rettungsdienst selbst". Das ist, mit Verlaub, eine sehr pragmatische Betrachtungsweise. Es bliebe beispielsweise auch noch der Patient.

    Mir leuchtet nicht ein, dass automatisch das KH die Kosten tragen soll, da die gesetzliche Grundlage für mich nicht ersichtlich ist. Unbestreitbar entsteht ein Aufwand, den jemand zu tragen hat. Wenn jemand bei mir etwas kauft, die gekaufte Sache verliert, sie aber nicht bezahlen kann, dann habe ich Pech gehabt ("Dumm gelaufen, normative Kraft des Faktischen"). In diesem Fall könnte es z.B. auch den Krankentransportdienst treffen. Aber auch dafür sehe ich keine gesetzliche Grundlage.

    Ich will keinem die Zahlungsverpflichtung zuweisen. Allerdings wüsste ich gerne die gesetzliche Grundlage für die angebliche Zahlungsverpflichtung des Krankenhauses.

    Viele Grüße

    Medman2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (7. Oktober 2013 um 22:06)

  • Hallo Merguet,

    besten Dank für den Link, wobei mir der Artikel nicht vollständig verständlich ist. Analog zu meinem Beispiel sehe ich dort aber nicht die Zahlungspflicht desjenigen, der den Notarztwagen "gerufen hat".

    Im unserem konkreten Fall geht es darum, dass ein Patient mit einer Osteomyelitis per Taxi in ein ca. 250 km entferntes KH mit ausgewiesener Kompetenz im Bereich der septischen Knochenchirurgie transportiert wurde, in dem er zudem bereits früher wegen gleicher Erkrankung behandelt worden war. Näher gelegen sind zwei größere Städte mit entsprechend großen Kliniken, die allerdings keine besondere Kompetenz in diesem Bereich ausweisen. Die Krankenkasse will lediglich die Kosten bis zu einem der näheren Häuser übernehmen. Hier besteht letztlich die Frage der medizinischen Notwendigkeit des Transports in das weiter entfernte Krankenhaus.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo medman,

    ich habe das Gefühl, dass sich die Diskussion im Kreis dreht. Der Patient ist ganz klar aussen vor, sofern nicht der Patient die Verlegung wünscht. Er verlässt sich auf die Kompetenz der behandelnden Ärzte im KH. Auf deren Urteil ist er bezüglich der Diagnose, Therapie und des Behandlungsortes angewiesen.

    Sofern der Krankenhausarzt eine medizinische Notwendigkeit auf der Transport-VO bestätigt, übernimmt auch der KH-Arzt die Verantwortung, dass der Transport notwendig ist. Um es auch mal mit Beispielen zu versuchen. Wenn der KH-Arzt eine OP für notwendig erachtet, verlässt sich der Patient auf die Korrektheit. Es stellt sich allerdings heraus, dass diese OP nicht notwendig war und die Erkrankung verschlimmert/nicht gebessert hat, dann hätte nach der Fortführung Ihrer Logik hierfür der Patient die Kosten (sprich Verantwortung) zu übernehmen?!

    Das Transportunternehmen muss sich ebenfalls auf die Notwendigkeit der Verordnung/Notwendigkeit verlassen, die ein Arzt gestellt hat. Er ist lediglich Erfüllungsgehilfe des Arztes. Ich möchte den Aufschrei hören, wenn der Rettungssani in die wohlbehütete Therapiehoheit des Arztes eingreift und sagt, der Transport ist aber nicht notwendig.

    Ihr Fall ist aber etwas anders gelagert. Die grundsätzliche Notwendigkeit wird nicht angezweifelt. Es geht nur darum, bis wohin ist eine Verlegung notwendig. Und hier hilft das SGB V wieder weiter. Die Kasse hat die Transportkosten zu zahlen bis zur nächsterreichbaren Behandlungsmöglichkeit. Wenn Sie zwei größere Städte in der näheren Umgebung haben, welche grds. die Behandlung fortführen könnten, warum sollte die Kasse dann den Transport bis KH C leisten?

    In wieweit ist hier eine gesonderte Kompetenz messbar? Dürfen die nahegelegenen KH die Behandlung aufgrund fehlender DRG-Vereinbarung nicht durchführen? Fehlt das grundlegende mediz. Fachwissen in diesen Häusern (Maximalversorger?!)? Oder handelt es sich schlicht um eine landläufige Meinung, dass Behandlung XY im KH C am Besten behandelt wird?

    Wie gesagt, das Gesetz stellt auf die nächste Möglichkeit ab. Auf nichts anderes. Wenn Herr Huber aus dem Allgäu seine TEP am liebsten beim Knieguru im KH Buxtehude erhalten möchte ist das sein gutes Recht, und er hat die freie Arztwahl unter den Vertragseinrichtungen. Aber die Fahrkosten erhält er nicht, da es nicht die nächste Behandlungsmöglichkeit ist.

    Viele Grüße und einen entspannten Resttag vom
    Rheinkilometer 660

  • Hallo medman2,


    Zitat

    Selbst wenn man unterstellt, dass der strittige Transport nicht indiziert war, wo findet sich die gesetzliche Grundlage dafür, dass das KH die Kosten zu übernehmen hat.

    vermutlich in § 39 SGB V: "Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung;", aber das sollten Sie besser von einem Juristen erfragen.

    Nur: was soll das eigentlich werden? Wollen Sie mit Gewalt schlechte Presse für Ihr Haus produzieren? Oder erwarten Sie ernsthaft, dass ein Patient, der mittels Verordnung durch einen Arzt Ihres Hauses nach Pusemuckel transportiert wurde, nun bereitwillig die Kosten in Höhe von vermutlich mehreren Hundert Euro übernimmt...? Für Ihr Haus dürften das Peanuts darstellen, für den Patient und dessen Angehörigen wohl eher nicht. Vielleicht sollten Sie vor einer solchen Entscheidung mit Ihrer Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit Rücksprache halten, die werden möglicherweise wenig erfreut sein.

    Wäre es vielleicht nicht doch sinnvoller, mit der Kasse darüber zu streiten, ob es sich bei der Verlegung in ein entfernteres Haus aufgrund der dort vorhandenen speziellen Expertise auch um einen "zwingenden medizinischen Grund" handeln kann?

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Hallo DRG-Rowdy,

    Der Patient ist ganz klar aussen vor, sofern nicht der Patient die Verlegung wünscht. Er verlässt sich auf die Kompetenz der behandelnden Ärzte im KH. Auf deren Urteil ist er bezüglich der Diagnose, Therapie und des Behandlungsortes angewiesen. ... Um es auch mal mit Beispielen zu versuchen. Wenn der KH-Arzt eine OP für notwendig erachtet, verlässt sich der Patient auf die Korrektheit. Es stellt sich allerdings heraus, dass diese OP nicht notwendig war und die Erkrankung verschlimmert/nicht gebessert hat, dann hätte nach der Fortführung Ihrer Logik hierfür der Patient die Kosten (sprich Verantwortung) zu übernehmen?!


    sorry, aber ich habe nicht behauptet, dass der Patient die Kosten zu tragen hat. Ich habe mit dem Hinweis auf den Patienten lediglich der Ausführung von Hr. Hollerbach widersprochen, dass nur noch Krankenhaus oder Krankentransportdienst als Träger der Kosten verbleiben.

    Bleiben wir bei Ihrem Beispiel. Zahlt der Arzt/das Krankenhaus in diesem Fall die Behandlung?


    Wie gesagt, das Gesetz stellt auf die nächste Möglichkeit ab. Auf nichts anderes. Wenn Herr Huber aus dem Allgäu seine TEP am liebsten beim Knieguru im KH Buxtehude erhalten möchte ist das sein gutes Recht, und er hat die freie Arztwahl unter den Vertragseinrichtungen. Aber die Fahrkosten erhält er nicht, da es nicht die nächste Behandlungsmöglichkeit ist.


    Ich denke, diese Konstellation ist nicht strittig.

    Nochmals, für mich als Nichtjuristen ist die rechtliche Grundlage o.g. Auffassung nicht ersichtlich. Wenn Sie diese nennen oder zumindest einen Präzendenzfall nennen würden, in dem die rechtliche Verpflichtung des Krankenhauses, den Transport zu bezahlen, aus anderen rechtlichen Bestimmungen abgeleitet wird, kämen wir weiter.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo Hr. Hollerbach,

    Zitat Selbst wenn man unterstellt, dass der strittige Transport nicht indiziert war, wo findet sich die gesetzliche Grundlage dafür, dass das KH die Kosten zu übernehmen hat.
    vermutlich in § 39 SGB V: "Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung;", aber das sollten Sie besser von einem Juristen erfragen.

    Ich denke, diese Bestimmung des SGB V ist als Beleg für die Kostenübernahmepflicht des KH nicht geeignet. Zunächst beschreibt sie den Umfang dessen, was die Krankenhausbehandlung beinhaltet und von der Krankenkasse zu bezahlen bzw. in Form von Leistungen bereitzustellen ist. Im Grunde, ich bitte ggf. um Korrektur von Juristen, hat die Krankenkasse nicht zu bezahlen, sondern vorgenannte Leistungen bereit zu stellen. Mithin kann man aus dieser Bestimmung nur ableiten, dass die Krankenkasse einen medizinisch nicht indizierten Transport eben nicht bereitstellen muss.
    Sofern man die Einstandspflicht des Krankenhauses für einen nicht medizinisch indizierten Transport nach dem Grundsatz, Krankenhaus schuldet Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V, daraus ableiten wollte, ließe sich leicht argumentieren, dass ja eben ein medizinisch nicht indizierter Transport gerade nicht Teil der Krankenhausbehandlung ist.

    Nur: was soll das eigentlich werden? Wollen Sie mit Gewalt schlechte Presse für Ihr Haus produzieren? Oder erwarten Sie ernsthaft, dass ein Patient, der mittels Verordnung durch einen Arzt Ihres Hauses nach Pusemuckel transportiert wurde, nun bereitwillig die Kosten in Höhe von vermutlich mehreren Hundert Euro übernimmt...? Für Ihr Haus dürften das Peanuts darstellen, für den Patient und dessen Angehörigen wohl eher nicht. Vielleicht sollten Sie vor einer solchen Entscheidung mit Ihrer Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit Rücksprache halten, die werden möglicherweise wenig erfreut sein.

    Nochmal, ich behaupte nicht, dass der Patient für die Kosten aufkommen muss. Der Hinweis auf Image-Schäden ist sicher berechtigt, klärt aber nicht die Frage nach der Rechtsgrundlage der formulierten These, das KH müsse für die Kosten einstehen.

    Wäre es vielleicht nicht doch sinnvoller, mit der Kasse darüber zu streiten, ob es sich bei der Verlegung in ein entfernteres Haus aufgrund der dort vorhandenen speziellen Expertise auch um einen "zwingenden medizinischen Grund" handeln kann?

    Das werden wir sicher auch so machen.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo medman2,

    da Ihnen hier anscheinend niemand eine zufriedenstellende Antwort liefern wird, werden Sie wohl nicht umhin kommen, selbst zu recherchieren. Ein guter Einstieg wäre möglicherweise dieser Artikel aus dem DÄB 2011, in dem geschildert wird, dass es zumindest im vertragsärztlichen Bereich durchaus Regreßfälle bei nicht indizierten Fahrten gegeben hat.

    Ansonsten: warum rufen Sie nicht einfach mal Ihre Rechtsberatung an, informieren sich und lassen uns anschließend an dieser Erkenntnis teilhaben...?

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach