Inverse Schultergelenkprothese

  • Hallo!

    Wer kann mir sagen, ob bzw. welche inversen SG-Prothesen,
    als modular mit dem OPS 5-829.d (da ZE!) kodiert werden können?

    Danke und freundliche Grüße
    Urbbri

  • Es muss eine knöcherne Defektsituation vorliegen, die durch einen Prothesenkörper ausgeglichen wird, der aus mindestens 3 metallischen Einzelteilen besteht (Aufsteckkopf und evtl. Sicherungsschrauben o.ä. werden nicht mitgezählt).

    Liebe Grüße

    H. Weyland
    Facharzt für Chirurgie

  • Hallo Urbbi, hallo Herr Weyland,

    ich stimme Herrn Weyland in allem zu, bis auf die Sicherungsschraube. Es steht nirgendswo geschrieben, dass die Schrauben nicht mitgezählt werden dürfen. Auch ein knöcherner Kontakt der metallischen Anteile ist nicht erforderlich. Bei Verwendung mehrere Schrauben (z.B. Pfanne) sind diese nach Empfehlungen der Arbeitsgruppe DRG der DGU/DGOOC als ein metallischer Anteil zu zählen.

    Die Problematik ist eher die knöcherne Defektsituation, da diese beim Einsatz von inversen Prothesen - mit Ausnahme von Frakturen oder Pseudarthrosen - eher selten vorkommt. Auch bei Frakturen ist eine Defektsituation umstritten, spätestens bei einer 4-part-Fraktur mit Trümmerzone ist diese aber gegeben.

    Gruß

    Dr. F. Schemmann
    FA f. Orthopädie, Chirurgie, O&U

  • Lieber Kollege Schemmann,
    bezüglich der Schrauben stimme ich Ihnen nicht zu. Solche Sicherungs- oder Befestigungsschrauben zählen doch nicht zu den modularen Anteilen einer solchen Prothese sondern dienen eben nur der Befestigung der Prothese oder der Module untereinander. Durch solche Schrauben kann auch keine knöcherne Defektsituation ausgeglichen werden.
    Nach Ihrer Definition wäre ja eine Monoblockprothese eine modulare Prothese, sofern der Hersteller noch irgendwo zwei Gewinde hineinschneidet, in die dann Schrauben ohne jede weitere Funktion hineingedreht werden. Das kann doch nicht im Sinne der Kodierregeln sein und würde doch auch die ZE-Kalkulation kaputt machen!

    Liebe Grüße

    H. Weyland
    Facharzt für Chirurgie

  • Lieber Herr Weyland,
    der OPS für modularen Endoprothese wurde von Seiten der DGU/DGOOC vor vielen Jahren definiert, zu Zeiten in denen modulare Systeme fast ausschließlich für Revisionssysteme vorhanden waren. Damals war die Unterscheidung anhand der Metallteile gut praktikabel, der Zusatz knöcherne Defektsituation sollte eine Gruppe von Prothesen definieren, welche spezielle Versorgungssituationen (z.B. Wechseloperationen, komplexe Erstimplantationen) anzeigte, welche preislich aus dem Rahmen fielen. Gedanke war es somit kostenintensive Implantate zu identifizieren und über ein ZE leistungsgerecht vergüteten zu können. Ähnliches galt für das damalige ZE für Tumorendoprothesen.

    Und mit der vorliegenden Definition ließen und lassen sich Prothesen mit hohen Implantatkosten gut abgrenzen. Der Zusatz knöcherne Defektsituation sollte eben vermeiden, das über die reine Modularität das ZE dermaßen verwässert, sodass es möglicherweise entfällt.

    Es reicht nicht aus irgendwo zwei Gewinde hineinzufräsen um irgendwelche Schrauben hereinzudrehen, da ja Schrauben als ein metallische Anteil gezählt werden sollten. Ein Hinweis, dass Schrauben nicht mitgezählt werden dürfen (so wie beim Metallkopf) besteht aber nicht !

    Durch die Professionalisierung des DRG-Systems und Erlöseinbußen der Kliniken erscheint das ZE einen kleinen Hype ausgelöst zu haben. Nach dem Motto \"hier können wir noch Geld mitnehmen\".

    Das eigentliche Hauptproblem liegt m.E. gar nicht in der Definition des ZE sondern vielmehr in den Köpfen der Operateure. Hier fehlt das Verständnis, dass über das ZE nur Mehrkosten an Implantaten vergütet werden. Die Zusammenhänge mit der Kalkulation des ZE, Auswirkungen auf das ZE in den kommenden Jahren und die Mindervergütung bei Nichterreichen oder Überschreitung der vereinbarten ZE´s fehlt in ganz großem Maßstab. Das ZE wird häufig als der Heilsbringer oder das goldene Kalb angesehen.

    Aus eigenem Interesse sollte man bei langfristiger Planung der Klinik auf eine sachgerechte Kodierung der 5-829.d achten, egal ob mit oder ohne Schraube.
    Alles andere rächt sich nach 2-3 Jahren, denn die modularen Implantate werden sicherlich nicht billiger.

    Wesentlich mehr Augenmerk als auf die Metallteile sollte jedoch auf die knöcherne Defektsituation gelegt werden. Dieser Bereich ist weit und schreit nach einer Abgrenzung. Bei Wechseloperationen ist diese normalerweise gegeben und mit gängigen Einteilungen gut zu belegen. Schwieriger wird es in der Primärendoprothetik.

    Im Bereich der Primär-Schulterendoprothetik sehen wir nicht wirklich viele knöcherne Defektsituationen, welche eine Kodierung mit 5-829.d rechtfertigen würden.

    Grundsätzlich gilt jedoch für die Berechnung des ZE:


    Möglich bei individuell angefertigten Implantaten (diese müssen nicht modular sein, eine Defektsituation muss nicht vorliegen !)

    Bei knöcherner Defektsituation und Implantation einer Endoprothese mit mindestens drei metallischen Anteilen - ohne Aufsteckkopf

    Oder wie einst ein großer Römer (dessen Name ich vergessen habe) gesagt haben soll: \"So steht es geschrieben, so soll es geschehen.\"

    Gruß

    Dr. F. Schemmann
    FA f. Orthopädie, Chirurgie, O&U

  • Herr Schemmann,

    ich stimme Ihnen nicht in allen Punkten zu.

    Fest steht, dass Schrauben einer Prothese laut der Formulierung im OPS nicht für die Bewertung oder Nicht-Bewertung als modulare Endoprothese herangezogen werden. Da ist der Text eindeutig.

    Sie schreiben ja selbst, dass es nicht reicht, \"zwei Gewinde hineinzufräsen und Schrauben hereinzudrehen\". Und genau da liegt der Knackpunkt mit den Schrauben.

    Ich schätze, dass wir uns einig sind, dass Schrauben, mit denen zum Beispiel die Pfanne im Knochen verankert wird, nicht taugen, um der Definition der drei Metallteile nachzukommen.

    Bei uns in der Klinik kommt aber zum Beispiel eine Knieendoprothese zum Einsatz, bei der das Femurteil aus einem Schaft, dem Kondylenersatz und einer Verbindungsschraube zwischen beiden besteht. Diese Schraube ist aber nicht nur dazu da, die Teile miteinander fest zu verbinden, sondern festigt und stellt die Achse ein, in der sich Femurteil und Femurschaft zuneinander bewegen.
    Dies ist ganz sicher eine Schraube, die für die Anwendung des Zusatzentgeltes herangezogen werden kann.

    Viele Grüße,
    Zephyr

  • Zuerst mal Danke für die umfangreichen Infos!

    Wenn ich das richtig verstanden habe, dann muss zum Einen eine
    knöcherne Defektsituation vorliegen und zum Anderen die Prothese
    aus mind. 3 met. Einzelteilen bestehen (ohne Aufsteckkopf).

    Somit ist also nicht jede invasive SG-Prothese als modular zu sehen und modular kodierbar? Diese Definition gibt es also nicht?

    Liebe Grüße
    Urbbri :augenroll:

  • Hallo,

    zu den Schrauben: vielleicht sollte man sagen gleichsinnige Schrauben, z.B. Pfahlschrauben in der Pfannendachschale und Verriegelungsschrauben am Schaft.
    Eine Verbindungsschraube, welche zusaätzlich noch eine Funktion hat würde ich immer als eine Komponente werten.

    Die Definition der 5-829.d gibt vor, dass nur die Kombination aus modularer Prothese mit min. 3 metall Anteilen (ohne Kopf) und Defektsituation die Kodierung der 5-829.d rechtfertigt. Die inverse Prothese ist trotzdem modular, diese Modularität kann jedoch weder kodiert noch abgerechnet werden.

    Viele Grüße

    Dr. F. Schemmann
    FA f. Orthopädie, Chirurgie, O&U

  • Hallo Forum,
    ich muss dieses Thema jetzt noch einmal aufgreifen, da wir ein ein Abrechnungsproblem mit inversen Schulterprothesen haben. Wir rechnen bei diesen Prothesen ein ZE ab; der Kostenträger síeht das nun anders.
    Die Begründung des CA ist folgende:
    Diese inverse Schulterprothese besteht aus mehreren metallischen Teilen pro Seite. An der Schulterpfanne erfolgt die Implantation einer metallischen Rückplatte (Glenoid press-fit base plate), diese wird mit zwei Zugschrauben und zwei winkelstabilen Schrauben an der Gelenkpfanne fixiert.
    Dann wird die konvexe Schulterpfanne aufgesetzt.
    Die Schulterprothese besteht nun aus drei metallischen Teilen, da die Schrauben (insgesamt 6) zusammen als ein metallisches Teil gefasst werden.
    Der Gutachter erkennt die Schrauben nicht als metallisches Teil an.
    Kann man die Schrauben denn nun als ein metallisches Teil werten; in dem Text zu der OPS-Ziffer 5-829.d wird der nur der Aufsteckkopf bei einer Hüftendoprothese ausgeschlossen.

    Vieleb Dank und viele Grüße
    M. Uphoff

  • Hallo Frau Uphoff,

    die Schrauben werden zu einem metallischen Anteil zusammengefasst. Damit haben Sie recht !! Somit liegt die geforderte Modularität auf der Glenoidseite vor.
    Die Frage bei der Schulter lautet nur, ob wirklich eine knöcherne Defektsituation vorhanden war. Indikation ist ja überwiegend aufgrund der RM-Ruptur bei Omarthrose.
    Bei einer 1:1 Übersetzung kann man natürlich argumentieren Defekt sei eine \"Schwächung\" und somit lag eine Defektsituation vor. Dies ist aber nicht im Sinne dieses Kodes. Der knöcherne Defekt soll hier eben die reine Arthrose ausschliessen und somit besonderen Versorgungssituationen vorbehalten sein.

    Gruß

    Dr. F. Schemmann
    FA f. Orthopädie, Chirurgie, O&U