Indikationsstellung durch den MDK?

  • Hallo,

    vielen Dank für die Antworten.

    Ich wollte eigentlich nur wissen, inwieweit der MDK-Gutachter überhaupt die Kompetenz besitzt eine solche Behauptung aufzustellen. Wie ich Herrn Chudy verstanden hatte, darf er das gar nicht \"aussprechen\", sondern lediglich die Kodierung der nunmal durchgeführten OP beurteilen. Oder habe ich das falsch verstanden?

    Dass wir dagegen vorgehn werden, steht außer Frage.
    Dazu kommt, dass zwischen diesem Gutachter und dem behandelnden Arzt persönliche Differenzen eine Rolle spielen (die beiden haben wohl früher mal zusammen gearbeitet und liegen seither im Klinsch).
    Es bleibt also spannend.

    Viele Grüße,
    :d_zwinker: FRAU N. Pollack

  • Hallo Frau Pollack,

    die rechtliche Kompetenz zur Feststellung einer Übertherapie hat der MDK auf jeden Fall (§ 275 SGB V, Umfang der Leistung). Ob er jeweils die fachliche Kompetenz hat, eine Übertherapie zu beweisen, halte ich beim durchschnittlichen Zeit- und Sorgfaltsaufwand eines durchschnittlichen MDK-Gutachtens allerdings für zweifelhaft.

    mfg

    Bern

    ehemaliger Versicherungsvertreter

  • Hallo Frau Pollack,
    hallo Forum

    Zitat


    Original von Schneehase:

    Ich wollte eigentlich nur wissen, inwieweit der MDK-Gutachter überhaupt die Kompetenz besitzt eine solche Behauptung aufzustellen. Wie ich Herrn Chudy verstanden hatte, darf er das gar nicht \"aussprechen\", sondern lediglich die Kodierung der nunmal durchgeführten OP beurteilen. Oder habe ich das falsch verstanden?

    Ich möchte nochmals betonen, dass dies meine persönliche Meinung ist. Eine entsprechende juristische Prüfung meiner Aussage läuft zurzeit. Auch versuche ich in entsprechenden Verfahren dies durch das Sozialgericht gleich mitklären zu lassen. Leider eben nicht so einfach.

    Daher meine Aussage noch mal zur Diskussion:

    Zitat


    Original von MiChu:


    Ich sehe die Aufgabe des MDK´s wie folgt:

    Die Aufgabe des MDK´s ist es nicht zusagen, dass etwas auch anders behandelt werden kann oder eine Behandlung schneller durchzuführen wäre, sondern ob die durchgeführte Behandlung vertretbar ist. Der MDK prüft ob die durchgeführte Behandlung keiner Leitlinie oder der ärztlichen Ethik ö.ä. entgegen steht.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Hallo Forum,

    im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch § 275 (5) habe ich dazu gefunden: \"Die Ärzte des Medizinischen Dienstes sind bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen. Sie sind nicht berechtigt, in die ärztliche Behandlung einzugreifen.\"

    mfg

    mariel

  • Hallo Mariel,

    erst einmal herzlich willkommen hier im Forum. Der Satz klinkt im ersten Moment ziemlich eindeutig. Aber in Bezug auf die Fragestellung möchte ich es mal etwas anders formulieren:

    Kann man vom (aktiven) Eingreifen in die ärztliche Behandlung sprechen, wenn der MDK nach erfolgter Behandlung die Notwendigkeit einer Therapie im Rahmen einer Abrechnungsprüfung verneint?

    Die Grenzen sind sicherlich fließend. Meines Erachtens ist eine diesbezügliche Bewertung durch den MDK nur dann richtig, wenn der behandelnde Arzt gegen eigene Erfahrungen bzw. gegen einen vorauszusetzenden Kenntnisstand Leistungen veranlasst hat, die das Behandlungsergebnis nicht (ausreichend) positiv beeinflussen konnten. Die Bewertung wieviel eine \"bessere\" Behandlung mehr kosten darf, damit sie noch wirtschaftlich ist, ist nirgends vorgegeben und kann daher auch nur dem gesundem Menschenverstand unterliegen. Entsprechend vorsichtig sollte ein Gutachter hier argumentieren ...

    Viele Grüße
    S. Seyer

  • Hallo,

    ja, dieser Satz ist zunächst hübsch anzusehen.
    Ich glaube aber, dieser bezieht sich am ehesten darauf, dass ein Gutachter z.B. bei einer Prüfung vor Ort während der Patient noch im KH verweilt, nicht vorschreiben darf, wie der behandelnde Arzt den Patienten zukünftig zu behandeln hat?

    Im unserem Falle der Bezichtigung der Übertherapie sagt mir mein Verstand, ist der Gutachter dazu nicht berechtigt. Er sollte lediglich beurteilen, ob die tatsächlich durchgeführte Leistung richtig kodiert/ abgerechnet wurde.
    Der Gutachter sagt sinngemäß: Es ist Leistung A erbracht wurden, Leistung B wäre aber sinnvoller gewesen, also wird Leistung B verschlüsselt. Und das finde ich nicht korrekt, da die durchgeführte Operation keinen Nachteil für den Patienten gebracht hat oder irgendwie entgegen der Ethik oder bestimmter Leitlinien steht.

    In Bezug auf den Beitrag von michu denke ich (nach langen schlaflosen Nächten :d_zwinker: ), wenn eine Behandlung eindeutig gegen die Ethik/Leitlinien verstößt oder gar Schaden anrichtet, sollte der MDK dies auch sagen dürfen.
    Bei Sachverhalten, die in der Literatur und in Fachkreisen heftig diskutiert werden und es keine eindeutige Positionierung gibt, sollte der Gutachter nicht einfach Partei ergreifen können. Anderereits kann er dies aber auch nicht einfach unberücksichtig lassen. Hier wird es tatsächlich schwierig und eine wirkliche Lösung fällt mir nicht ein.
    Es gibt halt leider keine eindeutigen Regeln für die Qualität der Begutachtung und dem KH bleibt wieder einmal nur der Klageweg.

    In diesem Sinne wäre ich Ihnen, Herr Chudy, dankbar, wenn Sie über den Ausgang Ihrer rechtlichen Prüfung hier berichten könnten.

    Viele Grüße,
    N. Pollack

  • Hallo Frau Pollack,
    ich hoffe natürlich das nicht ich der Grund für Ihre schlaflosen Nächte war.
    Und ich hoffe das ich mich nicht ungenau ausgedrückt habe.
    Wenn eine Behandlung gegen ärztliche Ethik oder Leitlinien verstößt, ist dies natürlich vom medizinischen Gutachter aufzuzeigen.
    Folge könnte dann ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren sein. Zumindest aber sollte dies in der Klinik diskutiert werden. (Stichwort: Fehlerkultur)
    Aber wenn eine durchgeführte Behandlung vertretbar ist, kann und darf der MDK (m.E.) nicht sagen das es anders gemacht werden muß, bzw. hätte anders behandelt werden müssen.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,


    Zitat


    Original von MiChu:
    Aber wenn eine durchgeführte Behandlung vertretbar ist, kann und darf der MDK (m.E.) nicht sagen das es anders gemacht werden muß, bzw. hätte anders behandelt werden müssen.


    Genau so ist es.
    Der Gutachter muß ein begründetes ! Votum der Unvertretbarkeit für den konkreten Einzelfall abgeben!


    siehe hierzu auch:


    „So notwendig Maßnahmen der Kostenbegrenzung sind, so wenig lässt sich daran zweifeln, dass das System der gesetzlichen Krankenversicherung“ nur dann Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten bietet, wenn die Individualität des jeweiligen Falles und die dafür unverzichtbaren ärztlichen Entscheidungsfreiräume in Diagnostik und Therapie anerkannt werden. Auch unter den Vorgaben der GKV muss die Freiheit der Methodenwahl Geltung beanspruchen können“


    „Denn „Therapiefreiheit wie Ermessensspielraum sind sowohl zum Schutz des Kranken wie des Arztes erforderlich, um beide nicht einem Standard zu unterwerfen, der immer nur am statistischen Typ orientiert sein kann und aus dem daher nichts unmittelbar für den Einzelfall folgen muss“ (so mit Recht Buchborn, MedR 1993, 328, 330). Unser Gesundheitswesen ist auf der individuellen Freiheit gegründet.
    „Ärztliches Handeln entzieht sich der Kanonisierung.
    Es wird diktiert von den Besonderheiten des Einzelfalles“ (Jung, ZStW 97 (1985), S. 54).“


    „In Verbindung mit den DRG-Abrechnungsprüfungen wird sich unter diesen Voraussetzungen eine von grundsätzlichem Misstrauen geprägte Prüfmedizin gegen die an den Krankenhäusern praktizierte Humanmedizin stellen und ein gravierender Konflikt um die ärztliche Therapiefreiheit, praktisch also auch um Entscheidungskompetenz und Verantwortung entbrennen.“


    http://www.medical-text.de/drg/rechtsfrag…3dkr-200804.pdf


    Gruß

    Eberhard Rembs