Laparoskopische Cholezystektomie - 1 Tag?

  • hallo!

    In einer indischen Studie wurde bei 100 Patienten eine offene Cholecystektomie ( OC ) vorgenommen.
    Das Bilirubin war
    vor OC 0,51 / 24h nach OC 0,52+-0,1 mg/dl
    In der Vergleichsgruppe wurden 100 Patienten laparoskopisch cholecystektomiert ( LC )
    Deren Bilirubin war
    vor LC 0,53 / 24h nach LC 1,93+-0,7 mg/dl / 72h nach LC 0,54

    Die Erhöhung trat also nur bei den LC-Patienten auf. Hauptursache ist das CO2-Pneumoperitoneum. Diese hepatotoxische Nebenwirkung ist seit Jahrzehnten bekannt und transienter Natur. Auch die AST und ALT steigen kurzzeitig nach LC an, durchschnittlich auf das 2-3-fache des oberen Wertes des Normalbereichs.
    Die von Herrn Wegmann beschriebene leichte Erhöhung des Bilirubin am ersten pop Tag dürfte so zu deuten sein, ansonsten wäre der Patient mit Ikterus aufgefallen.

    In einer Studie aus einem der großen saudischen Medical Centers wurden von 2009-2014 1140 Patienten laparoskopisch cholecystektomiert.
    Die Op war vormittags, die Entlassung erfolgte nach 6-8 h Nachbeobachtungszeit am Abend des OP-tages ( day-surgery ).
    Nur 46 Patienten konnten nicht entlassen werden, mussten übernacht bleiben. Und nur 5 Patienten mussten wiederaufgenommen werden, hauptsächlich wegen Erbrechen und Hematomen. Die Patienten waren nicht älter als 69 Jahre und ASA I oder II.

    Wenn andere tageschirurgisch cholecystektomieren, warum ist dann bei uns die Entlassung nach overnight stay ein Problem?

    mfg ET.gkv

    Einmal editiert, zuletzt von ET.gkv (20. Dezember 2015 um 15:45)

  • Hallo ET.gkv,

    weil in unserem Haus alle Ärzte, die das können, abgewandert sind, entweder nach Saudi-Arabien oder zum MDK.

    Ich entschuldige mich auch gleich für den derben Spruch!

    Da lassn Sie doch nur mal was passieren. Bili am ersten postoperativen Tag erhöht, war wohl durch das Pneumoperioneum bedingt (!?), siehe indische Studie. Ich wäre dann gespannt auf die Beurteilung des MDK, der ja auch von Patienten wegen Kunstfehlern zu Rate gezogen werden kann.

    Dass man jetzt begründen soll, weshalb ein Patient nicht am ersten postoperativen Tag nach Cholezystektomie entlassen wird und dazu ein erhöhtes Bilirubin herangezogen wird, ist bemerkenswert.

    Mal im Ernst, diese Turbomedizin wird doch nur propagiert, weil sie mit entsprechenden Kurzliegerabschlägen behaftetet ist. Die uGVD wurde ursprünglich von den Kassen gefordert, um eine blutige Entlassung zu verhindern. Die hohen Kurzliegerabschläge sind doch ein betriebswirtschaftlicher Taschenspielertrick. Laut InEK mag das für den Einzelfall sogar noch zutreffend sein. Für die Gesamtheit des Patientenguts passt es aber nicht mehr.

    Lassen Sie doch den Patienten ein paar Tage im Krankenhaus. Die dadurch verursachten tatsächlichen Kosten sind gering, das Mehr an Sicherheit ist dagegen erheblich.

    Viele Grüße

    Medman2

  • hallo medman2!

    Vorausgesetzt der Operateur ist aus der Lernkurve raus und wählt die Patienten sorgfältig aus, dann bringt Liegenlassen nach LC keine zusätzliche Sicherheit mehr.
    Dazu ist die Methode nach jetzt genau 30 Jahren zu gut.

    Und schon lange ist klar, das geringe Änderungen der Leberwerte keinerlei prognostische Bedeutung haben. Weder vor noch nach LC.
    Das sollte mE der Endoskopiker und der MDK-Gutachter wissen ( im Gegensatz zu Patientenanwälten ).
    Mit Kosten habe ich nichts mehr zu tun, ausgenommen jetzt Zusatzbeiträge.

    mfg ET.gkv

    Journal of the Society of Laparoscopic Surgeons ( Ireland )
    JSLS 2011; 15:65-69
    Nasir Zahaar Ahmad
    Routine Testing of Liver Function Before and After Elective Laparoscopic Cholecystectomy: Is it Necessary?

  • Vorausgesetzt der Operateur ist aus der Lernkurve raus und wählt die Patienten sorgfältig aus, dann bringt Liegenlassen nach LC keine zusätzliche Sicherheit mehr.
    Dazu ist die Methode nach jetzt genau 30 Jahren zu gut.

    Hallo ET.gkv,

    Ihre Aussage trifft m.E. nicht zu. Die Lernkurve nähert sich zwar - zumindest theoretisch - asymptotisch einem Wert, der ist aber nie Null. Komplikationen treten ein, auch bei größter Routine und bei "richtiger" Patientenauswahl, es sei denn, Sie verstehen unter richtiger Patientenauswahl die Auswahl der Patienten, die keine Komplikationen entwickeln.

    Am OP-Tag oder am ersten postoperativen Tag entlassen ist vermutlich billiger, die geringere Sicherheit spricht nicht dafür.

    Wenn man in solchen Fällen die Entlassung so früh einfordert, sollte man auch so konsequent sein, die uGVD - zumindest bei diesen DRG's - aufzugeben. Dann sollten zumindest die wirtschaftlichen Effekte auf die Gesamtgruppe der Inlier egalisiert werden. Das mag zwar insgesamt etwas billiger kommen, medizinsch ist es m.E. gleichwohl nicht sinnvoll.

    Viele Grüße

    Medman2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (22. Dezember 2015 um 18:35)

  • Hallo,

    Ich bin sicher kein Verfechter der Kurzzeittherapie um jeden Preis.

    Wenn jedoch folgende Prämissen zutreffen:

    • Die Erlöse für die Eintagesfälle entsprechen den mittleren Kosten dieser Fälle (sagt das InEK)
    • Es gibt Patienten, die für eine Entlassung nach einem Tag geeignet sind

    dann ist die Forderung nach Aufhebung der UGVD nicht zielführend. Denn dann würde die ganze DRG billiger und die Behandlung der Patienten, die 2 oder mehr Tage wirklich benötigen, würde schlechter vergütet. Im Sinne der Pauschalierung könnte ich persönlich zwar damit leben, aber dann fängt die Diskussion darüber wieder an, warum komplikationslose Patienten genau so bezahlt werden, wie Patienten, die tatsächlich noch etwas Überwachung brauchen. Die Krankenhäuser sollten sich von der Denkweise der UGVD-Preis sei lediglich ein Abschlag auf einen "Normalpreis" lösen. Wenn ich mich als Krankenhaus darauf einrichte, die Patienten, die geeignet sind in einem Tag zu behandeln, dann kann ich das auch zu Kosten machen, die durch den UGVD-Erlös gedeckt werden.

    Ob und wann eine Laborwerterhöhung eine Indikation für eine weitere Überwachung ist, hängt sicherlich von den Umständen ab. Als Operateur sollte ich aber wissen, ob hier ein tatsächliches Risiko besteht, oder ob ich mir doch eher meiner Sache sicher sein kann und eine ambulante Kontrolle ausreicht. Also wie immer: Eine Frage der Dokumantation.

    Gruß

  • Moin!

    Ich wollte noch auf den Vergleich mit Saudi Arabien eingehen: Weder das Gesundheitssystem noch die Lebensbedingungen in den meisten Ländern sind mit Deutschland vergleichbar.

    Wir sollten überlegen, ob es nicht besser ist, weiterhin höhere Sicherheitsstandards zu haben.

    In Saudi Arabien ist die Lebenserwartung nach dem 60. Lebensjahr 19 Jahre, in Deutschland 24 Jahre. Der Vergleichswert der WHO / Weltbank für Deutschland wäre 23 Jahre, wir sind also ein Jahr besser als die Vergleichsgruppe ( Saudi Arabien ist in unserer Einkommens-Vergleichsgruppe der Weltbank ).

    Zur Bilirubin Erhöhung: Es haben eben nicht alle Patienten eine harmlose Bilirubin Erhöhung. Man kann es dem individuellen Patienten leider nicht ansehen, ob in diesem Einzelfall die Bilirubinerhöhung durch eine Komplikation bedingt ist, oder ob sie harmlos ist.

    Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn die Bilirubinerhöhung nicht harmlos ist, sondern durch einen verschlossenen Gallengang verursacht wurde. Es gibt ja noch weitere Komplikationen, die tückisch sind, und die erst nach einiger Zeit auftreten.

    Ich frage mich, warum wir diese Vorteile an Sicherheit aufgeben sollten.

    In Deutschland ist zwar vieles scheinbar kompliziert. Dafür haben wir eine sehr hohe Sicherheit in allen Bereichen. Mir hilft es, wenn wir eine sehr hohe Sicherheit im Alltag haben.

    Ich habe keine Probleme damit, dass diese Sicherheit dann eben einen Tag Überwachung länger bedeutet.

    Ich verstehe nicht, warum es immer alles schneller gehen muss, wenn dann die Risiken steigen.

    Dr. med. J. Scherlitz
    Krankenhaus Reinbek St. Adolf-Stift GmbH

  • ...Ich verstehe nicht, warum es immer alles schneller gehen muss, wenn dann die Risiken steigen...

    Hallo Herr Scherlitz,

    weil die einen profitieren (Unterschreitung der UGVD) und die anderen das Risiko tragen...

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Wenn jedoch folgende Prämissen zutreffen:

    • Die Erlöse für die Eintagesfälle entsprechen den mittleren Kosten dieser Fälle (sagt das InEK)
    • Es gibt Patienten, die für eine Entlassung nach einem Tag geeignet sind

    dann ist die Forderung nach Aufhebung der UGVD nicht zielführend. Denn dann würde die ganze DRG billiger und die Behandlung der Patienten, die 2 oder mehr Tage wirklich benötigen, würde schlechter vergütet.

    Hallo GW,

    m.E. ist die Argumentation, dass die Erlöse der 1-Tagesfälle den Kosten entprechen und daher 1-Tagesfälle bei einer uGVD von 1 unproblematisch sind, trügerisch. Wenn Sie mit dieser Argumentation eine Vielzahl von Patienten als 1-Tagesfälle behandeln, erlösen Sie zwar die dafür entstehenden Kosten. Gleichzeitig entfernen Sie aber aus der Gruppe der Inlier die dort relativ gut vergüteten Fälle unterhalb der mVD, die die relativ schlecht vergüteten Inlier oberhalb der mVD ausgleichen. Aus diesem Grund sind dann zwar die 1-Tagesfälle zutreffend kalkuliert, die Inlier aber unterfinanziert.

    Sie müssen bei Ihrer Betrachtung die Erlöse von Kurzliegern und Inliern addieren. Die "ganze DRG" wird zwar billiger, Sie erhalten die DRG ohne Abzüge aber auch für 1-Tagesfälle. Das ist die rein wirtschaftliche Betrachtung.

    Viele Grüße

    Medman2

    2 Mal editiert, zuletzt von medman2 (12. Januar 2016 um 22:47) aus folgendem Grund: Tippfehler