Polamidon nachstationär?

  • Guten Tag Forum,

    es stellt sich bei uns die Frage, ob wir als Krankenhaus berechtigt sind, im Rahmen einer nachstationären Behandlung Polamidon (Einnahme unter Aufsicht) verabreichen dürfen. Im konkreten Fall wurde der Patient bei uns behandelt und im stationären Aufenthalt erstmalig substituiert (Vermeidung Entzug)– der Patient war jedoch noch nicht in einem Methadonprogramm aufgenommen. Die schnelle Anbindung an eine ambulante Versorgung war leider nicht möglich, so dass der Patient stationär übers Wochenende blieb – was der MDK als nicht begründet ablehnt. Die Vergabe des Polamidons hätte vom KH im nachstationären Bereich sichergestellt werden können.
    Frage: Gibt es hierzu rechtliche Einschränkungen, oder ist die Verabreichung unter Aufsicht tatsächlich auch im nachstationären Bereich erlaubt?!

    Freue mich auf Antworten
    GK-Nicole

  • Guten Tag Nicole,
    nach meinem Informationsstand ist es so, dass die Vergabe von Polamidon (etc) an strenge Vorgaben und Voraussetzungen an fachliche und organisatorische Gegebenheiten geknüpft ist. Zudem sind die Auschlusskriterien und die Indikation der Vergabe zu prüfen. Geschieht in Ihrem Krankenhaus die Vergabe von Polamidon regelhaft (z.B. Suchtabteílung Psychiatrie), oder handelt es sich um ein somatisches Krankenhaus?

    merlin :augenroll:

  • Hallo -

    FI L-Polamidon® Lösung zur Substitution:


    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Hallo -

    m.E. hätte man einen solchen Patienten dann wohl besser in eine Psychiatrie verlegt. Substitutionstherapie ist mehr als Opiat geben. Wenn der MDK die Substitution nachstationär fordert, ist das m.E. nicht zu verantworten (siehe BÄK Richtlinien).

    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Hallo zusammen,
    Hallo TT

    Zitat


    Original von TT:
    m.E. hätte man einen solchen Patienten dann wohl besser in eine Psychiatrie verlegt.

    Womit, bitte, begründen Sie die Verlegung / Einweisung in die Psychiatrie?
    Zitat vieler Kliniken: \"Die Indikation zur stationären Aufnahme stellt jede akute psychiatrische Erkrankung in Abhängigkeit ihres Ausprägungs- und Schweregrades dar. Patienten, die sich in einem akuten Zustand psychischen Leidens oder einer Krisensituation befinden....\"
    Ich denke, die \"Verlegung zur Substitutionstherapie\" ist problematisch. Für ALLE Beteiligten.
    TT, siehe bitte auch Ihren Beitrag von heute, 12:50 Uhr.

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe

  • Hallo -

    Zitat

    Womit, bitte, begründen Sie die Verlegung / Einweisung in die Psychiatrie?


    1. mit den von mir zitierten Empfehlungen. Substitution ist weit mehr als das \"Medikament\" und das Fehlen von Abstinenzsymptomen.
    2. mit eigenen und auch aus erster Hand berichteten Erfahrungen, die ich hier nicht darstellen möchte/kann.


    Sie verwechseln aus meiner Sicht die Opiatgabe mit Substitutionstherapie. Der \"akuten Zustand psychischen Leidens oder die Krisensituation\" (wie Sie es beschreiben) besteht hier, auch wenn er u.U. durch das Fehlen von Abstinenzsymptomen nicht sofort augenscheinlich ist.

    Wer ist mit \"ALLEN\" gemeint? Etwa auch der MDK? Aus meiner Sicht ist in dieser Konstellation schon allein das Fehlen einer ambulanten Versorgung der hinreichende Grund für eine stat. Behandlung. Die formellen Gegenargumente greifen hier m.E. nicht.


    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Guten Morgen,

    die Polamidongabe erfolgte im konkreten Fall ja als „Neben“behandlung, um während des Aufenthaltes eine Entzugssymptomatik bei bekannter Heroinabhängigkeit zu vermeiden. Die Hauptdiagnose war die Lobärpneumonie. Eine Verlegung in die Psychiatrie kam daher nicht in Frage.
    Das Behandlungsziel „Überbrückungssubstitution übers Wochenende“ wäre ja rein theoretisch durch die nachstationäre Betreuung möglich gewesen, so dass der Anspruch auf die vollstationäre Behandlung gemäß §39 SGB V nicht mehr gegeben wäre.
    Ich fürchte, dass es mal wieder darauf hinausläuft, zwischen Theorie und Praxis zu unterscheiden – zumal für eine Großstadt wie Köln ja gerne gesagt wird, dass jedwede Überleitungen in andere Sektoren zu jedem Zeitpunkt gegeben sind...

    GK-Nicole

  • Guten Morgen zusammen,
    guten Morgen TT

    Zitat


    Original von TT:
    u.a.:
    Aus meiner Sicht ist in dieser Konstellation schon allein das Fehlen einer ambulanten Versorgung der hinreichende Grund für eine stat. Behandlung.

    In vielen Punkten stimme ich Ihnen, TT, zu: Es besteht das Dilemma der Zuständigkeit zwischen ambulant und stationär.
    Im Fall von GK-Nicole wage ich zu behaupten, dass die KK bzw. der MDK jede Kostenübernahme nach Entlassung aus der Klinik (wegen Pneumonie) ablehnen wird.
    Mit \"ALLE\" hatte ich entsprechend in erster Linie den Patienten gemeint und das Krankenhaus:
    Vor nicht langer Zeit erging ein Urteil des BSG, nachdem die KK auch dann nicht für die Kosten nach Entlassung des Patienten aufzukommen haben, wenn dessen weitere Versorgung nicht gesichert ist!
    Ergo: Weiter stationär ohne Vergütung - oder Entlassung \"ins Nirwana\"!?

    Allen ein schönes Wochenende, einen guten Start in die möglichst streßfreie neue Woche!

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe

  • Guten Morgen,

    ein wesentlicher Aspekt des Ganzen wurde noch nicht berücksicht: Sehr wahrscheinlich war die Klinik gar nicht berechtigt, eine Substitution durchzuführen - weder nachstationär noch sonstwie! Dies ist nämlich nach BtmG und BtmVV an das Vorliegen einer Substitutionserlaubnis (in Verbindung mit entsprechendem Fachkundenachweis) gebunden, und den hat in nicht-psychiatrischen Kliniken in der Regel niemand. Eine Substitution darf durch andere Ärzte nur erfolgen (bis zu 3 Patienten gleichzeitig), wenn ein Erlaubnisinhaber als Konsiliarius hinzugezogen wird und dann auch den Btm-Schreibkram (Substitutionsregister) macht. Wer substituiert, ohne diese Bedingungen einzuhalten, macht sich strafbar!

    In der Akutsituation der Pneumonie greift dieser Einwand nicht, denn da ist die Substitution vital indiziert, so dass ein rechtfertigender Notstand vorliegt. Am Wochenende war der Patient aber offenbar pulmonal schon deutlich gebessert, er blieb ja nur zur Substitution. Dann sind 2 Fälle denkbar:

    1.: Der Patient macht glaubhaft, aussteigen zu wollen. Dann benötigt er mit Sicherheit erst mal eine qualifizierte suchtmedizinische Behandlung und muss verlegt werden. Falls Verlegung in eine geeignete Abteilung am WE nicht möglich, kann man argumentieren, dass die Überwachung des Patienten nötig ist, um a) einen Rückfall zu verhindern und b)gefährliche Methadon-Nebenwirkungen (Atemdepression) auszuschließen. Methadon hat eine extrem unberechenbare Kinetik, bei einem Patienten mit einer Allgemeinerkrankung, der dann evtl. noch Heroin obendrauf nimmt, kann *alle* passieren. In diesem Fall also weiter stationär und Substitution im Rahmen des übergesetzlichen Notstands. In diesem Fall wäre der Patient m.E. (bin aber zum Glück kein Psychiater) nicht entlassungsfähig.

    2.: Es ist kein ernsthafter Ausstiegswille erkennbar. Dann war die Substitution übers Wochenende nicht indiziert, egal wie und durch wen. Die Versorgungsstrukturen des Abhängigen funktionieren am Wochenende mit Sicherheit besser als die der Klinik...

    Regnerische Grüße

    MDK-Opfer

  • Liebe GK-Nicole,
    ich gratuliere Ihrem Haus bzw. den ärztlichen Kollegen, dass sie eine strafbare Handlung unterlassen haben. Das kann sehr !!! teuer werden. Ich kann mich der Argumentationskette von MDK.opfer nur anschließen. Bei Abstinenzwunsch sind wir den somatischen Kollegen im Regelfall gerne behilflich. Vielleicht ist es auch der Anschups, den der Pat. benötigt.

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    [td=#FFCCFF,40%,center] [f2][verdana]bellisima[/f2]
    [f1]FÄ für Psychiatrie und Psychotherapie, MBA[/f1][/verdana]
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