nochmal instab. AP/ Thoraxschmerz

  • Liebes Forum,
    anknüpfend an den Beitrag http://p15110835.pureserver.info/apboard/thread…=1111&start=1#0 (mit wenig Resonanz) versuche ich es heute nochmal mit einem konkreten Fallbeispiel:
    Aufnahme einer 79-jährigen Patientin auf die intern. Intensivstation mit der Diagnose I20.0 (instabile Angina pectoris). Behandlung mit Heparin/Nitro iv, Labor und EKG-Kontrollen. Es erfolgt der Ausschluß eines Infarktes. An Vorerkrankungen ist lediglich ein Zn Schilddrüsen-OP mit Hormonsubstitution bekannt.
    Nach Ausschluß Infarkt erfolgt ein Belastungs-EKG und eine Echokardiographie. Es wird ein Hypertonus und eine Hypercholesterinämie diagnostiziert und eine Behandlung eingeleitet. Entlassung als vertebragener, extrakardialer Thoraxschmerz. Medikation: Asprin, Betablocker, ACE-Hemmer, Choletserinsenker.
    Nun die entscheidende Frage: darf die I20.0 HD oder nur ND sein, oder sogar gar nicht verschlüsselt werden, weil die Dokumentation eindeutig von einem extrakardialen Thoraxschmerz spricht ?
    Zwei Varianten:
    A) HD: I20.0, ND: Hypertonus, Hypercholesterinämie, Hypothyreose nach medizinischen Maßnahmen, Beobachtung bei V.a. Herzinfarkt; DRG F72B, RG 0,89
    B) HD: extrakardilaer Thoraxschmerz, ND: I20.0 + wie A); DRG: F74Z, RG: 0,54
    Eure Meinung ?
    Danke und herzliche Grüße,

  • Hallo,

    egal was gruppierungstechnisch rauskommen sollte - "die Hauptdiagnose wird definiert als ' Die Diagnose die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist" (DKR D002).

    Nach Ihrer Schilderung ist in Ihrer Kasuistik für mich Variante B zu favorisieren. Da nach meinen mittlerweile eher rudimentären klinischen Kenntnissen eine instabile Angina pectoris als Manifestation einer KHK keine vertebragene Genese haben sollte, gehört die I20.0 für mich auch nicht als ND verschlüsselt.


    --
    Mit freundlichem Gruß

    Hermann Scheffer
    Berlin

    Hermann Scheffer
    Berlin

  • Hallo,
    ich denke Herr Scheffer hat vollkommen Recht;
    aber wenn die Verdachtsdiagnose Inst. Angina durch
    die Untersuchungen weder bestätigt, noch widerlegt wurde,
    kann man sie als Hauptdiagnose verschlüsseln, wenn eine spezifische
    Behandlung durchgeführt wurde- und das war der Fall: Nitro, Intensivüberwachung etc..
    Also HD I 20.0 wenn die Angina P. nicht widerlegt wurde.
    Herzliche Grüße

  • Hallo jhaak & Forum,

    I20.0 als Verdachtsdiagnose: es darf kein Ausschluß geführt worden sein, die Diagnoseergebnisse müssen also nicht eindeutig gewesen sein: für diese Konstellation spricht in Ihrem Fallbeispiel nur, dass keine Indikation für die Behandlung mit Aspirin angegeben ist, bei Verdacht auf I20.0 sollte aber eine Begründung für den Verzicht auf eine vollständige Diagnostik und Therapie verschlüsselt werden können (F01.1 ?)
    In den meisten Fällen extrakaridaler Thoraxschmerzen wird die stat. Behandlung bereits nach 1-2 Tagen abgebrochen ohne dass coronarangiographiert wurde: das spricht m.E. dann für den Ausschluß einer I20.0. (In diesen Fällen ist der Ressourcenverbrauch auch geringer als bei echter I20.0 denn Patienten mit einer nachgewiesenen instabilen Anigina pectoris (Troponinanstieg, z.B. begleitend linksventrikuläre Dekompensation, rhythmologische Probleme) die nicht kathetert werden ist die Verweildauer länger und die HD oft anders (z.B. I50.1)

    Freundliche Grüße M.Goesling

  • Für mich ist Variante A zu favorisieren.
    Der Pat, kommt zur stat. Aufnahme mit einer AP verdächtigen Symptomatik, er wird intensiv überwacht und entsprechend therapiert und wird beschwerdefrei mobilisiert. Die Funktionsdiagnostik ergibt keine fortbestehende Koronarinsuffizienz.
    Niemand kann Ihnen beweisen oder wiederlegen, dass ein ACS vorgelegen hat oder nicht. Selbst eine nachfolgende Coronarangiographie mit Nachweis einer mehr oder weniger stenosierenden Koronarsklerose beweist nur deren Vorhandensein aber nicht die Tatsache, dass die zur stat. Aufnahme führende Symptomatik eine Trop negative Ischämie war.
    Ergo: Stehen Sie zu der bereits anfangs vermuteten Diagnose, die ja zu einer entsprechenden Überwachung und Therapie geführt hat und kodieren Sie als HD die I20.0 und als ND die I25.1, I10 oder I11.9, etc. Dies ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn Sie auch als Therapieempfehlung nach Entlassung ein Statin, ß-Blocker und ASS empfehlen.
    Gruß Bernd Ferber

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von jhaack:
    ...weil die Dokumentation eindeutig von einem extrakardialen Thoraxschmerz spricht ?


    Hallo,

    gemäß Dokumentation handelt es sich bei Angina pectoris um eine Ausschlußdiagnose, somit ist eine Kodierung als DRG Diagnose nicht zulässig.


    m.E. Variante B ohne Angina pect. als ND
    (Dokumentation und Kodierung müssen übereinstimmen)

    Gruß

    E. Rembs

  • Hallo Forum,

    das ist wirklich ein zweischniediges Schwert, aber ich glaube die DKR 2003 sind eindeutig in diesem Fall.

    Bleiben wir bei dem Patienten mit Thoraxschmerz als Aufnahmediagnose.Der Patient ist ansonsten "kerngesund" ohne weitere Vorerkrankungen und ohne ambulant laufender Medikation. Im stationären Verlauf erhält er keine (!) Medikation. Diagnostik wird durchgeführt. Ein Herzinfarkt ist initial über Labor und EKG ausgeschlossen worden. Als krönenden Abschluß erhält der Patient einen Herzkatheter. Hierbei wird eine KHK ausgeschlossen.

    Wir würden momentan wie folgt verschlüsseln:

    AD: R07.4 Thoraxschmerz
    HD: R07.4 Thoraxschmerz
    Prozedur: 1-275.0 Corornarangiographie
    DRG: F42b Kreislauferkrankungen ohne akuten Myokardinfarkt, mit invasiver kardiologischer Diagnostik, ohne komplexe Diagnose/Prozedur


    Der gleiche Patient landet aber nun bei den "Betäubern" auf der Intensivstation und erhält zudem Nitro und eine weitere medikamentöse Therapie wie bei AP-Symptomatik. Diagnostik und Herzkatheter werden in gleichem Umfang und mit gleichem Ergebniss wie oben durchgeführt.

    Wir würden momentan wie folgt verschlüsseln:
    AD: R07.4 Thoraxschmerz
    HD: AP I20.8 AP
    ND: R07.4 Thoraxschmerz
    Prozedur: 1-275.0 Corornarangiographie
    DRG: F42b Kreislauferkrankungen ohne akuten Myokardinfarkt, mit invasiver kardiologischer Diagnostik, ohne komplexe Diagnose/Prozedur

    Die DRG bleibt zudem in unserem Fall gleich.

    Fußend auf der DKR 2003 Seite 18:
    "Wenn Untersuchungen vorgenommen, aber keine Behandlungin Bezug auf die Verdachtsdiagnose eingeleitet wurde, ist/sind das/die Symptome/e zu kodieren."

    PS. Hallo Herrmann S., schön von Dir zu hören. Wie wärs mal wieder mit einer Feldstudie über die Berliner Hefe?


    LG E. Hilf :drink:

  • Ergänzend eine Frage zu den DD der instab. AP. Wie sieht es für ein Optionshaus aus wenn sich als HD eine depressive Episode (z.B. F33.1) darstellt. Ist bei Durchführung einer antidepressiven Therapie und Entlassung nach Hause eine Abrechnung nach DRG möglich oder wie wird vergütet? Gruss M.Goesling

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von M-Goesling:
    Ergänzend eine Frage zu den DD der instab. AP. Wie sieht es für ein Optionshaus aus wenn sich als HD eine depressive Episode (z.B. F33.1) darstellt. Ist bei Durchführung einer antidepressiven Therapie und Entlassung nach Hause eine Abrechnung nach DRG möglich oder wie wird vergütet?

    Guten Tag Herr Goesling,
    das geht, groupen Sie den Fall mal, ohne ND erhalten Sie die altersabhängige U63 Schwere affektive Störungen.

    Hierzu als Info:


    Ausgenommen sind davon explizit alle der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) unterliegende Institutionen, konkret: psychiatrische Krankenhäuser und Abteilungen... Mehr...

    und

    Als Gefahr für die stationäre psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung wertet die DGPPN-Spitze die DRG. Zwar sind die Einrichtungen von den DRG ausgenommen, doch enthält der DRG-Katalog psychiatrische DRG, um somatischen Einrichtungen die Abrechnung psychiatrischer Patienten zu ermöglichen - "die dort übrigens überwiegend fehlalloziert sind", wie Fritze feststellt. Und weil mindestens 20 Prozent der somatisch Kranken behandlungsbedürftige psychische Begleitkrankheiten aufweisen, werden die für DRG optierenden Häuser diese Kranken frühzeitig in psychiatrisch-psychotherapeutische Einrichtungen verlegen, glaubt Fritze. Die Folge sei eine Verlegungsflut in diese Häuser - die der Nullrunde unterliegen... Mehr...

    Gruß
    --
    D. D. Selter

  • Hallo Kollegen,
    zurück zum ursprünglichen Beispiel und zur ursprünglichen Frage, die noch nicht beantwortet ist.

    Das Beispiel war:
    Aufnahme einer 79-jährigen Patientin auf die intern. Intensivstation mit der Diagnose I20.0 (instabile Angina pectoris). Behandlung mit Heparin/Nitro iv, Labor und EKG-Kontrollen. Es erfolgt der Ausschluß eines Infarktes. An Vorerkrankungen ist lediglich ein Zn Schilddrüsen-OP mit Hormonsubstitution bekannt.
    Nach Ausschluß Infarkt erfolgt ein Belastungs-EKG und eine Echokardiographie. Es wird ein Hypertonus und eine Hypercholesterinämie diagnostiziert und eine Behandlung eingeleitet. Entlassung als vertebragener, extrakardialer Thoraxschmerz. Medikation: Asprin, Betablocker, ACE-Hemmer, Choletserinsenker.
    Nun die entscheidende Frage: darf die I20.0 HD oder nur ND sein, oder sogar gar nicht verschlüsselt werden, weil die Dokumentation eindeutig von einem extrakardialen Thoraxschmerz spricht ?

    Hierzu meine Meinung:
    Instabile AP ist eine klinische Diagnose, die allenfalls durch eine negative Coro auszuschließen ist, die im vorliegenden Fall nicht erfolgte. Also handelt sich nicht um eine Ausschlußdiagnose.
    Diagnostiziert wurde neben der Hypertonie ein extrakardialer Thoraxschmerz, was aber auch mit Aspirin und CSE-Hemmer behandelt wurde, also auch hier kein Ausschluß, sondern die der Verdachtsdiagnose zugrunde liegende Erkrankung KHK wird zumindest mitbehandelt. Also glaubt man (wohl mit Recht) auch nicht dem negativen Belastungs-EKG.
    Da die ursprüngliche Verdachtsdiagnose akut und dauerhaft behandelt wird, und nicht ausgeschlossen ist, und zur Aufnahme führte, ist das die Hauptdiagnose.
    Ausgeschlossen ist lediglich der Infarkt, der natürlich nicht kodiert wird.
    Ich hätte mich in der Dokumentation nicht auf den extrakardialen Thoraxschmerz festgelegt, da die epidemiologische Wahrscheinlichkeit für eine KHK im beschr. Fall hoch ist!

    Mit freundlichen Grüßen

    Mautner
    Kardiologe :roll:

    Viele Grüße von

    Mautner

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Mautner:
    Hallo Kollegen,
    zurück zum ursprünglichen Beispiel und zur ursprünglichen Frage, die noch nicht beantwortet ist.

    ... weil die Dokumentation eindeutig von einem extrakardialen Thoraxschmerz spricht ?

    Ich hätte mich in der Dokumentation nicht auf den extrakardialen Thoraxschmerz festgelegt, da die epidemiologische Wahrscheinlichkeit für eine KHK im beschr. Fall hoch ist!

    Mit freundlichen Grüßen

    Mautner


    Hallo Herr Mautner,

    Frage ist beantwortet, siehe mein posting.

    In diesem konkreten Einzellfall würde jeder "MDK-Gutachter" die Dokumentation als entscheidend bewerten und evtl. Differenzen zwischen Kodierung und Dokumentation und Behandlung als Hinweis auf eine mangelnde Prozeßqualität interpretieren.

    Gruß

    E. Rembs