neurologische Komplexbehandlung ohne Apoplex / TIA kodierbar?

  • Liebe Gemeinde,

    ich habe die Suchfunktion ohne Erfolg bemüht, obwohl ich sicher nicht der erste mit folgendem Problem bin:

    Patient wurde bei Infarktverdacht auf Stroke unit behandelt. Vd. bestätigt sich nicht. War auch keine TIA, sondern - wie sich im Verlauf herausstellte - Erkr. mit gleicher Symptomatik (Toddsche Lähmung wenn ich mich recht erinnere; bin kein Arzt und habe ((weit nach Feierabend)) die Akte nicht zur Hand ;)

    Kasse weist jetzt Rechnung \"aus formellen Gründen\" zurück, da eine neurol. Komplexbeh. ohne Kode für Apoplex oder TIA kodiert wurde.

    Wo steht bitteschön, dass die neurol KB nur angegeben werden DARF, wenn Apo/TIA (oder ungeklärter Verdacht darauf) vorlagen? Wenn der Leistungsinhalt des OPS erbracht wurde, sollte er auch kodiert werden, denke ich. Die Indikation war ja initial da, nur hat sich im Verlauf eine andere Erkenntnis ergeben.

    Was tun? Die Rechnungszurückweisung bedeutet: Kein Geld und kein reguläres Prüfverfahren. Den OPS einfach streichen hieße, die erbrachte Leistung nicht korrekt abbilden.

    Wer kann helfen?

    Artur Speck

  • Hallo Herr Speck,

    Ihr Ärger ist verständlich, aber umsonst.

    Denn solange die Neurologen Ihres Hauses den Verdacht auf einen Apoplex geäußert und in der Akte dokumentiert haben, ist alles gut! :d_zwinker:

    In diesem Falle wäre nämlich die Kodierichtlinie \"Verdachtsdiagnosen\" anzuwenden, da eine Verdachtsdiagnose spezifisch behandelt wurde. Dann ist die angenommene Krankheit als Hauptdiagnose zuzuweisen, \"auch wenn sich der Verdacht nicht bestätigt\". Es gibt dazu ein Beispiel in den DKR mit einer Meningitis als HD.

    Einzige Ausnahme ist, wenn es im ICD einen Code gibt, der den Verdacht beschreibt, und das ist hier nicht der Fall.

    Bleibt die Kasse hartnäckig, hilft nur noch die Klage, die ich dann wärmstens empfehle.

    :k_biggrin:

    Gruß aus Niedersachsen - Ralf Römer 8)

  • Moin Herr Speck und Herr Römer,

    diesen Sachverhalt sehe ich aber deutlich differenzierter:

    1.
    Der OPS:

    8-981 Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls
    Exkl.: Andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls (8-98b ff.)
    Hinw.: Dieser Kode kann auch beim Vorliegen einer TIA angegeben werden
    [...]

    Quelle: http://www.dimdi.de/static/de/klas…8.htm#code8-981

    Da steht ausdrücklich Behandlung des akuten Schlaganfalles, sie heißt eben nicht nur \"neurol KB\". Außerdem ist die Anwendung auch bei der TIA möglich. Da steht eben nicht, dass andere neurologische Erkankungen auch darunter fallen.

    Wenn die Leistungserbringung getrennt vom medizinischen Sachverhalt wäre, könnten wir ja bei _jedem_ Fall die Stroke-KB erbringen und abrechnen, dass das nicht so gewollt ist, dürfte logisch sein.

    2.
    Verdachtsdiagnose: festverständlich darf eine Verdachtsdiagnose als HD kodiert werden, \"die am Ende eines stationären Aufenthaltes weder sicher bestätigt noch sicher ausgeschlossen\" ist.
    Quelle: DKR 2010, D008b Verdachtsdiagnosen

    Aber, wenn per se ein Stroke medizinisch ausgeschlossen ist (wie in diesem Fall), darf gemäß DKR ein Stroke auch nicht mehr kodiert werden und somit ist die Kodierung der Stroke-KB schlichtweg formal falsch.

    Bitte auch nicht die beiden Versionen mit dem Unterschied Entlassung / Verlegung vergessen.

    Grüße
    Jannis

    [edit] Typos korrigiert

  • Lieber Jannis,

    ich bleibe selbstverständlich bei meiner Auslegung der DKR Verdachtsdiagnosen.

    Natürlich steht in diesem OPS, dass eine bestimmte Krankheit behandelt werden soll, das gilt allerdings auch für alle anderen Krankheiten mit den dazu gehörenden sinnvollen Therapien.

    Es steht nirgendwo in den Regelwerken, dass diese Regel ausschließlich auf medikamentöse Therapieformen beschränkt ist.

    Wenn unsere Ärzte eine spezifische Behandlung bei Verdacht auf ein wie auch immer geartete Krankheit einleiten, wird diese selbstverständlich (als medizinisch und durch DKR begründet und erbracht) kodiert.

    Das gilt sowohl für eine Lungenkeilresektion bei Verdacht auf BCA, als auch für TBC - Behandlung oder explorative Laparotomien. Ich erkenne somit kein Ausschlusskriterium für den hier diskutierten Fall, denn der Ausschluss des Verdachtes wird in der entsprechenden Kodierrichtlinie ausdrücklich erwähnt.

    Die leidige Frage, ob die Abrechnung eines Kodes in dieser oder jener Form so gewollt sein kann, hatten wir hier schon sehr oft und zu unterschiedlichsten Anlässe besprochen. Ich sage dazu nur, dass diese Frage wohl die \"Erfinder\" des Codes beantworten müssen, mir ist das relativ egal.

    Liebe Grüße und einen schönen Abend noch - Ralf Römer

  • Danke für die Antworten!

    Mein Problem ist eigentlich nur, ob eine TATSÄCHLICH DURCHGEFÜHRTE (neurol.) Komplexbehandlung NICHT KODIERT werden darf, wenn der Verdacht (Apo), der zu ihr Anlass gab, IM NACHHINEIN ausgeschlossen wird. (Die Verdachtsdgn-DKR greift hier wirklich nicht.) Mir ist keine Vorschrift bekannt, die fordert, die Indikation erbrachter Leistungen ex post zu beurteilen - und dann, wie im Bsp. genannt, zu verwerfen!
    Vielleicht hat ja noch jemand eine Meinung dazu.

    Danke vorab
    Artur Speck

  • Schönen guten Tag allerseits,

    Herr Römer: Der Grund, warum die Verdachtsdiagnose nicht anwendbar ist, liegt nicht in der Therapieform, sondern in der Tatsache dass die Verdachtsdiagnose definitiv ausgeschlossen wurde, da eine andere Diagnose die Ursache der Symptomatik war. Und in der DKR steht eindeutig, dass die Verdachtsdiagnose bei Entlassung/Verlegung noch bestehen muss.

    Zitat


    Original von mirakel:
    Wenn unsere Ärzte eine spezifische Behandlung bei Verdacht auf ein wie auch immer geartete Krankheit einleiten, wird diese selbstverständlich (als medizinisch und durch DKR begründet und erbracht) kodiert.


    Ich weiß ja nicht, welche Kodierrichtlinien Sie hier zugrunde legen, aber nach der DKR D008b ist eine Diagnose, die während des stationären Aufenthaltes ausgeschlossen wurde, keine Verdachtsdiagnose mehr und damit auch nicht zu kodieren - egal wie sie therapiert haben! Lesen Sie die Kodierrichtlinie noch einmal genau, insbesondere den ersten Satz!


    Herr Speck:
    Die Erwähnung der Diagnose in der Überschrift des OPS macht es in der Tat schwierig. Natürlich wurde die Therapie erbracht, als noch von einem Schlaganfall ausgegangen wurde. Es ist schwer zu sagen, wie ein Gericht entscheiden würde und es wäre sicher interessant, dies einmal durch die Instanzen zu bringen. Das hilft aber nicht im konkreten Fall, sondern erst in ca. vier Jahren.

    Die formelle Zurückweisung würde ich allerdings nicht akzeptieren, sondern hier müsste sich schon einmal der MDK äußern. Schließlich handelt es sich um eine medizinische Fragestellung, die Indikation hat ja bestanden und die Leistung wurde erbracht.

    Vielleicht hilft doch noch einmal ein Gespräch und eine Erläuterung des Sachverhaltes gegenüber dem Kassensachbearbeiter.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Speck,

    eine kleine Rückfrage habe ich zur Fallkonstellation schon. Ist die Komplexbehandlung in diesem Fall denn überhaupt DRG-relevant? Über eine Prüfung gem. § 275 SGB V würde ich da nur schmunzeln.

    Zudem, wie von Jannis zitiert, heißt der OPS zwar \"... des akuten Schlaganfalls\", trotzdem meine ich mich entsinnen zu können, dass der Kode 2008 auch ohne entsprechenden Hinweis auf eine TIA beim Vorliegen einer solchen anwendbar war. Der Rückschluss der Kasse, dass hier ein formaler Fehler vorliegt, ist daher meines Erachtens nicht haltbar.

    Viele Grüße
    S. Seyer

  • Hallo Zusammen,

    ich gebe Ihnen, Herrn Schaffert, selbstverständlich Recht: Wenn die Verdachtsdiagnose sicher ausgeschlossen wurde, war die diese Behandlung in jeder Hinsicht umsonst.

    Dies werden Sie, Herr Speck sicherlich entschieden können, wenn Ihnen die Akte vorliegt. (Interessant wäre in diesem Fall übrigens, zu welchem Zeitpunkt die Diagnose sicher ausgeschlossen wurde, zumindest, wenn die neurologische Komplexbehandlung bis zu einem kodierfähigen Ende geführt wurde.)

    Oft verwendete Formulierungen, wie beispielsweise: \"Die Symptomatik wurde wohl eher von...verursacht\" u. ä. stellen sicherlich keinen definitiven Ausschluss dar. Ich würde die Dokumentation daraufhin genau überprüfen.

    Ich wünsche allseits einen schönen Abend - Ralf Römer

  • Hallo Herr Speck und Rest der \"Gemeinde\",

    so wie ich den Sachverhalt verstanden habe, haben Sie im vorliegenden Fall eine HD die keine TIA G45.xx oder einen Schlaganfall/ Blutung I60.x/I61.x/I63.x beschreibt. Somit triggert der OPS 8-981.0/1 auch keine entsprechende (TIA/Schaganfall-) DRG und ist NICHT erlössteigernd. Es gibt Kassen denen das egal ist und die nur den reinen Betrag sehen den sie zahlen müssen und Kassen die \"pingelig\" sind und den ENTL oder RECH zurückweisen mit dem Hinweis der OPS-Code passe nicht zur HD. In jedem Falle würde ich den OPS löschen oder sperren und die Daten nochmal korrekt versenden.

    Wir kodieren die neurologische Komplexbehandlung nur bei entsprechendem Krankheitsbild, denn es heißt ja \"neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls\" - und eine Meningitis oder eine Migräne o.ä. haben nunmal gar nix mit einem Schlaganfall zu tun! Leider gibt es nicht für jeden \"Stroke-Patienten\" automatisch mehr Geld, denn auch bei uns landen viele Patienten wegen der Verdachtsdiagnose Schlaganfall erstmal auf der Stroke Unit und was stellt sich dann heraus? Hirntumor, B66D 2000,- E statt 4000,-€ oder gar 6500,-€, denn auch solche Patienten liegen bei uns schon mal 3 Tage auf der Stroke.

    Viele Grüße und Frohe Ostern

    Sebastian

  • Hallo -

    Zitat

    (...) oder eine Migräne o.ä. haben nunmal gar nix mit einem Schlaganfall zu tun (...)

    nur so am Rande:

    IHS Diagnose ICD-10

    1.5.4 Migränöser Infarkt G43.3

    Beschreibung:
    Eines oder mehrere Aurasymptome verbunden mit einer in der zerebralen Bildgebung nachgewiesenen relevanten ischämischen Läsion

    Diagnostische Kriterien:
    Die aktuelle Attacke bei einem Patienten mit 1.2 Migräne mit Aura ist typisch für frühere Attacken mit der Ausnahme, dass ein oder mehr Aurasymptome für > 60 Minuten persistieren

    Die zerebrale Bildgebung zeigt eine ischämischen Infarkt in einem relevanten Hirnareal

    Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen

    Kommentar:
    Ein ischämischer Infarkt bei Migränepatienten kann definiert sein als Hirninfarkt aus anderen Gründen bei gleichzeitig bestehender Migräne, als Hirninfarkt aus anderen Gründen mit migräneähnlichen Symptomen oder als Hirninfarkt im Ablauf einer typischen Migräneattacke mit Aura. Nur letzteres erfüllt die Kriterien eines 1.5.4 migränösen Infarktes.

    Ein erhöhtes Risiko für ischämische Infarkte bei Migränepatienten für Frauen unter 45 Jahren konnte in mehreren Studien gezeigt werden. Die Datenlage für eine Asssoziation zwischen Migräne und Hirninfarkten bei älteren Frauen oder bei Männern ist inkonsistent.

    Schöne Ostern!

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Hallo liebe Mitstreiter,

    darf bei einer I62.00 /01 Subdurale Blutung (nichttraumatisch): (Sub)akut oder I62.02 - Subdurale Blutung (nichttraumatisch): Chronisch, die 8-981.0 / 1 (Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls kodiert werden ?

    Mit freundlichem Gruß

    ochpowi