Nicht ausreichend kodierte, also falsch zu niedrige Abrechnungen

  • Moin Herr Sommerhäuser,

    wenn sie deutschsprachige Literatur meinen: sehr dürftig.

    Es gibt natürlich diese Untersuchungen, aber sobald diese nur monozentrisch durchgeführt wurden, scheut jedes Haus eine Veröffentlichung, da ansonsten das Risiko einer Nachforderung von Seiten der Krankenkassen in Höhe der Verbesserung der Kodierung droht:

    Was bringt denn (in Euro) so eine Kontrolle der Kodierung an einer Uniklinik?
    Bsp: http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=45928

    Studien, die von Dritten -sprich beauftragten Dienstleistern - durchgeführt wurden stossen grundsätzlich auf eine gewissen Skepsis:

    Bsp: Werbung hier im Forum, wo mit X.XXX.XXX.- Euro Gewinn aus Kontrolle der Kodierung geworben wird.

    Multizentrische Studien: die Ergebnisse dieser Studien wären bestimmt sehr interessant und ich oute mich auch gleich als bereitwilliges Mitglied, aber bisher ist mir keine Studie bekannt, die dann hinterher auch die \"Hosen herunter gelassen\" hat, sprich: natürlich gibt es die Zahlen, bloss werden sie an diese nicht so einfach herankommen. Unter der Hand erfährt man unter Kollegen schon sehr interessante Zahlen, vor allem unter den Kollegen, die gerne als \"Reviewer\" zur Kontrolle der Kodierung von anderen Häusern gebucht werden.

    Bsp: - keine veröffentlichten -

    Dann haben wir noch die Review-Artikel, bei denen nicht auf eigene Erhebungen, sondern auf Daten Dritter -evt. sogar aus dem Ausland - Hochrechnungen durchgeführt werden. Ob diese immer so repräsentativ und anwendbar sind, darf in Zweifel gestellt werden.

    Kh kodieren zu viel und nicht zu wenig:
    Kosten aufgrund von DRG-Upcoding durch die Einführung der Diagnosis Related Groups in Deutschland
    Bsp: http://www.springerlink.com/content/7745480176r8l977/

    Und nicht zuletzt haben die Flut an englisch-sprachigen Artikeln zu dieser Fragestellung, da wir ja nicht die ersten mit DRGs sind, und diese Frage natürlich alle Krankenhäuser vor uns auch schon gestellt hatten.

    Bsp: Simborg: DRG-Creep, NEJM 304, P: 1602-1604, 1981

    Auch wenn es \"Eigenwerbung\" ist: hier finden sie nahezu alle (soweit mir bekannten) Veröffentlichungen zum Thema: http://drgblog.de

    Grüße
    Jannis

  • Zitat


    Original von Admin:
    DRG-Rowdy: Es gab bei meiner völlig offenen Fragestellung keinen Bezug zu anderen Beiträgen. Auch mit Arbeitgebern, Arbeitnehmern und deren etwaigem Erinnerungsvermögen hat meine Frage nichts zu tun. Interessant ist aber, wieso Sie darauf kommen ? Reflektorisch ?


    Hallo Herr Sommerhäuser,

    meine Aussage bezog sich nicht direkt auf Ihren Post. Die Antwort von Dr. Linz hat mich lediglich etwas zum grübeln gebracht.

    Ich muss gestehen, dass ich ein Verständnisproblem damit habe, dass es im Bereich von MDK-Gutachten, die nach zwei Jahren eingehen, einen \"Aufschrei\" gibt, da der Arzt aufgrund seines Erinnerungsvermögens nicht mehr in der Lage ist substantiert zu widersprechen.

    Sofern es allerdings um Nachkodierungen geht (die unbestritten auch aus den vorliegenden Berichten abgeleitet werden), ist die Zeitspanne uninteressant und nicht mehr notwendig.

    Hypothetische Fragestellung: Die Nachkodierung wird MDK-geprüft. Das Gutachten kommt nach einem Jahr. Zu welchem Schluß käme das KH hier? Wird das GA anerkannt bzw. mit begründetem Widerspruch angegangen, oder wird das GA abgelehnt, da das GA zu alt ist.

    Unterm Strich bin ich halt unschlüssig, ob hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Vllt. fehlt mir auch schlicht der Einblick in die klinische Tätigkeit.

    Viele Grüße und einen entspannten Resttag vom
    Rheinkilometer 660

  • Hallo DRG-Rowdy,
    (obwohl es mir widerspricht Sie als Rowdy anzusprechen),
    mit der erinnerung verhält es sich so (praktische Erfahrung von mir)

    Eine Nebendiagnose oder eine Prozedur wird angezweifelt. Ich finde in der akte nix dazu. Also frage ich den Arzt, was denn da war und ob vielleicht in den unergründlichen Tiefen seines Büros noch ein Befund schlummert oder ob er sich noch an einen erhobenen Befund erinnern kann, den er dann als Nachtrag in die Kurve einpflegt (die werden bei uns dann auch als solche gekennzeichnet).

    Wenn ein Befund eingetragen aber ncht kodeirt wird, brauche ich das erinnerungsvermögen nicht zu strapazieren.

    Das nur zur Erklärung, bzw. als Einblick in die klinische Tätigkeit.

    Das mit dem zweierlei Mass habe ich damit nicht beantwortet (nur falls jemand da was rein interpretieren will)

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Moin,

    Zitat


    Original von fimuc:
    Hallo,

    das BSG-Urteil macht doch eigentlich nur für die Fälle Sinn, wenn die Klinik von sich aus nachkodieren will. Hat die Kasse dagegen eine MDK-Prüfung angestrengt, erwartet sie ja eine neue Rechnung im Zuge der Überprüfung.
    Ich habe dieses Urteil allerdings noch nicht gelesen und bin mir nicht sicher, ob ich mit meiner Einschätzung richtig liege.

    Tatsache ist aber, dass nun sogar der MDK (bei der Kommentierung unseres Widerspruchs) schreibt:
    Das KH wesit auf die Nachkodierung der Diagnose X.XX.X hin, die zwar medizinische korrekt ist, wegen des BSG Urteils ausserhalb der 6-Wochenfrist nicht merh nachberechnet werden darf.

    Die Sozialgerichte werden sich der Sache annehmen.

    Gruß

    merguet

  • Moin,

    ich finde es wirklich interessant, wie sich auf ein Urteil berufen wird, dessen ausführliche Begründung noch nicht veröffentlicht ist. Wenn ich mich recht entsinne, ging es in dem Verfahren um die Nachberechnung eines KH 2 Jahre nach dem Aufenthalt, ohne dass eine MDK Prüfung eingeleitet war.

    Und selbst wenn die KKn / MDK die noch unbekannte Volltextversion des Urteils zufällig richtig auslegen sollte (was ich nicht glaube), wird der Schuss doch nach hinten losgehen, denn jedes KH wird ein Gutachten, welches auch nur 1 Tag nach Versand der Unterlagen eingeht, unter Verweis auf die mangelnde Zeitnähe und obiges Urteil ablehnen.

    Viele Grüße

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Hallo -

    Zitat


    Original von papiertiger:

    (...) wird der Schuss doch nach hinten losgehen, denn jedes KH wird ein Gutachten, welches auch nur 1 Tag nach Versand der Unterlagen eingeht, unter Verweis auf die mangelnde Zeitnähe und obiges Urteil ablehnen.

    Wie schon oben geschrieben sehen wir es auch so und würden dem MDK aber eine Woche für das GA \"geben\". Ziel: Gesamtvorgang (Versand-GA-WS) in 6 Wochen beenden. Wer das Urteil so auslegt kann sich doch gleich das ganze Prüf-Verfahren ersparen.

    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Upps, sorry.

    1 Tag nach Versand der Unterlagen wäre natürlich heftig ;-))

    Natürlich war 1 Tag nach der gesetzten Frist zur Beantwortung gemeint.

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Tja - die Nerven liegen blank.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo und guten Morgen,

    vielen Dank für Ihre Antworten und Erklärungen.

    Jannis: Vielen Dank für den kleinen, aber hilfreichen Parforce-Ritt durch die Literatur.

    Zitat


    Studien, die von Dritten - sprich beauftragten Dienstleistern - durchgeführt wurden stossen grundsätzlich auf eine gewissen Skepsis

    Das sehe ich auch so. Allerdings halte ich es für unschädlich, sich mit der Thematik zu beschäftigen...

    Viele Grüße
    B. Sommerhäuser

  • Schatzsucher

    Zitat


    Original von Admin:
    Meine Frage hierzu: Hat sich schon jemand mal der Mühe unterzogen, derartige Fälle zu identifizieren ? Hat sich schon mal jemand mit den NICHT berechneten Leistungen auseinandergesetzt ? Kann man automatisiert fälschlicherweise NICHT kodierte Leistungen identifizieren?

    Hallo Herr Sommerhäuser, Forum,

    externe Dienstleistungsangebote zur \"Nachkodierung\" häufen sich... Für die Geschäftsführungen der Krankenhäuser immer interessant (Kost\' nix, bringt höchstens mehr Geld).
    Wir bemühen uns, im Rahmen der Primärkodierung durch Kodierfachkräfte, einen Fall optimal zu kodieren. Trotzdem treten durch Arbeitsverdichtung bei engem Stellenplan möglicherweise Fehler, schlimmer noch \"systematische Unterkodierungen\" auf, die zu verhindern wären... ?
    Wie identifizieren die externen Dienstleister entsprechende Akten, welche Tools werden benutzt, welche Daten (nur P21 oder zusätzlich auch Arztbriefe) werden verwendet ?
    Wer ist bereit, hier ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern ?

    mfG

    C. Hirschberg

  • Moin,

    meiner Kenntnis nach gibt es da zwei SOrten von Leuten:
    Die einen wühlen in den Akten und spüren systematische Kodierfehler auf,
    die anderen betreiben Data-Mining und gleichen Befundtexte und Arztbriefe im KIS auf bestimmte Text-Substrings ab, die dann im Datensatz der Kodierung auftauchen müssten.

    Das ist aber nur das Hörensagen eines Aussenstehenden.

    Gruß

    merguet