Kodierung anhand der Medikation

  • Guten Tag liebe Community,

    ich bin relativ neu in der Branche des Kodierens und dennoch stoße ich bereits jetzt auf einige Fragen. Zwei davon möchte ich gerne hier stellen:

    es geht darum, dass meine Arbeitskollegen gerne eine Kodierung anhand der Medikamente eines Patienten, die während des stat. Aufenthaltes gegeben werden, kodieren. D.h. sie suchen sich in der \"Roten Liste\" das Medikament raus und schauen nach der passenden Erkrankung. In wieweit ist dies denn legitim?

    Eine weitere Frage, die sich mir stellt:

    während meiner Weiterbildung zur klin. Kodierfachkraft lehrte uns ein Dozent, dass es rechtens sei, eine Herzinsuffizienz (z.B. I50.01) zu kodieren, wenn der Patient ASS oder Marcumar bekäme.
    Inwieweit ist dies korrekt?
    Diese Medikamente gibt man ja bei mehreren Erkrankungen. Was ist nun, wenn die Herzinsuffizienz zwar nicht konkret benannt wurde, jedoch herzuleiten ist (alter Patient, \"dickes\" Blut, wird zur Prophylaxe einer kard. Dekompensation gegeben).

    Ich danke im Voraus für jegliche Hilfestellung zur Beantwortung dieser Fragen

    _______________
    Freundliche Grüße

    S.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    das klingt sehr abenteuerlich und ist alles andere als zielgerichtet. Die Ärzte sollten schon dokumentieren, was sie wegen was geben. Diese Information ist von Ihnen zu verwerten. Alles andere ist im Trüben fischen bzw. Glaskugelspielerei.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Danke für die schnelle Antwort,

    was denken Sie über die Aussage des Dozenten (I50.- sei zu kodieren rein bei der Gabe von ASS/Marcumar, selbst wenn es nur als Prophylaxe dient (und selbst wenn die Herzinsuffizienz noch nicht diagnostiziert wurde))?

    _______________
    Freundliche Grüße

    S.

  • Das Ansinnen Ihres Dozenten ist, mal vorsichtig gesagt, befremdlich. Wenn Sie eine Herzinsuffizienz codieren wollen, dann muß diese auch diagnostiziert sein (mit der \"Verdachtsdiagnose\" kommen Sie in dieser Konstellation nicht weiter).

    Die prophylaktische Gabe von Medikamenten wurde früher vom MDK etwas widersprüchlich gehandhabt, zwar wurde die I48.11 bei VHF und Marcumargabe anerkannt (was eine reine Prophylaxe darstellt), andererseits aber die prophylaktische Gabe anderer Präparate als nicht DKR-konform bezeichnet. Nun ist diese Absurdität aber mittlerweile durch eine Empfehlung der SEG-4 geklärt.

    ASS und Marcumar sind entsprechend prophylaktisch wirksam, keine Frage, aber bei der Herzinsuffizenz nicht indiziert, da keine Prophylaxe notwendig ist. Welche Fachrichtung vertritt doch gleich der Dozent?

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Ich meine mich erinnern zu können, dass jener Dozent internistisch veranlagt gewesen ist.

    Ich habe nochmal eben in meine Kursunterlagen geschaut, und mir dort als Zitat des Dozenten gesetzt, dass ASS oder andere Thrombozytenagglumerationshemmer (dies wäre ein tolles Wort für das Spiel \"Hangman\") die Kodierung einer chronisch-ischämischen Herzkrankheit rechtfertigen. Wie denken Sie darüber?

    _______________
    Freundliche Grüße

    S.

  • Guten Morgen -

    wenn ich \"Thrombozytenagglumerationshemmer\" bei Google eingebe habe ich 1 Treffer (\"weltweit\").

    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,

    ethische Insolvenz
    Dtsch Med Wochenschr 2010;
    135: 819–821
    „Sehr früh in seiner Laufbahn wird der Assistent
    angehalten, sich erlösrelevant und kostenoptimierend zu
    verhalten.“


    2.2.3.1.3.5 Thrombozytenaggregationshemmer (TAH)

    Sollten Patienten
    mit
    Herzinsuffizienz Acetylsalicylsäure (ASS) erhalten?

    Eine niedrig dosierte Acetylsalicylsäure-Gabe (75 – 150 mg/d) sollte jedoch fortgesetzt werden, wenn eine arteriosklerotische Grunderkrankung besteht, um das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse zu senken
    http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/053-014i.htm


    Gruß
    E Rembs

  • Guten Morgen -

    der Verlag will leider Geld sehen für die ethische Insolvenz (Gesamtbetrag (ohne Steuern und Versandkosten) $26.00). Haben Sie evtl. die Datei?

    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Moin A.S.

    eine gute Quelle zur Kontrolle, ob Medikamente geeignet für eine Therapie (und somit zur Kodierung sind), sind die medizinischen Leitlinien, entweder bei der AWMF oder direkt bei der entsprechenden Fachgesellschaften, in diesem Fall die Kardiologie:

    http://leitlinien.dgk.org/images/pdf/lei…-update2009.pdf

    Zitat: \"Thrombozytenaggregationshemmung/Antikoagulation:

    •Eine antithrombotische Therapie ist bei Herzinsuffizienz und permanentem, persistierendem oder paroxysmalem Vorhofflimmern ohne Kontraindikationen indiziert (I-A).

    •Eine Antikoagulation wird zudem bei Patienten mit frischen intrakardialen Thromben für 3 Monate empfohlen (I-C).

    •Es liegt keine ausreichende Evidenz vor, dass eine Thrombozytenaggregationshemmung oder Antikoagulation die Sterblichkeit oder Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und Sinusrhythmus vermindert.\"

    Sie dürfen aber natürlich NICHT jedesmal eine Herzinsuffizienz kodieren, wenn der Patient ASS oder Marcumar erhält. Dieser Umkehrschluss ist nicht erlaubt, da es genügend andere Erkrankungen gibt, die ebenfalls eine Gabe von ASS/Marcumar benötigen.

    Viele Grüße

    Jannis

  • Zitat


    Original von A.S.:
    Ich habe nochmal eben in meine Kursunterlagen geschaut, ...... , dass ASS oder andere Thrombozytenagglumerationshemmer...... die Kodierung einer chronisch-ischämischen Herzkrankheit rechtfertigen.

    Hallo zusammen,

    chronisch-ischämische Herzkrankheit ist was anderes als Herzinsuffizienz.

    Insofern ist für mich die Kodierung von ASS bei einer KHK nachvollziehbar.
    Sofern in der Patientenkarriere die Diagnostik dazu gelaufen ist.

    Über die Thematik Kodierung einer Verdachtsdiagnose bei entsprechender Behandlung möchte ich mich jetzt hier nicht auslassen.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Moin,

    Zitat


    Original von A.S.:
    es geht darum, dass meine Arbeitskollegen gerne eine Kodierung anhand der Medikamente eines Patienten, die während des stat. Aufenthaltes gegeben werden, kodieren. D.h. sie suchen sich in der \"Roten Liste\" das Medikament raus und schauen nach der passenden Erkrankung. In wieweit ist dies denn legitim?

    ich würde ihren Satz\"[...]und schauen nach der passenden Erkrankung[...]\" mal so interpretieren, dass Ihre Kollegen prüfen, ob eine zutreffende Erkrankung zu einem Medikament von den Ärzten dokumentiert wurde. Das halte ich für zulässig. Insbesondere, wenn es um nicht alltägliche Medikamente geht. Da kann ich schon nachschauen aus welchen Gründen das Medikament gegeben wird, und dann die Dokumentation der Ärzte gezielt durchsuchen. Zumal ich bei bestimmten Krankheiten ziemlich gut abschätzen kann, wo sich die Dokumentation am Ehesten finden lässt. Insgesamt geht das einfach schneller als die gesamte Akte zu durchforsten.

    viele Grüße

    Gruß
    papiertiger

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