Wiederaufnahme wg. Komplikationen - MDK GA

  • Moin,

    folgender Fall:

    Pat wird bei uns aufgenommen aufgrund einer Hernia ventralis. Es wird eine Ileumsegmentresektion durchgeführt. DRG -> G18B.
    Postoperativ kommt es vermehrt zu Bauchschmerzen, Subilueszuständen und ansteigenden Entzündungsparametern. Pat. wird aufgeklärt, dass es sich um eine Ansatomoseninsuffizienz handeln könnte, und das ein weiterer Eingriff dringend erforderlich ist.

    Trotz Aufklärung verweigert der Pat die OP und geht gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat.

    Kommt natürlich wie es kommen muss, am nächsten Tag erneute Aufnahme mit Schocksymptomatik, Ileus und was man sich noch so wünscht. Die im 1. Aufenthalt bereits angedachte OP wird jetzt notfallmäßig durchgeführt. Jetzt natürlich auch noch mit diversen Komplikationen, so dass die G02Z abgerechnet wird.

    Der MDK meint nun, es handele sich um eine Komplikation, die in den Verantwortungsbereich des KH fällt.

    Ich sage (weiterhin, ist der 2. Widerspruch) dass der Patient mit seiner Unterschrift nach Aufklärung über die möglichen Risiken der Verweigerung des Eingriffs und dem verlassen des KH, die volle Verantwortung für die Folgen übernommen hat, und es der KK frei steht, sich zwecks Rückforderung an dem Pat. schadlos zu halten.

    Sieht das noch jemand so, oder gibt es andere Ansichten?

    Viele Grüße

    stellv. Leitung Medizincontrolling
    Fachwirt Gesundheits- und Sozialwesen (IHK)
    MDA

  • Moin moin papiertieger_2,

    einen Widerspruch würde ich nur führen wollen, wenn z. B. ein krasses Fehlverhalten des Patienten nach ausführlicher Aufklärung durch den Arzt die Komplikation verursacht hätte. Ihrer Schilderung nach zeichnete sich die Komplikation schon während der ersten Behandlung ab und wäre zu diesem Zeitpunkt auch schon behandlungspflichtig gewesen. Die Verweigerungshaltung des Patienten beeinflusst zwar die \"Zeitschiene\" in der Behandlung, die Behandlung der \"schon vorbestehenden\" Komplikation im zweiten Behandlungsfall ist m. M. nach davon unbetroffen.

    MfG stei-di

  • Hallo papiertiger_2 und di-stei,

    im ersten Moment würde ich es eben so sehen wie papiertiger_2, aber nach Überlegung würde ich mich der Meinung von di-stei anschließen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Alfred Dux
    Klinische Kodierfachkraft und Medizincontrolling.
    Kliniken der Stadt Köln gGmbH

  • Hallo di-stei,

    na ja,

    wenn ich einem Pat. erkläre was alles schief gehen kann, und der mir sagt :i_baeh: ich geh trotzdem, dann lassen wir den Patienten ein mittlerweile zweiseitiges Formular unterschreiben, wo auch der Hinweis gegeben wird, dass die KK unter Umständen berechtigt ist sich die aus der Verweigerung der Behandlung entstehende Kosten vom Pat. zurückerstatten zu lassen (genau das hatte ich der KK auch noch mal geschrieben). Und der Pat. unterschreibt, dass er wissentlich und willentlich die vollständige Verantwortung für möglicherweise resultierende Folgeschäden / Komplikationen übernimmt.

    Also kurz: auch wenn die Komplikation zuerst in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fällt, geht diese Verantwortung in den Bereich des Patienten über, sobald er eine erforderliche Behandlung verweigert und das KH verlässt. Das \"krasse Fehlverhalten\" liegt m.E. schon vor, wenn der Patient, aufgeklärt über sein potenziell lebensbedrohlische Krankheitsbild, die Therapie verweigert und das KH verlässt.

    Ansonsten wäre ja die Unterschrift unter dem Formular \"Entlassung gegen ärztlichen Rat\" witzlos, da ja das KH immer in der Verantwortung wäre. Und das wäre nur möglich, wenn wir als KH die Möglichkeit hätten einen Pat. gegen seinen Willen zu behandeln. Und das dürfen / können / wollen wir nicht.

    Ich denke aber, dass das eine Sache für unseren RA wird.

    stellv. Leitung Medizincontrolling
    Fachwirt Gesundheits- und Sozialwesen (IHK)
    MDA

  • Moin moin papiertieger_2,

    bisher habe ich das Formular der \"Entlassung gegen ärztlichen Rat\" eher als Beweissicherung der Behandler gesehen, dass die ärztliche Haftung ausgeschlossen ist, wenn der Patient über Risiken, Komplikationen und willkürlichen Behandlungsabbruch und dessen mgl. Folgen aufgeklärt wurde.

    Inwieweit der Patient dann an den \"Komplikationskosten\" beteiligt werden kann, vermag dann doch wohl nur die Rectsprechung entscheiden. Ist in meinen Augen aber sehr fragwürdig, denn wie will Justizia nachweisen, ob und in welcher Weite der medizinisch ungebildete Laie die Tragweiter seiner Handlung bis ins letzte i-Tüpfelchen erklärt bekommen und auch verstanden hat.

    MfG di-stei

  • Hallo zusammen,

    Zitat

    Original von papiertiger_2:
    ....Ansonsten wäre ja die Unterschrift unter dem Formular \"Entlassung gegen ärztlichen Rat\" witzlos....

    tja, das wurde in der Rechtsprechung in der Tat so gesehen: Eine derartige Unterschrift zu verlangen sei geradezu Nötigung. Der Patient sei wegen der Aufklärung emotional derart \"aufgepuscht\", daß er die Tragweite seiner Unterschrift habe nicht erkennen können.......
    Wir lassen uns trotzdem \"alles\" unterschreiben, dokumentieren insbesondere exakt Art, Inhalt, Zeit und Dauer der Aufklärung, am besten durch 2 Ärzte gemeinsam.

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe

  • Hallo,

    @Lunge: Haben Sie Urteile dazu?

    @di-stei: Ob eine KK einem Pat. ggü. Regreß anmeldet oder nicht kann ich nicht sagen. Es ist aber möglich, und auch darüber wird der Pat. aufgeklärt.

    Das Formular überträgt die Verantwortung von den Ärzten auf den Patienten, der gegenen den Rat der Ärzte das KH verlässt. Also entläßt der Patient mit seiner Unterschrift das KH aus der Verantwortung für ihn.

    Um es so Auszudrücken: Die Chirurgen standen schon Gewehr bei Fuß, um die in unseren Verantwortungsbereich fallende Komplikation zu behandeln, aber der Pat. hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.

    Wie gesagt: wird ein Fall für den Anwalt.

    stellv. Leitung Medizincontrolling
    Fachwirt Gesundheits- und Sozialwesen (IHK)
    MDA

  • Hallo papiertiger_2,

    ich werde mich im Laufe der Zeit durch Berge von Unterlagen wühlen, um das Urteil zu finden. Werde dann berichten.

    PS: nur 3 Monate rauchfrei - und schon wackelt der Kopf? :d_gutefrage:

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe

  • Liebe Mitstreiter.
    Wenn die Komplikation - wie papiertiger_2 ja bestätigt - im Verantwortungsbereich der Klinik entstand, so muss m.E. die Klinik auch mindestens bis dahin die Verantwortung übernehmen. Der Patient, der in dieser Situation die notwendige Behandlung ablehnt, muss Komplikationen verantworten, die sich aus seiner Ablehnung bzw. Verzögerung ergeben. Er kann aber der Klinik nicht auch rückwirkend die gesamte Verantwortung für die durchgeführte OP und die noch in der Klinik entstandene Komplikation abnehmen. Wenn die erste, noch in der Klinik entstandene Komplikation zur erneuten Aufnahme führt, müssen m.E. die Fälle auch zusammengeführt werden. Nur, wenn eine zusätzliche, einzig auf die Ablehnung oder Verzögerung des Patienten zurückzuführende Komplikation alleine zur erneuten Aufnahme führt, kann eine FZF nicht durchgeführt werden.
    - Das Problem dürfte aber sein, diese Fälle eindeutig voneinander abzugrenzen.

    Liebe Grüße

    H. Weyland
    Facharzt für Chirurgie