Befangenheitsantrag gegen den MDK-Gutachter

  • Hallo Frau Koch,
    wieso denn "noch ärztliche Gutachter und keine Kodierkräfte".
    Hier ist das schon so. Mit Textbausteinen von Kodierern oder wem auch immer zusammengebastelte "Gutachten". Immerhin von einem Arzt unterschrieben.
    Zum Teil mit (medizinisch) haarsträubendem Inhalt.

    LG aus Sachsen
    D. Zierold

    Liebe Grüße aus Sachsen
    D. Zierold

  • Hallo Frau Zierold,

    ja, ich weiß. Der MDK findet einfach keine Ärzte mehr, die den Job machen wollen. Wir sehen diese Entwicklung auch mit Sorge. Gerade heute steht ja wieder eine Stellenanzeige des MDK für Psych-Gutachten online, gerichtet an Nicht-Ärzte. Vor noch 15 Jahren hätte der MDK noch nicht einmal einen Arzt angestellt, der keinen Facharzt besitzt.
    Zum Glück gibt es Krankenkassen, die Widersprüche bei nachweislich falschen Gutachten anerkennen oder auch direkt Fallgespräche führen. Ich glaube, es ist für beide Seiten nicht einfacher geworden.

    LG
    SKoch

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag

    „Der MDK bemüht sich, dass ein betreffender Facharzt die Fälle prüft. Vorgeschrieben ist das allerdings nirgends“


    Siehe hierzu

    http://berufskrank.de/Berufskrankhei…tachten2004.pdf


    Zur Beweissicherung kann das Gutachten
    beim Weiterbildungsausschuss der zuständigen
    Landesärztekammer eingereicht werden
    mit der Bitte um Feststellung, dass die Tätigkeit
    des MDK-Gutachters „fachfremd“
    war**. Hierdurch wird das Gutachten entwertet.

    **
    ….
    BSG-Urteil vom 29.9.1999 - B6 KA 38/98 R zur Einhaltung
    der Fachgebietsgrenzen. „Die Gründe, die in der
    Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des
    Senats unter verfassungsrechtlichen Aspekten für die
    Aufgliederung der ärztlichen Tätigkeit in verschiedene
    Fachdisziplinen und die Notwendigkeit der Beschränkung
    des für ein Fachgebiet zugelassenen Arztes auf die
    Tätigkeit in diesem Fachgebiet angeführt worden sind,
    haben weiterhin Gültigkeit.“

    ….
    Protokoll der 1. Sitzung der Ständigen Konferenz „Ärztliche
    Weiterbildung“ der BÄK am 25.6. 2003 in Kön:
    TOP 4 Seite 12: „Gebietsferne Gutachten sind prinzipiell
    abzulehnen“. Ausnahme: Unfallchirurgie/Orthopädie
    wegen der Nähe und Gemeinsamkeit der beiden Fachrichtungen.
    Beschluss der Kammerversammlung der ÄKN vom
    11.3.2000 zu TOP 5.1 (4)


    Siehe weiter:
    …“dass unter den Ärzten die Meinung vorherrscht, dass jeder Mediziner im Rahmen seiner ärztlichen Berufsausübung das tun könne und dürfe, was er auch tatsächlich beherrsche.“


    Beschränkungen der ärztlichen Berufsfreiheit durch fachliche Qualifizierung
    Rechtliche Erläuterungen zum fachärztlichen Beschränkungsgebot


    http://www.albrechtwienke.de/50122298830ef2303.html


    Gruß
    E Rembs

  • Hallo Herr Rembs und Kollegen,

    Ich denke man muss klar zwischen vorprozessualen Gutachten, die für den Kostenträger erstellt werden, und Sozialgerichtsgutachten unterscheiden.
    Im ersten Fall ist in 90% der Fälle kein Facharztstandard erforderlich, da auch das Gegenüber ( Medizincontrolling) keinen Facharztstandard garantieren kann. Und viele Krankenhauspraktiker kennen die Abrechnungsregeln nicht. Da sollte man die Kirche im Dorf lassen.
    Anders vor Gericht: Da macht sich eine fachfremde Begutachtung natürlich zurecht nicht gut. Da sollte der MDK dann schon liefern können...

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag

    „Im ersten Fall ist in 90% der Fälle kein Facharztstandard erforderlich, da auch das Gegenüber ( Medizincontrolling) keinen Facharztstandard garantieren kann“



    Im Krankenhaus behandelt und entscheidet ein Facharzt und dieser trägt auch die Verantwortung für den Patienten.

    Der MDK Gutachter beurteilt als fachfremder Arzt Diagnosen und Verweildauer.

    Bsp.:
    Ein Gutachter, der noch nie einen Patienten mit Stammzelltransplantation verantwortlich behandelt hat, entscheidet über die Verweildauer bei einem komplikativen Verlauf.


    Ich denke man muss klar zwischen vorprozessualen Gutachten, die für den Kostenträger erstellt werden, und Sozialgerichtsgutachten unterscheiden“

    Fachfremder Gutachter beim MDK.
    Fragen Sie bei der Ärztekammer nach. Wie so etwas gemäß ärztlicher Berufsordnung beurteilt wird, u.a. auch im Hinblick auf ein „Übernahmeverschulden“.


    freundliche Grüße

    Eberhard Rembs


  • ... Im ersten Fall ist in 90% der Fälle kein Facharztstandard erforderlich, da auch das Gegenüber ( Medizincontrolling) keinen Facharztstandard garantieren kann.

    Hallo Herr Breitmeier,
    das ist m.E. eine dürftige Argumentation. Wenn Sie ausgeführt hätten, dass Facharztstandard nicht erforderlich sei, weil sich die meisten Fragen mit einer entsprechenden "medizinischen Grundbildung" beantworten lassen, könnte man darüber ja diskutieren. Aber, die Krankenhausseite argumentiert nicht fundiert, da braucht auch der MDK nicht fundiert zu beurteilen, ist wenig überzeugend.
    Fernab davon, woher haben Sie die Kenntnis, dass seitens des Krankenhauses in 90% der Fälle ohne fachärztliche Expertise beurteilt wird?

    Viele Grüße

    Medman2

  • In der Realität ist es doch inzwischen so, dass die endgültige Kodierung in den meisten Kliniken von Kodierern und Medizincontrollern erfolgt und nicht von den behandelnden Fachärzten. Diese haben naturgemäß sehr unterschiedliche Kenntnisse von den diffizilen Abrechnungsregeln und der maßgeblichen Rechtsprechung.
    Selbstverständlich ist es auch so, wie Medman2 schreibt, dass sich die meisten Abrechnungsfragen mit einer soliden medizinischen Grundausbildung beantworten lassen. Vorallem aber bedarf es Kenntnis der Abrechunungsregeln, also z.B. sozialmedizinischer Kenntnisse, die sicherlich auf MDK Seite nicht seltener anzutreffen sind als auf KHS Seite.
    Die eifrigen Forumsteilnehmer diskutieren hier doch auch ganz unterschiedliche Themen, für die Sie unmöglich alle Fachärzte sein können, oder?
    Da finde ich die Wortwahl mit dem Übernahmeverschulden von Herr Rembs einfach nicht angebracht. Nach meiner persönlichen Erfahrung streiten sich KHS und MDK in mehr als 90% der Fälle nicht über originär medizinische Fragen, sondern über klassifikatorische, leistungsrechtliche oder rein finanzielle Fragen.
    Da man sollte man bei allem verständlichen Ärger um einzelne Ausreißer schlicht die Kirche im Dorf lassen.
    Ich teile daher auch nicht die Ansicht von Medman2, dass eine Argumentation, die ein Nichtfacharzt im Medizincontrolling oder im MDK vorträgt, a priori nicht fundiert wäre.
    Es kommt auf den Inhalt an und nicht auf die Facharztbezeichnung ! Ich kenne persönlich darüberhinaus mehrere Nichtärztliche Kodierer, die mehr DRG Kenntnisse haben als mancher Chefarzt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo Herr Breitmeier,

    da habe ich mich evtl. missverständlich ausgedrückt. Es ist nicht meine Meinung, dass die von einem Nichtfacharzt vorgetragene Meinung nicht fundiert ist.

    Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass viele nichtärztliche Kodierer und Medizincontroller kordiertechnische Regeln besser beherrschen als (medizinisch) fachärztlich qualifizierte Ärzte.

    Die zutreffende Kodierung resultiert jedoch aus der Kombination von medizinisch zutreffender Einschätzung mit kodiertechnisch adäquater Umsetzung.

    Die medizinische Einschätzung kann durchaus differieren zwischen einem Arzt mit entsprechender "medizinischer Grundbildung" in dem betreffenden Gebiet und dem Facharzt auf diesem Gebiet. Maßgeblich ist dann die fachärztliche Einschätzung.

    Ihre Aussage, fachärztliche Expertise sei bei der Begutachtung nicht erforderlich, da auch die Gegenseite diese nicht durchgängig biete und erst bei Gericht sei dies erforderlich, ist so, als wenn eine Krankenhausbehandlung bewusst nicht auf fachärztlichem Standard erfolgt und man dann im Regressfall fachärztliche Expertise nachschiebt.

    Im Übrigen sind die Erstgutachten des MDK Entscheidungsgrundlage der Kostenträger, eine Zweitbegutachtung wird ganz häufig seitens der Kostenträger kategorisch abgelehnt. Mit dem von Ihnen geschilderten Vorgehen riskiert der MDK seine Reputation als neutrale und fachlich hinreichend qualifizierte Begutachtungsinstitution. Der Eindruck eines monetär orientierten und unqualifiziert vorgehenden Inkassounternehmens wird dadurch propagiert.

    Es ist überdies wenig glaubwürdig, wenn in zahlreichen MDK-Gutachten auf das Qualitätsgebot gemäß § 2 SGB V hingewiesen wird, in der eigenen Arbeit aber auf ein entsprechendes Qualitätsniveau verzichtet wird, da auch das Gegenüber dies vermeintlich nicht bietet.

    Beste Grüße

    Medman2

  • Im Übrigen sind die Erstgutachten des MDK Entscheidungsgrundlage der Kostenträger, eine Zweitbegutachtung wird ganz häufig seitens der Kostenträger kategorisch abgelehnt. Mit dem von Ihnen geschilderten Vorgehen riskiert der MDK seine Reputation als neutrale und fachlich hinreichend qualifizierte Begutachtungsinstitution. Der Eindruck eines monetär orientierten und unqualifiziert vorgehenden Inkassounternehmens wird dadurch propagiert.
    Beste Grüße

    Medman2

    Hallo Medman2,
    Irgendwie läuft die Diskussion hier ein bisschen aus dem Ruder: Warum sollte der Eindruck eines unqualifiziert vorgehenden Inkassounternehmens entstehen, nur weil ein Nichtfacharzt oder ein Kodierer die Meinung eines anderen Kodierers nicht teilt??
    Und welchen Eindruck würden dann nicht fachärztliche Medizincontroller machen, die für das KHS kodieren? Etwa Raubritter?
    Ich glaube doch, dass hier einige Diskussionslinien verschwimmen und mit Pseudoargumenten scheinbar Frust abgebaut werden soll. Solche konfrontativen Schwarz-Weiß-Szenarien halte ich aufgrund persönlicher Erfahrungen aus 12 Jahren DRG System für überholt.
    Nochmal: Herr Rembs hat sich zu 2000 Themen hier im Forum geäußert, Medman2 zu 600 und ich zu 200. Das waren mit Sicherheit nicht ausschließlich Themen, für die wir einen Facharzt Titel haben. Trotzdem waren sie (hoffentlich ) richtig und aufrichtig. Warum sollte ein MDK Gutachter das nicht auch tun dürfen? Wie schade wäre es, wenn sich nicht ärztliche Kodierer hier nicht äußern dürften?
    Was soll also das " Hohe Lied der Facharzt-Pflicht " oder ( s. Eingangsfrage) sogar von Zusatzbezeichnungen, jedenfalls außerhalb von Prozessen? Welcher Facharzt soll denn begutachten, wenn dem Kodierer in einem chirurgischen Fall nach Entlassung auffällt, dass der Crea-Wert möglicherweise ein ANV generieren könnte ?
    Selbstverständlich ist es im Regelfall besser, wenn ein zuständiger Facharzt den Fall im KHS bewertet und kodiert und ebenso ein Facharzt beim MDK begutachtet. In manchen Konstellationen ist das so auch zwingend erforderlich, in der Mehrzahl der Fälle aber nicht. Deshalb bleibe ich dabei: Bei einer Abrechnungsprüfung ist für mich die Kenntnis der Abrechnungsregeln wichtiger als ein Facharzttitel-egal auf welcher Seite.

    Gute Nacht !

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag

    „Bei einer Abrechnungsprüfung ist für mich die Kenntnis der Abrechnungsregeln wichtiger als ein Facharzttitel-egal auf welcher Seite.“


    Fachfremde Gutachten bei:

    • Indikationsprüfungen
    • off-label use
    • Komplexbehandlung
    • Verweildauerprüfungen ?

    Ich wiederhole:
    Ein Gutachter, der noch nie einen Patienten mit Stammzelltransplantation verantwortlich behandelt hat, entscheidet über die Verweildauer bei einem komplikativen Verlauf.


    Sind MDK Gutachter intellektuelle Magier?

    Gemäß wissenschaftlicher Expertiseforschung (Posner) gilt, daß Experten (= Gutachter) Personen sind, die dauerhaft herausragende Leistungen erbringen
    Um Experte zu werden, bedarf es gemäß der einschlägigen Literatur einer langjährigen Erfahrung und Beschäftigung mit einem Sachgebiet.


    siehe auch

    OLG Koblenz: Urteil vom 24.06.2002 –
    14 W 363/02 (ArztRecht 2003, 226).
    Dem Sachverständigen wurde seine Entschädigung gemäß
    § 3 Abs. 1 ZSEG verweigert, da er vorab hätte erkennen
    müssen, dass das von ihm erwartete Gutachten Fragen betraf, die „außerhalb seines Fachgebietes“ lagen.

    http://www.arztrecht.org/media/files/ve…achten_2004.pdf

    und

    „Folgende Mängel in der Begutachtung treten in der Rechtspraxis regelmäßig auf:
    Der MDK-Arzt ist ohne entsprechende Facharztausbildung“
    Med Sach1115/2015
    http://adipositas-anwalt.de/Dokumente/MedSach%202015.pdf


    freundliche Grüße
    Eberhard Rembs

  • Da ich bereits beim ersten Statement einen prinzipiellen Unterschied zwischen Gerichtsgutachten und dem Massengeschäft der vorprozessualen DRG Prüfung gemacht habe, sind für mich jetzt alle Argumente ausgetauscht.
    Ich will ja auch nicht die fachfremde Begutachtung propagieren, egal durch wen, sondern habe nur dafür Verständnis gezeigt. Sie wird sich weder beim MDK noch beim MC immer vermeiden lassen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Breitmeier

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier