Anfrageverfahren beim InEK (Fragensammlung)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Blaschke,

    wollen Sie dann nicht die Frage und Antwort hier weitergeben?

    Habe ebenfalls heute die Antwort erhalten, dass wegen derKomplexität der Anfrage (Komplikationen nach med. Maßnahmen) erst Rücksprache mit dem DIMDI gehalten werden muss und dieser Prozess noch im Gange ist.

    Zumindest ein Zwischenbescheid, für den ich schon mal dankbar bin.

  • Hallo Herr Selter,

    ja, das will ich gerne tun. Ich habe lange überlegt, ob ich dem InEK diese Frage stellen soll, da es sich in meinen Augen um eine Selbstverständlichkeit handelt. Leider scheint dies beim MDK nicht überall so zu sein.

    Die Frage lautete:
    Eine Patientin wird im Jahre 2009 zu einer größeren Wirbelsäulenoperation (Korrekturspondylodese über drei Segmente bei Skoliose) aufgenommen, die Operation ist für mehrere Stunden geplant. Im OP-Saal wird noch vor Beginn der eigentlichen OP eine leichte Hypokaliämie gemessen (3,44 mmol/l, unterer Grenzwert des Labors: 3,5 mmol/l), es erfolgt die Infusion von 20 ml Inzolen (diese enthalten insgesamt 5,76 mmol Kalium). Die Operation wird kurz
    danach begonnen und erstreckt sich über mehrere Stunden. Codiert wird E87.6 \"Hypokaliämie\" (ICD 10, Version 2009). Im beiliegenden, anonymisierten MDK-Gutachten wird sinngemäß ausgeführt, es habe sich nur um eine leichte Hypokaliämie gehandelt und es sei nur eine geringe Menge Kalium substituiert worden, daher sei der Code E87.6 nicht codierbar. Unsere Frage lautet daher: Ist im vorliegenden Fall die Codierung der E87.6 gerechtfertigt?

    Die Antwort war eindeutig:
    Sehr geehrter Herr Dr. Blaschke,
    vielen Dank für Ihre Anfrage zur Kodierung von Nebendiagnosen vom 13.10.2010, die unter der Verfahrensnummer 2010a15 bearbeitet wurde.
    Die DKR D003 regelt, dass Nebendiagnosen \"die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussen, dass irgendeiner der folgenden Faktoren erforderlich ist:
    - therapeutische Maßnahmen
    - diagnostische Maßnahmen
    - erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand\"
    zu kodieren sind. Eine Tablettengabe oder intravenöse Gabe von Kalium bei Hypokaliämie ist als therapeutische Maßnahme in diesem Sinne zu werten. Zur Auslegung der DKR D003 bezogen auf den geschilderten Sachverhalt besteht in der AG Klassifikation des Krankenhausentgeltausschusses der Selbstverwaltungspartner nach §17b KHG Einigkeit.
    Mit freundlichen Grüßen
    InEK GmbH

    Hinzuzufügen ist, daß wir bezüglich der Höhe der Abweichung pathologischer Werte und der Aufwandshöhe (hier: Gerinnung und Plasmagabe) auch schon sozialgerichtlich tätig werden mußten, auch hier nicht unerwartet mit demselben Ergebnis.

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo zusammen,

    Zitat

    Original von Blaschke:
    \"..... im MDK-Gutachten wird sinngemäß ausgeführt, es habe sich nur um eine leichte Hypokaliämie gehandelt und es sei nur eine geringe Menge Kalium substituiert worden, daher sei der Code E87.6 nicht codierbar.\"


    Dies ist offenbar Alltag: bei einem Kalium von 3,44 mmol/l (unterer Grenzwert des Labors: 3,5 mmol/l) übersieht der Gutachter den Normbereich (vermutlich bis 5,5) und stuft den Wert als \"leichte Hypokaliämie\" ein und die Therapie als praktisch nicht erfolgt.
    Wo bitte steht beschrieben was \"leicht\" oder \"schwer\" ist, was \"gering\" oder \"ausreichend\" behandelt wurde?

    Ich folgere daraus, dass dieser Kollege niemals eine Herzrhythmusstörung auf dem Boden einer Hypokaliämie gesehen, naja, vielleicht gesehen aber nicht erkannt und gewichtet und therapiert hat......

    Solche Aussagen lassen den Blutdruck in \"leicht erhöhte\" Werte - 280 mmHg - treiben.

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe

  • hallo forum!

    Diese zahl von Herrn Dr. Blaschke (Beitrag 27.01.2011 ) elektrisiert mich. Ich kann mir sie zwar nicht erklären, nicht herleiten; aber ich gehe mal davon aus, dass sie richtig ist.
    Sie steht am ende dieses Satzes: Im OP-Saal wird .. eine leichte Hypokalämie gemessen (3,44 mmol/l, unterer Grenzwert des Labors: 3,5 mmol/l ) es erfolgt die Infusion von 20 ml Inzolen (diese enthalten insgesamt 5,76 mmol Kalium ).

    5,76 mmol K+

    Um den Kaliumspiegel um 1 mmol/l anzuheben ( zb von 3,44 auf 4,44 mmol/l ) braucht man bei akuten verlusten 200-400 mmol K+.
    5,76 mmol K+ ergeben einen anstieg von 0,0144-0,0288 mmol/l.
    Bei Herrn Dr. Blaschke`s patient ist nach infusion/ therapie ein K-spiegel von 3,45 -3,47 mmol/l zu erwarten. Ist das Therapie ?

    Immer vorausgesetzt, meine rechnung stimme halbwegs, dann ergeben sich daraus für mich fragen:
    Betrachtet jeder mediziner das als leistung/ therapie?
    Wie lange kann sich ein system finanzieren, das nach unten hin keine grenze für eine ND und die entlohnung einer leistung kennt ?

    Für die letzte frage habe ich heute leider nicht einmal eine antwort in meiner Sonntagszeitung gefunden.
    Betonen möchte ich auch noch, dass ich sonntags kein gutachter sondern nur beitragszahler der gkv bin.

    mfg ETgkv

  • Hallo ETgkv,

    dies sind die Spielregeln, auch wenn es sich nicht um ein Spiel sondern teuren Ernst handelt.

    Aber wie soll es sein, wenn ein System zur Klassifizierung zum Entgeltsystem zweckentfremdet wird?

    Von allen Seiten werden doch klarere Spielregeln (Kodierregeln) gefordert.

    Solange wir diese nicht haben, brauchen wir uns über Moral und Sinn und Nutzen nur sekundär unterhalten. Wahrscheinlich werden Ihnen moralisch die meisten der Forumsteilnehmer recht geben. Aber die Kodierregeln haben es nicht so mit Moral...

    Gruß

    Dr. F. Schemmann
    FA f. Orthopädie, Chirurgie, O&U

  • Moin ETgkv,

    Die Frage kann in beiden Richtungen gestellt werden. Daher ist die Diskussion ungeeignet. Wir schreiben im System viele Grenzen fest, die nur bedingt nachvollziehbar sind. 498 Beatmungsstunden sind viel, aber für das KH nicht genug. So what? Sollen wir nach dem gefühlten Aufwand argumentieren?
    Wir wehren uns gegen eine Aufweichung der Grenzen. Ich kann Ihren Einwand medizinisch inhaltlich teilweise sogar nachvollziehen (wenngleich ich nach vielen Jahren Kardioanästhesie schon 3,5 medizinische für bedenklich halte).
    Aber die Grenzen werden von der SV festgelegt. Und die über diese Grenzen hinausgehende Interpretation ist problematisch.
    Wir führen da unselige Diskussionen um die textliche Bedeutung von DRG und ähnliches, Sie kennen das.
    Innerhalb der Grenzen des Systems ist doch schon genug Spielraum, warum diese dann noch aufweichen?

    Gruß

    merguet

  • Hallo ETgkv,

    ich möchte Ihre Rechnung einmal nachvollziehen. Wenn Sie schreiben, daß Sie für die Anhebung um 1 mmol/l 200 - 400 mmol K+ brauchen, dann müßten sich Ihre 200 mmol also auf 200 l Volumen verteilen. Wovon gehen Sie also aus?

    Bitte bedenken Sie die Kompartimentierung. Natürlich ist K+ vor allem intrazellulär, aber es braucht schon eine Zeit, bis es dorthin gelangt. Die kurz- bis mittelfristige Betrachtung führt dann dazu, daß Sie zunächst das intravasale Volumen erreichen, und da sind gut 5 mmol schon eine Menge! Bedenken Sie außerdem, daß Sie aufgrund der kardialen Wirkungen K+ nur langsam zuführen dürfen. Und somit hat sich in der klinischen Praxis das Inzolen als sehr geeignetes Präparat für diese Situation etabliert, es ist nach Ansicht der behandelnden Anästhesisten und Intensivmedizinier genau das geeignete Präparat für diesen Patienten gewesen und aus ihrer Sicht geeignet, den Kaliumspiegel auch nachhaltig zu erhöhen. Da gibt es nichts zu deuteln.

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo -

    .. was mich \"elektrisiert\": http://www.gesundheit-themenguide.de/service/sms/ne…sich_durch.html (\"Homöopathie als Kassenleistung setzt sich durch\")

    oder \"Kassen wettern gegen Erstattungsverbot\" http://www.spiegel.de/wirtschaft/soz…,706139,00.html

    \"Krankenkassen kämpfen für Homöopathie\" http://www.spiegel.de/wirtschaft/soz…,706336,00.html


    dazu hübsche Grafik: http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-57028-3.html

    Da ist das Inzolen geradezu ein Versuch den Kranken zu vergiften.

    Gutachter = gut achten!
    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Hallo Herr Dr. Schemmann,

    Ich bin eigntlich gar nicht unglücklih über dieses End-Geld-System. Unglücklich macht die langsamkeit mit der offensichtliche flops bereinigt werden.

    Zum Sinn und der moral des systems habe ich doch noch etwas in meiner sonntagszeitung gefunden: Thema Allmendegut ( knappe gemeinsame güter ).
    Die nutzungsmenge des einen nutzers kann durchaus die mögliche nutzungsmenge des anderen nutzers beeinträchtigen. Wenn die kühe des einen bauern die (Allmende- ) weide abgefressen haben, ist für die kühe des anderen bauern nichts mehr übrig. (Zitatende ).

    allo merguet
    mit einer festlegung in den dkr, dass nur hypokaliämien mit K+<3,0mmol/l (wie bereits bei SAPS/ TISS ) kodiert/ gezählt werden wäre wieder ein zusammenhang zwischen aufwand und bezahlung vorhanden.

    Hallo Herr Dr. Blascke,
    Diese 200-400 mmol habe ich den Harrison entnommen. Im fakten-turbo von Furger findet sich 370.
    Diese mengen sind nach initialer iv-therapie wenn möglich oral zuzuführen. Die einschränkungen bei iv sind mir geläufig. An eine gabe einer derartig kleinen menge von 5,76 mmol kann ich mich nicht erinnern. Mindestens 20 mmol wurden immer gegeben.
    Aber lassen Sie mich das nochmal klar sagen: nicht die ND ist das schlimme, sondern die zu zuordnung eines exorbitanten end-gelds ca 10 jahre nach start des systems.

    Hallo Lunge,
    meine rechnung hat nun niemand widerlegt.
    In der regel flattern patienten mit 3,44 mmol/l K+ nicht.
    Aber wenn doch: sehen Sie dann einen unterschied zu 3,47 mmol/l K+

    mfg ETgkv

  • Hallo,
    letztendlich geht es aber nicht darum, ob die Therapie ausreichend war.
    Entscheidend ist - so wie ich das System verstanden habe - dass die Hypokaliämie insgesamt ein Ausdruck für die Kostendifferenz hinsichtlich der Krankheitskosten ist. Das alleine an der Therapie für Hypokaliämie festzumachen greift nach der Logik des Systems zu kurz.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch