Neugeborene - sonstige Atemnot oder Respiratorisches Versagen

  • Ein Hallo an alle Neonatologen!

    Das Thema wurde so ähnlich bereits andiskutiert, aber es scheint weiterhin keine Lösung zu geben, so dass ich es noch einmal aufgreifen muss.

    In unserem Haus wird bei Neugeborenen das Respiratorische Versagen (P28.5) verschlüsselt, wenn (gemäß GKIND) ein Sauerstoffbedarf von >4Std. besteht. Laut Thesaurus führt auch \"Ateminsuffizienz beim Neugeborenen in denselben Schlüssel\".

    Vom MDK bekommen wir diese Fälle jedoch nicht anerkannt (KEINE Kinderärzte) mit der Begründung ein Atemversagen würde mindestens aktive Atemunterstützung (also CPAP oder Beatmung) benötigen, reine Sauerstoffgabe reicht nicht aus. Im Falle einer reinen O2-Gabe wäre es allenfalls eine \"sonstige Atemnot\" [respiratory distress] und mit P22.8 zu kodieren.

    Damit rutschen wir in der Einstufung bei den Neugeborenen natürlich regelmäßig nach unten.

    Hat hier jemand ähnliche Erfahrungengemacht bzw. hat jemand bereits ERFOLGREICH dagegen gehalten???

    Wie sieht es mit einer Definition von \"Respiratorisches Versagen/Insuffizienz\" aus.

    Herzlichen Dank an alle fleißigen Schreiber, von denen ich in anderen Threads schon viel profitiert habe!

    E. Hamel
    Medizin Controlling - MDK-Anfragen
    Baden-Württemberg

  • Hallo ,
    laut Kodierleitfaden Kinder- und Jugendmedizin der verbändeübergreifenden Arbeitsgruppe DRG Version 2009 ist die P28.5 respiratorisches Versagen zu verwenden , wenn kontinuierlicher Sauerstoffbedarf über 4 Stunden bestand , um die Sauerstoffsättigungüber 92 % zu halten . P28.5 sollte immer auch als Diagnose bei CPAP oder Beatmung außerhalb von Operationen kodiert werden .

    Also ist eine CPAP Beatmung nicht zwingend notwendig um die P28.5 zu kodieren .

    M.f.G.
    fraser

  • Hallo,

    beim Neugeborenen beseht eine Respiratorische Anpassungsstörung, der Säugling benötigt aufgrunddessen in den ersten Lebensstunden eine Atemhilfe, eine zusätzliche Sauerstoffgabe ist aber nicht notwendig- wie kann ich diese Diagnose kodieren?

    Danke

  • Hallo allerseits

    Oft führen die DRG in propädeutische medizinische Diskussionen. Ein Organversagen (oder als Fremdwort eine Insuffizienz) liegt dann vor, wenn ein Organ die ihm zugedachte physiologische Aufgabe ohne externe Hilfe nicht mehr ausreichend bewältigen kann. Die Lunge hat 2 wesentliche Funktionen, Sauerstoff hinein, Kohlenstoffdioxid hinaus. Wenn ohne apparative Hilfe zu wenig Sauerstoff hineinkommt, liegt selbstverständlich ein Versagen vor. Wir bekommen das immer durch.

    Ein CPAP kann dagegen auch ohne respiratorisches Versagen hilfreich sein, z.B. bei einem stark dyspnoischen Kind, dass unter hoher Kraftaufwendung noch schafft, ohne Sauerstoff zu atmen, dem man aber mit CPAP Atemarbeit abnehmen kann, bevor es sich erschöpft. Also bei Benjamin60: P22.1 aber KEINE P28.5.

    Beste Grüße

    [center]C. Voll[/center]

    [center]Kinderarzt, Neonatologe, Medizincontrolling
    Kinderklinik Dritter Orden, Passau[/center]

  • p.S.:
    es sei denn, der Patient hätte VOR der CPAP-Behandlung eine dokumentierte Hypoxie gehabt, die aber nur mit CPAP ohne Sauerstoffzufuhr behandelt wurde (fand ich jetzt eher unwahrscheinlich). Dann wäre die P28.5 gerechtfertigt

    [center]C. Voll[/center]

    [center]Kinderarzt, Neonatologe, Medizincontrolling
    Kinderklinik Dritter Orden, Passau[/center]

  • Hallo Zusammen,


    jetzt habe ich aber auch eine Frage. Wenn ein Neugeborenes mit resp. Anpassungsstörung kommt und im Laufe des stationären Aufenthaltes ein resp. Versagen hat, bleiben beide Diagnosen, sprich P22.0 und P28.5 parallel bei der Kodierung stehen, oder? Hab wohl jetzt einen Knoten im Hirn, sorry :wacko:

    Und wenn das Neugeborene dann beatmet wurde, z.b., und dann von der Beatmung entwöhnt wird, bleibt das Beatmungssystem noch beim Patienten, weil ja nicht sicher ist, ob er es ohne Beatmung schafft. Das Kind hat dann aber noch o2 bedarf. Dann ist zwar die Beatmungsperiode beendet, aber wie lange gehört dann die Zeit zur Entwöhnung, da oft das Gerät noch am Platz steht bis sicher ist, dass es jetzt ohne Atmungshilfe schnaufen kann? Ich hoffe, ich habe mich jetzt verständlich ausgedrückt.

    Also was gehört zur Entwöhnungszeit?

    esframa

  • Hallo esframa,

    jetzt habe ich aber auch eine Frage. Wenn ein Neugeborenes mit resp. Anpassungsstörung kommt und im Laufe des stationären Aufenthaltes ein resp. Versagen hat, bleiben beide Diagnosen, sprich P22.0 und P28.5 parallel bei der Kodierung stehen, oder? Hab wohl jetzt einen Knoten im Hirn, sorry :wacko:

    Im GKinD 2014 steht auf Seite 188 eine Stellungnahme der VAG zu dieser Kodierung.

    Und wenn das Neugeborene dann beatmet wurde, z.b., und dann von der Beatmung entwöhnt wird, bleibt das Beatmungssystem noch beim Patienten, weil ja nicht sicher ist, ob er es ohne Beatmung schafft. Das Kind hat dann aber noch o2 bedarf. Dann ist zwar die Beatmungsperiode beendet, aber wie lange gehört dann die Zeit zur Entwöhnung, da oft das Gerät noch am Platz steht bis sicher ist, dass es jetzt ohne Atmungshilfe schnaufen kann? Ich hoffe, ich habe mich jetzt verständlich ausgedrückt.

    Der Zeitraum der Entwöhung ist in den DKR ab Seite 103 beschrieben. (DKR 1001)

    Gruß
    MothersCoffee

  • Hallo zusammen,

    ich möchte das Thema nocheinmal aufgreifen, da es immer mit dem MDK diesbezüglich Probleme gibt.
    GKinD definiert, dass beide Kodes (P22.- und P28.5) separat kodiert werden können, wenn ein nach Atemnotsyndrom fortbestehender oder neu auftretender Sauerstoff- bzw. Beatmungsbedarf besteht.

    Nun möchte ich einen Fall vorstellen, ich bin mir hier total unsicher, hat der MDK hier Recht oder wir?
    Säugling per Spontangeburt mit 32+5 SSW geboren. Postpartal war das Kind muskelhypoton, bradykard und zyanotisch und zeigte eine Schnappatmung. Nach einmaligem Absaugen erfolgte ein zweimaliges Blähmanöver ohne Sauerstoff (PIP 18 , PEEP 5), darunter langsames Rosigwerden und Ansteigen der Herzfrequenz. Zunächst SIMV- Beatmung , dann Umstellung auf Rachen CPAP, kein Sauerstoffbedarf.

    Später Sättigungsabfälle, im weiteren Verlauf gehäuft und mit Bradykardien kombiniert, die Klinikärzte diagnostizierten ein Apnoe- Bradykardie- Syndrom und behandelten dieses mit Coffeinzitrat. Im weitern Verlauf deutliche Besserung der Symptomatik, nach Therapiebeendigung keine Anfälle mehr.

    Seitens der Klinik wurden P22.0 und P28.5 kodiert.
    Laut MDK sei die gesamte Klinik über die P22.0 sachgerecht zu kodieren. Ein respiratorisches Versagen mit zusätzlichem Ressourcenverbrauch habe nicht vorgelegen, somit sei die P28.5 nicht sachgerecht kodiert.

    Wie sehen Sie diese Kodierung?

    Herzlichen Dank und Grüße

  • Hallo, ein altes Thema, aber immer wieder besteht hier Diskussionsbedarf. Meiner Meinung nach haben weder Sie noch der MDK Recht. P22.0 haben wir (siehe hierzu auch G-Kind) nur bei bestimmten Zuständen verwendet. Das RDS-Syndrom (hyaline Membrankrankheit) ist eben ein bestimmtes Krankheitsbild und allein dafür ist P22.0 gedacht. Wird röntgenologisch nachgewiesen (RDS Grad ...) Meist erfolgt die Gabe von Surfactant. Die Kinder lagen dann auf der neonatologischen Intensivstation und oft entwickelte sich bzw. bestand zusätzlich, unabhängig davon, eine respiratorische Insuffizienz, die dann auch zusätzlich mit P28.5 kodiert wurde. P22.0 ist keine Sammeldiagnose für Atemstörungen. Das Bradykardie-Apnoe-Syndrom haben wir mit P28.4 kodiert. P22.1 bei transitorischer Tachypnoe, wenn z.B. nach kurzer Sauerstoffgabe bereits eine Besserung eintrat, etc. Bei Beatmungsnotwendigkeit hingegen immer P28.5.
    Die alte Definition von G-Kind >4 Stdn. Sauerstoffzufuhr um die Sättigung auf >92% zu halten = P28.5 wurde inzwischen revidiert und durch eine etwas umständliche Definiton ersetzt. ("P28.5 ist zu verwenden, wenn zeitlich außerhalb einer anderen kodierten Erkrankung oder unabhängig von dieser ein Atemversagen auftritt, das irgendeiner Form der Atemunterstütung bedarf")
    Hier ist also sehr sorgfältig abzuwägen, welcher Kode für welche Atemstörung zutreffend ist. Ich kenne Ihre Akte natürlich nicht, aber aufgrund Ihrer Beschreibungen würde ich P22.0 hier nicht kodieren.
    VG

    Einmal editiert, zuletzt von ABA (29. Mai 2018 um 14:05)

  • Hallo
    Vielen Dank erst einmal für all die Informationen, die ich bezüglich dieser Problematik schon aus dem Thema ziehen konnte.
    Mich beschäftigen noch zwei Fragen, da ich neu in dem Thema bin und mir wohl noch etwas das medizinische Hintergrundwissen fehlt.

    1. Wie kann ich nachweisen dass das Atemnotsyndrom unabhängig zum respiratorischen Versagen bestand. Für mich sieht es eher so aus, als wäre die P28.5 sozusagen der schwerste Grad der P22.0 mit dementsprechendem Interventionsbedarf. Also, wie kann ich da gegen den MDK argumentieren? Der Aufwand ist in meinen Fällen durch eine LZ-Beatmung gegeben. P22.0 wurde in einigen Fällen durch Surfactantgabe therapiert, in einigen aber auch nicht. Der MDK bestreitet, dass die Erkrankungen sich abgrenzen lassen und somit parallel kodiert werden können. Meiner Argumentation, dass die P28.5 analog zur J96,- bei Erwachsenen zu sehen ist, widerspricht er mit dem Argument, dass unter J96.- die P22.- als Exklusivum steht und somit analog zu sehen ist. Mit nur einer dieser Diagnosen sackt die Bewertung der Fälle natürlich ab. Laut Definitionshandbuch werden eben P22.0 und P28.5 als schweres Problem beim Neugeborenen gewertet und triggern zu zweit die DRG nach oben. Gibt es da Erfahrungswerte bei MDK-Entscheidungen oder Fallbesprechungen mit den KK?

    2. Wenn hier von GKinD gesprochen wird, ist dann der Kodierleitfaden gemeint, oder kann man auch im WWW entsprechende Empfehlungen finden?

    Vielen Dank im Voraus