Unterbrochene Prozedur = unterbrochene TE ?

  • Hallo liebes Forum,

    in den DKR-Psych (Version 2011) wird unter PP004a die Vorgehensweise bei unterbrochenen Prozeduren wie folgt beschrieben:

    Zitat

    1. Gibt es einen spezifischen Kode für eine misslungene Prozedur (...), so ist dieser zu verwenden.
    2. Lässt sich die bisher erbrachte Teilleistung mit dem OPS kodieren, so wird nur die Teilleistung kodiert (...).
    3. Wird eine Prozedur nahezu vollständig erbracht, so wird sie kodiert.
    4. In allen anderen Fällen ist die geplante, aber nicht komplett durchgeführte Prozedur zu kodieren.

    Angenommen, dass ein Patient ein Bezugstherapeutengespräch nach etwa 20 Minuten abbricht, könnte dann die Therapieeinheit entsprechend Punkt 3 trotzdem voll angegeben werden oder mache ich einen Denkfehler, indem ich die TE mit einer Prozedur gleich setze?

    Viele Grüße,

    TWaK

  • Schönen guten Tag,

    zwar handelt es sich bei den Psych-Prozeduren auch um Prozeduren im Sinne der DKR, allerdings liegen hier Mindestvoraussetzungen für die Verschlüsselung der Prozedur vor. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass eine TE 25 Minuten am Stück dauert. Dies ist ein Kriterium, das entweder erfüllt ist, oder nicht. Ein \"beinahe vollständiges\" Erbringen der Prozedur gibt es also nicht. Zudem gibt es ab 2011 die Möglichkeit, auch eine Prozedur ohne TE zu verschlüsseln (z.B. 9-604) so dass dann auch die Teilleistung verschlüsselbar ist (Punkt 2).

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Guten Tag!
    Ich habe mir schon die, vielleicht zu detailverliebte, Frage gestellt, ob denn die \"Subprozeduren\" der OPS auch Prozeduren sind und somit den DKR unterliegen oder nicht.
    Was macht man denn, rein pragmatisch in der Somatik, wenn alles für eine Operation am offenen Herzen vorbereitet ist, der Chirurg schon umgezogen und die sterilen Kästen geöffnet - dann aber festgestellt wird, dass der Patient morgens sein Marcumar genommen hat?
    Gibt es für solche Fälle einen Alternativcode?

    Liebe Grüße,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Hallo Herr Gohr,

    ich würde in einem solchen Fall den Zusatz-OPS 5-995! zusammen mit der \"Subprozedur\" (d.h. der eigentlich planmäßig durchgeführten Prozedur) kodieren. Bei den ICDs sähe es folgendermaßen aus:
    HD die entsprechende Erkrankung für die Veranlassung der OP, ND Z53 (wenn der Patient elektiv deswegen elektiv kam) und Z92.1. Ähnlich beschrieben ist dies in der D007f.

    Edit:
    Bzgl. des Zusatzkodes 5-995! wollte ich noch an die DKR P004f verweisen.

    _______________
    Freundliche Grüße

    S.

  • Hallo,
    mich würde da eher psychiatriebezogen folgende Frage interessieren: Für einen Patienten wurde eine Einzelergotherapie geplant. Die Therapeutin hat in dieser Zeit keine anderen Therapien und wartet auf den Patienten. Er kommt nicht weil er z.B. nicht motiviert ist, verschläft oder was auch immer.
    Therapie hat ja nun nicht stattgefunden, der Aufwand war aber auch da!!
    Gruß Suse

  • Hallo,
    aus guten Gründen gilt in der Somatik (grob vereinfacht ausgedrückt) und entsprechend in den DKR Pych bzw. den Psych-OPS-Kodes das Prinzip, dass nur das kodierbar ist, was auch am/im Patienten ankommt. Ansonsten würde man kreativem Missbrauch Tür und Tor öffnen. Um Suses Beispiel aufzugreifen (ohne es Ihnen unterstellen zu wollen): Wir planen den Patienten für 2 Stunden einer Therapie ein, von der wir genau wissen, dass er nicht kommen wird. Dann könnten wir die 2 Stunden dazuzählen und die Therapeutin wüßte, dass sie endlich mal Ihren Papierkram schafft, aufräumen kann, was auch immer...
    Das läßt sich für Medikamente, Implantate usw. natürlich ganz genauso konstruieren...

    Auch wenn das im Einzelfall wie in Ihrem Beispiel ärgerlich und/odernicht sinnvoll sei mag, schützt es doch vor Missbrauch.

    Gruß, J. Helling

    PS: 5-995 gilt nur für \"Operationen\", einen \"Abbruch-OPS\" z.B. für das Kapitel 8 gibt es nicht (auch wenn im Vorschlagsverfahren gefordert)
    In Herrn Gohrs Beispiel: Bis zur Narkose können Sie sicher gar keinen OPS kodieren, dann könnte man diskutieren, ob ein Kode aus 8-90 (Anästhesie) in Frage käme (eigentlich aber nicht, da Zusatzkode), erst ab Hautschnitt stehen kodierbare \"Teil-Prozeduren\" zur Verfügung.

  • Schönen guten Tag allerseits,

    zunächst einmal:
    OPS heißt Operationen- und Prozedurenschlüssel. Folglich ist jeder OPS, der nicht eine Operation abbildet, eine Prozedur im Sinne der DKR.

    Damit unterliegen natürlich auch die psychiatrischen OPS grundsätzlich der genannten Kodierrichtlinie.

    Dennoch bleibe ich aus folgenen Gründen dabei, dass sie nicht bei nur teilweiser Erfüllung kodiert werden können:

    1.
    Sie enthalten Mindestvoraussetzungen wie z.B. die 25 Minuten Dauer. Dies ist entweder erfüllt oder nicht. Eine \"nahezu vollständige\" Erfüllung gibt es hier nicht.

    2.
    Die Leistung ohne Erreichen der 25-Minuten Grenze lässt sich (ab 2011) kodieren, nämlich mit dem Kode ohne Therapieeinheiten.

    3.
    Zu den Beispielen aus der Somatik:
    Bei dem Beispiel mit der Herz-OP stellt sich natürlich die Frage nach der Qualität der Vorbereitung. Aber einmal abgesehen davon,

    • wenn ich die Operation noch nicht begonnen habe, kann ich auch gar nichts kodieren.
    • habe ich den Thorax eröffnet und dann abgebrochen, kodiere ich die Thorakothomie.
    • die Bypass-OP kann ich aber erst kodieren, wenn ich den Bypass auch angelgt habe und mindesten bereits beim Nähen der Anastomosen bin

    4.
    Es geht nicht darum, jeden erdenklichen Aufwand darzustellen. Es geht darum Leistungen darzustellen und dafür müssen sie schon die Leistung auch erbringen. Das Warten auf den Patienten ist in diesem Sinn für mich keine darstellbare Leistung.

    5.
    Wir haben in der Psychiatrie immer noch keine speziellen Kodierrichtlinen und die allgemenen Kodierrichtlinien sind immer noch mehr oder weniger angepasste Kopien aus der Somatik. Hier wird sich bis 2013 noch einiges tun.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Guten Tag nochmals!
    Damit haben Sie, Herr Hellwig und Herr Schaffert, meine Meinung bestätigt und ich sehe mich so besser imstande, Argumente zu finden.
    Vielen Dank und einen wunderbaren Tag (im Schnee),

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Guten Tag,
    zunächst möchte ich Herrn Schaffert für die schlüssige Antwort danken.
    Je nach Betrachtungsweise kann die Formulierung in den DKR \"Wird eine Prozedur nahezu vollständig erbracht, so wird sie kodiert \" zu einer Interpretation führen, dass es eine Ausnahme bei der Einhaltung der 25 Minuten als Mindestmerkmal geben könnte.

    In dem von Suse beschriebenen Fall würde dann entsprechnd auch keine Therapieeinheit kodiert werden können. Da der Patient nicht da war und folgedessen keine Ergotherapie von min. 25 Minuten stattfand, wird die Mindestvoraussetzung nicht erfüllt.

    Viele Grüße,

    TWaK

  • Guten Tag zusammen!

    Aus den Deutschen Kodierrichtlinien 2011 für die Psychiatrie:

    Wenn ein Patient zur EKT aufgenommen wurde, diese aber nicht durchgeführt werden konnte, soll eine Nebendiagnose verschlüsselt werden:
    - Z53, Personen, die Einrichtungen des Gesundheitswesens wegen spezifischer Maßnahmen aufgesucht haben, die aber nicht durchgeführt wurden.

    Wenn eine Prozedur unterbrochen oder nicht vollendet wurde, ist wie folgt vorzugehen:
    - Der Kode für die mißlungene Prozedur soll angegeben werden. Das Beispiel dazu stammt allerdings aus der Gynäkologie. In den Psych-Prozeduren finde ich keinen solchen Kode.
    - Läßt sich die bisher erbrachte Teilleistung mit dem OPS kodieren, soll nur die Teilleistung kodiert werden. Als Beispiel dient eine Laparotomie. Eine solche Teilleistungen-Prozedur finde ich im Katalog für die Psych-Fächer überhaupt nicht.
    - Wird eine Prozedur nahezu vollständig erbracht, soll sie kodiert werden. Um diesen Satz bewerten zu können, müßte geklärt werden, ob die Prozedur Psychotherapie tatsächlich mit deren Zeitmaß Therapieeinheit gleichzusetzen ist. Hat der Patient einen Termin von einer halben Stunde erhalten und bricht nach 20 Minuten ab, so habe ich zumindest theoretisch eine Therapieprozedur von einer halben Stunde nicht vollständig erbracht.
    - In allen anderen Fällen ist die geplante, aber nicht komplett durchgeführte Prozedur zu kodieren. Dieser Satz wird leider nicht einmal mehr mit einem unpassenden Beispiel erklärt. Wegen der Wörter \"unterbrochen\" und \"nicht komplett durchgeführt\" sind wir in Diskussionen von der ursprünglichen Interepretation abgekommen, daß ein ausgefallener Termin dennoch kodiert werden könne. Allerdings ist dieser Satz auch widersprüchlich, er müßte dann eigentlich lauten \"begonnene, aber nicht komplett durchgeführte ...\".

    Gruß, TicTac

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Schönen guten Tag allerseits,

    Die Komplexkodes haben - im Gegensatz zu vielen anderen Prozeduren - Mindestmerkmale und eben auch eine Zeitvorgabe. Dies kann auch nicht durch die Kodierrichtlinie ausgehebelt werden, weil ansonsten diese Vorgaben sinnlos wären.

    Aus der Erfahrung in der Somatik kann ich Ihnen berichten, dass sich der MDK mit Sicherheit an diesen Vorgaben orientieren wird. Wenn Sie also jetzt in großzügiger Interpretation alle unter 25 Minuten abgebrochenen Therapien mit kodieren, dann schaffen Sie sich letztlich nur eine falsche Grundlage bei Einführung des Systems, weil Ihnen der MDK nach Beginn der Abrechnungsrelevanz diese Leistungen herausstreichen wird.

    Als Prozessverantwortlicher für die Kodierung, der auch die Budgetverhandlungen für die Einführung des Entgeltsystem für 2013 im Blick hat, werde ich für unserer Klinik alles daransetzen, dass alle diejenigen und nur diejenigen Leistungen verschlüsselt werden, die nach den Vorgaben des OPS erbracht wurden und die ich anhand der Dokumentation auch vor dem MDK vertreten kann.

    Außerdem verweise ich auf die Kodierrichtlinie PP012a ( \"...nur die dem Patienten tatsächlich verabreichte Dosis bzw. Menge...\" ). Diese bezieht sich zwar nicht auf die Komplexkodes, der Hinweis zu der Kodierrichtlinie lässt mich jedoch ahnen, das die hier diskutierte Frage früher oder später geregelt sein wird. Und als \"vorsichtiger Kaufmann\" würde ich von der restiktiveren Version ausgehen.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,