Hilfestellung der KK bei Verdacht auf Behandlungsfehler

  • Hallo Herr Overhagen, hallo Forum,

    vom Grundsatz her:
    Wenn jemand geschädigt wird, dann kann er sich wehren, dies gilt auch für Kassen.

    Z.B. haben die Berufsgenossenschaften nicht nur die Möglichkeit sondern aus Sicht ihrer verwalteten Mitgliedsbeiträge sogar die Verpflichtung Regress bei Verursachern von Schäden zu nehmen, hierzu gehören auch Ärzte/Kliniken, wenn \"Fehler\" gemacht wurden.
    Auch Krankenkassen haben Regress- Abteilungen, die Gelder hereinholen sollen.
    Auch die KK verwalten Beiträge ihrer Versicherten und der Arbeitgeber und sind zur Wirtschaftlichkeit - was immer das auch ausdrücken mag - verpflichtet.

    Deshalb ist es ja durchaus zweischneidig, wenn im DRG System Komplikationscodes eingesetzt werden müssen, diese aber im Einzelfall von KK oder anderen falsch interpretiert werden können. Dies ist aber nicht zu ändern.

    Ich gehe davon aus, dass - wenn vermutlich \"falsch\" behandelt wurde und die Kasse davon Info bekommt - sie zumindest ihren Beitragszahler informieren darf , ob sie es muss, weiß ich nicht.
    Ich wüßte nicht, was dies verhindern sollte/könnte.

    Gruß

    P.Host

  • Hallo zusammen,

    diese Frage hatte ich mir auch schon gestellt. Ich weiß, daß die KK, zumindest was die wirtschaftliche Nutzung der Gelder im Gesundheitswesen angeht, bei Verdacht auf grobe Fehler gesetzlich verpflichtet sind die sog. \"Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen\" einzuschalten und bei Verdacht auf eine Straftat auch die Staatsanwaltschaft anzurufen. Die gesetzlichen Grundlagen beziehen sich jedoch nur auf wirtschaftliche Verfehlungen. Aber auch dies kann ja mit einer Fehlbehandlung einhergehen, die dann auch nicht ignoriert werden darf.

    Andererseits gibt es auch für Ärzte eine Ausnahme von der Schweigepflicht, wenn dieser eine Straftat seines Patienten vermutet (also wenn es klare Anzeichen dafür gibt).
    Es wird sicherlich eine Gesetzeslücke geben, die den KK solch ein Vorgehen erlaubt.

    Ich würde an Ihrer Stelle die KK einfach damit konfrontieren und widersprechen. Wenn sich die KK im Recht sieht, wird sie Ihnen das mit haufenweise Paragraphen darlegen, die Sie dann wiederum nachlesen und prüfen können :)

    Grüße

    N.Pollack

  • Hallo zusammen,

    Gutachten des MDK zu Behandlungsfehlern. Ich bekenne, dass auch ich Gutachten zu Behandlungsfehler für einen MDK mache.

    Bisher ist mir ein einziger Fall vorgekommen, bei dem keine Klage des Patienten vorlag, sondern nur eine Einverständniserklärung ohne Klage.

    Ich weiß aber wiederum von einigen Patienten, dass eine Krankenkassen eine Zeit lang aggressiv für Unterschriften bzgl. solcher Verfahren geworben haben.Die Patienten wurden angeschrieben, dass ein Verdacht auf einen Behandlungsfehler sich ergeben hätte und die Krankenkasse darum bittet für den Patienten ermitteln zu dürfen.

    Ansonsten liegen bei den Gutachten die gleichen strengen Begutachtungskriterien wie bei gerichtlichen Arzthaftungsgutachten vor und die Kriterien für die Gutachten sind streng. Billig sind diese Gutachten auch nicht.

    Soll heißen: Komplikationen sind Komplikationen. Die Gutachten bringen den Kassen nur etwas bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler. Und diese Gutachten sind deutlich in der Minderzahl.

    Zu der ersten Frage ob dies rechtmäßig sei. Mir ist nichts gegenteiliges bekannt. Leider, denn dieses Vorgehen ist unlauter.

    Zur betreffenden Krankenkasse: Ich würde die Gespräche mit der Kasse aufkündigen.

    Bei jeder Komplikation ein Gutachten anfordern wird nicht funktionieren, so viele Gutachter gibt es gar nicht.

    Aber vielleicht mal ein Stein des Anstoßes nicht für alles eine Komplikation zu kodieren. (Ihren Fall nehme ich hier raus)

    Gruß

    Dr. F. Schemmann
    FA f. Orthopädie, Chirurgie, O&U

  • Hallo ins Forum

    die Rechtsgrundlage der Kasse ist der § 116 SGB X

    Letztlich sind die Kassen verpflichtet, etwaige Schadenersatzansprüche weiterzuverfolgen, auch unabhängig davon, ob der eigentlich geschädigte Versicherte selber auch was unternimmt - die Art und der Umfang des Schadenersatzüberganges an die Kasse ist eben in diesem § 116 geregelt

    Im Gegenteil - würde die Kasse auf die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen verzichten, müßte sie sich selbst über das BVA bzw. den Gesundheitsfond eine Pflichtverletzung anrechnen lassen

    Mit freundlichen Grüßen

    Rhodolith

  • Moin,

    @rhodolit:
    §66 SGB V heißt:\"Die Krankenkassen können die Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind und nicht nach § 116 des Zehnten Buches auf die Krankenkassen übergehen, unterstützen\"

    Das eine hat m.E. mit dem anderen nichts zu tun.

    Nach § 116 SGB X ist eine KK angehalten, Kosten die durch eine Schädigung entstanden sind, an den Verursacher weiter zu reichen.

    Es gab mal ein Urteil vom SG München (S 19 KR 64/04; leider nichts im Netz zu finden) da ging es darum, dass ein KH Versicherte über die Prüfung des Falles durch die KK informiert hat. Die KK hat auf Unterlassung geklagt und Recht bekommen. Ich glaub es gab eine Androhung eines Ordnungsgeldes (ist das korrekt?) von 50.000 €, sollte das KH das nochmals machen. War wohl irgendwie mit einer Rufschädigung der KK begründet.

    Mein Vorschlag:

    Erst mal abwarten, selber prüfen, ob denn ein Behandlungsfehler vorlag oder nicht. Wenn ja, nun dann ist es Ihre Entscheidung, wie sie mit Fehlern umgehen....; wenn nein, würde ich die KK durchaus wegen Rufschädigung in die Pflicht nehmen (wollen, versuchen, wie auch immer)

    Mit dieser KK würde ich persönlich übrigens nur noch schriftlich korrespondieren :teufel:

    Viel Grüße

    stellv. Leitung Medizincontrolling
    Fachwirt Gesundheits- und Sozialwesen (IHK)
    MDA

  • Hallo MDA,

    ohne Zustimmung des Patienten kommen Sie gar nicht weiter, lediglich der Patient hat in solchen Fällen das Anrecht auf Kopien der Krankenunterlagen, die KK nicht. D.h. Behandlungsfehlergutachten sind nur mit Wissen und Erlaubnis des Betroffenenmöglich.

    Gruß

    Dr. F. Schemmann
    FA f. Orthopädie, Chirurgie, O&U

  • Verehrtes Forum,
    auch ich würde die Angelegenheit eher differenziert sehen. § 66 SGB V regelt die Fälle, in denen der Schadensersatzanspruch nicht nach § 116 SGB X auf die Kasse übergeht.
    Im Umkehrschluss heißt dies, dass in den Fällen, in denen § 116 SGB X greift, die Kasse sowieso tätig werden muss, also gar keine andere Wahl hat, egal ob der Patient im Boot ist oder nicht.
    In der Praxis stellt es sich im Regelfall jedoch so dar, dass man versucht die (privaten) Bemühungen des Patienten und die (öffentlich-rechtlichen) der KK zu bündeln.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt