Vaskuläre Myelopathie: Gutachten vs. Kodierempfehlung

  • Hallo Forumsmitglieder,

    wir haben mittlerweile durch mehrere Kassen routinemäßig Anfragen bei Kodierung der G95.1 (vaskuläre Myelpathie) als Nebendiagnose. Streitpunkt ist der Ressourcenverbauch, insbesondere in Abgrenzung zu einer \"herkömmlichen\" Spinalkanalstenose. Unser Operateur argumentiert, daß er dies nur in den Fällen angibt, wo die entsprechende Symptomatik deutlich ist. Zudem ergebe das Stichwort \"claudicatio spinalis\" den entsprechenden Kode. Die OP unterscheidet sich jedoch nicht von der Spinalkanalstenose und pflegerisch wird da auch kein (anderer) Aufwand geleistet. Somit kommen wir in Argumentationsnot gegenüber den Kassen.

    Die SEG4 Empfehlung Nr. 371 von Febr. 2011 stellt nun die Kodierung aus Sicht der Kassen dar. Nun bin auf ein Sachverständigengutachten von Sept. 2010 von Baller gestoßen (http://www.gesundheitsmanager.de unter \"Aktuelles\") , welches abweichend bzw. genau die vom MDK vertretene Ansicht in gegenteiliger Richtung argumentiert und auch nicht mit einem gesonderten Aufwand argumentiert, sondern der Ursache der Operation. Bislang neigten wir zur Ansicht der Kassen und ich sah das mehr als ein \"Mißverständnis\" an, welches durch die (Thesaurus) Gleichsetzung von claudicatio spinalis = vaskuläre Myelopathie bedingt ist, denn in med. Fachartikeln wird da durchaus zwischen beiden differenziert. Die Argumentation des Gutachtens kann ich jedoch nachvollziehen, hört sich plausibel an und entspricht der bisherigen Vorgehensweise.

    Wie sehen Sie das? Ich hörte gerüchteweise , daß es ein KH geben soll, das gegen eine Kasse auf Rückzahlung der Beträge geklagt haben soll, weil diese die G95.1 gestrichen haben. Hat jemand da Informationen, wie es ausgegangen ist?

    Vielen Dank
    Pott

  • Hallo!

    Zitat

    Original von Pott: Die SEG4 Empfehlung Nr. 371 von Febr. 2011 ...
    Sachverständigengutachten von Sept. 2010 von Baller (http://www.gesundheitsmanager.de unter \"Aktuelles\")


    Mich würde der Ausgang dieser interessanten Überlegung ebenfalls interessieren.

    Könnten Sie mir helfen, die von Ihnen erwähnte Literatur zu finden?

    Gruß, TicTac

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Guten Abend TicTac,

    das Gutachten von S.Baller finden Sie unter http://gesundheitsmanager.de/aktuelles/
    als pdf-Datei. Man sieht es erst beim Herunterscrollen, es ist betitelt als \"Kodierung der Claudicatio spinalis bei Spinalkanalstenose\".

    KODIP schlägt beim Stichwort \"claudicatio spinalis\" ausschließlich den Kode G95.1 vor. Darauf beruft sich unser Operateur und Baller argumentiert ebenfalls damit.

    Nun habe ich unter dem online Grouper von DIACOS (http://www.clinical-coding.eu/) gesehen, daß dort bei diesem Stichwort mehrere Vorschläge sind, u.a. M48.06 , bezeichnet als \"Claudicatio spinalis durch Spinalkanalstenose im Lumbalbereich\". Das geht in Richtung Kodierempfehlung.

    MfG
    Pott

  • Hallo Herr Pott!

    Vielen Dank für Ihren Kommentar und den Link!

    Eine lumbale Spinalkanalstenose wäre laut ICD-10 GM V2011 als M48.06, und nicht als M48.02 (edit: wie bei Baller) zu verschlüsseln.

    Ich finde die G95.1 im Zusammenhang mit einer Lumbalkanalstenose nicht nachvollziehbar, weil diese ICD-Ziffer eine Rückenmarksschädigung, genauer: eine vaskuläre Myelopathie bezeichnet.

    Diese wird im systematischen Teil des ICD erläutert: Rückenmarksinfarkt, Thrombose des Rückenmarkes u.ä. Die Claudicatio spinalis bei Lumbalkanalstenose ist aber eine - vasculär vermittelte? - Symptomatik durch eine mechanische Reizwirkung auf lumbale Spinalnerven.

    Korrekt wäre daher meiner bescheidenen Meinung nach M48.06+ und G55.3*. Die Kreuz-Stern-Systematik paßt hier auch genau zusammen.

    Problem: Das Upcoding als vaskuläre Myelopathie löst eine Erhöhung der Abrechnung um etwa 500 € (von etwa 2100 € auf 2600 €) aus.

    Mein persönliches Fazit: Das Gutachten wird nicht lange halten ...

    Viele Grüße, TicTac

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  • hallo Pott!

    -es gibt keine \"lumbar spondylotic myelopathy \"
    -ganz im gegensatz zur \"cervical spondylotic myelopathy \"
    Der grund ist einfach anatomischer art, das myelon endet Th11-12, spätestens im Th/L-übergang.

    Wenn Sie diese beiden begriffe (daher engl. schreibweise ) bei pubmed eingeben, dann ergibt der zervikale ausdruck knapp 1000 treffer, der lumbale 41. Von diesen 41 bleibt aber nichts übrig. Selbst wenn klinisch eine lumbosakrale myelopathie diagnostiziert wurde, findet sich die patho in höhe th11 im ct.

    Im übrigen ist eine Spondylose mit Myelopathie als \" Spondylogene Kompression des Rückenmarkes + (G99.2* ) \" mit M47.1- zukodieren.
    Die HWS also M47.12+ G99.2*
    Liegt eine Spondylose ohne myelopathie vor ist es eine simple Spinal(kanal )stenose, für die HWS also M48.02.

    In diesem zusammenhang sei auch an D010a erinnert.
    Kombinationskodes gehen vor, wenn sie den sachverhalt richtig wiedergeben.

    selbst wenn es den ausnahmepatienten mit einer lumbalen spondylogenen Myelopathie gibt, dann codiert er mit M47.16+ G99.2* ( ohne G95.1 )

    hollo TicTac,
    der link wurde bereits am 7.01.2011 von ERembs gelegt, im thread \"Claudication spinalis \"

    mfg ETgkv

  • Hallo Herr Pott und Herr ETgkv!

    Vielen Dank für Ihre Antwort, ETgkv.

    Zitat

    Original von ETgkv: das myelon endet Th11-12, spätestens im Th/L-übergang.

    Sie erklären die Beschaffenheit der lumbalen Anatomie, das ist nochmals sehr hilfreich.

    Zitat

    Original von ETgkv: ist eine Spondylose mit Myelopathie als \" Spondylogene Kompression des Rückenmarkes + (G99.2* ) \" mit M47.1- zukodieren.

    Ja, das ist korrekt, und Ihr Vorschlag für die Kodierung einer Myelopathie ist sehr zutreffend, hier ging es jedoch um eine Spinalkanalstenose.

    Zitat

    Original von ETgkv: der link wurde bereits am 7.01.2011 von ERembs gelegt, im thread \"Claudication spinalis \"

    Vielen Dank, die dortige Diskussion kannte ich noch nicht.

    Beste Grüße, TicTac

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  • hallo TicTac!

    Sie schreiben \"... hier ging es jedoch um eine Spinalkanalstenose \"

    Wie meinen Sie das?
    Pott jedenfalls ging es um eine spinalkanalstenose UND G95.1.

    Wer aber G95.1 bejaht, der bejaht eine myelopathie.
    Meine codierung mit M47.1- kennen Sie.

    Wie wäre denn Ihre kodierung für eine sks MIT myeolopathie?

    mfg ETgkv

  • Hallo,

    Zitat

    Wer aber G95.1 bejaht, der bejaht eine myelopathie.


    das ist schlicht und einfach Quatsch (und wird durch häufiges wiederholen auch nicht besser).
    Es steht Ihnen ja frei, bei der WHO eine andere Zuordnung zu fordern. Bis dahin jedoch wird eine \"Claudicatio spinalis\" nach offizieller Aussage des DIMDI mit G95.1 kodiert, und wenn Sie noch so oft PubMed zitieren.

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • hallo Herr Hollerbach

    Die WHO hat - so das dimdi - die claudicatio spinalis der G95.1 zugeordnet, weil sie von einer vaskulären myolopathie als ursache ausgeht.
    Der patient hat demnach diese spinale krankheit in diesem stadium bereits. Man mag das bezweifeln oder eines tages richtig finden, wenn die Teslas der mrts noch weitere details zu tage bringen. Vorläufig jedoch ist daran nichts zu ändern und ich wäre der letzte, der sich an die who wendet.

    Ihre patzigkeiten gegenüber mir sind auffallend. Glauben Sie wirklich dieser ton sei angebracht, nur weil ich doktor der gkv bin und eine andere ansicht als Sie vertrete. Anfangs habe ich mich gewundert, wieso so wenige kollegen vom mdk sich hier beteiligen. Nach einigen von Ihren posts ( und auch einigen von Herrn Dr. Selter ) nicht mehr.

    Mir wäre viel lieber gewesen, Sie hätten unter berücksichtigung von D010 meine frage beantwortet.
    Stattdessen mockieren Sie sich sogar über die pubmed. Die benutze ich, um über den tellerrand zu gucken und weil sich dort viele artikel mit open access finden.
    Natürlich habe ich einen deutschsprachigen anbieter von med arts.

    mfg Dr. Ernst Trump

  • Hallo ETgkv und alle zusammen!

    Zitat

    Original von ETgkv: Sie schreiben \"... hier ging es jedoch um eine Spinalkanalstenose\"

    Entschuldigung, ein Wort fehlt, um meine Aussage klarer zu machen: ich meinte lumbale Spinalkanalstenose. Dort gibt es kein Myelon mehr, also auch keine Myelopathie. Aber auch bei der zervikalen Myelopathie durch Wirbelsäulenschäden finde ich die G95.1 nicht sehr zutreffend, weil diese Nummer recht spezifisch eine vaskuläre Ursache meint. Und da es ja andere ICD-Kodes dafür gibt (G99.2, G55.3), sogar per Kreuz-Stern-Systematik verbunden, finde ich deren Anwendung passender.

    Zitat

    Original von mhollerbach: das ist schlicht und einfach Quatsch … und wenn Sie noch so oft PubMed zitieren.

    In diesem Beitrag fehlt ein Argument.

    Zitat

    Original von ETgkv: Ihre patzigkeiten gegenüber mir sind auffallend.

    Ich fand den Tofall des Kollegen Hollerbach ebenfalls unangebracht.

    Zitat

    Original von ETgkv: weil ich doktor der gkv bin

    Ich finde es sehr erfeulich, daß sich hier jemand vom MDK beteiligt. Bitte bleiben Sie dem Forum erhalten!

    Der MDK wird von Krankenhausärzten oftmals als ein Teil der gegnerischen Partei angesehen. Doch der MDK empfängt keine Weisungen von seinem Auftraggeber, dem Krankenversicherer. „Die Ärzte des Medizinischen Dienstes sind bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen“ (SGB V, §275, (5)). Das sollte man bedenken, wenn man sich einmal über eine vielleicht unwillkommene MDK-Entscheidung ärgert.

    Beste Grüße aus dem Abendland,
    TicTac

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
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    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,

    Zitat


    Original von ETgkv:
    Anfangs habe ich mich gewundert, wieso so wenige kollegen vom mdk sich hier beteiligen. Nach (...) auch einigen von Herrn Dr. Selter ) nicht mehr.

    Soso, dann bitte doch mal Beispiele dafür, um zu sehen, wie da in den Wald gerufen wurde. Danke!

    Vielleicht hier, wo Sie schon im gleichen Thema referierten und ich Sie auf Ihre irrige Formulierungen hinwies?

    http://mydrg.de.dedi694.your-server.de/apboard/thread.php?id=12337&start=1&seuser=ETgkv&sepost=#

    Witzig finde ich es fast schon, mir vorzustellen, dass ich hier verantwortlich sein soll, dass keine MDK-Kollegen sich hier positionieren. Nicht nur lustig, eher lachhaft.
    Persönlich können Sie sich wundern, objektiv muss das dann noch lange nicht sein.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau