Hundebißverletzung mit nachfolgender Infektion

  • Hallo Forum,

    wir sind in heißen Diskussionen mit dem MDK wegen eines Falles aus 2008: Eine Patientin stellte sich mit einem ausgedehntem Hämatom am Unterschenkel ohne (!) Hautverletzung nach einer Hundebißverletzung hier vor. Dieser Tatbestand wurde durch uns mit den ICD-Ziffern S87.8 Quetschung sonstiger und n.n.bez. Teile des Unterschenkel und W64.9! Unfall durch Exposition gegenüber mechanischen Kräften belebter Objekte abgebildet, zusätzlich T79.2 traumatisch bedingte Blutung. Die erfolgte Incision und Drainage (5-892.1f) wurde akzeptiert.
    Im postoperativen Verlauf kam es zu einer Wundnekrose. Bei der Wundrevision (5-893.1f) wurde ein Abstrich entnommen, da nach Entfernen der Nekrose ein deutlicher Fötor bemerkt wurde. Es erfolgte die Gabe eines Antibiotikums bei Infektverdacht. Die Infektion wurde mit dem Kode T79.3 posttraumatische Wundinfektion kodiert.Die „andere Seite“ möchte als HD: T14.1 offene Wunde an einer nicht näher bezeichneten Körperregion in Zusammenhang mit T89.03 Komplikation einer offenen Wunde, zusätzlich die Wundnekrose mit R02 Gangrän, anderenorts nicht klassifiziert abgebildet sehen. Auf unseren Einwand :ohne Hautverletzung, deutlich spezifischere Abbildung wird auch im zweiten Gutachten nicht eingegangen.

    Wie sehen Sie den Fall kodiertechnisch korrekt abgebildet?

    Im Voraus Danke für Ihre Stellungnahme

    Gruß

    Stalli

    STALLI :d_zwinker:

  • Hallo Stalli,

    auch wenn ich nicht viel Sinnvolles beitragen kann: würde mich interessieren, wie sich diese "Kommunikation" zwischen Ihnen und dem MDK weiterentwickelt hat. Ich denke, daß man eine Antwort auf die eigenen Einwendungen erwarten darf, insbesondere um aufzuklären, warum der MDK die eigenen Kodes nicht akzeptiert.

    Ich finde die Verschlüsselungsvorschläge des MDK jedenfalls nicht logischer, als Ihre eigenen.
    - T14.1 verschlüsselt eine "offene Wunde" einer "nicht näher bezeichneten Körperregion", dies trifft beides nicht auf Ihren Fall zu. Auch die anderen Kriterien dieses Kodes sind nicht zutreffender für Ihren Fall, rechtfertigen also m.E. ebensowenig eine Bevorzugung der T14.1.
    - T89.03 bezeichnet eine "Komplikation" einer "offenen Wunde" unter der Überschrift "sonstige Komplikationen eines Traumas, anderenorts nicht klassifiziert", das ist ebenfalls ungenauer als Ihre Verschlüsselung.
    - R02 befindet sich unter "Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen", das ist systematisch also falsch zugeordnet bei Wundinfektion.

    Die Motivationslage des dortigen MDK wird zumindest mir überhaupt nicht klar, denn der Webgrouper gibt für beide Vorschläge das gleiche Entgelt aus. Vielleicht sollten Sie das einmal inklusive aller zugehöriger Prozeduren durchführen. Irgendwie spricht das Geschehen eher für einen kleinen Machtkampf, als für sinnvolle Einwendungen seitens des MDK.

    Beste Grüße, TicTac

    (PS: Ihr Schriftbild wird im Internet als etwas "laut" empfunden, es ist sehr groß und auch noch fettgedruckt.)

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Hallo TicTac,

    zunächst einmal Danke für den Hinweis mit dem Schriftbild, das war völlig unbeabsichtigt - ich bitte allerseits um Entschuldigung!

    mit dem MDK hat sich noch nichts neues ergeben, habe nochmals Widerspruch eingelegt,da ich weiterhin zu der unsererseits durchgeführten Kodierung stehe. Unter Berücksichtigung der Komplettkodierung geht es hier erlöstechnisch um die DRG X06A versus DRG X06B.

    Wenn es neue Erkenntnisse gibt, werde ich berichten.

    Grüße

    Stalli

    STALLI :d_zwinker:

  • Hallo Stalli,

    vielen Dank für Ihre Antwort!

    ... Schriftbild, das war völlig unbeabsichtigt

    Jetzt sieht's super aus! :)

    DRG X06A versus DRG X06B.

    Wieviel macht das denn in Talern aus?

    Herzliche Grüße,
    TicTac

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Hallo Stalli,

    ...Im postoperativen Verlauf kam es zu einer Wundnekrose...Abstrich entnommen...deutlicher Fötor...Gabe eines Antibiotikums bei Infektverdacht...

    Es handelt sich somit um eine Infektion nach einem Eingriff, also T81.4 plus Abstrichergebnis.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Sehr geehrte Kollegen!

    es geht um eine Differenz von 2700 €

    Das nenne ich Downcoden nach Manier des MDK. ;)

    Es handelt sich somit um eine Infektion nach einem Eingriff

    Aus der zeitlichen Abfolge muß sich jedoch nicht unbedingt auch der kausale Zusammenhang ergeben. Ich ging davon aus, daß Kollege Stalli die Wundinfektion als Folge des Hundebisses / der Quetschung ansah.

    Gruß, TicTac

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Hallo Herr Balling, Hallo TicTac,

    über die Genese der Wundinfektion läßt sich natürlich trefflich diskutieren; einerseits als Traumafolge im Sinne von Eindringen von Keimen über Mikroläsionen nach Quetschung, andererseits als OP-Folge. Dies läßt sich im Nachhinein nicht klären. Wir sind bei der ersten OP (Hämatomausräumung) noch nicht von einer Infektion ausgegangen; erst im postoperativen Verlauf kam es zu der Wundrandnekrose und im Rahmen der durchgeführten Excision hat sich der Verdacht auf eine manifeste Infektion ergeben.Der durchgeführte Abstrich ergab übrigens keinen Keimnachweis - dennoch wurde bei bestehendem Verdacht (klinischer Befund, Foetor) eine antibiotische Therapie durchgeführt. Ob nun eine postoperative oder eine posttraumatische Wundinfektion kodiert wird, spielt erlöstechnisch keine Rolle.

    Gruß

    Stalli

    STALLI :d_zwinker:

  • Vielen Dank für Ihre Erläuterungen, Stalli. Bitte geben Sie doch einmal Rückmeldung über das Ergebnis der Auseinandersetzung.
    Bin fast geneigt zu denken, daß man auch solche Vorgänge einmal im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Krankenkassen an die Krankenhäuser publizieren sollte.

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Hallo,

    nun ist ja auch diese Problematik gelöst. :D


    Kodierempfehlung Nr. 417


    Schlagworte:

    Phlegmone, Hand


    Stand:

    25.10.2011


    Problem/Erläuterung


    Ein Patient kommt zur Behandlung einer Handphlegmone nach Katzenbiss


    zur Aufnahme. Was ist die Hauptdiagnose?


    Kodierempfehlung


    Da es sich um die Komplikation einer offenen Wunde handelt, ist gemäß

    DKR 1905 die Hauptdiagnose S61.80 Offene Wunde des Handgelenkes und der Hand: Nicht näher bezeichnete offene Wunde sonstiger Teile des Handgelenkes
    und der Hand
    , gefolgt von T89.02 Sonstige näher bezeichnete Komplikationen eines Traumas, Infektion und

    L03.10 [i]Phlegmone an der oberen Extremität [font='Arial'][font='Arial'][size=12]korrekt.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Hallo,
    selbe Frage (infizierter Katzenbiss) habe ich an das InEK gestellt, wegen der damit verbundenen Diskussionen. Auch hier im Forum.
    Die sehen die Phlegmone als HD.

    Frage:
    Ein Patient wurde mit einer Lymphangitis nach Katzenbiss aufgenommen. Das Alter des Bisses ist nicht bekannt. Bei der Aufnahme finden sich am Daumenballen zwei punktförmige Wunden, die Umgebung ist gerötet, es besteht eine Lymphangitis bis in die Axilla und eine beginnende Lymphadenitis. Im weiteren Verlauf erfolgt eine Abszess-operation und eine Faszienspaltung, gefolgt von einer Daumenamputation. Daneben bestand noch eine Verbrühung am Fuß und ein entgleister Diabetes mellitus.
    Lösung 1:
    Nach der DKR 1905d ist für die Komplikation einer offene Wunde der Kode für die offene Wunde gefolgt von dem Kode für Komplikation anzugeben. HD wäre demnach die Diagnose ICD S61.0 gefolgt von T89.02 Damit wurde im Jahre 2010 die DRG X01A mit einem RG von 3,422 angesteuert
    Lösung 2:
    nach DKR D002f Hauptdiagnose wird die Hauptdiagnose definiert als: „Die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist.” Veranlasst wurde die Aufnahme durch die Phlegmone, bzw. die Lymphangitis. Diese ist demnach als Hauptdiagnose anzugeben. Damit wurde im Jahre 2010 die DRG J08B mit einem RG von 1,968 + 6 Tage oGVD-Zuschläge von 0,408 (effektives RG 2,376) angesteuert
    Relevanz:
    Durch die Wahl der Hauptdiagnose bei Folgezuständen nach offenen Wunden kommt es zu teils erheblichen Erlösunterschieden. Insbesondere dann, wenn eine aufwendige Wundbehandlung durchgeführt wird. Diese Konstellationen sind dann auch immer Prüfgegenstand und Streitgegenstand, da unklar ist, bis zu welchem Zeitraum und unter unter welchen Bedingungen die Komplikationsregel der DKR 1905 als spezielle Kodierregel der allgemeinen Kodierregel D002 vorzuziehen ist. Das dargestellte Beispiel steht deshalb exemplarisch für eine Reihe von ähnlich gelagerten Konstellationen


    Hier die Antwort:

    Bei der Kodierung des von Ihnen dargestellten Falles ist die Kodierrichtlinie D002f "Hauptdiagnose" zu beachten, die folgendes regelt (siehe Seite 4 der DKR Version 2011):
    "Die Hauptdiagnose wird definiert als:
    "Die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist."
    Der Begriff "nach Analyse" bezeichnet die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes war."

    Gemäß Ihrer knappen Darstellung des Falles ist hier gemäß DKR D002f und der Logik des G-DRG-Systems folgend die Phlegmone als Hauptdiagnose zu verschlüsseln, da diese den stationären Aufenthalt veranlasst hat. Die spezielle DKR 1905d "Offene Wunden/Verletzungen" ist hier nicht anzuwenden.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

    Einmal editiert, zuletzt von E_Horndasch (28. Oktober 2011 um 13:06)