Frage zur OPS-Kodierung einer Gruppentherapie im Erwachsenenbereich

  • Hallo,

    ich habe folgende 3 Fragen:

    Sachverhalt: Wir haben das Gruppenangebot A mit einer Zeitdauer von 50 Minuten, welches z.B. ein Arzt abgibt. An der Gruppe nehmen z.B. 7 Patienten teil. Alle Pat. sind der Regelbehandlung zugeordnet.

    Nach OPS-Tabelle wird jedem Pat. also aus dem Kode-Bereich 9-605 für diese Gruppentherapie 1/4 TE zugeordnet.

    Was passiert aber, wenn ein Gruppenteilnehmer

    a) nach 10 Minuten

    b) nach 30 Minuten

    die Gruppe plötzlich (z.B. krisenhaft) verlässt?

    1) Ist das Ergebnis dann das folgende?

    Fall a) Die Gruppe wird nur noch für 6 Teilnehmer gewertet = 1/2 TE pro jeweils mind. 50 Minuten anwesenden Pat. aus dem Kodeberich 9-605

    Fall b) Die Gruppe wird 25 Min mit 7 Teinehmern und 25 Min. mit 6 Teilnehmern gewertet = 1/8 TE + 1/4 TE pro jeweils mind. 25/50 Minuten anwesenden Pat.

    2) Wie ist Ihre Sicht der Dinge, was ist z.B. (überspitzt gesagt) im Fall einer 25minütigen Gruppentherapie, in der jeder Teilnehmer einmal zum Klo geht, also keiner die gesamten 25 Minuten anwesend war? Was ist mit dem Zuspätkommen von Pat?

    3) Wie werden die tatsächlichen (also minutengenauen) Anwesenheiten innerhalb eines Gruppenangebots bei Ihnen praktikabel und aufwandsarm erfasst? ?(

    Auf Antwort freut sich

    ck-pku

    2 Mal editiert, zuletzt von ck-pku (14. Oktober 2011 um 13:12) aus folgendem Grund: Präzisierung der Thematik

  • Hallo Herr Kienbaum,
    langsam wundere ich mich, dass hier niemand antwortet...

    Unabhängig davon, ob ein patient die Gruppe nach 10 Minuten oder nach 30 Minuten verlässt, wird bei uns nur mit denen Patienten gezählt, die durchgehen) anwesend waren.
    Dazu haben wir ein Formular entwickelt (für die Abteilungen, die nicht per EDV die Daten erfassen), in das Thema, Datum, Dauer, Patientennamen (für jeweils eine Woche) eingetragen werden kann.

    Da zur zeit noch keine weiteren Hinweise in Form von Kodierrichtlinien vorliegen, gehen wir hier aber auch mit gesundem Menschenverstand heran: Kommt ein Patient 4 Minuten zu spät oder muss jemand mal aufs WC, dann ist das kein Problem. Das kann ja in der Einzeltherapie auch vorkommen.
    Nimmt aber ein Patient nur 10 von 50 Minuten in Anspruch, wird natürlich auf eine Anrechnung verzichtet.

    Viele Grüße,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Sehr geehrter Herr Gohr,

    vielen Dank für Ihre Einschätzung.

    Das von Ihnen angesprochene Formular habe ich auch in Ihrem sehr empfehlenswerten Buch "Neues Entgeltsystem in Psychiatrie und Psychosomatik" auf S. 57 entdeckt, welches ich als äußert hilfreich einschätze und daher dem geneigten Leser ausdrücklich empfehlen möchte.

    Trotzdem möchte ich Ihnen nur bedingt Recht geben und einschränkend weitere Ausführungen zur Thematik machen:

    Man könnte vorschnell zu dem Schluss gelangen, dass diese o.g. Anwesenheitsproblematik durch die Kodierrichtlinie PP004a der DKR-Psych 2011 aufgefangen wird.
    In einer Kommentierung der Kodierrichtlinie des MDK Baden-Württemberg (nachzulesen im entsprechenden KU-Sonderheft) wird jedoch deutlich gemacht, dass diese Kodierrichtlinie nicht für die Komplexkodes in der Psychiatrie und Psychosomatik anzuwenden ist! Die Komplexkodes "setzen immer voraus, dass die jeweils angegebene Zeit oder Anzahl entsprechend der OPS-Definition des endstelligen Kodes auch erfüllt sein muss, um den Kode zu verwenden."

    Ich greife noch mal oben dargestellten Sachverhalt, Fall b) auf: Nehmen wir an, bei der Gruppentherapie handelt es sich um eine Gruppenpsychotherapie. Der Patient, nennen wir Ihn Herrn M., war in den ersten 25 Min. Gegenstand der therapeutischen Nachfrage und Intervention, im Anschluss hat der Therapeut sich Frau S. zugewandt. Der Patient Herr M. hat dann, noch beansprucht von der eigenen Ansprache und emotional impulsiv bewegt durch die Darstellung der Erlebnisse der Frau S. die Gruppe eben nach 30 Minuten verlassen, so hat er doch in den ersten 25 Minuten eine therapeutische gezielte und durchgängige Intervention erhalten, die kodiert werden müsste, da der unstreitige Ressourcenaufwand erlösorientiert abgebildet werden muss.

    Man beachte den Hinweise zum OPS-Komplexkode 9-60 "Als Einzeltherapie gilt eine zusammenhängende Therapie von mindestens 25 Minuten. Dies entspricht einer Therapieeinheit. Gruppentherapien dauern ebenfalls mindestens 25 Minuten."

    Also bleibt die Frage der richtigen Kodierung bei temporärer Abwesenheit eines Patienten aus der Gruppentherapie zumindest für mich weiter nicht eindeutig beantwortet. Ich selbst bin zwar ebenfalls ein Freund des "gesunden Menschenverstands", nur bleibt dabei offen, ob dieser zukünftig auch einer MDK-Prüfung (insbesondere angesichts der o.g. Kommentierung eben durch den MDK) standhält.

    Ich bin gespannt, wie andere Kollegen diese Problematik bewerten...

  • Hallo ck-pku!

    Man könnte die TEs beim Psychologen zwei Mal erfassen: ein Mal eine TE (30 Min) mit 7 Patienten, anschließend eine weitere TE mit 6 Patienten, wobei der Patient, der dann die Gruppe verlassen hat, nicht mitgerechnet wird.

    Mit bestem Gruß,

    butterblume

  • Hallo Herr Kienbaum,
    vielen Dank für die schnelle Antwort.
    Dass die PP004a nicht für die Komplexkodes zutrifft, hatten wir an anderer Stelle hier im Forum ja schon einmal festgestellt (wobei ich noch darauf hinweisen möchte, dass wir zur Zeit nicht wirklich den Kommentierungen des MDK unterliegen - und im Zweifel gäbe es für derartige Streitfragen ja Gerichte. Die Kommentierung als Solche im KU-Sonderheft ist ja auch eher eine Einschätzung der Richtlinien auf Grundlage der Erfahrung der beiden Autoren im DRG-System).

    In Ihrem angesprochenen Fall könnte die entsprechende Gruppe einfach geteilt werden (zeitlich): 1 TE für alle Teilnehmer + 1 TE für alle ohne Herrn M.

    Betonen wir nicht zusammenhängend, sondern zusammenhängende Therapie, so gibt es dazwischen durchaus Zeit, um das WC aufzusuchen (wenn die Zeit nachgeholt wird). Die Therapie als solche findet selbstverständlich zusammenhängend statt - auch wenn der Patient kurz Wasser lässt (was unter Neurocil z. B. nicht allzu selten vorkommt.

    Eindeutig werden im Übrigen viele Dinge nicht geklärt und beantwortet. Daher freuen wir uns alle auf eine weitere spannende Zeit.

    Viele Grüße,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Hallo butterblume, hallo (nochmals) Herr Gohr,

    vielen Dank für Ihre Einschätzungen, die dann ja auch meine Ergebnisvariante b) stützt. ^^

    MfG,

    ck-pku

  • Guten Tag miteinander,

    es scheint sich doch ein paar Tage nach der Fragestellung eine lebhafte Diskussion entwickelt zu haben.
    ck-pku’s Frage nach der temporäreren Unterbrechung und der daraus resultierenden (Nicht)Kodierung hat eine gewisse Berechtigung.

    Betrachten wir einmal die ganze Aussage von: "Als Einzeltherapie gilt eine zusammenhängende Therapie von mindestens 25 Minuten“ und nicht nur „zusammenhängende Therapie“. Durch die Mindestvorgabe von 25 Minuten bezieht sich das „zusammenhängend“ auf die Dauer. Damit hat es die Bedeutung von: durchgehend, ohne Unterbrechung, kontinuierlich.

    Das mag jetzt wie Haarspalterei wirken, jedoch ist der Gang zur Toilette folglich eine Unterbrechung. Damit ist strenggenommen die geforderte Kontinuität nicht gegeben und die Uhr müsste nach der Rückkehr vom WC konsequenterweise wieder auf 0 gestellt werden. Es ist mir bewusst, dass dieses bei einem kurzen, 2-3-minutigen Toilettengang nicht praktikabel ist und der gesunde Menschenverstand walten sollte. Außerdem stehen bei der 25-Minutenregelung die Krankheitsschwere der Patienten und der Dokumentationsaufwand im Vordergrund, da die TE einen Teil der OPS-Systematik darstellen.

    Die zunächst klar wirkenden Formulierungen zu der zusammenhängenden Therapie zeigen auch in dieser Diskussion, wie unterschiedlich diese verstanden werden und welche Unsicherheiten sich in der täglichen Praxis daraus ergeben können.

    Viele Grüße,

    TWaK

  • Hallo TWaK!

    Vielen Dank für Ihren sehr guten Beitrag und das erneute (und immer wieder wichtige!) Aufzeigen des Unterschieds von "streng genommen" und "gesunder Menschenverstand".
    Die Hoffnung stirbt zuletzt, daher hoffe ich (vergeblich?), dass die Kodierrichtlinien 2012, 2013 oder 2014 zu all diesen Themen Antworten liefern, ohne dass bald die Sozialgerichte entscheiden müssen.

    Viele Grüße,
    der Haarspaltereien liebende

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.