Scholz
Die eine wichtige Regel, die ich in meinen hausinternen Schulungen versuche „rüberzubringen“ lautet: Wenn eine Diagnose oder eine Prozedur die Besonderheiten des *individuellen Falles* beschreibt (blabla ...diagnostischer/therapeutischer/pflegerischer Aufwand, also auch Gründe für eine längere Verweildauer... blabla), und ich diesen *individuellen Fall* daran wiedererkennen kann, dann sollten diese Diagnosen und Prozeduren auch verschlüsselt werden. Fertig, Schluß. Und wer Kodierregeln lesen will und die Zeit dazu hat, kann das natürlich tun. Nur die wenigsten meiner Zuhörer haben dafür die Zeit. Dafür reicht unser Stellenplan leider nicht aus.
Und dann muss der Algorithmus aus dieser Dokumentation die „richtige“ DRG herausfinden. Und ich versichere Ihnen, er tut es in 99 % der Fälle.
Warum? Weil der Arzt die „schwerwiegenden“ Diagnosen und Prozeduren mit Sicherheit seltener vergißt als die überflüssigen und weil der Algorithmus sowieso nur top-down von den schwerwiegenden zu den weniger bedeutenden Diagnosen abprüft.
Und da können Sie vielleicht tricksen und „erlösoptimieren“. Das tue ich nicht, aber ich habe die Gewissheit, dass unsere Patienten so abgebildet werden, wie sie dagewesen sind, medizinisch gesehen.
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Roeder
Genau das ist es.
Wer schon mit der Kodierung Erlösoptimierung und DRG-Systemanpassung betreiben möchte, ist meiner Meinung nach nicht auf dem richtigen Weg. Es geht doch alleinig darum, den Kolleginnen und Kollegen Grundregeln der Kodierung beizubringen. Unsere MC-Gruppe hat es in unserem Haus mit sehr vielen Ärztinnen und Ärzte zu tun. Wer meint, dass diese freudig über 200 Seiten allgemeine und spezielle Kodierrichtlinien lesen, macht sich was vor.
Der pragmatische Ansatz von Herrn Scholz wird zur Erfolg führen.
Der Ansatz der "Erlösoptimierer" aber wird dazu führen, dass sich die "Erlösoptimierer" ein virtuelles Krankengut aufbauen (welche DRG hätten Sie gerne ?), was eventuell erheblich von der Realität abweichen wird. Da beatmen wir mal zwei Stunden länger (bringt richtig Geld [in Australien]. Hat`s den heute in der Harnröhre etwas gebrannt ?- da können wir doch dann den schweregradsteigernden HWI dokumentieren (die Mikrobio sparen wir uns, kostet ja nur Geld). Wie weit dieses virtuelle Krankengut dann von der Realität abweicht, wird dann der MDK klarstellen.
Die von uns als unsinnig empfohlenen OPS-Kodes können doch gar nicht zur DRG-Anpassung herangezogen werden, da sie überhaupt keine Info liefern. Versetzen Sie sich doch mal in die Lage eines Statistikers, wie gehen Sie bei einer Analyse vor ? Er kann doch nur Informationen verwenden. Restgruppen bringen keine Information, slo wird er sie rauswerfen müssen. Monitoringkodes bringen auch keine Information - oder ? Die Info, dass ein Pat. Intensiv gelegen hat, ist keine verwertbare Info. Hat er 5 Stunden oder 5 Wochen Intensiv gelegen(?) - das wäre eine Info. Die ist aber nicht mit den OPS-Kodes für das Monitoring abbildbar (deswegen gibt es sie fast nicht mehr ab 2002).
Übrigens: Y-OPS-Kodes bedeuten: ich weiss nicht, was ich getan habe.
Meine Devise: Hüte die Kolleginnen und Kollegen vor unsinniger Dokumentationsarbeit, dann bekommt Du mehr Rückhalt bei den wirklich sinnvollen Diagnose- und Prozedurenkodes. Nicht die Quantität (Anzahl der Diagnosen pro Fall), sondern die Qualität wird zählen. Ein Patient, der 2 Tage im KH war und 8 Diagnosen (kodiert) hat, wird mit grosser Wahrscheinlich schlecht kodiert sein, denn so viel wird man in zwei Tagen gar nicht behandeln können.
Den Sinn und Unsinn von ICD und OPS Kodes muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, hier kann man nur Argumente austauschen.
Die folgenden ICD10 Kodes (Beispiele) halte ich z.B. für verzichtbar. Sie vermitteln keine verwertbare Information (z.B. an ein DRG Institut), und das nicht nur, weil es überwiegend .8./.9 Kodes sind.
R93.8 Abnorme Befunde bei der bildgebenden Diagnostik an sonstigen
näher bezeichneten Körperstrukturen
Z01.8 Sonstige näher bezeichnete spezielle Untersuchungen
T81.8 Sonstige Komplikationen bei Eingriffen, anderenorts nicht klassifiziert
F79.9 Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung:
Ohne Angabe einer Verhaltensstörung
E88.9 Stoffwechselstörung, nicht näher bezeichnet
R52.9 Schmerz, nicht näher bezeichnet
Z51.9 Medizinische Behandlung, nicht näher bezeichnet
T78.9 Unerwünschte Nebenwirkung, nicht näher bezeichnet
Z01.3 Messung des Blutdrucks
Jeder ist seines Glückes Schmied. Wie immer im Leben, gibt es auch zur Kodierung unterschiedliche Ansichten.
Norbert Roeder
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Norbert Roeder
DRG Research Group
Universitätsklinikum Münster