Pflege als Therapieeinheit?

  • Hallo!

    Bisher wird bei uns alles, was direkt am Patienten stattfindet und ab 25 Min dauert, als Therapieeinheit erfasst. Ich frage mich allerdings schon länger, ob das bei rein "pflegerischen" Tätigkeiten, wie. z.B Körperpflege, Ganzkörperwaschungen, Toilettengänge usw. überhaupt im Sinne des OPS ist? Ich meine, eine therapeutische Handlung ist dies im eigentlichen Sinne ja nicht, außer man dokumentiert anders.

    Wie wird das woanders gehandhabt, oder gibt es Meinungen dazu?

    Liebe vorweihnachtliche Grüße aus dem Norden!

  • Hallo Butterblume,

    soweit ich den OPS-Katalog verstehe, geht es darin um psychische Maßnahmen. Pflegerische Tätigkeiten im engeren Sinne würden nach meiner Kenntnis unter dem Sockelbetrag verbucht werden. Psychiatrische pflegerische Maßnahmen wären z.B. Bezugspflegegespräche, Anleitungen, eine Alltagstätigkeitengruppe, etc.

    Beste Grüße aus dem sonnigen Herbst,
    TicTac

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Hallo butterblume,

    das Kodierverhalten im Pflegedienst hängt von mehreren Faktoren ab: Transport der Inhalte der OPS-Kodes, Verständnis, Widerstände, Umsetzung, Kontrolle und ggf. Anpassung der Kodierung.
    Die Beiträge im Forum zeigen z.B., wie unterschiedlich die Kodes ausgelegt werden können. Bei den Pflegekräften, die nun im Rahmen der Kodierung die Leistungen erfassen müssen, wird es auch nicht anders sein. Dann kommt noch eine gewisse Unsicherheit im Bezug auf den Erlöseinfluss der Therapieeinheiten.

    Bei einer Körperpflege oder Ganzwaschung könnte bei desorientierten Patienten oder bei Patienten mit Wahrnehmungsstörungen oder Demenz die basale Stimulation zur Wahrnehmungsanregung, Beruhigung, Beziehungsaufnahme usw. angewandt werden. Ist das dann ein Konzept der Pflege oder eine therapeutische Leistung bzw. ein therapeutisches Verfahren? Ich kann es mir gut vorstellen, dass es zu diesem Beispiel in Bezug auf die Kodierfähigkeit unterschiedliche Meinungen geben könnte.
    M.E. ist es entscheidend, was bei den Mitarbeitern an Informationen für die tägliche Arbeit hängen bleibt und die konkreten Entscheidungen auf der Leitungsebene.

    Viele Grüße,

    TWaK

  • Hallo butterblume,

    schön, auf diesem Wege wieder von Dir zu hören... :)

    Also, das von Dir geschilderte Problem wird m.E. zum einen durch die Kodierrichtlinie PP014a ("Prozeduren, die normalerweise nicht verschlüsselt werden") der DKR-Psych 2011/2012 als auch zum anderen durch die Beschreibung der anzuwendenden Verfahren in den einzelnen Komplexkodes 9-60x und 9-61x aufgelöst.

    PP014a: "Prozeduren, die routinemäßig bei den meisten Patienten und/oder mehrfach während eines Krankenhausaufenthaltes durchgeführt werden, werden nicht verschlüsselt, da sich der Aufwand für diese Prozeduren in der Diagnose oder in den anderen angewendeten Prozeduren widerspiegelt (siehe Beispiel 1). Sie wurden aus diesem Grunde auch nicht in den OPS aufgenommen. Diese sollen auch nicht mit den Resteklassen „Andere ...“ verschlüsselt werden. (z.B. Visite...)
    Es handelt sich also um Standardmaßnahmen bei bestimmten Diagnosen und Prozeduren, deren gesonderte Kodierung deshalb nicht erforderlich ist.
    Verfahren, die sich bei der Entwicklung des pauschalierenden Entgeltsystems doch als gruppierungsrelevant herausstellen sollten, werden im Rahmen der Pflege des OPS und der Kodierrichtlinien berücksichtigt."

    Verfahrensbeschreibung Psych-Komplexkodes 9-60x ("Die psychiatrisch-psychosomatische Regelbehandlung umfasst ärztliche und psychologische Gespräche (z.B. Visite) und die somatische und psychiatrische Grundpflege.") und 9-61x ("Die psychiatrisch-psychosomatische Intensivbehandlung umfasst ärztliche und psychologische Gespräche (z.B. Visiten) und die somatische und psychiatrische Grundpflege.")

    Ich würde dass in den o.g. Komplexkodes genannte Wort "umfasst" zum besseren Verständnis virtuell durch das Wort "bereits" (i.S.v. "beinhaltet") ergänzen.

    Man denke auch an den Grundsatz, dass bei Unklarheiten zwischen dem OPS und den DKR-Psych die letztgenannten Vorrang geniessen: "Für den Fall, dass zwischen den Hinweisen zur Benutzung der ICD-10-GM bzw. des OPS und den Kodierrichtlinien Widersprüche bestehen, haben die Kodierrichtlinien Vorrang." (Einleitung, S. III)

    Also sollten standardisierte Grundpflegeleistungen nicht kodiert werden, auch wenn sie wenigstens 25 Minuten dauern.

    Liebe Grüße aus der Lüneburger Heide,

    ck-pku

  • Hallo, vielen Dank für die Antworten!

    Hallo CK, ja, ich schaffe es immer wieder, aus meinen Akten aufzutauchen... :) (und den Schnupseln...) So, wie Du das beschreibst habe ich mir das auch gedacht. Ich denke auch, daß eine vernünftige Erklärung noch mal wichtig ist. Wenn man die Körperpflege z.B. therapeutisch nutzt im Sinne von Erhalten und Fördern von Ressourcen, Aktivierung und Motivation bei depressiven Patienten, Unterstüzung eines schizophrenen Menschen (auch Erfahrung von Ich-Grenzen) - das nur einige Beispiele - dann wäre es zu kodieren. Ohne dies nicht.

  • Schönen guten Tag allerseits,

    im OPS kann ich keinen Unterschied zwischen "psychischen Maßnahmen" und anderen pflegerischen Maßnahmen finden. Es gibt zwar eine Aufzählung von Verfahren für die einzelnen Berufsgruppen, diese ist jedoch überschrieben mit "...oder im Aufwand vergleichbare Verfahren...". Dies könnte als Freibrief für jedes Verfahren gelesen werden, das länger als 25 min am Stück dauert. Ich bin mir sicher, dass viele Kliniken dies auch so interpretieren.

    Und selbst wenn nicht: Wo ist die Grenze? Ist jede Waschung eines pflegebedürftigen Patienten nicht auch eine "Aktivierung". Ist das heraussetzen und mobilisieren eines depressiven Patienten, der den ganzen Tag im Bett liegen möchte denn keine "Therapie". Lernen die Pflegefachpersonen nicht auch in der Grundpflege das Therapieziel nicht aus den Augen zu verlieren und darauf hin zu arbeiten. Wie soll das denn sinnvoll und nachvollziehbar abgegrenzt werden?

    Ich kann es nur immer wieder sagen: Die Psych-OPS in der jetzigen Form lassen weite Interpretationsspielräume, die zu unterschiedlicher Kodierung führen und daher keine Grundlage eines Entgeltsystems sein können.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,