Welche Einrichtungen fallen darunter?

  • Hallo zusammen,

    eine Freundin von mir arbeitet in einer Psychosomatischen Einrichtung für Suchtkranke. (Haupsächlich Drogenabhängige junge Menschen). Ich habe sie gefragt ob sie schon was über dieses Psych-EntG gehört hat. Sie wusste nicht davon. Also hab ich Ihr ein paar Informationen zukommen lassen und sie hat ihren Chef angesprochen. Der wiederum gab ihr die Auskunft das es für ihre Einrichtung ohne belang sei weil sie ja nur sehr selten mit der Kasse abrechnen. Hauptsächlich werden die Aufenthalte über die Rentenversicherung gezahlt, ich sag mal so wie eine Reha. Ist die Auskunft ihres Chefs nun denn so richtig??? ?( Und wo kann man nachlesen welche Einrichtungen dieses System betrifft!? :huh:

    Ich hatte zwar nach Informationen gesucht aber nichts eindeutiges gefunden! Kann jemand eine Aussage machen? Vielen Dank schon mal im Voraus!! :D

    Liebe Grüße Numbers!

  • Hallo Numbers,

    die Aussage des Chefs Ihrer Freundin kann soweit stimmen und das PsychEntgG muss nicht für die Einrichtung gelten.

    Nach der Beschreibung müsste es sich um eine Entwöhnungsbehandlung für abhängige Menschen handeln, die dann zur medizinischen Rehabilitation zählt. Der Kostenträger kann dann die Rentenversicherung sein.

    In der stoffgebundenen Suchtbehandlung (Alkohol, Drogen, Medikamente) hat man sich unter den Kostenträgern die Zuständigkeiten geteilt. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten der Krankenhausbehandlung (i.d.R. Entzugsbehandlung) und die Rentenversicherung ist dann für die weiterführende Entwöhnungsbehandlung zuständig. Bei Essstörungen z.B. ist wiederum die Krankenkasse zuständig.

    Die Kostenübernahme kann von den Krankenkassen als Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX) erfolgen, wenn der Versicherte die Voraussetzungen der Rentenversicherung für die Kostenübernahme nicht erfüllt. Dies wird bei der Antragsbearbeitung geprüft.

    Die Krankenkassen haben die Möglichkeit mit Reha-Einrichtungen Verträge abzuschließen (s. § 40 SGB V, § 111 SGB V, § 111c SGB V). Auch wenn dann die Behandlung in einer Psychosomatischen Einrichtung für Suchtkranke stattfindet, fällt sie als Reha-Einrichtung (s. §107 Abs. 2 SGB V) nicht unter §108 SGB V und damit auch nicht in den Bereiche KHG (§ 3 KHG), KHEntgG (§ 1 KHEntgG) oder BPflV (§ 1 BPpflV).

    Mehr Informationen über Rehabilitationen in der Rentenversicherung finden sich hier und speziell für Suchterkrankungen hier .

    Viele Grüße,

    TWaK

  • Guten Morgen,

    Grundsätzlich schließe ich mich meinem Vorredner an, dass es sich hier offensichtlich um eine Rehabilitationseinrichtung handelt, da sonst der RVT außen vor wäre.

    Aber als Ergänzung:


    ... Bei Essstörungen z.B. ist wiederum die Krankenkasse zuständig.


    Die Aussage ist pauschal nicht korrekt, da es natürlich auch im Bereich Esstörungen psychosomatische Rehabilitationsmaßnahmen über den RVT gibt.

    Problematisch ist häufig die Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitationsmaßnahme (vgl. hierzu auch BSG-Urteil vom 20.01.2005)

    Einen schönen Arbeitstag an alle

    Mr. Freundlich

  • Guten Morgen Numbers und Mr. Freundlich,

    gern möchte ich TWaK's Ausführungen zur Abgrenzung der Krankenhausbehandlungen von Rehabiltationsmaßnahmen ergänzen und präzisieren:

    Vereinfacht gesagt bedeutet Krankenhausbehandlung eine akut-medizinisch notwendige Intervention, Rehabilitation meint die Behandlung von Krankheitsfolgen. Dies wird am Beispiel der Suchtbehandlung deutlich: Der Entzug ist Krankenhaus-, die Entwöhnung Rehabilitationsbehandlung. Oder am Beispiel einer Patientin mit einer Anorexia nervosa: BMI < 10, massive Elektrolythaushaltsstörung bedeutet i.d.R. Krankenhausbehandlung, psychosomatisch-psychotherapeutische Aufarbeitung im Anschluss fällt i.d.R. unter Rehabilitationsbehandlung.

    Die "Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen" ist in Deutschland übergeordnet im SGB IX geregelt. Gemäß § 5 Nr. 1 SGB IX werden u.a. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht, § 6 Abs. 1 SGB IX bestimmt für die Erbringung dieser Leistungen alle möglichen Rehabilitationsträger außer die Bundesagentur für Arbeit. § 26 SGB IX gestaltet die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation übergeordnet hinsichtlich der Ziele, Maßnahmen etc.

    In den jeweiligen Leistungsgesetzen und besonderen Teilen des SGB sind Einzelbestimmungen der Rehabilitationsträger enthalten. Die meisten Rehabilitationsmaßnahmen werden durch die Kranken- und die Rentenversicherung gewährt. Insbesondere regelt für den Bereich der Krankenversicherung § 40 SGB V die medizinische Rehabilitation, in der gesetzlichen Rentenversicherung gilt § 15 SGB VI.

    Leistungserbringer, z.B. Kliniken, schließen mit den Krankenkassen und/oder mit der Rentenversicherung sog. "Versorgungsverträge" (gem. §§ 111 ff. SGB V bzw. § 21 SGB IX), sofern Sie Mindestanforderungen erfüllen. Im Krankenversicherungsrecht werden diese im § 107 Abs. 2 SGB V definiert.

    Welcher Rehabilitationsträger zuständig ist, hat mit dem Ziel der Maßnahmeerbringung (und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen!) zu tun. Vereinfacht gesagt ist im speziellen der Rentenversicherungsträger zuständig, sofern die Erwerbsfähigkeit eines Patienten erhalten werden soll (§ 10 Abs. 1 SGB VI), ansonsten ist der Krankenversicherungsträger zuständig, da die Ziele der Krankenbehandlung allgemeiner gehalten sind (§ 27 Abs. 1 SGB V).

    Schwierig wird die Zuständigkeitsklärung auch dadurch, dass z.B. das Rentenversicherungsrecht in § 31 SGB VI "Sonstige Leistungen" zur Teilhabe, z.B. die sog. "Kinderheilbehandlung", vorsieht. Diese stehen Leistungsansprüchen nach dem Krankenversicherungsrecht gem. § 40 Abs. 4 SGB V gleichrangig (!) gegenüber. Dies bedeutet im Klartext, dass der zuerst angegangene Rehabilitationsträger zuständig ist; das ist derjenige, bei dem zuerst der Antrag gestellt wurde. Insbesondere in diesem Bereich wird sehr häufig (gezielt?) falsch beraten!
    Ein Wort noch zur (schwierigen) Abgrenzung der Krankenhausbehandlung zur Rehabilitationsbehandlung aus der Historie:
    Mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 entfiel mit Artikel 1, Nr. 19 d eine Regelung in § 40 Abs. 4 SGB V, die eine Differenzierung der Tatbestände sogar noch erschwerte, nämlich: "Leistungen nach § 40 Abs. 2 SGB V (stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlungen - d.V.) anstelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung" (s.a. http://www.bgbl.de/Xaver/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&bk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*[@attr_id='bgbl199s2626.pdf']).

    Die Zuständigkeit der Kranken- bzw. Rentenversicherung richtet sich also nicht (!) nach der Art der Erkrankung. Selbstverständlich können Patientinnen mit einer Essstörung sowohl Krankenhausbehandlung als auch Rehabilitationsbehandlung erhalten, letztgenannte auch von allen in Frage kommenden Rehabilitationsträgern.

    Bei der Antragstellung von Rehabilitationsleitungen sind die örtlichen sog. "Servicestellen" der Rehabilitationsträger behilflich (§ 22 SGB IX). Ein Verzeichnis, wo diese Servicestelle konkret vor Ort zu finden ist, finden Sie z.B. hier.

    Krankenhausbehandlung fällt in der Regel in die Zuständigkeit der Krankenversicherung (§ 39 SGB V). In einem Krankenhaus (§ 107 Abs. 1 SGB V) werden Leistungen gem. KHG i.V.m. dem KHEntgG (somatischer, DRG-Bereich) durch Fallpauschalen bzw. BPflV (psychiatrischer/psychosomatischer Bereich) z.Zt. noch durch tagesgleiche Pflegesätze abgerechnet. Für letztgenannte Krankenhäuser (oder Fachabteilungen) wird das PsychEntgG gelten.

    MfG,

    ck-pku

    4 Mal editiert, zuletzt von ck-pku (23. Januar 2012 um 12:01)

  • Guten Tag miteinander,

    vielen Dank für die ausführlichste Korrektur – ich habe diese auch ohne Betonung verstanden. Trotz des mir bekannten Unterschiedes zwischen einer Krankenhausbehandlung und einer Rehabilitation kann ich mich nicht mehr entsinnen, wo ich es mit der Zuständigkeit der Krankenkasse für Essstörungen aufgeschnappt hatte.

    Mit einem Satz: PsychEntgG gilt nicht für Rehabilitationseinrichtungen.

    Viele Grüße,

    TWaK