• Hallo Curly-Sue!


    "Schädlicher Gebrauch
    Konsum psychotroper Substanzen, der zu Gesundheitsschädigung führt. Diese kann als körperliche Störung auftreten, etwa in Form einer Hepatitis nach Selbstinjektion der Substanz oder als psychische Störung z.B. als depressive Episode durch massiven Alkoholkonsum. "

    Wenn ich das so lese, denke ich, dass man auch eine alkoholbedingte Gesundheitsschädigung braucht um die F10.1 zu verschlüsseln. Ist das falsch verstanden?

  • Hallo zusammen!

    Aus ICD-10-GM, Version 2012:

    F10.1 Schädlicher Gebrauch: Konsum psychotroper Substanzen, der zu Gesundheitsschädigung führt. Diese kann als körperliche Störung auftreten, etwa in Form einer Hepatitis nach Selbstinjektion der Substanz oder als psychische Störung z.B. als depressive Episode durch massiven Alkoholkonsum.

    F10.2 Abhängigkeitssyndrom: Eine Gruppe von Verhaltens-, kognitiven und körperlichen Phänomenen, die sich nach wiederholtem Substanzgebrauch entwickeln. Typischerweise besteht ein starker Wunsch, die Substanz einzunehmen, Schwierigkeiten, den Konsum zu kontrollieren, und anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen. Dem Substanzgebrauch wird Vorrang vor anderen Aktivitäten und Verpflichtungen gegeben. Es entwickelt sich eine Toleranzerhöhung und manchmal ein körperliches Entzugssyndrom.
    Das Abhängigkeitssyndrom kann sich auf einen einzelnen Stoff beziehen (z.B. Tabak, Alkohol oder Diazepam), auf eine Substanzgruppe (z.B. opiatähnliche Substanzen), oder auch auf ein weites Spektrum pharmakologisch unterschiedlicher Substanzen.

    Meiner Ansicht nach sind diese beiden Diagnosen in der Praxis tatsächlich sehr schwer zu unterscheiden. Die Kriterien in den beiden diagnostischen Unterkategorien überschneiden sich nicht, also F10.1 definiert sich mittels einer Gesundheitsschädigung, die bei F10.2 nicht erwähnt wird. Und umgekehrt sind in F10.2 Symptome definiert, die in F10.1 nicht erwähnt werden, deshalb kann man die beiden Diagnosen kaum vergleichen und voneinander abheben.

    Wenn jemand so viel Drogen konsumiert, daß er seine Gesundheit schädigt, finden sich meist auch schon Symptome der Abhängigkeit, und wenn jemand eine Alkoholabhängigkeit hat, finden sich auch schon oft Gesundheitsschäden.

    Nirgends steht andererseits explizit, daß F10.1 vielleicht eine Vorstufe von F10.2 sein könnte. Auch, daß ein Teil der Diagnose bereits im Titel definiert wird (Mißbrauch vs. Abhängigkeit), wird nicht ausdrücklich im ICD-Text besprochen.

    Ich nehme an, daß die beiden Diagnosen aus diesem Grund oft sehr unterschiedlich gehandhabt werden.

    Gruß, TicTac

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Guten Tag miteinander,

    F1x.1 und F1x.2 werden unterschieden und vielleicht hilft folgendes weiter:

    Zitat

    Diagnostische Leitlinien (ICD-10): F1x.1 Schädlicher Gebrauch

    • Aufgrund des Substanzgebrauchs eingetretene körperliche oder psychische Schäden
    • Die Art der Störung sollte deutlich festgestellt und bezeichnet werden können
    • Das Konsummuster besteht seit mindestens einem Monat oder trat wiederholt in den letzten 12 Monaten auf


    Diagnostische Leitlinien (ICD-10): F1x.2 Abhängigkeitssyndrom

    Drei oder mehr der folgenden Kriterien müssen gleichzeitig während eines zusammenhängenden Zeitraums von einem Monat bestehen oder, falls sie für eine kürzere Zeit gemeinsam aufgetreten sind, sollten sie innerhalb von 12 Monaten wiederholt bestanden haben:

    • Körperliches Entzugssyndrom bei Reduktion oder Absetzen der Substanz
    • Toleranzentwicklung gegenüber den Substanzeffekten (Wirkungsverlust einer Substanz nach wiederholtem Konsum derselben)
    • Starkes Verlangen (>>Craving<<) oder eine Art Zwang, die Substanz zu konsumieren
    • Verminderte Kontrolle über den Substanzgebrauch, d.h. über Beginn, Beendigung oder die Menge des Konsums
    • Einschränkung wichtiger anderer Aktivitäten
    • Anhaltender Substanzkonsum trotz eindeutig schädlicher Folgen

    Kriterien 1 und 2 beschreiben körperliche Abhängigkeitszeichen, Kriterien 3-6 Anzeichen der psychischen Abhängigkeit

    (Quelle: Schneider, Frank (Hrsg.) - Facharztwissen Psychiatrie und Psychotherapie, Springer-Verlag GmbH, 2011, S.235-236)

    Eine Differenzierung findet sich auch in der Leitlinie "Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (F1) " der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP). Die Gültigkeit der Leitlinie ist zwar abgelaufen und sie wird überarbeitet, jedoch könnte sich ein Blick lohnen.

    Viele Grüße,

    TWaK