Standard- und Basistarif

  • Liebe Kollegen und Kolleginnen,

    in letzter Zeit bemerken wir einen stetigen Anstieg der standard- und basistarifversicherten Patienten. Immer öfter passiert es, dass jene Patienten bei Erstvorstellung, keinen Versicherungsausweis (Nachweis Standard- oder Basistarif) vorlegen und nach der Rechnungslegung um Rechnungskürzung bitten. Aus dem Grund, dass Ihre Versicherung nicht den vollen Betrag (verständlicherweise) erstattet. Wie gehen Sie in dem Fall vor? Kürzen Sie die Rechnung aus Kulanzgründen oder gibt es da irgendwelche Festlegungen? :?:

    Vielen Dank für Ihre geschätzte Mitarbeit,

    Chrissi 8)

  • Hallo Chrissi,

    wenn es, wie ich vermute, um privat versicherte Patienten geht ist die Sache doch eigentlich klar. Der Patient ist der Vertragspartner für den die Krankenversicherung die Kosten (im vertraglich vereinbarten Rahmen) übernimmt. Das ist ein normales Versicherungsverhältnis wie zum Beispiel bei einer Hausratversicherung.
    Wenn nun der Patient seiner Pflicht zur Bezahlung der vollständigen Rechnung nicht nachkommt, so muss man in letzter Konsequenz diesen auf Zahlung der Rechnung verklagen.
    Es wurde hochqualifizierte Leistung erbracht, die auch bezahlt werden muss. Ratenzahlung etc. können ja angeboten werden. Aus meiner Erfahrung würde ich aber sagen, je vehementer ein Patient auf Reduktion des Rechnungsbetrages drängt desto eher auf vollständiger Zahlung bestehen. Zuletzt ist es natürlich auch immer eine Frage des strittigen Betrages.

    Viele Grüße

  • Hallo Chrissi,
    das Leben ist leider nicht nur schwarz oder weiß. Zu einem Vertrag gehört auch (nicht nur bei Banken) ein vernüpftiges Beratungs- bzw. Aufklärungsgespräch. In diesem Gespräch muss der Kunde (Patient) über die Kosten aufgeklärt werden. Zimmerkosten und/oder Kosten der Wahlarztkette.Leider kann ich die Erfahrung bestätigen, dass viele Leute die eigenen Versicherungskonditionen nicht kennen. Wir raten dem Patienten sich im Zweifelsfalle bei seiner Versicherung über die Konditionen zu informieren. Wenn der Pat. es wünscht, telefonieren wir auch selbst mit seiner Versicherung und klären die Konditionen. In der PKV gibt es sehr viele Vertragsmöglichkeiten: Pat. zahlt x% von jeder Rechnung selbst oder Pat. zahlt bis zu 1000 Euro im Jahr selbst, Pat. ist zusatzversichert für xy usw..
    Kommt es zu einer Reklamation, dann wird bei uns geprüft, ob die Unterschrift ordnungsgemäß zustande kam. Es gab auch Fälle, wo wir festgestellt haben, dass der Pat. nicht richtig aufgeklärt wurde, sei es aus Zeitmangel (Pat. war schon im OP-Hemd), sei es, weil man gedacht hatte es wäre vorher schon alles besprochen gewesen.
    Liegt der Fehler bei uns, so gibt es keine Kulanz, wir müssen die Rechnung stornieren. Liegt der Fehler beim Pat., so kommt es auf unsere Einschätzung an. Liegt hier Leistungserschleichung oder Dummheit vor.
    Kommt es zum Schwur, so gilt : Vor Gericht und auf hoher See sind wir in Gottes Hand. Es wurden auch schon Prozesse verloren, wo man es nicht (als juristischer Laie) verstehen konnte.
    MfG
    tcpip

  • Hallo Chrissi,

    ich hatte auch schon solche Fälle zu bearbeiten. Dabei ist mir mehrfach aufgefallen, dass die betreffenden Krankenhäuser auf den von den Patienten fälschlich unterzeichneten Wahlleistungsvereinbarung keine Auswahlmöglichkeit für den Standard-/Basistarif haben.

    Betroffene Patienten haben mir glaubwürdig versichert, sie hätten bei Aufnahme auf den Standard-/Basistarif hingewiesen, Mitarbeiter der Verwaltung hätten darauf erwidert, die Wahlleistungsvereinbarung sei dafür das richtige Formular und hinterher kam dann, für die betreffenden Patienten, die glaubten, alles richtig gemacht zu haben, überraschend, von der vom KH zunächst unmittelbar angegangenen PKV oder dem Krankenhaus die Abrechnung über die Behandlung.

    Sofern für Standard-/Basistarifpatienten keine gesonderten Aufnahmeverträge bestehen, sollten Krankenhäuser, auch im eigenen Interesse, hier "nachrüsten". Wenn ein Patient bei Aufnahme ein gut sichtbares, vorzugsweise direkt auf der ersten Seite angebrachtes Feld mit der Bemerkung Standard-/Basistarif bsp. nicht ankreuzt, würde dass Liquidationsstreitigkeiten wohl deutlich erleichtern und Diskussionen darüber beenden, ob der Patient richtig beraten worden ist.

    Mit freundlichen Grüßen
    Heiner Fey

  • @alle

    Was Sie schreiben ist mir natürlich klar... Villt habe ich mich hier etwas undeutlich ausgedrückt... Es geht hier nicht um schludrige Aufklärungsgespräche sondern um den Nachweis des Basis- sowie Standardtarifes. Meines Wissens ist der Patient vor Antritt der Behandlung seinerseits bei Antritt einer amb. Behandlung (z.B. kardiolog. Vorstellung) verpflichtet sich als Basis- bzw. Standarftarifversicherter auszuweisen, da der reduzierte Gebührensatz in diesen Tarifen bindend ist. Wenn er das nicht tut, können ihm "normale" Steigerungsfaktoren angesetzt werden. So fällt es uns in letzter Zeit häufig auf, dass sich Standard- bzw. Basistarifversichtere bei Behandlungsbeginn nicht ausweisen und dann auf Rechnungskürzung plädieren.

    Ich wollte wissen, wie Sie in diesem Falle vorgehen.

    PS: Arbeite im amb. Bereich.

  • Hallo Chrissi,

    Patienten müssen schon selber wissen, wie sie versichert sind. Wenn sie Ihnen keine Angaben dazu machen, dass sie "nur" zum Basis-/Standardtarif versichert sind und ansonsten den Anschein erwecken, privat versichert zu sein, dann können Sie auch davon ausgehen, dass sie privat versichert sind. Dann liquidieren Sie gegenüber diesen Patienten, wie gegenüber allen anderen Privaten auch.

    Aber vorsicht! Wie tcpip schon geschrieben hat - der Teufel steckt im Detail. Es können auch durchaus die Umstände des Einzelfalls von einem Richter so verstanden werden, dass das KH hätte wissen können oder müssen, dass der Patient zum Basis-/Standardtarif versichert war.

    Mit freundlichen Grüßen
    Heiner Fey

  • Schönen guten Tag Herr Fey,

    mir sind Urteile auch des BGH erinnerlich (leider nur dunkel und ohne AZ), in denen die Aufklärungspflicht der Leistungserbringer für privat versicherte oder selbstzahlende Patienten hinsichtlich der voraussichtlichen Kosten ziemlich hoch aufgehängt wurde. An ein Urteil kann ich mich dunkel erinnern, wo der Leistungserbringer dann doch Recht bekam, er hatte allerdings auch eine vorbildliche Aufklärungsinformation dem Patienten ausgehändigt (III. Zivilsenat 4.11.2004 III ZR 201/04) . In diesem Urteil werden die Anforderungen an die Aufklärung sehr schön dargestellt.

    Damals gab es noch keinen Basistatarif, legt man allerdings diese Maßstäbe an so bin ich der Meinung, dass sehr wohl danach zu fragen ist bzw. darauf hingewiesen werden muss, dass die Wahlleistungen nicht durch den Basistarif gedeckt sind.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Schaffert,


    ich pflichte Ihnen, was die Unterrichtungspflichten der Krankenhäuser gegenüber Privatpatienten angeht, gerne bei. Im Interesse der Patienten und der besonderen Lebenslage, in der sich diese bei der Aufnahme in ein Krankenhaus regelmäßig befinden, sollten die Anforderungen an die Krankenhäuser auch nicht zu niedrig sein. Der 3. Senat des BGH hat diese Unterrichtungspflichten in der von Ihnen zitierten Entscheidung auch schön herausgearbeitet.


    Andererseits dürfen die Anforderungen an die Unterrichtung auch nicht überspannt werden. In dem nicht seltenen Fall, dass ein gesetzlich versicherter Patient ohne Versichertenkarte zur Aufnahme kommt, behauptet gesetzlich krankenversichert zu sein und verspricht die Karte nachzureichen, fällt die Belehrung über die möglicherweise drohende Privatliquidation häufig "sparsam" aus. Reicht der Patient die Karte nicht nach oder stellt sich heraus, dass er nicht versichert ist - ein Umstand der trotz Versicherungspflicht immer noch anzutreffen ist - wird sich der Patient bei Geltendmachung der Forderung des Krankenhauses nicht darauf zurückziehen können, dass er nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden sei und die Zahlung verweigern. Die durchaus praxisorientierten Gerichte (Richter kennen die Privatliquidation, da sie beihilfeberechtigt und privat krankenversichert sind) werden eine Zahlungsklage mit diesem Argument wohl nicht zurückweisen.


    Eine andere häufig anzutreffende Situation ist die, dass ein Patient zutreffend angibt privat versichert zu sein, die Abrechnung bei seiner KV einreicht, diese den Betrag an den Patienten anweist, der Patient es "vergisst" das Geld an das Krankenhaus anzuweisen und dann staunt, dass Krankenhäuser ihre Forderungen beitreiben. Auch hier wird die Einwendung der mangelhaften Unterrichtung wohl zu Recht nicht genügen, um die Forderung des Krankenhauses abzuwehren.


    Problematisch sind die Fälle, in denen der Arzt positiv Kenntnis davon hat, dass eine bestimmte Behandlung von den privaten Krankenversicherungen nicht übernommen wird. Unabhängig von dem Beweisproblem der positiven Kenntnis beim privat liquidierenden Arzt sind hier die Anforderungen an die Unterrichtung eher hoch. Krankenhausmitarbeiter/ Ärzte müssen deshalb jedoch nicht Versicherungsexperten werden. Häufig geht es dann um wissenschaftlich (noch) nicht anerkannten Behandlungsmethoden u.ä.


    Im von Chrissi beschriebenen Fall bin ich davon ausgegangen, dass der Patient, der seinen Versicherungsstatus nicht kannte, ohnehin als Privatpatient angesehen und entsprechend unterrichtet worden ist.


    Auch wenn der BGH mit seiner von Ihnen zitierten Entscheidung eine gute Arbeitshilfe für die Krankenhäuser gegeben hat, kommt es, wie immer, auf den konkreten Einzelfall an.


    Mit freundlichen Grüßen

    Heiner Fey

  • Jupp darum ging es. :rolleyes: Der Patient ist als Privat bekannt, gibt aber nicht an Standard- oder Basistarif. Nach der Einreichung der Rechnung, prompte Kürzung der Kasse auf den jeweiligen Tarif. :thumbup: Die Frage bestand darin, wie dies in anderen amb. Einrichtungen gehändelt wird?! Rechnung also kürzen oder auf Nicht-Nachweis des Passes plädieren??!!

    Haben also mal probeweise ein Formular entwickelt bei dem die Patienten die "Nichtversicherung" im Basistarif oder Standardtarif "absichern" sollen bzw. ankreuzen. Ende vom Lied... Keiner unterschreibts... Weil sie es nicht wissen.... :cursing: