Aufnahmegespräch als OPS kodieren?

  • Guten Tag,

    das Thema ist ja hier bereits vor gut einem Jahr erörtert worden, trotzdem hätte ich dazu noch mal ein paar Fragen.

    Seit 2010 war ich, aus welchen Gründen auch immer (ich kann das leider nicht mehr nachvollziehen), felsenfest der Meinung, dass ein Aufnahmegespräch nicht kodiert werden darf. In dem angesprochenen Thread wird das ja relativiert.

    Hat sich daran inzwischen etwas geändert? Ich halte das Aufnahmegespräch immer noch für eine Grundleistung eines psychiatrischen Krankenhauses, ebenso wie die Visite (die ja dezidiert in den OPS-Versionen aufgeführt wird).

    Jetzt findet bei uns neben dem therapeutischen Aufnahmegespräch (mit oder ohne Pflegebeteiligung) auch noch das Aufnahmegespräch durch den Sozialdienst statt, in dem relevante Sozialdaten erhoben, aber auch Probleme und Ressourcen eruiert werden im Hinblick auf den SD-Behandlungsauftrag.

    Meiner Meinung nach ist auch dieses Gespräch keine OPS-Leistung.

    Darf ich Sie freundlich um Ihre Meinung dazu bitten?

    Mit freundlichem Gruß

    Jorge

  • Hallo Jorge,

    beachten Sie bitte die Kodierrichtlinie PP014a der DKR-Psych 2012 "Prozeduren, die normalerweise nicht verschlüsselt werden":
    "Prozeduren, die routinemäßig bei den meisten Patienten und/oder mehrfach während eines Krankenhausaufenthaltes durchgeführt werden, werden nicht verschlüsselt, da sich der Aufwand für diese Prozeduren in der Diagnose oder in den anderen angewendeten Prozeduren widerspiegelt (...). Sie wurden aus diesem Grunde auch nicht in den OPS aufgenommen. Diese sollen auch nicht mit den Resteklassen „Andere ...“ verschlüsselt werden.

    Tabelle 1: Beispiele für nicht kodierbare Prozeduren (...)

    • Aufnahme- und Kontrolluntersuchung
    • Visite(...)

    Es handelt sich also um Standardmaßnahmen bei bestimmten Diagnosen und Prozeduren, deren gesonderte Kodierung deshalb nicht erforderlich ist. Verfahren, die sich bei der Entwicklung des pauschalierenden Entgeltsystems doch als gruppierungsrelevant herausstellen sollten, werden im Rahmen der Pflege des OPS und der Kodierrichtlinien berücksichtigt."

    "Für den Fall, dass zwischen den Hinweisen zur Benutzung der ICD-10-GM bzw. des OPS und den Kodierrichtlinien Widersprüche bestehen, haben die Kodierrichtlinien Vorrang." (EINLEITUNG zu den DKR-Psych, Version 2012, S. III)

    Ich denke, diese Kodierrichtlinie beantwortet Ihre Fragen.

    MfG,

    ck-pku

  • Hallo ck-pku,

    danke für die schnelle Antwort.

    In dem Fall darf ich mich bestätigt sehen.

    Ihnen noch einen sonnigen Tag.


    Freundliche Grüße

    Jorge

  • Hallo zusammen,

    ich möchte zu bedenken geben, dass in PP014 von "Untersuchung" die Rede ist, nicht vom Aufnahmegespräch. PP014 ist (fast) eine 1:1 Kopie der somatischen DKR P014e.
    Dort ist mit "Aufnahmeuntersuchung" die körperliche Untersuchung gemeint. Böse Zungen behaupten ja sogar, dass "Aufnahmegespräche" in der Somatik gar nicht statt fänden :D (Pardon!)
    Die körperliche Aufnahmeuntersuchung, die auch zur psychiatrischen Aufnahme dazugehört, wird selbstverständlich nicht verschlüsselt.

    Beim Aufnahmegspräch gibt es unterschiedliche Auffassungen. Dauert es unter 25 Minuten, wird es nicht verschlüsselt.
    Im Rahmen von 1-903 kann das Aufnahmegespräch aber Teil der Gesamtdiagnostik sein und wird somit doch relevant (wenn die anderen Bedingungen erfüllt sind).

    Dauert es mehr als 25 Min., könnte man es als Einzeltherapie kodieren (Argument: es wird bereits im Aufnahmegespräch das therapeutische Bündnis hergestellt und der Kontakt mit dem Therapeuten wirkt bereits als Therapie).
    Ich finde diese Darstellung gewagt, habe sie aber schon von vielen Klinikern gehört.

    Beste Grüße - NV

  • Hallo jorge, hallo ck-pku,

    ganz so eindeutig wie ck-pku kann ich das nicht sehen. Hier handelt es sich um die Bezeichnung von "Untersuchung".

    M.E. können die zeitlichen Teile von Aufnahmegesprächen, die über die körperliche Untersuchung und die standardmäßige somatische und psychiatrische Anamnese hinausgehen und damit unter die Verfahren wie in OPS unter 9-64 fallen, doch als TE gewertet werden.

    Was nun den Sozialdienst angeht, ist das durchaus fraglich. Wenn es sich um eine ausführliches Gespräch handelt, das eindeutig auch vertieft Kontakt aufnimmt um sozialdienstlichen Bedarf zu planen, finde ich damit "Hilfekoordination" wie im den Verfahren beschrieben, zutreffend und damit bei >25 zu kodieren.

    Für mich also eher insgesamt ein "Graubereich" in dem es wieder einmal gilt abzuwägen.

    Schöne Grüße

    NuxVomica, war eine Minute später dran und konnte ihren Beitrag nicht vorher sehen! Danke!

    E. Rah.

    Medizinische Dokumentarin

  • Schönen guten Tag,

    ich sehe das anders:

    Sowohl im OPS 1-903 als auch in den OPS 9-6.. sind (diagnostische oder supportive) Gespräche explizit als Verfahren aufgeführt. Daher würde ich bei Erfüllung der sonstigen Kriterien (also z. B. 25 min.) die entsprechende Therapieeinheit oder bei Erreichen der 2 Stunden die Aufwändige Diagnostik kodieren.

    Ansonsten kann ich mir nicht vorstellen, wie in der Psychiatrie eine Abgrenzung bezüglich der Kodierung oder nicht Kodierung der Maßnahmen in den ersten Behandlungstagen stattfinden sollte. Eine banale Aufnahmeuntersuchung nicht zu kodieren ist das eine, wenn wir jedoch inhaltlich darüber diskutieren wollen, ob ein länger dauerndes Einzelgespräch nun zur Aufnahmeuntersuchung gehört oder vielleicht doch bereits einen therapeutischen Ansatz hatte, dann bekämen wir viel zu tun.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo zusammen,

    wieder mal ein Punkt, über den man sich bzgl. der DKR- bzw. OPS-Auslegung vortrefflich streiten kann:

    In der PP014a ist als Beispiel die Aufnahmeuntersuchung aufgeführt, es geht jedoch im Kern um "Prozeduren, die routinemäßig bei den meisten Patienten (...) durchgeführt werden" und dazu zählt ja wohl auch unstreitig ein Aufnahmegespräch! Wenn das Aufnahmegespräch der aufwendigen (also nicht routinemäßigen) Diagnostik dient, können die dafür benötigten Minuten sicherlich dem benötigten Zeitkontingent des OPS-Kodes 1-903 hinzugerechnet werden.

    Bedenken Sie bitte auch unbedingt, dass die DKR-Psych dem OPS vorgehen!

    Fraglich ist meiner Erfahrung nach eher, ob alles, was in den verschiedenen Abteilungen "Aufnahmegespräch" genannt wird, auch ein solches ist oder nicht doch auch als "normale" TE (Bezugstherapeutengespräche, supportive Einzelgespräche: 9-60 usw.) kodiert werden kann.

    Dieses Beispiel zeigt meiner Meinung nach mal wieder trefflich, das allein schon aufgrund der schwierigen Auslegung und Anwendung OPS-Kodes kein relevanter Kostentrenner sein können.

    MfG,

    ck-pku

  • Ich möchte ck-pku zustimmen (und wenn der blöde IE nicht abgeschmiert wäre, hätte ich im gleichen Tenor sogar schon vor ihr geantwortet ;) )

    Das Aufnahmegespräch ist eine absolute Routineleistung bei allen! Patienten (nicht nur bei den "meisten") und es passt nach meinem Dafürhalten problemlos in die Beispielliste.

    Noch ein anderer Aspekt.
    Bei ca. einem Drittel der Stationen, auf denen ich Nachschulungen gegeben habe, kommt es zu dem Effekt, dass sie plötzlich nur noch in OPS denken. Wie lässt sich das, was sie tagtäglich arbeiten, irgendwie, und sei es noch so abenteuerlich, in TEs abbilden. Gerade auf Aufnahmestationen ist es ja, Eulen nach Athen, zuweilen recht schwierig, diese unsäglichen 25 Minuten zu erreichen. Daraus resultierend die Angst, dass die Station im Prinzip sofort geschlossen wird, weil sie nichts einbringt. Diese OPS-Denke ist also verständlich, finde ich.

    Meine Grundhaltung ist aber eine andere. Die KollegInnen sollen sich nicht verrückt machen. Da sowieso noch nicht klar ist, welche Leistungen welche Erlöse bringen, ist es wichtiger, dass das, was gemacht wird, gut dokumentiert und richtig als OPS abgeleitet wird.

    Lange Rede, kurzer Sinn: unter der für mich richtigen Annahme, dass ein Aufnahmegespräch nicht kodiert werden kann (s. o.), denke ich Folgendes: Jeder weiß, was ein Aufnahmegespräch ist. Und egal, was in diesem Gespräch geschieht, ob es der Beginn einer langdauernden Beziehung ist, ob es irgendwelchen diagnostischen Aspekten dient oder ob einfach nur entschieden werden muss, ob ein Antrag auf Fürsorgliche Freiheitsentziehung gestellt werden muss: es bleibt das Aufnahmegespräch.

    So weit mal meine Ansicht.

    Mit freundlichem Gruß

    Jorge

  • Hallo!

    Dann stellt sich mir die Frage: wenn sogenannte Routineleistungen nicht als TEs erfasst werden, was dann? Routinemäßig erhält jeder Patient sein Bezugsgespräch = wird nicht erfasst trotz ggf. länger als 25 Min.? Das finde ich ehrlich gesagt auch nicht plausibel. Natürlich erhält routinemäßig jeder Patient sein Aufnahmegespräch. Manchmal dauert das 20 Minuten, manchmal 45...aber es sind doch immer bereits therapeutische Inhalte, Diagnostik, Therapieplanung usw. enthalten. Warum sollte das nicht erfasst werden?

    Die Aufnahmeuntersuchung ist Routine bzw. Standard. Ich hoffe mal nicht, daß ein Aufnahmegespräch so standardisiert ist, sondern individuell geführt wird. Und das kann m.E. nach erfasst werden.

  • Meine Meinung zu dem Thema:

    Auch in der Psychiatrie gibt es die "Basics" einer Aufnahme wie z.B. Erfassung von Daten, Kurzanamnese, allgemeinkörperliche und neurologische Untersuchung etc. - diese gehören zum Grundrauschen!

    Was aber, wenn Zeit bleibt für eine umfangreiche Anamnese (Bsp. Angehörige werden mit ins Gespräch genommen) oder das Aufnahmegespräch geht in eine therapeutische Einheit über (Bsp. bei Pat. mit akuter Belastungsreaktion nicht selten), wobei in solchen Fällen 25 Min. locker überschritten werden. Hier stimme ich butterblume absolut zu, dass eine Erfassung dieser über das normale Maß einer "Standard-Aufnahmeuntersuchung" hinausgehende Gespräch möglich sein muss - dann allerdings nicht unter dem Namen "Aufnahmegespräch"... und selbstverständlich mit entsprechender Dokumentation!

    Vielleicht liegt die Lösung des Problems in einer genaue Definition einer Aufnahmeuntersuchung bzw. eines Aufnahmegespräches in der Psychiatrie/Psychosomatik!?

  • Hallo,

    wir teilen das in unserem Haus inhaltlich:die rein somatische Aufnahme"untersuchung" vor bzw. nach dem Aufnahme-"Gespräch" rechnen wir nicht an. Sofern das Aufnahme-"Gespräch" dann jedoch > 25 min dauert, dann erfassen wir das in der Tat als TE. Dazu geben unsere Ärzte bei jeder Aufnahme zwei Zeiträume an, dadurch werden sowohl inhaltliche Trennung als auch zeitlicher Umfang klar ersichtlich. Klappt gut...

    mfG
    N. Z.