Widerstände in Kliniken gegen das "verschlüsseln müssen"

  • Liebe myDRG-Gemeinde,

    ich eröffne hier ein Thema, zu dem ich in den Foren, soweit ich nachgeschaut habe, nichts Passendes entdeckt habe und wäre an Ihren Meinungsäußerungen interessiert.

    Ich bin in einem Krankenhausunternehmen beschäftigt, in dem derzeit die Papierdokumentation durch EDV-gestützte-Online-Dokumentation ersetzt wird.

    Zum Einsatz kommt das Produkt SAP/POD (prozessorientierte Online-Dokumentation).

    In meiner Klinik haben wir ein aus vier Personen bestehendes Projektteam aufgebaut, das der Ärzteschaft zur ständigen Verfügung steht.

    Dabei ist es, dafür freigestellt, meine spezielle Aufgabe, die AnwenderInnen in erster Linie auf dem technisch-navigatorischen Sektor zu begleiten.

    Wer das Produkt SAP-ISH-MED kennt, der weiß, wovon die Rede ist!

    Zwei weitere, ärztliche Mitarbeiter stehen hauptamtlich für die inhaltliche Verschlüsselungsunterstützung bereit.

    Diese Arbeitsteiligkeit bewährt sich recht gut und wird von den Klinikern grundsätzlich akzeptiert und anerkannt.

    Gleichwohl sind die Widerstände gegen das "verschlüsseln müssen" mitunter gewaltig, hier und da kommt es gar zu einer Verweigerungshaltung.

    Wie gehen andere Häuser mit diesem Thema um? Sind alle Häuser in etwa auf dem gleichen Stand, oder haben manche gar schon Wege aus der "Krise" gefunden? Und ist dieses möglicherweise ein Problem speziell der Öffentlichen Häuser ("ich bin Öffentlicher Dienst, mir kann nichts passieren").

    Ich bedanke mich für ein Meinungsbild

    Gruß, Manfred Bartsch

    ...unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann...(Francis Picabia)

  • Hallo Herr Bartsch,

    es sind sicher nicht alle auf dem gleichen Stand. Wir haben frühzeitig angefangen, die Codierung voll in ärztliche Verantwortung zu geben. Es geht nur über Information und Motivation. Widerstände tun sich gelegentlich in der Form auf, daß einzelne Ärzte sagen: "Warum soll ich bei Z-DRG (ohne Schweregraddifferenzierung) überhaupt Nebendiagnosen eingeben? Das bringt doch nichts!"
    Gegenargument: Kennen Sie die DRG-Kataloge 2004 und folgende? Wenn jetzt gut codiert wird, steht eine Datenbasis für Folgejahre zur Verfügung, wo ein DRG-Splitt eingeführt werden kann.
    Wenn gute Verschlüsselungs-Software zur Verfügung steht (z.B. DIACOS), machen die Ärzte es auch gut. Korrekturen sind allemal notwendig, halten sich aber in Grenzen. Wir prüfen und ggf. ändern jeden Tag die OP-Dokumentation (ca. 50 % unserer Patienten), sodaß bei Entlassung die Daten schon überprüft und sehr gut sind (Fehlerquoten in OP: 25 - 33 %, bei Entlassung < 1 %). Das rentiert sich echt! Auch in €.


    --
    Einen freundlichen Gruß vom MDA aus Schorndorf

    [size=12]Freundlichen Gruß vom Schorndorfer MDA.

  • Guten Abend Herr Konzelmann,

    besten Dank für Ihren Beitrag. Wenn man nur das eigene Haus kennt, ist die Standortbestimmung bisweilen schwierig.

    Mal bin ich pessimistisch, mal optimistisch.

    Bezogen auf die von Ihnen erwähnten € wird der Zusammenhang zwischen sorgfältiger Dokumentation und den Gehaltszahlungen der Zukunft häufig genug noch nicht gesehen.

    Da helfen auch Erfahrungsberichte von denjenigen Ärzten nicht, die nach erfolgter Praxiseröffnung über Nacht zu wahren Doku-Experten geworden sind.

    Ausgemachte Sache ist jedenfals in unserem Haus, dass wir noch in diesem Jahr vollständig am DRG-Verfahren teilnehmen wollen.

    Zugegebenermaßen ist das Produkt SAP/R3-ISH-Med. nicht gerade die anwenderfreundlichste Wahl und keinesfalls läßt es sich, gerade in der Anfangsphase, mal eben schnell und so nebenbei bedienen.

    Dieses trägt zu Recht zur Verärgerung im ärztlichen Bereich bei!

    Als Verschlüsselungssoftware kommt bei uns KODIP zum Einsatz, ebenfalls ziemlich gewöhnungsbedürftig, aber wenn ein Großunternehmen sich für bestimmte Produkte nun einmal entschieden hat, dann kommt man sicherlich schwer davon weg und ist am Ende gut beraten, seine ganz persönlichen Strategien für den Umgang damit zu entwickeln.

    Dieses versuche ich Tag für Tag zu vermitteln.

    Gruß aus Hamburg, Manfred Bartsch

    ...unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann...(Francis Picabia)

  • Lieber Herr Bartsch,
    als vielleicht einziger freiberuflich tätiger Medizincontroller in der Bundesrepublik ist das Change Management mitunter die anspruchvollste Aufgabe meines Dienstleistungsspektrums. Das von Ihnen erwähnten Problem fällt genau in diesen Bereich. Meine Werkzeuge sehen so aus: 1) Informieren 2) Diskutieren (Arbeitsgruppe) 3) Beschließen (und zwar mit allen Beteiligten) 4) Kontrollieren 5) Transparenz schaffen. Erfolgversprechend ist nur der faire und autentische Umgang mit den Mitarbeitern. Für weitere Auskünfte stehe ich gerne zur Verfügung.
    Grüße aus Heidelberg
    Sascha Baller :look:
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    Dr. med. Sascha Baller
    Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling e.V.