Widerspruchsgutachten

  • Hallo,

    ich habe mal wieder eine Frage zum MDK Gutachten/ Widerspruchsgutachten.

    Ein Widerspruch ist ja nicht gesetzlich geregelt!

    Wie sieht es hier mit der zeitnähe der Prüfung aus? Sind die Kassen/ MDK hier an Zeiten gebunden oder ist die Argumentation der Kasse, "das dauert eben so lange, wie es dauert" richtig?

    In meinem Fall bereits mehr als 7 Monate!

    Wenn das Widerspruchsgutachten kein der Abrechnung minderndes Ergebnis hervorbringt, ist dann die Aufwandspauschale durch die Krankenkasse zu bezahlen?

    Vielen Dank für die ANtworten.

    Ihnen einen schönen Tag.

    LG

  • Hallo MarkoSch,
    die Aufwandspauschale würde ich in Rechnung stellen, da sich der Rechnungsbetrag nicht vermindert hat (allerdings Voraussetzungen des BSG-Urteils beachten).
    Was eine Zeitnahe Prüfung sein soll, bezieht sich wohl nur auf das Erstgutachten.
    Rat: lassen sie ruhig prüfen und lehnen sie in einem zweiten Schritt die Rückzahlung wegen Verfristung ab.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Hallo MarkoSch,

    was die Zeitnähe angeht, so gibt es hier eine ganze Reihe von Urteilen auf Ebene SG und LSG, die Grenze schnurrt sozusagen mit jedem neuen Urteil weiter runter. Wenn Sie nach sieben Monaten noch kein Ergebnis haben, dann könnten Sie auf die entsprechenden Urteile verweisen und den Fall abschließen. Allerdings wartet man in dieser Fragestellung noch auf ein Urteil des BSG (B 1 KR 24/11).

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Guten Morgen liebes Forum,

    seit neusten lehnen die Krankenkasse Widerspruchschreiben auf ein erstelltes MDK Gutachten mit den Worten ab, dass ein Widerspruch nicht im Gesetz verankert ist. Sie verweisen auch darauf, dass wir Krankenhäuser ja auch die Auffassung vertreten, die Prüfung müsse im Sinne von §275 Abs.1c Satz 1 SGB V "zeitnah" durchgeführt werden. :thumbdown:

    Auch erkennen sie nicht an, wenn man im Widerspruchsverfahren eine Diagnose ändert oder aber eine neue hinzu fügt.

    Wer hat hier schon Erfahrungen gesammelt und kann helfen. :whistling: :?:

    Vielen Dank und Gruß Siggi

  • Moin,

    also, ich habe dazu folgendes gefunden:

    Bundesgesetzlich nicht geregelt, aber in der Praxis von weit reichender Bedeutung,

    ist die Frage, welche Möglichkeiten dem Krankenhaus zur Verfügung stehen, um gegen

    die Feststellungen des MDK vorzugehen. Teilweise ist es üblich, dass die betroffenen

    Krankenhäuser gegen das Prüfergebnis „Widerspruch“ einlegen. Darunter ist

    jedoch kein gesetzlich vorgesehener Widerspruch mit Suspensiveffekt im Sinne eines

    Rechtsbehelfs zu verstehen. Der Widerspruch soll lediglich deutlich machen,

    dass sich das Krankenhaus nicht mit dem Ergebnis einverstanden erklärt.

    Führt das MDK-Gutachten zu einer Kürzung des Rechnungsbetrages, wird die Krankenkasse

    entweder lediglich den gekürzten Rechnungsbetrag überweisen oder den


    Kürzungsbetrag mit späteren Krankenhausrechnungen aufrechnen bzw. zurückfordern.
    Die zweite Alternative wird in der Praxis häufiger sein. Einzige Reaktion des 

    Krankenhauses kann in beiden Fällen ausschließlich die Erhebung einer Leistungsklage

    vor dem zuständigen Sozialgericht gegen die kürzende Krankenkasse sein,

    gerichtet auf Zahlung des vollständigen Rechnungsbetrages, zuzüglich Zinsen sowie

    der Aufwandspauschale in Höhe von 300,- € nach § 275 Abs. 1c SGB V.


    Gruß,


    B. Schrader

  • Hallo zusammen,

    das kann ich aus Kassensicht so bestätigen, wie von GOMER1 durchexerziert. Das heißt also auch, dass die KK einen "Widerspruch" nicht als solchen bearbeiten bzw. akzeptieren muss. Klärung dann vor Gericht.

    Da es keine gesetzliche Regelung eines "Widerspruchsverfahrens" gibt, ist nach meiner Auffassung die sogenannte "Verfristung", also die nicht zeitnahe Begutachtung jeweils nur auf das Erstgutachten anwendbar. Dann liegt ja ein Ergebnis vor, was in der Regel von der KK auch dem KH präsentiert wird.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Guten Morgen.

    in einem vernünftigen Miteinander sollten Widersprüche gehört und berücksichtigt werden. Sollte sich das von Siggi skizzierte Vorgehen durchsetzen, werden noch mehr SG-Verfahren losgetreten. Wüsste man das, so könnte man ab ovo auf die Klage der Kasse warten. Die Kassen sind aber nicht gut beraten, trotz medizinischer gegenargumente sofort zu klagen. Sodann könnten die Kassen noch verrechnen, was aber vor den SG sofort kassiert wird und die Kosten weiter in die Höhe treibt.

    Allerdings bleiben viele Widersprüche eh ungehört....

    Gruß

    merguet

  • Guten Morgen,

    ich habe Ihre Diskussion zu der Frage, ob es ein Widerspruchsverfahren gibt, mit großem Interesse verfolgt. Ich gehe davon aus, dass sich eine Rechtsgrundlage für das Widerspruchsverfahren durchaus finden lässt.

    Dies ist die Anhörung gem. § 24 Abs. 1 SGB X. Diese Regelung wird nicht unmittelbar anwendbar sein, denn sie gilt für das Sozialverwaltungsverfahren im sog. Subordinationsverhältnis zwischen Bürger und Staat. Dies wird dadurch deutlich, dass die Anhörung nach § 24 Abs. 1 SGB X vor Erlass eines Verwaltungsaktes durchzuführen ist. Im Abrechnungsverhältnis zwischen KH und KK werden indes keine Verwaltungsakte erlassen.

    Gleichwohl lässt sich nach meiner Auffassung der Grundgedanke des § 24 Abs. 1 SGB X entsprechend auf das Widerspruchsverfahren anwenden. Er besagt, dass demjenigen, in dessen Rechte eingegriffen wird, Gelegenheit gegeben werden solll, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen äußern.

    Das MDK-Gutachten stellt eine solche entscheidungserhebliche Tatsache dar. Auf Grundlage dieses Gutachtens entscheidet die KK, ob sie eine Abrechnung kürzt. Diese Rechnungskürzung wiederum stellt den Eingriff in die Rechte des KH dar. Wendet man den Grundgedanken des § 24 Abs. 1 SGB X entsprechend an, ist das KH zu dem MDK-Gutachten anzuhören.

    Diese Rechtsauffassung ist freilich nicht unproblematisch. Schließlich erfolgt die Anhörung nicht durch die entscheidende KK selbst, wie es § 24 Abs. 1 SGB X grundsätzlich vorsieht. Die Anhörung erfolgt durch den MDK. Dieser würde der KK auf die Anhörung hin widerum entscheidungserhebliche Tatsachen mitteilen, die ihrerseits zu einer Anhörung gem. § 24 Abs. 1 SGB X führen würden - ein Teufelskreis, der nicht gewollt sein kann.

    Bitte verstehen Sie meine Ausführungen nur als Lösungsansatz und Diskussionsvorschlag, um einem Problem des Widerspruchsverfahrens dogmatisch zu begegnen. Mir ist nicht bekannt, dass die Rechtsprechung diese Auffassung vertreten hätte oder sich mit dieser Problematik bisher überhaupt beschäftigt hätte.

    Mit freundlichen Grüßen aus dem herbstlichen Bonn
    Heiner Fey

  • Sehr geehrter Herr Frey,

    herzlichen Dank für diesen interssanten Ansatz. Allerdings halte ich es für problematisch, dass man über ein solches Rechtskonstrukt die Kasse zum Anhören des eigenen Widerspruchs anhält.
    M.E. muss es im Interesse der Kassen liegen, vorgerichtlich zu einer Einigung zu kommen. Die Mehrzahl der Kassen dürfte damit kein Problem haben. Wenn nun Einzelne auch sinnvolle Einwendungen verwerfen, werden sie sich vor dem SG eine blutige Nase holen und vermutlich nach einiger Zeit auch wieder damit aufhören.

    Gruß

    merguet

  • Sehr geehrter Herr Fey,

    auch ich finde Ihren Gedanken zumindest interessant, muss jedoch dagegen halten, dass sich sowohl die Vorschrift über die Anhörung nach § 24 SGB X als auch die über den eigentlichen Widerspruch (Vorverfahren nach § 62 SGB X) nur im Zusammenhang mit Verwaltungsakten Bedeutung haben. Und so ein Verwaltungsakt ist eben eine hoheitliche Maßnahme der Krankenkasse (Behörde) gegenüber einem nicht gleichrangigen Empfänger (in der Regel Versicherter/Bürger). In vielen Gerichtsurteilen heißt es einleitend, dass es sich beim Streit zwischen Krankenkasse und Krankenkaus um einen Streit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem ein Verwaltungsakt nicht ergehen darf. Daher ist ein Verweis auf §§ 24 und 62 SGB X meiner Meinung nach hier nicht zulässig.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Guten Abend.

    Ich bleibe beim Motto des Kaisers: "Menschenskind, redets doch mitanand"

    Gruß

    merguet