Keine Berechnung der Aufwandspauschale (AWPS) bei Geburtsfällen / Entbindung?

  • Guten Tag,

    wir erhielten folgendes Schreiben:
    bei einem Krankenhausaufenthalt wegen einer Entbindung nach § 197 RVO fällt die AWPS nach § 275 Abs. 1c S. 3 GGB V nicht an, weil die Regelung über die AWPS... nur Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V erfaßt.
    Ich habe mir die Paragraphen durchgelesen, finde aber nichts eindeutiges dazu.

    Hat jemand eine Idee?

    MfG
    Katja Bartels

  • Hallo Herr Schaffert, hallo Forum,

    durch welchen Paragraphen ist denn eine MDK-Fallprüfung bei geburtshilflichen Fällen überhaupt gerechtfertigt?

    Eine KK meint, der §275 würde wohl auch für die Geburtshilfe gelten, aber der Absatz 1c nicht weil hier auf §39 SGB V Bezug genommen wird. Gilt dann auch für geburtshilfliche Fälle die 6-Wochen - Frist nicht? und die Zeitnähe der Überprüfung?

    Die DKG e.V. mit ihrer FAQ-Liste ist da auch keine große Hilfe. Ich habe noch nicht gehört, dass die Selbstverwaltungspartner sich hierzu äußern.

    Wer weiß Genaueres?

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Hallo zusammen,
    das Urteil überzeugt nicht wirklich - meint zumindest unser Jurist.
    Aber für eine Klage müsste er wegen des geringen Streitwertes eine erhöhte Gebühr verlangen.
    Insofern haben wir aus wirtschaftlichen Erwägungen bei den zwei Fällen auf eine Klage verzichtet.
    Aber vielleicht findet sich ein Jurist oder ein KH die es trotzdem machen?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    dieses Thema wurde hier schon diskutiert, dennoch bleibt für mich eine entscheidende Frage offen. Es scheint nun klar zu sein, dass das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.08.2010, Az.: L 5 KR 184/09 rechtskräftig ist und dieses Thema bislang offensichtlich niemand mehr zur Klage eingereicht hat. Demnach steht Krankenhäusern bei MDK-Prüfung nach § 275 SGB V die Aufwandspauschale nicht zu, da die Entbindung/Behandlung nach § 197 RVO eben keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ist. Nun zu meiner Frage: Wäre dann nicht die logische Schlussfolgerung die Prüfung nach § 275 SGB V bei Entbindungsfällen abzulehnen? Ich bin auch deshalb dazu geneigt, da wir uns zunehmend mit schwachsinningen Prüfungen herum schlagen, z. B. wird häufig die Kodierung des Gestationsdiabetes angezweifelt, dessen Mehrerlös lediglich rund 100 Euro beträgt. Hat jemand schon versucht die Prüfungen von Geburtsfällen abzulehnen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

    Vielen Dank schon mal für Eure zahlreichen Antworten! Viele Grüße aus Hamburg

  • Moin moin,
    hab ich schon versucht, klappt aber nicht. Im § 275 wird von Leistungen gesprochen. Dabei wird nicht zwischen Krankenhausbehandlung und Entbindungsanstaltspflege unterschieden.
    Zitat:
    "1. bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung"

    Die Auseinandersetzung mit den diversen Kostenträgern bei Ablehnung einer Fallprüfung verschlingt mehr Zeit als die Fallprüfung selbst und endet wie das Hornberger Schießen.

    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Hallo miteinander,

    es ist schon lustig - mal davon abgesehen, dass der §197 RVO inzwischen in §24f SGB V wortgleich steht und beide Paragraphen gleichzeitig gültig zu sein scheinen.
    Es stellt sich dar, dass Entbindung weder eine Erkrankung ist, noch es sich um einen Krankheitsverlauf handelt.
    Dennoch meinen alle eine Prüfung nach §275 sei zulässig.
    Ich kann diese Argumentationen leider nicht verstehen (Vgl. §275 (1).

    Gruß Elsa

  • Guten Morgen zusammen,
    eine Schwangere wurde in der 22. SSW mit vorzeitigen Wehen stationär aufgenommen. Wir behandelten eine Infektion des Genitaltraktes in der Schwangerschaft, O23.5 + B96.6! und rechneten bei einer Verweildauer von 7 Tagen die DRG O65A ab. Das Kind wurde dann termingereicht knapp 4 Monate später geboren.
    Der vorgeburtliche Aufenthalt wurde vom MDK geprüft, die Kodierung war korrekt, die Zahlung der AWP wird von der Kasse mit Hinweis auf das genannte Urteil des Sozialgerichts abgelehnt.

    Handelt es sich bei stationären Behandlungen wegen Komplikationen in der Schwangerschaft, in denen es nicht zu einer Entbindung kommt, auch um eine Leistung nach §197 Reichsversicherungsordnung oder um eine Krankenhausbehandlung nach §39 SGB V?

    Gruß
    S. Stephan

  • Zur Info: Das SG Darmstadt (Urt. v. 27.02.2013, S 10 KR 763/11) hat hier entgegen den beiden bekannten LSG-Urteilen (LSG RLP, L 5 KR 184/09 und LSG S-H, L 5 KR 34/11) eine AWP auch bei Entbindungsfällen für möglich gehalten. Die Sache ist per Sprungrevision beim BSG anhängig (B 3 KR 10/13 R)...

  • Moin,

    Thema mit "altem Hut"

    Hat jemand die abgelehnte AWP bei Positiv-Gutachten ccl-relevante ND (O36.5#z37.0) bei Entbindung bereits eingeklagt? Hab diesen Hinweis der DKG im Zusammenhang mit der PrüfvV gefunden.
    Geltungsbereich der PrüfvV

    Die PrüfvV gilt ausschließlich für MDK-Prüfungen § 275 Abs. 1c SGB V von Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V. MDK-Prüfungen von Krankenhausbehandlungen nach § 116b SGB V als auch Entbindungen nach § 24f SGB V sind vom Regelungsbereich der PrüfvV ausgeschlossen. In Bezug auf die Entbindungsfälle gilt dies jedoch lediglich für komplikationslose Entbindungen. Treten im Rahmen einer Entbindung hingegen Komplikationen bei Mutter und/oder Kind auf, wandelt sich die ursprüngliche Entbindung in eine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V, die vom MDK unter Beachtung der Regelungen der PrüfvV zu prüfen ist.

    Vielen Dank für die Antworten

    :thumbup::thumbup::thumbup:

  • Hallo MDK-Checker,

    soweit mir bekannt, hat es nach der BSG-Entscheidung vom 18.06.2014 (B 3 KR 10/13 R) keine Urteile mehr in dem Bereich gegeben. Ob die Aussage der Vertragsparteien der PrüfvV hinsichtlich der "Umwandlung" von Entbindungsfällen vom BSG geteilt wird, dürfte angesichts der damaligen Ausführungen fraglich sein:

    Zitat von BSG

    Dies muss unabhängig davon gelten, ob es sich um eine unkomplizierte Entbindung ohne Krankheitswert handelt oder ob es sich aufgrund einer "Regelwidrigkeit" bei der Entbindung zugleich auch um eine Krankheitsbehandlung handelt. [...]
    Damit steht aber zugleich fest, dass sich der Anspruch auf stationäre Entbindung auch in komplizierten Fällen, denen möglicherweise ein krankheitswertiger Zustand zugrunde liegt und die daher einen längeren Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, ausschließlich nach den Vorschriften der §§ 195 ff RVO (heute §§ 24c ff SGB V) richtet und ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ausgeschlossen ist.
    Rn. 23


    Die Ermächtigungsgrundlage zur PrüfvV, § 17c Abs. 2 KHG, bietet hier m.E. keine Möglichkeit, den Anwendungsbereich auszuweiten. Ich würde hier somit ein nicht unerhebliches Risiko sehen...

    MfG, RA Berbuir