Korrekte Hauptdiagnose bei Marcumar - Überdosierung ohne Blutungskomplikation

  • Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

    für eine Rückmeldung zu folgender Konstellation ( aus 2010) wäre ich dankbar:

    Stationäre Aufnahme einer betagten Patienten mit einem Spontan - Quick von 8 %. Aus Sicherheitsgründen sollte die Patientin überwacht werden. Im weiteren Verlauf Entwicklung einer Bradyarrhytmia absoluta bei vorbestehendem chronischen Vorhofflimmern und Implantation eines VVI - SM.

    Kodiert wurde als Hauptdiagnose die T45.5 = Vergiftung durch Antikoagulanzien. Diese Hauptdiagose führt den Fall in die Fehler - DRG 901D.

    MDK - seitig wird die D68.30 als korrekte Hauptdiagnose angesehen, der Fall würde sich dann in der DRG Q02C abbilden.

    Bei Aufnahme der Patientin lagen keine Blutungskomplikationen o.ä. im Sinne einer hämorrhagischen D68.30 vor, so das ich diese Hauptdiagnose für falsch halte und eher die D68.4 in diesem Fall einschlägig sein könnte.

    Dennoch sprechen meiner Auffassung nach auch Argumente für die Kodierung der T45.5.

    DIe Einleitung zum Kapitel XIX des ICD inkludiert Überdosierungen der benannten Substanzen. Bei der Patient waren vor der stationären Aufnahme letztmalig mehrere Wochen vorher im ambulanten Bereich die Gerinnungsparameter bestimmt worden. Seitdem erfolgte die Marcumar - Gabe nach starrer Vorgabe ohne Verlaufskontrolle. Somit liegt meiner Auffassung nach eine Überdosierung vor, da die zugeführte Menge nicht dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Der MDK argumentiert nun, das gem. DKR 1917d der krankhafte Zustand angegeben werden müsse.

    Ist die T45.5 als Hauptdiagnose zu halten?

    Grüße aus dem Münsterland

    Stephan Wegmann

  • Hallo,

    Sie dürfen den Vergiftungskode nur nehmen, wenn die Medikamente nicht gemäß Verordnung eingenommen wurden. Dies lag ja hier nicht vor. Deshalb ist die unerwünschte Nebenwirkung zu kodieren.
    Da es hier nicht zu einer Blutung gekommen ist, sondern nur zu einem erniedrigten Quick wäre aus meiner Sicht die D68.4 zu kodieren.

    Gruß
    B.W.

  • Sie dürfen den Vergiftungskode nur nehmen, wenn die Medikamente nicht gemäß Verordnung eingenommen wurden.

    Und auch nur dann als Hauptdiagnose, wenn keine Manifestation vorlag. Ansonsten ist die T45.5 seit diesem Jahr gemäß DKR 1916k als Nebendiagnose zu kodieren.

    Mit freundlichen Grüßen

    Claudia Mertens

  • Hallo liebes Forum,

    ich habe gerade ein GA aus 2015 bekommen: Als HD kodiert die D 68.4 bei Marcumarüberdosierung mit Gabe von Konakion . Der Gutachter will die Z29.8. Eigentlich die Z92.1,aber als HD keine Groupierung.
    Ich würde noch höchsten für die TZ45.5 (so im systematischen Verzeichnis) plädieren

    Viele Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    haben Sie und der Gutachter Ihre Diskussion anhand der DKR 1916k Vergiftung durch Arzneimittel, Drogen und biologisch aktive Substanzen geführt? Wenn also keine Manifestation im Sinne von Blutung, dann der T-Kode als HD. Wie wird Z29.8 begründet?

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Selter,

    die DKR 1916k ist nach dem Text m.E. nicht einschlägig:

    "Die Diagnose „Vergiftung durch Arzneimittel/Drogen“ wird gestellt bei irrtümlicher Einnahme oder unsachgemäßer Anwendung (z.B. Einnahme zwecks Selbsttötung und Tötung)".
    (siehe Kodierer 2905!)

    Allerdings wird dann im Beispiel 2 die verordnete Einnahme von Cumarinen bei Blutung mit T45.5 kodiert. Was das nun wieder soll, weiß der Heimig.

    Ich denke aber dennoch, dass die DKR 1917 anzuwenden ist.

    Viele Grüße

    Medman2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (5. Mai 2016 um 18:53)

  • Hallo Medman,
    in Ihrem Beispiel 2 haben Sie aber das NICHT VERORDNETE ASS unterschlagen. Und das ist dann eine unsachgemäße Anwendung.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Horndasch,

    ja, das nicht verordnete ASS ist eine unsachgemäße Anwedung und gemäß DKR 1916 als "Vergiftung" zu kodieren, und zwar mit T39.0, wie auch im Beispiel angegeben.

    Das verordnete Cumarin ist aber keine "Vergiftung" gemäß DKR 1916, wird in dem Beispiel 2 aber dennoch mit T45.5 kodiert. Oder habe ich da einen Denkfehler?

    Viele Grüße

    Medman2

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    es wurde von "Marcumarüberdosierung" in der Frage gesprochen. Das ist wohl klar eine unsachgemäße Anwendung oder auch bei irrtümlicher Einnahme resultierend (1916k). Auch wenn da steht "(z.B. Einnahme zwecks Selbsttötung und Tötung)", ist dies nur beispielhaft und, wie immer bei "z.B", nicht abschließend. Wer will mir bitte logisch erklären, dass eine Überdosierung keine usachgemäße Anwendung ist?
    Die 1917o wird bei "Unerwünschte Nebenwirkungen indikationsgerechter Arzneimittel bei Einnahme gemäß Verordnung" angewendet. Eine Überdosierung dürfte wohl nicht "verordnet" worden sein. In dem Beispiel wird dann auch nicht nur für ASS der Vergiftungskode angegeben, sondern auch für das (verordnete) Cumarin. Natürlich kann man die DKR auch mal kundenfreundlicher formulieren....

    Und zu "weiß der Heimig": Die DKR werden von der Selbstverwaltung bearbeitet und verabschiedet, nicht vom InEK. Deshalb bleiben ja leider viele Sachen dort ungeklärt, weil man sich eben nicht einigen kann.

  • Hallo Herr Selter,

    da muss ich meinem Dickkopf frönen. Von Marcumarüberdosierung ist in der Beispiel 2 zu DKR 1916 nicht die Rede. Es ist lediglich die Rede von verordneter Marcumartherapie. Auf "Einnahme gemäß Verordnung" stellt aber die DKR 1917 ab.

    Bei einem Quick von 25 (ja ich weiß, modern ist INR), liegt keine Überdosierung vor, gleichwohl wird die im Beispiel beschriebene Hämatemesis begünstigt.

    Zur Überdosierung:

    "Eine Überdosierung dürfte wohl nicht "verordnet" worden sein." Da ist meine Erfahrung anders. Es gibt nicht selten Fälle, bei denen Patienten bei Marcumareinnahme gemäß Verordnung eine Überdosierung haben. Das ist dann eine "Einnahme gemäß Verordnung", selbst wenn die Verordnung eine Überdosierung bewirkt, was wiederum nach Ihrem Verständnis eine "unsachgemäße Anwendung" wäre.


    Wir können uns vielleicht darauf einigen, dass das Beispiel großes Optimierungspotential hat. Das Beispiel ist nur bedingt schlüssig, nämlich wenn die von Ihnen gemachten Annahmen zutreffen. Aber eigentlich sollen Beispiele eine Situation erklären, nicht umgekehrt.

    "Weiß der Heimig" war nur ein - anerkennendes - Wortspiel. Ihr Hinweis auf die unbefriedigende Patt-Situation der Selbstverwaltungspartner ist natürlich völlig zutreffend.

    Viele Grüße

    Medman2