Entgleister Diabetes vs. Harnwegsinfekt

  • Guten Abend,

    ich bin neu was die Kodierung angeht und bin mir nicht sicher bei der Hauptdiagnose.

    Folgende Konstellation/ Auszug aus dem Arztbrief

    Aktuelle Diagnosen:
    -entgl. Diabetes Typ 2 (BZ- Wert 425 mg/dl
    -Klinisch V. a. HWI bei Harninkontinenz
    -Exsikkose
    -Dementielles Syndrom
    - häuslicher Sturz

    Anamnese:
    Die demente Patientin ist am .... gestürzt. (3 Tage bevor Patientin bei uns aufgenommen wurde). Heute musste sie einmalig erbrechen. Zum Aufnahmezeitpunkt bestand keine Übelkeit und kein Erbrechen sowie keine Schmerzen.

    Aufnahmebefund:

    EA nicht möglich aufgrund von Demenz u. Z.n. Apoplex, schläfrig, wenig orientiert, reduzierter AZ


    Verlauf:
    Die stationäre Aufnahme der dementen Pat. erfolgte mit hyperglykämisch entgleisten Diabetes bei einem BZ-Wert von 424 mg/dl.
    Bei klinischen Verdacht auf akutem fieberhaften HWI bei Harninkontinenz u. erhöhten Infektparametern erfolgte eine 7-tägige antibiotische Therapie mit Cefuroxim. ( Abnahme der Urinkultur+Urinstatus aufgrund von Harninkontinenz nicht möglich) Unter antibiotischer Therapie waren die Infektwerte gut rückläufig. Außerdem erhielt Frau XXX eine vorübergehende Flüssigkeitssubstitution bei Exsikkkose. Die Blutzuckerwerte waren am ehesten im Rahmen des akuten Infektes erhöht. Nach Infektsanierung normalisierten sich die Blutzuckerwerte.Die konservative Insulin Therapie mit Huminsulin beendeten wir letztendlich, da wir hierunter normoglykäme BZ Werte und zum Teil auch hypoglykämische Entgleisungen bei unzureichender oraler Nahrungszufuhr sahen.
    Bei anamnestisch angegebenen Sturzereignis erfolgte ein CCT, wobei ein akutes zerebrales Ereignis und eine Fraktur ausschließen konnten...

    HD: E11.91 entgl. Diabetes

    oder

    HD: N39.0 HWI

    Kodierung der zugrunde liegenden Erkrankung??? entgl. Diabetes ist entstanden durch HWI, also HWI als HD???
    oder sind beide Diagnosen als eigenständige Erkrankungen anzusehen und somit HD nach Ressourcenverbrauch?? :wacko:

    Freu mich auf auf Eure Antworten....

  • Hallo Coder2012

    Da der behandelnde Arzt die Entgleisung im Rahmen des Infektes wertet, ist hier der Harnwegsinfekt als HD zu kodieren.
    Hier gilt: "Zuweisung der zugrunde liegenden Krankheit als Hauptdiagnose"

    Wünsche noch einen schönen Tag.

    Beste Grüße

    Thorsten Günther
    Bereichsleiter operatives Medizincontrolling
    RS S Röming und Schneider Strategie GmbH

  • Hallo Coder2012

    Da der behandelnde Arzt die Entgleisung im Rahmen des Infektes wertet, ist hier der Harnwegsinfekt als HD zu kodieren.
    Hier gilt: "Zuweisung der zugrunde liegenden Krankheit als Hauptdiagnose"

    Wünsche noch einen schönen Tag.

    Hallo,

    der von Ihnen angesprochene Absatz behandelt die Zuweisung von Symptomen zu einer zugrunde liegenden Krankheit (s. Beispiele 2 + 3: z. B. die Unterbauchschmerzen bei Appendizitis), nicht die Folge einer Erkrankung auf eine andere, wie es hier der Fall ist.

    Bei Ihrem Fall Coder2012, liegen konkurrierende Hauptdiagnosen vor und somit müssen Sie nach dem Ressourcenverbrauch entscheiden.

    Gruß

  • Hallo zusammen,

    hier würde ich Herrn/Frau Poetzsch nicht zustimmen, da der HWI kein Symptom eines Diabetes mell. ist.

    Herr Guenther hat m. E. recht.

    Mit freundlichen Grüßen

    Anne

  • hallo!


    ich teile hier die ansicht von S.Poetzsch. Kein Durchfädeln der krankheiten, hier vom DM zum HWI.


    Bei dem vorgegebenen verlauf kann man sich schwer vorstellen, das die pat wegen etwas anderes als dem BZ aufgenommen wurde. Selbst bei Entlassung heißt es noch V. a. HWI.
    Da diese verdachtsdiagnose behandelt wurde, kann sie kodiert werden.


    mfg ET.gkv

  • Hallo zusammen,

    hier würde ich Herrn/Frau Poetzsch nicht zustimmen, da der HWI kein Symptom eines Diabetes mell. ist.

    Herr Guenther hat m. E. recht.

    Mit freundlichen Grüßen

    Anne

    Halle anneDD,

    mit "Herr" könnte ich leben :) , Sie haben mich aber missverstanden. Eben weil der HWI/Entgl. BZ jeweils kein Symptom der anderen Erkrankung ist, kann der Passus in den DKR bezüglich der "Zuweisung der zugrunde liegenden Erkrankung" nicht herangezogen werden, da es dort eben um Symptome geht.

    Sie haben hier 2 Diagnosen die für sich dafür gesorgt haben, dass der stat. Aufenthalt veranlasst wurde. Wenn dem so ist, dann ist entsprechend des Ressourcenverbauchs zu beurteilen, welche Diagnose HD wird. Ich denke das dies durchaus der DM sein kann, dies müsste man aber anhand der Aktenlage festmachen.

    Gruß
    Stefan Pötzsch

  • Hallo,

    es ist das übliche internistische und insbesondere geriatrische Kaskadenproblem, d.h. die übliche Multimorbidität mit den allfälligen multidimensionalen Krankheitskaskaden. Und für die sind die relativ ein- maximal zweidimensionale DRG-Denkweisen nicht geeignet. Daher ist das mit den konkurrierenden Diagnosen - der behandelnde Arzt stellt fest, welche die ressourcenverbrauchsintensivste Diagnose war - sinnvoll.

    Der Diabetes ist eine Krankheit, kein Symptom. Und sie wird behandelt. Und sie besteht bei Aufnahme und führt zur Aufnahme. Der HWI ebenfalls. Ein unkomplizierter HWI muss gar nicht stationär behandelt werden. Übliche Antibiose 3-max 5 Tage. Urin- und BB-Kontrolle, evtl. Krea. Ein entgleister Diabetes erfordert frequente BZ-Kontrollen, dazu Elektrolyte, SBH, Krea, Anpassung Insulingaben etc. und dürfte auch eine längere Behandlunghsdauer erforderlich machen. Daher ist für mich die E11.x1 die richtige HD.

    Nach der Logik von Th_Günther müsste ich ja auch beim Herzinfarkt nur KHK codieren, da das die zugrunde liegende Erkrankung ist.

    Schönen Nieselregentag noch (Schnee im Schwarzwald!)

    OKIDOCI 8)

  • Hallo ,

    hier liegen zwei HD vor , daher wird nach meiner Meinung der größere Resourcenverbrauch zur HD.
    Auch wenn ein Harnwegsinfekt eine Hyperglykämie verursachen kann, denke ich das die E11.91 die richtige HD ist.
    Desweiteren wäre es interresant zu wissen, was der Hba1C sagt.

    Gruß

  • Um das von okidoci angesprochene Kaskadenproblem noch auf die Spitze zu treiben: Man könnte genausogut argumentieren, dass der HWI durch den Diabetes (mit-)verursacht wurde, denn der führt zu einer Abwehrschwäche. Dann haben Sie einen Ringschluss geschafft (Diabetes macht HWI macht Diabetes macht HWI macht...) und können Kasse, MDK und sich selber mit endlosen Widersprüchen in den Wahnsinn treiben :D

    Mit anderen Worten: So ziemlich alles im Menschen steht irgendwie in Wechselwirkung miteinander. Daher ist in solchen Situationen das Konzept "konkurrierende HD" das einzig sinnvoll mögliche.

    Bewölkte Grüße (ohne Nieselregen)

    MDK-Opfer