Frustraner Versuch einer Kyphoplastie

  • Guten Tag,

    ich habe eine Frage zur Kodierung einer ND:

    Ein Patient erleidet eine Kompressionsfraktur LWK 1, 2 und 4. Der CT-Befund weist auf eine weitere frische Fraktur BWK 12 hin. Intraoperativ gelingt eine 2-Segment-Kyphoplastie (BWK 11/12) nicht, da sich herausstellt, dass der Bruch des BWK 12 schon älter ist. Es wird hierzu OPS 5-995 kodiert, aber auch die ND S22.00.

    Letzteres stellt der MDK in Abrede, da kein "frischer" WK-Bruch vorgelegen habe. Das Krankenhaus meint jedoch, dass gleichwohl eine Ressourcenverbrauch stattgefunden hat.

    Zunächst trifft die ND-Definition D003d schon zu, weil der WK-Bruch vorgelegen hat und hierzu therapeutische Maßnahmen stattgefunden habe (versuchte Kyphoplastie). Allerdings war diese nicht "erforderlich", da (wegen Fehlbefundung) aussichtslos.

    Meine Frage daher: Aus welcher Perspektive ist die Frage der Erforderlichkeit zu beurteilen? Oder kommt es aus anderen Gründen darauf nicht an?

    Besten Dank!

    Carsten Schütz, Direktor des Sozialgerichts

    • Offizieller Beitrag

    Ein Patient erleidet eine Kompressionsfraktur LWK 1, 2 und 4. Der CT-Befund weist auf eine weitere frische Fraktur BWK 12 hin. I

    Sehr geehrter Herr Dr. Schütz


    Frakturen der Wirbelsäule können durch einen Unfall (S-Kode) oder aber auch bei schwerer Osteoporose (kein S-Kode) ohne
    einen Unfall entstehen.

    Entscheidend für die ND S22.00 ist:

    Frische Fraktur infolge von Osteoporose bedingt durch ein adäquates Trauma
    - S Kode

    oder

    nicht ! traumatische osteoporotische Kompressionsfraktur (kein S-Kode)


    pro S Kode
    (Bagatell) Trauma

    „Um mit der Kyphoplastie ein optimales Ergebnis zu erreichen, sollten erfüllt sein:

    therapieresistenter Schmerz
    Formveränderungen des betroffenen Wirbelkörpers
    frische Fraktur, nicht älter als ca. 3 Monate“

    contra S Kode
    kein Trauma „spontane Fraktur“

    „Indikationen für die Kyphoplastie sind folgende pathologische Situationen:
    frische osteoporotische Kompressionsfrakturen (Frakturalter < 3 Monate)
    von Wirbelkörpern nach einem unbefriedigenden konservativen Therapieversuch über 3 Wochen“

    siehe:
    http://www.buchhandel.de/webapi1/GetMmo.asp?MmoId=1431932&mmoType=PDF&isbn=9783131057549


    Fragen:
    Hinweise für ein Trauma (bis 3 Monate!)
    Schmerzen akut nach einem Ereignis?
    Die Anamnese und die klinische Bewertung sind wichtig.
    Der CT Befund muss im Kontext gesehen werden

    Leider ist bei den spärlichen Angaben eine endgültige Bewertung sehr schwierig.

    Meine Frage daher: Aus welcher Perspektive ist die Frage der Erforderlichkeit zu beurteilen? Oder kommt es aus anderen Gründen darauf nicht an?

    Die „Erforderlichkeit“ wird in den Kodierrichtlinien nicht gefordert.
    „Fehlbefundung“ ist ein harter Ausdruck, Röntgenbefunde
    müssen immer im Zusammenhang mit dem klinischen Bild bewertet werden

    Klinik und Röntgenbefund zusammen führen zur Indikationsstellung der Kyphoplastie.


    freundliche Grüße
    Eberhard Rembs

  • Sehr geehrter Herr Direktor!

    Ich beschränke meinen post auf die S22.00.

    Zu kodieren sind bei diesem Patienten die Diagnosen, wie sie in den Sekunden vor entlassung bekannt waren ( keine nachträglich eingehenden befunde).
    Im Monent der entlassung wußten alle ärzte, auch der kodier-verantwortliche, das ein abnormer skelettaler CT-befund ( R93.7 ) zur diagnose BWK 12-Fraktur / S22.06 führte. Intra-operativ/ -procedural wurde diese Fraktur-Diagnose S22.06 jedoch widerlegt, salopp gesagt die diagnose einkassiert.
    Für die Kodierung verbleibt einzig und allein R93.7 (Abnorme Befunde bei der bidlgebenden Diagnostik sonstiger Abschnitte des Muskel- Skelett-Systems).


    Es gibt eine zweite art diesen fall zu betrachten.
    Hier hat eine alte längst ausgeheilte Fraktur zu diagnostischen und therapeutischen Aufwand geführt. Damals, als der BWK 12 brach, war S22.06 richtig. Jetzt aber liegt ein ausgeheilter "Zustand nach" vor. Die Eigenanamnese ergab diese alte Fraktur. Solche anamestischen Diagnosen finden sich von Z80-Z99.
    In diesem Fall Z87.8: Sonstige näher bezeichnete Zustände in der Eigenanamnese. Zustände, klassifizierbar unter S00-T98

    Beide diagnosen R93.7 und Z87.8 sind nur als ND kodierbar, wenn sie einen aufwand verursachten.
    Ich persönlich sehe die R93.7 als die "richtigere" ND an.


    Das Ansinnen des Krh bezüglich des Ressourcenverbrauchs wegen der alten ausgeheilten Fraktur ist richtig. Nur ist dieser aufwand mit R93.7 (oder Z87.8 ) abzubilden und nicht mit der einkassierten S22.06.

    Zur erforderlichkeit kann ich nichts beitragen. Dieser ausdruck kennen DKR und ICD wahrscheinlich nicht. Ich denke bei richtiger kodierung kommt es darauf nicht an, die frage stellt sich überhaupt nicht.

    mfg ET.gkv (Dr. med Ernst Trump)

    Einmal editiert, zuletzt von ET.gkv (30. November 2012 um 20:38)

  • hallo Herr ERembs!


    -die radiologischen inhomogenitäten des bwk 12 ver-führten zur diagnose bwk 12-fraktur. Diese diagnose führte zur ( frustranen ) kyphoplastie.
    Auch begründet das krh den ressourcenverbrauch mit der vermeintlichen S22.00/.06.


    mfg ET.gkv

  • Der CT-Befund weist auf eine weitere frische Fraktur BWK 12 hin. Intraoperativ gelingt eine 2-Segment-Kyphoplastie (BWK 11/12) nicht, da sich herausstellt, dass der Bruch des BWK 12 schon älter ist. Es wird hierzu OPS 5-995 kodiert, aber auch die ND S22.00.


    Hallo,
    es ist doch interessant, wie aus dieser Aussage eine radiologische Befunddiagnostik hier erstellt wird.
    Zuerst sollte die Frage geklärt werden: lag eine traumatische Fraktur des BWK 12 vor? Unabhängig von ganz frisch, frisch oer älter, denn der ICD-Kode differenziert nicht nach dem Alter der Fraktur. Auch eine schon ältere, aber noch nicht verheilte Fraktur kann die Angabe des Kodes rechtfertigen. Näheres müsste man hierzu der Krankengeschichte entnehmen. Ebenso lässt sich aus dem kurzen Statement nicht entnehmen, warum die Kyphoplastie letztendlich nicht durchgeführt wurde. Fraktur verheilt? Fehldiagnose? Keine nicht mehr ganz frische Fraktur? Auch die Indikationsstellung für die Kyphoplastei soll ja von Klinik zu Klinik unterschiedlich sein (ohne Wertung).

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Guten Morgen,

    wie nicht selten, wird über die richtige Diagnosekodierung diskutiert, ohne dass man
    eigentlich "Genaues" mitgeteilt bekommt.

    Laut Richter Schütz wies der CT Befund auf eine frische Fraktur hin.

    Liegt eine frische Fraktur, wie wohl sich herausgestellt hat, nicht vor,
    dann liegt möglicherweise der Folgezustand einer "alten" Fraktur vor.
    Ist dies der Fall, dann wäre nach Regel D005 der Folgezustand - z.B. Frakturheilung
    in Fehlstellung M84.8 zu codieren, zusätzlich dann die Ursache der Schädigung, ev M80.98 bei
    einer Osteoporosefraktur oder T91.1, wenn ein früheres Trauma bekannt wäre.

    Hier müsste die genaue Diagnose gestellt werden, dann dürfte die Codierung
    diesem dann Folgen.

    Dies gilt übrigens auch für die anderen Frakturen.
    Handelt es sich wirklich um "echte" traumatische" Frakturen?
    Wenn nicht, dann wäre hier auch der Code für eine pathologische Fraktur zu diskutieren.

    Die korrekte Codierung dürfte hier ein Stück weit auch Klärung der
    Zusammenhangsproblematik sein.

    Viele Grüße

    P. Host

  • hallo!


    - lieber riskier ich mal eine falsche annahme und in deren folge einen falschen kodiervorschlag als das ich mit " ...wegen spärlicher Angaben bitte Wiedervorlage mit Antwort auf die meinerseits aufgeworfenen Fragen" in den PingPong-Modus gehe.
    Herr Dr. Schütz wird evt fehlannahmen meinerseits schon erkennen und hier im forum richtig stellen.


    hallo phost!
    Ihr post hat mich ganz schön beunruhigt ( als beitragszahler der GKV )
    Jeder höhengeminderte WK, jeder Keilwirbel bei älteren Patienten auch ohne jegliche beschwerden ein aktueller Krankheitszustand, ja sogar eine in Fehlstellung verheilte WK-fraktur?. Und das bei osteoporose?
    Zu kodieren mit M84.08 gefolgt von M80.98.
    Letzterer code beschreibt eine akute fraktur: Osteoporose mit pathologischer Fraktur.
    Das hat sicher viel ccl.
    Dann entdeckte ich Ihren ?? Fehler?? in der anwendung der AKR D005: die zweite zu kodierende schlüsselnummer muss " Folge von .. " oder " Folgezustände ... " enthalten, kann nicht einfach mit der akuten Erkrankung codiert werden. Meine suche nach solch einer schlüsselnummer in der D005-Auflistung ( Seite 15 ) der DKR 2012 blieb erfolglos.
    Finden Sie da was?
    Wenn nicht, dann gibt es für das M-kapitel keine folgezustands-schlüsselnummern.


    mfg ET.gkv

  • guten Morgen forum!


    Nachtrag
    - nach einmal drüber schlafen riskiere ich meinen finalen kodiervorschlag, wobei ich versuche die konstruktive kritik insbesondere von phost zu berücksichtigen. Dies erfordert allerdings den fall in die Fälle A bis D aufzusplitten.


    Fall A.
    Die radiologischen Änderungen des BWK 12 sind folge eines sturzes aus einem kirschbaum vor 30 jahren ( S22.06 ). Damals konservative behandlung. Ausheilung in Fehlstellung. Keine beschwerden.
    Kodierung: D005 ist anzuwenden
    M84.08, T91.1


    Fall B:
    Die radiologischen veränderungen sind folge einer osteporotischen fraktur vor 3 jahren ( M80.98 ). konservative behandlung. Ausheilung in fehlstellung. Keine beschwerden.
    Kodierung:
    M84.08


    Fall C:
    Die leichten radiologischen veränderungen können keiner diagnose zugeordnet werden. Werden auch nicht weiter abgeklärt da unverdächtig.
    Kodierung:
    R93.7


    Fall D:
    Die radiologischen veränderungen rechtfertigen die Diagnose Keilwirbel (z. B.). Weiteres läßt sich dazu nicht eruieren, Vielleicht angeboren, vielleicht kindlicher unfall, vieleicht ... .
    Kodierung:
    M48.55


    In erwartung von "friendly fire" geh ich mal in Deckung.


    mfg ET.gkv

    2 Mal editiert, zuletzt von ET.gkv (3. Dezember 2012 um 09:56)