• Hallo. Ein grosser Hilfeschrei. In meinem Kopf dreht sich schon alles. Es geht um das Thema Urosepsis.

    Ich habe schon das ganze Forum durchforstet und komme trotzdem mit der Kodierung nicht zurecht.

    Folgender Fall: Pat. Fieber über 39,8, Leukos 14.6, Herzfrequenz über 100, im Uricult E.coli, in der anaeroben Blutkultur Mikroskopisch gramnegative Stäbchen, Kultureller Befund E. coli. Es erfolgte aber nur die Abnahme von einem BK Pärchen.

    Kann ich hier eine Sepsis mit SIRS kodieren, oder nur die A 49. bakterielle Infektion mit dem Erreger dazu?

    Bitte erklärt mir das mal. Die Kodiervorschriften und die Fachgesellschaften bringen mich nicht weiter.

    Vielen Dank sagt Crazynurse

  • Hallo,

    in Ihrem Fall trifft eine Urosepsis zu: Erregernachweis (also infektiös) und mindest. 2 Kriterien (Fieber und Leukozytose) liegen vor. Abnahme nur von einem BK-Pärchen spielt keine Rolle, da die Klinik auf die Sepsis hinweist.

    Kodierung : Urosepsis und ein Code aus R65.ff

    Gruß

    Ordu

  • Hallo Crazynurse,
    eigentlich ist die Systematik einfach und ich versuch mal, sie (hoffentlich) nachvollziehbar aufzudröseln. Aber am Ende hakt es dann auch bei mir. ;)

    Fangen wir mit der DKR 103f an:

    Eine Bakteriämie ist mit einemKode aus A49.−Bakterielle Infektion, nicht näher bezeichneter Lokalisation oder einem anderen Kode, der spezifisch den Erreger benennt z.B. A54.9 Gonokokkeninfektion, nicht näher bezeichnet zu kodieren.
    Sie ist nicht mit einem Sepsis-Kode (siehe Tabelle 1) zu verschlüsseln.

    Bedeutet also, dass es spezifische Sepsis-Kodes gibt; z.B. A40.- , A41.- etc. (sind in Tabelle 1 beispielhaft aufgeführt)

    Sepsis (Septikämie)
    Im Gegensatz dazu wird eine Sepsis mit einem passenden Sepsis-Kode z.B. aus Tabelle 1 kodiert. Dies trifft auch auf eine klinisch manifeste Urosepsis zu.

    Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS]

    Für die Verschlüsselung eines SIRS stehen in der ICD-10-GM folgende Kodes zur Verfügung:
    R65.0! Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS] infektiöser Genese ohne Organkomplikationen
    R65.1! Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS] infektiöser Genese mit Organkomplikationen.
    R65.2! Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS] nichtinfektiöser Genese ohne Organkomplikationen.
    R65.3! Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS] nichtinfektiöser Genese mit Organkomplikationen.
    R65.9! Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS], nicht näher bezeichnet.

    Dabei ist zunächst ein Kode für die Sepsis oder die ein SIRS nichtinfektiöser Genese auslösende Grundkrankheit anzugeben, gefolgt von einem Kode aus R65.–! Zur Angabe von Organkomplikationen, Erregern und deren Resistenzlage sind zusätzliche Schlüsselnummern zu verwenden.

    Also weiter mit den Sepsis/SIRS Kriterien, die z.B. auf der Seite der DSG eingesehen werden können.

    Nur für den Zusatzkode R65.0! gilt, dass mind. zwei Blutkulturpärchen abgenommen worden sein müssen!

    Um R65.1 / R65.2 / R65.3 / R65.9 kodieren zu können, müssen mindestens zwei der folgenden vier Kriterien erfüllt sein:
    • Fieber ...
    • Tachykardie ...
    • Tachypnoe ...
    • Leukozytose ...

    Voraussetzung für ein SIRS infektiöser Genese ist immer die Diagnose einer Infektion über den mikrobiologischen Nachweis oder durch klinische Kriterien.

    Um einen Zusatzkode SIRS mit Organkomplikation abrechnen zu können, muss einer dieser Organfunktionsausfälle oder
    die Kombination aus mehreren Organfunktionsausfällen lebensbedrohlich sein:
    • Akute Enzephalopathie: ...
    • Arterielle Hypotension; Schock: ...
    • Relative oder absolute Thrombozytopenie: ...
    • Arterielle Hypoxämie: ...
    • Renale Dysfunktion: ...
    • Metabolische Azidose: ...

    In angefragtem Fall sind drei von vier Kriterien (s.o.) erfüllt (Fieber, Tachycardie, Leukozytose).
    Die Sepsis kann mit ICD A41.51 Sepsis: Escherichia coli abgebildet werden.

    Ob Organkomplikationen vorliegen, kann nicht beantwortet werden. Aber diese Patienten dürften im Regelfall nur auf einer ITV/IMC zu finden sein.

    Und jetzt hakt´s auch bei mir:
    Der Erregernachweis lässt den Rückschluss auf eine infektiöse Genese zu. Sollte eineOrgankomplikation vorliegen, wären A41.51 und R65.1! zu kodieren.

    Aber was ist, wenn keine Organkomplikation vorliegt? R65.0 scheidet hier mangels zweier BK-Pärchen aus; bliebe als Zusatzkode also nur noch R65.9 übrig, denn der ICD R65.2 würde die Angabe einer auslösenden Grundkrankheit erfordern. Liege ich richtig?

    Gruß
    Fayence

  • Hallo zusammen,
    lt. FAQ Nr. 1007 von DIMDI sollten zwar 2 Blutkulturpärchen abgenommen werden, aber es gibt auch MDK`s, die auch nur eine positive Blutkultur akzeptieren. Daher würde ich auf jeden Fall eine Sepsis mit SIRS kodieren. Man stellt sich nämlich die Frage: was wäre, wenn die erste Blutkultur positiv war, in der zweiten dann aber keine Keime nachgewiesen wurden? Liegt dann keine Sepsis mehr vor? Wird das Vorliegen einer Sepsis mit SIRS an der Abnahme von 2 Blutkulturpärchen festgemacht? Nein.
    Beim Nachweis von E. coli in der Blutkutur kann man eigentlich nicht von einer Kontamination ausgehen (es soll auch Ärzte geben, die vor der Blutabnahme die Hände waschen und desinfizieren), so dass hier bei fast 40°C, HF von 100, positiver Urinkultur eindeutig eine Sepsis mit SIRS vorlag. Hoffentlich wurde der Pat. jedoch nicht am 3. Tag entlassen...
    mfG

  • Hallo,
    wenn nur ein Pärchen abgenommen wurde, würde ich damit nicht vor ein Sozialgericht gehen.
    Das hat nicht nur kodiertechnische Gründe, sondern hat auch was mit leitliniengerechter Diagnostikzu tun.

    Zitat

    Es sollten 2 bis 3 Kulturen (jeweils aerobes und anaerobes Blutkulturpärchen) entnommen werden, wobei bei Intensivpatienten auf ein definiertes zeitliches Intervall zwischen den Abnahmen verzichtet werden kann

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Forumsmitglieder,

    die Argumentation, die Abnahme von Blutkulturen sei zwingende Voraussetzung für die Kodierbarkeit eines SIRS, ist m.E. abwegig.

    Betrachtet man es unter rein formalen Aspekten, so ergibt sich, wie Fayence richtig ausführt, dass dies allenfalls für ein SIRS ohne Organkomplikation gelten kann, denn nur dort findet sich der Satz "Abnahme von mindestens 2 Blutkulturen (jeweils aerobes und anaerobes Pärchen)".

    http://www.sepsis-gesellschaft.de/DSG/Deutsch/Krankheitsbild+Sepsis/Informationen+fuer+Mediziner/Kriterienkatalog+DSG?sid=noL9EaEX5FTtzkk5alUwpw&iid=2

    Dass die reine Abnahme von Blutkulturen Voraussetzung für die Kodierbarkeit eines SIRS ohne Organkomplikation sein soll, jedoch nicht bei einem SIRS mit Organkomplikation, ist widersinnig. Das kann nicht gemeint sein. Maßgeblich ist: "Voraussetzung für ein SIRS infektiöser Genese ist immer die Diagnose einer Infektion über den mikrobiologischen Nachweis oder durch klinische Kriterien."

    Auch unter inhaltlichen Aspekten ist die Auffassung, dass die reine Abnahme von Blutkulturen zwingende Voraussetzung der Kodierbarkeit eines SIRS ohne Organkomplikation ist, nicht haltbar. Wenn bei einem SIRS ohne Organkomplikation alle "vier Kriterien" erfüllt sind, ist das - negative - Ergebnis der Blutkulturen nicht erheblich. Selbst wenn diese negativ sind, sind die Sepsis-Kriterien erfüllt. Das Vorliegen einer Erkrankung formal von der Durchführung einer Untersuchung (hier Blutkultur) abhängig zu machen, wobei das Ergebnis unerheblich ist, widerspricht medizinischen Grundsätzen. Dies wäre allenfalls im Rahmen einer Kodierrichtlinie möglich, nur dort findet sich keine entsprechende Bestimmung (vgl. DKR 0103).

    Dass die Abnahme von Blutkulturen medizinisch sinnvoll und ggf. erforderlich ist, ist ein anderer Aspekt.

    Kodiertechnisch gelten jedoch medizinische Grundsätze und Regeln im Lichte der DKR. Auch der Einwand, es sei der entsprechender Aufwand von Blutkulturen erforderlich, greift nicht durch. Die DKR sehen keine Aufwandsabhängigkeit für die Kodierung der Hauptdiagnose vor (Ausnahme D002 - Zwei oder mehr Diagnosen), schon überhaupt nicht einen spezifischen Aufwand. Bei der Kodierung des SIRS als Nebendiagnose dürfte sich der erforderliche Aufwand zwanglos aus weiteren Umständen ergeben.

    Quintessenz: die reine Abnahme von Blutkulturen ist keine Voraussetzung für die Kodierung eines SIRS

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo zusammen ich habe noch einmal bezüglich der Sepsis eine grundsätzliche Frage. Vielleicht könnt ihr mir helfen.

    Was ist wenn ich Negative Blutkulturen habe, nur 2 Sepsiskriterien erfüllt sind und ein Kriterium der Organkomplikation. Infektion wie Pneumonie liegt vor.

    Kann ich dann eine Sepsis kodieren? Ich wurde total durcheinandergebracht, da ich da bisher sicher war bezüglich der Kriterien, habe auch schon bei der Dt. Sepsisgesellschaft nachgelesen und jetzt schwirrt der Kopf und.

    Über Antworten freue ich mich. :)

  • Hallo,

    ja Sie können die Sepsis kodieren, auch wenn bei negativer BK eigentlich 4 Kriterien erfüllt sein müssen und Sie nur 2 haben. Sobald eine Organkomplikation vorliegt, müssen nur 2 Kriterien erfüllt sein, egal wie die BK ausfällt. Wenn Sie also eine Organkomplikation wie akute Enzephalopathie, rel. oder abs. Thrombozytopenie, Arterielle Hypoxämie o.Ä. haben, dann können Sie auch die entsprechende Sepsis kodieren.

    Hoffe ich konnte helfen.

    Freundliche Grüße und ein schönes Wochenende dann,

    Cyre