Neues vom BSG / LSG

  • Hallo Forum,
    Das BSG hat in seiner Verhandlung vom 26.03.2003 ein Urteil zu
    A und B Pauschalen, sowie zur Interpretation der Wundheilung und dem Merkmal Fäden ziehen bei nicht selbstauflösenden fäden abgegeben. hier der Wortlaut:

    Streitig ist die Vergütung einer Krankenhausbehandlung im Jahre 1999. Der bei der Beklagten Versicherte K. wurde zunächst in der Klinik der Beigeladenen operiert (koronare Bypassoperation) und sechs Tage später zur Weiterbehandlung in das Krankenhaus der Klägerin verlegt, wo am 12. und 13. Tag nach der Operation die Fäden gezogen wurden. Einen Tag später wurde der Versicherte entlassen.

    Die Beigeladene rechnete die Behandlung mit der Fallpauschale 9.021 (A-Pauschale für die Akutbehandlung) der Anlage zur Bundespflegesatzverordnung ab. Die Klägerin stellte für die Weiterbehandlung die Fallpauschale 9.022 (B-Pauschale) in Höhe von 4.768,45 DM in Rechnung.

    Die Beklagte verweigerte die Zahlung der B-Pauschale mit der Begründung, die Mindestaufenthaltsdauer von sieben Tagen sei nicht erreicht worden, weil der Zeitpunkt der Fädenziehung den Beginn der B-Pauschale bestimme.

    Mit der Klage hat die Klägerin geltend gemacht, bei der Verlegung des Versicherten sei die äußere Wundheilung abgeschlossen gewesen; das sei für die Abgrenzung der Pauschalen entscheidend. Hilfsweise stehe ihr jedenfalls die Bezahlung der beiden Tage nach der Fädenziehung in Form tagesgleicher Pflegesätze zu.

    Das SG hat die Klage abgewiesen. Das LSG hat die nur von der Beigeladenen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Beigeladene sei rechtsmittelbefugt, weil sie durch das Urteil des SG beschwert sei; sie müsse sich nämlich die A-Pauschale mit der Klägerin im Innenverhältnis teilen. Die Berufung sei aber unbegründet, weil nach der Leistungsbeschreibung der Abschluss der Wundheilung durch das Fädenziehen bestimmt werde. Tagesgleiche Pflegesätze könne die Klägerin nicht verlangen, weil der Tag des Fädenziehens noch unter die A-Pauschale falle, während der Entlassungstag bei tagesgleichen Pflegesätzen nicht mitzähle.

    Dagegen richtet sich die Revision der Beigeladenen, die weiterhin für die Rechtsauffassung der Klägerin eintritt.

    SG Düsseldorf - S 1 KR 22/00 -
    LSG Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 46/01 -

    Der 3. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 26. März 2003 wie folgt:

    1) Die Revision der Beigeladenen blieb ohne Erfolg. Der Senat konnte das angefochtene Urteil nur in dem Umfang überprüfen, in dem die Beigeladene beschwert ist, weil die Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt hatte. Beschwert durch das angefochtene Urteil ist die Beigeladene aber nur insoweit, als das LSG entschieden hat, dass die Fallpauschale A bei der Verlegung des Versicherten mangels abgeschlossener Wundheilung noch nicht erfüllt war; dann hätte die Beigeladene bei einer dauerhaften Zusammenarbeit mit der Klägerin - was vom LSG nicht festgestellt worden ist - die an sie gezahlte Fallpauschale A mit der Klägerin zu teilen oder andernfalls an die Beklagte zu erstatten, weil sie nur tagesgleiche Pflegesätze hätte abrechnen dürfen.

    In der Sache ist die Entscheidung des LSG hinsichtlich des Abschlusses der Wundheilung zutreffend. Die Erwähnung des Fädenziehens als maßgeblichen Zeitpunkt in den Abrechnungsbestimmungen ist nicht nur als unverbindlicher Anhaltspunkt zu verstehen, sondern als leicht feststellbares Kriterium in allen Behandlungsfällen, in denen nicht selbst auflösendes Fadenmaterial verwandt wird, zu Grunde zu legen.

    Soweit das LSG auch die Berechtigung der Klägerin verneint hat, tagesgleiche Pflegesätze abzurechen, war die Beigeladene nicht beschwert; der Senat war deshalb gehindert, dies sachlich zu überprüfen.

    SG Düsseldorf - S 1 KR 22/00 -
    LSG Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 46/01 - - B 3 KR 25/02 R -

    --
    Kurt Mies

    Kurt Mies

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Ich zitiere aus der Presseerklärung zu einem Urteil des 3. Senats des BSG vom 28.05.03:

    Diese Presserklärung und später auch der Urteilstext ist auf der Seite des Bundessozialgerichtes zu finden.

    Schönen Tag noch,
    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Kliniken des Wetteraukreises

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Nachfolgend zur Information Zitate aus den Presseberichten des Bundessozialgerichtes zur Sitzung des 3. Senats vom 13.05.2004:

    Zitat


    Presse-Mitteilung Nr. 28/04 (zum Presse-Vorbericht Nr. 28/04)

    2) Auf die Revision des Klägers wurden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und der Klage stattgegeben. Die stationäre Behandlung des Versicherten war auch in der hier streitigen Zeit notwendig. Dies ergibt sich zwar nicht aus einer Bindung der Krankenkasse an die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts über die Unterbringung des Versicherten, zumal sie daran nicht beteiligt war. Stationäre Krankenbehandlung war aber notwendig, weil ambulante Behandlungsalternativen nicht vorhanden waren oder nicht ausreichten. Die beklagte Krankenkasse, die dem Versicherten die notwendige Behandlung als Sachleistung schuldet, kann sich nicht allein damit entlasten, dass sie auf denkbare ambulante Alternativen verweist, solange sie diese nicht in konkreter und nachprüfbarer Weise aufzeigt. Der Versicherte bzw sein Betreuer ist dazu anzuhören und über die Ablehnung der weiteren stationären Behandlung ist der Verwaltungsakt mit einer Rechtsmittelbelehrung zu erteilen. Das alles ist hier unterblieben. Entsprechend dazu gilt gegenüber dem behandelnden Krankenhausarzt, dass auch diesem eine Behandlungsalternative aufgezeigt wird, die ihm eine Einschätzung ermöglicht, ob eine Entlassung des Patienten aus dem Krankenhaus zu verantworten ist. Dies gilt insbesondere bei psychiatrischen Patienten mit fehlender Krankheitseinsicht und der Gefahr der Selbst- und Fremdgefährdung. Die Entscheidung des Krankenhausarztes, die eine Prognose erfordert, muss auch von Seiten der Krankenkasse hingenommen werden, sofern sie vertretbar ist, weil der Arzt die volle strafrechtliche und zivilrechtliche Verantwortung für seine Entscheidung trägt. Da die Beklagte in Übereinstimmung mit dem MDK nur abstrakt auf denkbare Behandlungsalternativen hingewiesen hat, war die Beurteilung der Krankenhausärzte zumindest vertretbar, dass wegen der Möglichkeit der Selbst- und Fremdgefährdung eine Entlassung des Versicherten aus dem Krankenhaus noch nicht zu verantworten war.


    Man darf auf den Wortlaut des Urteiles gespannt sein!

    Schönen Tag noch

  • Guten Tag Forum und insbesondere Herr Schaffert. Das hört sich ja spannend an! Bei uns werden psychiatrische Behandlungen reihenweise gekürzt, weil, so die monotone MDK-Begründung, \'Heimfähigkeit\' bestanden habe (über diesen Begriff, bezogen auf z.B. junge Schizophrenie-Patienten, will ich mich hier gar nicht auslassen). Dass die Kostenträger bei der Suche nach einem geeigneten \'Heimplatz\' oder einer Reha-Maßnahme durch besondere Aktivität aufgefallen wären, habe ich dagegen noch nicht erlebt.

    Zukünftig muss die Krankenkasse also in jedem Fall - möglichst noch während der Behandlung - konkrete Vorschläge machen, wo der Patient besser aufgehoben wäre als bei uns. Oder interpretiere ich die Presse-Mitteilung falsch ? Gibt es diesbezüglich Erfahrungen aus anderen Häusern ?

    Schöne Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Schönen guten Tag Herr Leonhardt!

    Mit der Interpretation der Presseerklärungen wäre ich etwas vorsichtig. Letztenendes hängt es davon ab, wie konkret sich der Urteilstext auf den speziellen Fall bezieht bzw. welche verallgemeinerbaren Aussagen darin stecken. Ich zitiere gern und häufig aus BSG-Urteilen und habe immer wieder festgestellt, dass Sie sich oft doch mehr auf den verhandelten Fall beziehen, als es auf den ersten Blick erscheint und deshalb dann doch nicht immer Übertragbar sind.

    Eine weitere Sache ist es dann, ob die Krankenkassen auch bei einem allgemeingültigen Urteil den entsprechenden Leitsätzen nachkommen. Oft müssen Sie dann doch jeden einzelnen Streitfall selbst vor Gericht durchsetzen müssen.

    Das Urteil wird vermutlich ebenfalls auf den Seiten des Bundessozialgerichtes (http://www.bundessozialgericht.de) veröffentlicht werden, allerdings meist erst nach 6-8 Wochen.

    Schönen Tag noch,

  • Zitat


    Original von R. Schaffert:
    Das Urteil wird vermutlich ebenfalls auf den Seiten des Bundessozialgerichtes (http://www.bundessozialgericht.de) veröffentlicht werden, allerdings meist erst nach 6-8 Wochen.

    Diesmal hats ein wenig länger gedauert, aber das Warten hat sich gelohnt:
    http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechts…0&pos=11&anz=20

    Mit freundlichen Grüßen,

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Zitat


    Original von Leonhardt:
    Dass die Kostenträger bei der Suche nach einem geeigneten \'Heimplatz\' oder einer Reha-Maßnahme durch besondere Aktivität aufgefallen wären, habe ich dagegen noch nicht erlebt.

    Zukünftig muss die Krankenkasse also in jedem Fall - möglichst noch während der Behandlung - konkrete Vorschläge machen, wo der Patient besser aufgehoben wäre als bei uns. Oder interpretiere ich die Presse-Mitteilung falsch ? Gibt es diesbezüglich Erfahrungen aus anderen Häusern ?


    Hallo Forum!

    Ich arbeite als Ärztin bei einem \"Kostenträger\". Das übrigens sehr gerne.
    Jetzt muß ich mich mal einmischen.
    Wollen Sie tatsächlich, dass die Kasse Ihnen Vorschläge zur Unterbringung Ihrer Patienten vom Schreibtisch aus macht?
    Normalerweise wirft man den Kassen in ähnlichen Fällen erbost Einmischung in die Therapie vor...
    Und was sagen wohl Ihre Sozialdienste, wenn die Suche nach Heimplätzen von den Kassen durchgeführt wird...
    Ich fände es interessant zu wissen, wie Sie reagieren, wenn ich tatsächlich mal anrufen würde, um Ihnen und Ihrem Patienten eine alternative Versorgung anzubieten. :sterne:
    Obwohl ich ja sehr für ein kollegiales Miteinander wäre.

    Viele Grüße
    SKoch
    Beratende Ärztin

  • Hallo Frau Koch!

    Unser Sozialdienst arbeitet sehr eng mit den Kassen zusammen. Dies erst recht wenn es um Reha-Maßnahmen oder Unterbringung geht.

    Die Schwierigkeiten ergeben sich meist dadudurch, daß in unserem Bereich der MDK nur retrospektiv entscheidet und nicht bereit ist, den Fall am Bett des Patienten zu klären. Gerade in unserer Gerontosychatrie wird dies zunehmend zu einem Problem.

    Schönes Wochenende
    F. Killmer

    Frank Killmer

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Hier ist eine aktuelle Entscheidung des BSG (zitiert nach den Pressemitteilungen des BSG auf http://www.bundessozialgericht.de ), die wieder etwas Bewegung uin die Diskussion um die stationäre Abrechenbarkeit von Tagesaufenthalten bringen wird:

    Zitat


    Presse-Mitteilung Nr. 14/05 (zum Presse-Vorbericht Nr. 14/05)

    3) Auf die Revision des Klägers wurden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den noch offenen Betrag für einen tagesgleichen Pflegesatz an den Kläger zu zahlen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen hat mit der Entscheidung des Klinikarztes, den Versicherten nach Durchführung der Operation mindestens eine Nacht im Krankenhaus zu behalten, die stationäre Behandlung begonnen. Damit ist ohne Rücksicht darauf, welche Leistungen im Einzelnen anschließend durchgeführt worden sind, der Anspruch auf einen tagesgleichen Pflegesatz entstanden, da es sich hierbei um eine Pauschalvergütung handelt. Die Entscheidung der Ärzte, die Operation wegen des bei der vorbereitenden Untersuchung festgestellten Risikos zu verschieben, stellt einen Abbruch der stationären Behandlung dar, die den Vergütungsanspruch ebenso wenig entfallen lässt wie bei einem Abbruch auf Wunsch des Versicherten.

    SG Kiel - S 18 KR 44/01 -
    Schleswig-Holsteinisches LSG - L 1 KR 72/02 - - B 3 KR 11/04 R -

    Man darf auf den Urteilstext gespannt sein.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Forum,

    ich möchte hier auf eine neuere und überraschende Entscheidung des BSG zur Verjährung von Ansprüchen aus einer Krankenhausbehandlung hinweisen. Nach dem Urteil B 3 KR 32/04 R vom 12. Mai 2005 gilt für die Vergütungsansprüche der Krankenhäuser gegenüber den Krankenkassen weiterhin die vierjährige Verjährungsfrist des § 45 I SGB I, die kürzeren Verjährungsfristen des BGB sind, entgegen der Auffassung verschiedener Instanzgerichte, auch nach der Änderung des SGB V im Jahre 2000 nicht anwendbar. Den Urteilstext habe ich zwar nicht, aber es gibt einen informativen Auszug auf https://www.mydrg.de/www.dkgev.de/d…/title/Diverses

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann

  • Hallo Herr Mährmann,
    Danke für den Hinweis.
    Ich versuche mal das Urteil anzuhängen

    Kurt Mies