Neues vom BSG / LSG

  • Kennt jemand den medizinischen Hintergrund des Falles? Mich interessiert insbesondere, warum das BSG entgegen der KHS und MDK-Empfehlung die Hauptdiagnosen des 2. und 3. Falles geändert hat und damit zu einer Fallzusammenführung gemäß FPV kam.

    Hallo,
    die Änderung der HD erfolgte durch das LSG.


    Diese Voraussetzungen einer Fallzusammenführung liegen hier nach den nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vor. Beide Aufenthalte sind zu kodieren nach der DRG X01B (Gewebetransplantation mit mikrovaskulärer Anastomosierung oder Hauttransplantation bei Verletzungen außer an der Hand ohne äußerst schwere CC). Sowohl bei dem zweiten als auch bei dem dritten Krankenhausaufenthalt waren die nach ICD-10-GM (2007) zu bestimmenden Voraussetzungen der Hauptdiagnose T79.8 (sonstige Frühkomplikationen eines Traumas) erfüllt

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Danke Herr Horndasch ! Die HD Änderung durch ein LSG ist natürlich prozessual logischer ( hatte ich überlesen), wobei aber die medizinische Begründung noch aussteht. T79.8 ist doch recht unspezifisch, oder?

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • hier der Bericht des heutigen Termins vom 1. Senat. Ergebnis: wie zu erwarten alles pro KK, bis auf den einen Fall in dem die KK nach Hinweis anerkannt hat (warum ist das in den Vorinstanzen nicht aufgefallen?)

    • die Verwirkung nach Treu und Glauben gilt auch dann, wenn die Kasse selber klagt und das KH dann noch Nachforderungen erhebt (wie wäre das wohl bei umgekehrter Konstellation ausgegangen?)
    • die AWP scheitern wie immer an sachlich-rechnerisch, auch wenn der MDK beteiligt wurde. Bzgl. der teilweise vertretenen Rückwirkung der Gesetzesänderung zum 01.01.2016 trifft das BSG keine Aussage.

    ||

  • Hallo,

    das Beste ist ja:

    :thumbup::thumbup::thumbup:
    "Der Senat muss es sich auch versagen, der Gesetzesänderung der Auffälligkeitsprüfung mit Wirkung vom 1.1.2016 Rückwirkung beizumessen. Dies würde die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung verletzen."
    :thumbup::thumbup::thumbup:

    Neeee, haben wir gelacht!!!!!!!!!!!!!

    Medman2

    • Offizieller Beitrag


    23.06.2017
    Pressemitteilung des Sozialgerichts Koblenz


    Blinde haben Anspruch auf Versorgung mit einem Laser-Langstock


    Sozialgericht Koblenz, Urteil vom 15.03.2017, S 11 SO 62/15
    Blinde Versicherte können bei entsprechender ärztlicher Verordnung im Rahmen der Hilfsmittelversorgung einen Laser-Langstock an Stelle eines einfachen Blindenstocks verlangen.

    https://justiz.rlp.de/de/service-inf…chts-koblenz-1/


    zur Info
    Kostendifferenz ca. 2000 Euro


    Gruß
    E Rembs

  • Neu auf der Liste der anhängigen Rechtsfragen beim 1. Senat:


    Zum Anspruch der Krankenkasse auf Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen des Krankenhauses während des Rechtsstreits und zu den Anforderungen an die Dokumentation der im Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) geregelten Komplexleistungen.


    Mal abwarten, das LSG BaWü vertritt schon länger die Auffassung, dass die KKen auch im Klageverfahren kein eigenes Einsichtsrecht haben. Auch die Ausführungen zu den Dokumentationspflichten beim OPS 8-550 sind recht umfangreich. Das LSG hatte die Revision zunächst nicht zugelassen, die KK hat dies aber nun wohl durchgesetzt, weshalb man gespannt sein darf, ob der 1. Senat die Entscheidungen der Vorinstanzen zu Gunsten des KH hält... Ein Termin steht noch nicht fest.

  • Hallo!

    dann hoffen wir, dass das BSG Vernunft walten lässt und das Einsichtsrecht der Krankenkassen im Klageverfahren bestätigt. Im Sinne der Waffengleichheit kann es nicht angehen, dass derjenige, der die Kosten einer Behandlung zu tragen hat, in einem Rechtsstreit nicht dieselben Unterlagen zur Verfügung bekommt, wie die gegnerische Partei. Weder kann die Kasse eine gut begründete Klageschrift abgeben, noch sich gegen Stellungnahmen der Gegenseite argumentativ zu Wehr setzen. Das ist ein Ungleichgewicht, dass nicht hinnehmbar wäre. Wer sich gegen das seit Jahren etablierte und bewährte Verfahren stemmt, dass eine Kasse sich selber ein Bild machen kann, wird sich die Frage gefallen lassen müssen, ob er etwas zu verbergen hat.
    Außerdem lässt das die unzähligen Fälle außer Acht, in denen eine Kasse nach Einsichtnahme in die Behandlungsdokumentationen die Klage doch anerkennt oder sich ein Vergleich schließen lässt. Ganz einfach, weil sie zum Schluss kommt, dass die Unterlagen die Korrektheit der Abrechnung entgegen der MDK-Stellungnahme tatsächlich belegen. Nicht zuletzt lassen sich dadurch auch Prozesskosten minimieren.

    Sorry, aber das muss mal gesagt werden. Ich erwarte jetzt gerne und gelassen den shit-storm ;)

    Viele Grüße

    S.Koch
    Medizincontrolling

  • Hallo Frau Koch,

    ich finde es bemerkenswert, mit welcher Selbstverständlichkeit bisher Krankenkassen Einsichtsrecht in medizinische Unterlagen im Falle von Sozialgerichtsverfahren erlangen.

    Ich habe einen Fall vor Augen, bei dem eine Patientin wegen eines gynäkologischen Kurzeingriffs, der unstreitig eigentlich ambulant durchführbar war, eine stationäre Behandlung erhielt. Grund war, dass die Patientin alleinstehend und somit eine häusliche Versorgung nicht gewährleistet war. Dies und nur dies stand im Aufnahmebefund. Ohne Diskussion erhielt die Krankenkasse Einsichtsrecht.
    Mir ist nicht klar, weshalb die Einsicht des MDK beispielsweise in diesem Fall nicht ausreichend sein soll.

    Ich stelle mir vor, dass meine höchstpersönlichen, teilweise intimen Patientendaten nonchalant vor allen möglichen in einem sozialgerichtlichen Vergütungsstreit ausgebreitet werden, in dem es um einen Streitwert von 1.000 € geht. Dies zum Zwecke der "Waffengleichheit", die problemlos auch mit Hilfe des MDK herbeigeführt werden kann.

    Aber der 1. Senat hat ja schon eindeutig dargelegt: "Vielmehr schöpft "Waffengleichheit" als wertungsplausibles Bild innere, assoziative Strahlkraft aus dem Turnierkampf".

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo medman2,

    na ja, ein besserer Ausdruck als Waffengleichheit ist mir auch noch nicht eingefallen. Ohne dass ich bei einem Sozialgerichtsfall direkt von einem Turnierkampf ausgehen würde. Ein Streitfall kann auch mal im gegenseitigen Einverständnis ganz freundschaftlich gerichtlich geklärt werden ;)

    Da aber die Krankenkasse vor Gericht steht und nicht der MDK (!) ist es doch nachvollziehbar, wenn diese in der Lage sein muss, den gesamten Fall nachvollziehen zu können. Wollen Sie ernsthaft als Kasse einen Fall vor Gericht vertreten mit einem MDK-Gutachten in dem steht "Ambulante Operation wäre ausreichend gewesen" ? Oder "Die Beatmungsstunden sind nicht plausibel" ? Es ist immer noch so, dass die Krankenkassen mit den 301er Daten mehr oder weniger eine black box erhalten, auf deren Basis sie eine Rechnung prüfen muss (gesetzlicher Auftrag). Das ist in Ordnung so. Wenn es aber um eine gerichtliche Auseinandersetzung geht, dann kann es nicht sein, dass eine dritte Instanz (MDK) Einsicht bekommt, die nie vor Gericht erscheinen wird, die beklagte Kasse aber keine Möglichkeiten hat, ihre Argumentation selber an harten Fakten zu begründen. Und dazu braucht es nun einmal mehr als eine mehr oder weniger ausführliche gutachterliche Stellungnahme. Spätestens bei einem Sachverständigengutachten müssen die Dokumentationen beiden Seiten bekannt sein. Hier reicht es nicht aus, wenn das KH alles zum Fall kennt und sich die Kasse auf die Aussagen des MDK oder die 301er Daten berufen muss. Das setzt die Kasse in einen erheblichen Nachteil.

    Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal ein Sozialgerichtsverfahren erlebt haben. Ich kann Sie ansonsten beruhigen, das niemand "nonchalant" irgendwelche intimen Patientendaten ausbreitet. Ein sozialgerichtliches Verfahren ist keine Scripted Reality im RTL-Format, sondern eine sachliche Auseinandersetzung mit einer Thematik. Wobei - ich habe schon den ein oder anderen Chefarzt als Zeugen bei Gericht erlebt, der dann doch mehr mit dem Bauch argumentiert hat :D .

    Schöner ist es natürlich, wenn sich die Parteien vor einer Klage einigen können. Dann stellen sich diese Fragen erst gar nicht. Leider werden aber manche erst gesprächsbereit, wenn man den harten Klageweg geht. Und manchmal hilft auch das nichts.

    Viele Grüße

    S.Koch

  • Moin,

    sofern dann in einem SG-Verfahren anstandslos auch ergänzende UL anerkannt werden, die ggf. bei MDK Prüfung nicht vorlagen oder gewürdigt wurden, mag das auch dem KH nützen...

    Gruß

    merguet

  • Hallo!

    Sag ich doch :thumbup:

    Ob man das mit den ergänzenden Unterlagen allerdings im Rahmen der PrüfVV noch machen kann......Aber das ist ein anderes Thema, was uns sicher alle noch beschäftigen wird. Es wäre auch langweilig, wenn man mal keine Fragen an das BSG mehr hätte :rolleyes:


    Viele Grüße

    S.Koch