Neues vom BSG / LSG

  • Hallo Herr Horndasch,

    die Vorinstanz hat dazu meines Erachtens überzeugend entschieden:

    • "Insbesondere kann auch nicht aufgrund des Umstandes, dass Lungengewebe tatsächlich nicht getroffen wurde, die Biopsie am Bronchus (OPS 1-430.1) als erbrachte Teilleistung zu der geplanten Biopsie an der Lunge angesehen werden. Die hierzu aufgeführten Beispiele 4 und 5 zeigen vielmehr, dass es dabei um Fälle geht, in denen lediglich ein abgrenzbarer Teil einer medizinischen Maßnahme erbracht worden ist, weil ein bestimmtes Ereignis (Herzstillstand, Inoperabilität) zum vorzeitigen Abbruch gezwungen hat. Vorliegend ist aber, wie der Sachverständige dargelegt hat, die Biopsie im Bereich der Lunge komplett durchgeführt worden, sie hat nur letztlich nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Für alle nicht von den Unterziffern 1 bis 4 erfassten Fälle ist in der Unterziffer 5 jedoch ausdrücklich angeordnet, dass die geplante, aber nicht komplett durchgeführte Prozedur zu kodieren ist."

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo,
    andererseits steht da auch drin:

    Zitat

    Ausweislich des OP-Berichts sei es aber entgegen der ursprünglichen Planung nicht möglich gewesen, aus dem Bereich der im CT gesehenen Raumforderungen weitere Proben zu entnehmen, da unter Durchleuchtung keine adäquate Herddeckung habe erreicht werden können

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Guten Morgen,

    der Aufsatz von Prof. Hambüchen zum Rechtsgebaren des BSG ist zwar vermutlich nur eine Stimme im Konzert,

    es tut aber gut, mal eine solch konzise Zusammenfassung des alltäglichen Irrsinns der Sozialrechtsprechung zu lesen.

    merguet

  • Hallo merguet,

    tja, da hat sich mal einer den Frust von der Seele geschrieben und zusammengefasst, was bereits in diversen Urteilsanmerkungen am 1. Senat kritisiert wurde - allein ich befürchte, dass man dort weiterhin getreu dem Sprichwort "Was juckt es die stolze deutsche Eiche wenn sich ein Borstenvieh an ihr wetzt", stur die eingeschlagene Linie verfolgen wird, sofern nicht das BVerfG mal ein Machtwort spricht...

    Eine Änderung der Geschäftsverteilung wäre natürlich eine elegante Lösung, dafür müsste aber der Druck wahrscheinlich noch erheblich höher sein. Zu der hinter vorgehaltener Hand immer mal wieder thematisierten und auch von Prof. Hambüchen angedeuteten ("Vorwurf vorsätzlicher falscher Rechtsanwendung") Anzeige wegen Rechtsbeugung hat sich ja bislang auch noch kein KH hinreißen lassen. ;)

    MfG, RA Berbuir

  • Ich kann die rechtlichen Ausführungen von Prof. Hambüchen natürlich nicht abschließend beurteilen. Ich denke aber, dass der von ihm gewählten Ton eher kontraproduktiv ist, falls es ihm um eine wissenschaftliche Diskussion um die richtige Rechtssprechung gegangen sein sollte. Als einzige Quelle im Artikel einen eigenen Vortrag für eine regionale Krankenhausgesellschaft zu benennen, erscheint mir ehrlich gesagt etwas dürftig.

    Ich sehe es daher wie Herr Berbuir: Da hat sich ein Ehemaliger mal allen Frust der letzten Jahre über seine Nachfolger von der Seele geschrieben!

    Als pointiertes Parteigutachten für die Krankenhausseite im Streit mit dem 1. Senat des BSG ist der Artikel aber gelungen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Die bisherigen Statements - insbesondere das vorangehende - zum Artikel von Dr. Ulrich Hambüchen (einen Professoren-Titel hat er nicht) in Das Krankenhaus 11.2017 möchte ich nicht unkommentiert stehen lassen. Niemand ist verpflichtet, Hambüchens Auffassung zu teilen oder sich seine Argumente zu eigen zu machen. Ihm allerdings das Motiv zu unterstellen, da habe sich einer als "ein Ehemaliger mal allen Frust der letzten Jahre über seine Nachfolger von der Seele geschrieben", zeugt im günstigsten Fall davon, dass man nicht verstanden hat, um was es in der Sache geht. Zudem ist es sachlich falsch, da es sich bei dem Prof. Dr. Hauck (Vors. Richter 1. Senat) nicht um den Nachfolger von Dr. Hambüchen (Vors. Richter 3. Senat a. D.) handelt. Wer Ulrich Hambüchen kennt oder/und sich die Mühe macht, die Rechtsprechung des 3. Senats BSG in der Zeit unter seinem Vorsitz zu verfolgen (und mit der des 1. Senats unter dem Vorsitz von Herrn Hauck zu vergleichen), vermag unschwer zu erkennen, dass ihn – wie übrigens auch andere – eine tiefe Sorge dahingehend umtreibt, dass hier ausgehend von einem der fünf höchsten bundesdeutschen Gerichtshöfe wesentliche Grundlagen unseres Rechtssystems über Bord geworfen werden. Viele der Entscheidungen des 1. Senats des BSG in den letzten Jahren verstoßen eklatant gegen das Gebot der richterlichen Unabhängigkeit und Überparteilichkeit, greifen unmittelbar die Gewaltenteilung an, indem sie sich legislative Entscheidungen anmaßen, scheren sich keinen Deut um Gesetze und bisher gesprochenes Recht, treten verfassungsrechtlich normierte Prinzipien mit Füßen und erschüttern so das Vertrauen in Rechtsstaatlichkeit und die Funktionsfähigkeit unseres Rechtssystems bis in seine Grundfesten. Nach Brockhaus oder Meyers Konversations-Lexikon handelt es sich bei einem Staatsstreich um einen planmäßig gegen die Verfassung gerichteten Umsturz bzw. Umsturzversuch mit Verfassungswidrigkeit als besonderem Merkmal. Angesichts dieser Definition könnte man hier also durchaus den Eindruck eines kleinen, heimlichen und allmählichen Coup d’Etat in einem Segment des Sozialstaats gewinnen. Das geht in seiner Tragweite und Bedeutung weit über irgendwelche Verschiebungen im Interessengegensatz zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern hinaus und muss doch eigentlich den entschiedenen Widerstand eines jeden aufrechten Demokraten, der die Welt nicht nur mit den Scheuklappen seiner Klientelsicht betrachtet, und gerade auch den von einem, der jahrelang an herausragender Stelle für dieses Rechtssystem tätig war, herausfordern

    Ziemlich daneben ist es aus meiner Sicht auch, dem Autor indirekt fehlende Wissenschaftlichkeit zu versuchen anzuhängen, indem eine „etwas dürftige“ Angabe von Quellen behauptet wird, da er angeblich nur „einen eigenen Vortrag für eine regionale Krankenhausgesellschaft“ benennen würde. Zum einen handelt es sich hierbei nicht um einen Vortrag, sondern ein Gutachten im Auftrag der KGNRW. Zum anderen kann man von einem Hobby-Juristen eigentlich erwarten, dass er beim Studium des Artikels die mehr als 30 durch entsprechende Quellenangaben belegten Zitate, Verweise und Belegstellen aus Sozialgerichts-Urteilen, Terminberichten, Gesetzen, Gesetzesbegründungen und Bundestagsdrucksachen sowie einer Stellungnahme des Bundesverbandes der Geriatrie im Text erkennt. Keine Spur also von einer „dürftigen“ Quellenlage. Nur weil einem möglicherweise der Tenor dieses Artikels nicht passt, sollte man nicht gleich mit der Keule der Unwissenschaftlichkeit winken.

    Wäre noch die Kritik am „Ton“ des Artikels, der „eher kontraproduktiv“ sei. Wer zur Anhängerschar oder den Nutznießern der „Recht“-Sprechung des 1. Senats BSG gehört oder die ganze Thematik nur für ein weiteres Klagelied der Krankenhausseite hält , der mag das so sehen. Ungeachtet dessen sei angesichts der Bedeutung des Themas an Theodor Fontane erinnert: „Wer ängstlich abwägt, sagt gar nichts. Nur die scharfe Zeichnung … macht eine Wirkung.“ (Der Stechlin, 32. Kapitel)

  • Hallo Amycolatopsis,

    auch wenn Sie mit einigen Ihrer Korrekturen an den bisherigen Statements hier recht haben ( ich bitte die fehlerhafte Übernahme eines Professorentitels und die Herabstufung eines Gutachtens zu einem Vortrag zu entschuldigen ), ändert das nichts an meiner ganz persönlichen Einschätzung: Ein so aggressiver Ton, wie ihn Dr. Hambüchen in dem Artikel anschlägt, ist einer wissenschaftlichen Diskussion abträglich. Das heißt aber natürlich nicht, dass der Verfasser selber unwissenschaftlich wäre.

    Zuviel Emotionalität und Übertreibung schadet an dieser Stelle eher. Auch wenn Sie mit Fontane eine „scharfe Zeichnung“ bevorzugen: Der Vorwurf des Verfassungsbruchs bzw. Des Staatsstreichs gegenüber dem BSG ist schon harter Tobak, solange sich das Bundesverfassungsgericht nicht dazu geäußert hat. Letztlich geht es doch um keine Grundrechte sondern nur um Abrechnungsfragen!

    Bei den letzten Entscheidungen hat der 1. Senat übrigens 4x gegen die Kassen geurteilt...

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

    Einmal editiert, zuletzt von Breitmeier (12. November 2017 um 23:35)

  • Guten Morgen,

    Nachdem die Krankenhausseite in der Vergangenheit etliche Entscheidungen verwundert zur Kenntnis nehmen musste, sinkt das Vertrauen. Es gelingt uns kaum mehr, irgendwelche Fälle zum SG zu bringen, weil wir, wenn die Sachlage nicht völlig eindeutig erscheint, immer damit rechnen, dass wir vor dem BSG eine Schlappe einfangen.

    Ich bin kein Jurist. Ich halte aber die Argumentation von Prof. Hambüchen nicht für "Frust von der Seele", sondern sie erscheint mir fundiert und sauber argumentiert.

    Als Laie begreife ich z.B. nicht, warum etwa ein so einfacher Satz wie

    "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten."

    zu einer solch endlosen Interpretations und Deutungsschlacht werden kann. Ich hätte als Laie erwartet, dass es um eine so einfache Formulierung gar keine Zankereien geben darf (unabhängig davon, dass ich die AWP von Anbeginn für einen Fehler gehalten habe; sie hat ja auch ihr Ziel, das Bremsen der Prüftätigkeit, verfehlt). Die Unzahl der Auseinandersetzungen, damit verbundener Arbeitsstunden, Rechtsunsicherheiten, und v.a. die vergiftete Atmosphäre zwischen KTR und KH ist eine Folge der Rechtsprechung.

    Auch die Tatsache, dass andere Verordnungsinhalte und Gesetzestexte immer weitere ausgehöhlt werden, kann ich als Laie nicht begreifen (Ich erspare mit die nochmalige Listung der Ungeheuerlichkeiten).

    Prof. Hambüchen ist nicht der Einzige, der die Unvereinbarkeit von Gesetz und Rechtssprechung beklagt. Rechtsfriede kommt nicht auf. So kann es m.E. nicht weitergehen.

    Gruß

    merguet

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,

    Amycolatopsis und merguet haben schon alles gesagt, was ich über die Jahre so verfolge. Gerade das Beispiel mit der AWP ist für mich schon das deutliche Signal gewesen, dass eine Rechtssicherheit kaum noch zu erwarten bzw. zu vermitteln ist, egal wie klar eine Formulierung ist.

    Letztlich geht es doch um keine Grundrechte sondern nur um Abrechnungsfragen!

    Was es nicht erträglicher macht, wenn die Urteile einfach nicht nachvollziehbar sind. Zudem ist es schon interessant, die Klassifizierung von "nur" hier zu sehen, wenn es maßgeblich den täglichen Arbeitsablauf in den Kliniken mitbestimmt und Arbeitszeit vernichtet wird. Aber das ist definitiv auch keine neue Erkenntnis.

  • Hallo,

    Breitmeier :

    Und wie verhält es sich dann mit Art. 20 Abs. 3 GG?

    "(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden."

    /ironie

    VG

    F15.2

    Grüße aus dem Salinental

  • Moin

    Genau das ist die Frage, die letztlich vor dem BVG vermutlich bzw. hoffentlich eine entscheidende Rolle spielen wird

    Gruß

    merguet