Neues vom BSG / LSG

  • Um die Grundfrage der Dokumentationsanforderungen bei Komplexbehandlung scheint vor dem BSG es gar nicht mehr zu gehen, oder?

    wie man dem Terminbericht entnehmen kann, hat sich das BSG natürlich auch hierzu geäußert und die Anforderungen an die Doku entsprechend eng ausgelegt: "Der konkreten Beschreibung der wochenbezogenen Behandlungsergebnisse und eigenständigen Behandlungsziele je Therapiebereich nebst funktions- und personenbezogener Benennung aller teilnehmender Berufsgruppen. "

    Interessant ist insoweit auch, dass das BSG feststellt, "Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG fehlte es für eine höhere Vergütung wegen geriatrischer frührehabilitativer Komplexbehandlung an der gebotenen Dokumentation", während sich im Urteil des LSG die folgende Feststellung fand:

    "Schließlich ist zur Überzeugung des Senats auch das Kriterium der "wöchentlichen Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen mit wochenbezogener Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele" erfüllt. Ausweislich des Formulars "geriatrische Komplexbehandlung Doku wöchentliche Teambesprechung" fanden Besprechungen am 23.01., am 30.01. und am 06.02.2009 statt. Aus diesem Formular ergibt sich ferner, dass die Bereiche "Ärzte", "Pflege", "Physio-/Physikalische Th.", "Ergotherapie/Logopädie" und "Sozialdienst/Pflegeüberleitung/Seelsorge" an den Besprechungen beteiligt waren. Für diese Bereiche ist der jeweilige, zum Besprechungszeitpunkt bestehende Status und bereichsbezogen eine Zielbestimmung niedergelegt. Den Anforderungen der Dokumentation ist hierdurch Genüge getan. [wird ausgeführt]"

    Es dürfte spannend werden, ob sich der 1. Senat mit den ausführlichen Überlegungen des LSG zu den Dokumentationsanforderungen bei Komplexkodes tiefergehend auseinandersetzt...

    MfG, RA Berbuir

  • Hallo Herr Rembs, hallo Herr Berbuir,

    vielleicht war von Ihnen ja schon einmal jemand beim BSG. Wie lange dauert so ein Termin eigentlich? Immerhin ist der Terminbericht bereits um 14:20 Uhr veröffentlicht.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo Medman2,

    wie Sie der oben verlinkten Terminvorschau entnehmen können, waren für die 3 Sachen je 40 Minuten angesetzt. Dies läuft dann idR so ab, dass zunächst ein kure Einführung in den Streitstand durch den Berichterstatter (das Mitglied des Senats, welches das Urteil später schriftlich ausformuliert) erfolgt, dann erhalten die Parteien das Wort und können in mehr oder weniger ausführlichen Plädoyers noch einmal Ihre Sicht darstellen, ggf. folgt dann noch ein kurzes Rechtsgespräch bevor die Anträge gestellt werden und der Senat sich zur Beratung zurückzieht. Dies dauert dann meist nicht sehr lange, da ja die Entscheidungen meist schon vor dem Termin umfassend vorbereitet wurden. Der Senat kommt zurück und verkündet das Urteil, sofern eine Partei dies wünscht, folgt dann noch eine kurze mündliche Begründung. Natürlich können bei dem Ablauf auch schon einmal Verzögerungen eintreten, aber nach meiner Erfahrung dauert das Ganze meist nur 30-60 Minuten pro Fall, eine tiefergehende inhaltliche Diskussion erfolgt in der mündlichen Verhandlung nicht, dafür gibt es die vorbereitenden Schriftsätze.

    Der Terminbericht kann natürlich dann ebenfalls bereits vorbereitet in der Schublade liegen, weshalb die Veröffentlichung entsprechend kurzfristig möglich ist, wobei die Regel eher eine Veröffentlichung am Folgetag ist.

    MfG, RA Berbuir

  • Hallo zusammen!

    Das Geriatrie Urteil hat mich sehr überrascht. Im Nachhinein hat das klagende Krankenhaus jetzt doppelt verloren ( Einsichtsrecht und Dokumentationstiefe).

    Das Urteil zum Weaning, welches mit Hochspannung erwartet wurde, scheint dagegen ja unspektakulär ausgegangen zu sein ( Rückverweisung zur Sachaufklärung). Also ist hier keine Auslegungshilfe für die unsägliche DKR 1001 zu erwarten, oder?

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo Breitmeier,

    naja, also nach dem Terminsbericht würde ich schon damit rechnen, dass das BSG hier Auslegungshinweise für das LSG reinpackt, denn offenbar war es von den rechtlichen Ausführungen des LSG zur Auslegung der DKR nicht überzeugt. Anders als im dritten Fall waren ihm die Feststellungen aber offenbar nicht konkret genug, weshalb die Zurückverweisung zur weiteren Sachaufklärung erfolgte.

    MfG, RA Berbuir

  • ich erlaube mir mal den Hinweis auf die Mitteilung der DKG zur Strafanzeige gegen den 1. Senat, bin ja mal sehr gespannt, ob da mehr als eine unverzügliche Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO bei rauskommt... :/

    Falls jemand im Forum genauere Hintergründe kennt, wären wir wohl alle an den Details interessiert. :D

    MfG, RA Berbuir

  • Guten Morgen,

    ich bin jetzt mal neugierig:

    Was würde denn passieren, wenn die StA das Verfahren nicht einstellt?

    Welches Gericht wäre denn dann zuständig?

    Gesetzt dem Fall ein Gericht entscheidet dann, dass die Urteile Rechtsbeugung waren, werden die Urteile dann einfach ungültig? Müssten sie neu verhandelt werden? Ginge ja schlecht beim 1. Senat

    Was würde das für die KH bedeuten, die aufgrund dieser Urteile Rechnungskürzungen von den KKn hatten hinnehmen müssen? (Verjährung käme ja nicht zum tragen)

    Interessantes Thema. :)

    stellv. Leitung Medizincontrolling
    Fachwirt Gesundheits- und Sozialwesen (IHK)
    MDA

  • Hallo papiertiger_2,

    bin kein Strafrechtler, daher nur soviel: Zuständig wäre nach §§ 7 ff StPO entweder das Gericht am Ort der Tat - also Kassel - oder am Wohnsitz des Täters. Ob die Sache vor dem Amts- oder Landgericht landet, richtet sich nach § 24 GVG, wobei ich im Falle einer Anklage von obersten Bundesrichtern definitiv einen Fall des Abs 1 Nr. 3 3. Alt. bejahen würde. Die Urteile des BSG wären weiter rechtskräftig, ggf. hätten aber die im jeweiligen Verfahren unterlegenen KH dann einen Schadensersatzanspruch nach Amtshaftungsgrundsätzen, § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Auch könnte eine Wiederaufnahme abgeschlossener Verfahren nach § 179 SGG beantragt werden. Zudem wäre wohl damit zu rechnen, dass sich die Instanzgerichte nicht mehr an die Rechtsaufassungen aus den BSG-Urteilen halten (was sie auch so nicht müssen - Stichwort richterliche Unabhängigkeit). Inwieweit dann auch unbeteiligten KH, die allein aufgrund der Urteile eigene Ansprüche nicht (weiter)verfolgt haben, Schadensersatzansprüche zustehen, müsste man prüfen, sehe ich aber eher kritisch. Für einen rechtskräftig verurteilten Richter zieht dies den Verlust des Richteramtes gem. § 24 DRiG nach sich.

    Aber wie gesagt, die Hürden für eine Verurteilung sind sehr hoch, ich könnte mir allenfalls vorstellen, dass mit der Anzeige zumindest politischer/öffentlicher Druck aufgebaut wird, in dem Sinne, dass entweder der Gesetzgeber die Thematik klarstellt oder aber das Präsidium durch eine Neuzuordnung der Zuständigkeiten (ähnlich der damaligen "Entmachtung" des 3. Senats) die Thematik zukünftig in andere Hände legt...

    MfG, RA Berbuir

  • Nach meinem Kenntnisstand gibt es diese Anzeige eines Berliner Krankenhauses und eine weitere Anzeige einer Privatperson, Details unbekannt.

    Eine solche Anzeige erfolgt - Herr Berbuir möge mich korrigieren - bei der zuständigen Staatsanwaltschaft am Sitz des Gerichts, dessen Richter man anzeigt. Wobei ich nicht weiß, ob das bei den obersten Bundesgerichten genauso ist. Welche Folgen eine Verurteilung für die fraglichen abgeschlossenen Verfahren im Einzelnen hätte, lässt sich pauschal m. E. nicht beantworten und wäre auch nicht Gegenstand eines Strafverfahrens. Insofern wäre das spekulativ. Die Folge für einen verurteilten Richter allerdings wäre der Amtsverlust (einschließlich des Verlusts der Pensionsansprüche).

    Nach BGH-Rechtsprechung setzt ein Verfahren/eine Verurteilung wegen Rechtsbeugung den ("bedingten") Vorsatz zum Rechtsbruch, also bewusstes, zielgerichtetes Handeln voraus. Hanebüchene, "unvertretbare" Urteile reichen dafür nicht. Wie Herr Berbuir glaube ich daher auch eher an eine Verfahrenseinstellung. Ungeachtet dessen hat allein eine solche Anzeige schon eine Signalwirkung und es würde m. E. durchaus auch Sinn machen, wenn es nicht bei diesen zwei Anzeigen bliebe. Zum einen würden mehrere derartige Anzeigen es erleichtern, den 1. Senat in einem konkreten Termin wegen Befangenheit abzulehnen. Und zum anderen führen sie ja möglicherweise zum Nachdenken bei der Führung des BSG oder dem Dienstherrn ...