Neues vom BSG / LSG

  • Hallo,

    wenn die Auslegung streng/eng am Wortlaut erfolgt, ergibt sich die Erfordernis, höchst präzise zu formulieren, alle Eventualitäten abzudecken und dies auch noch möglichst prägnant. Das ist schlicht nicht möglich. Da kann man den Kodedesignern keinen Vorwurf machen.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Herr Merguet ich stimme Ihnen voll zu. Das angestrengte Verfahren erscheint abstrus und realitätsfern.

    Anders herum gibt es bestimmt auch Fälle, in denen fitte Pat „unbedingt“ für 72,1 Stunden aus natürlich rein medizinischen Gründen auf der Stroke Unit behandelt werden und dann direkt von da nach Hause entlassen werden. Wenn es um Geld geht ist dem menschlichen Einfallsreichtum keine Grenze gesetzt. Alle diese Winkelzüge ex-ante zu antizipieren und mittels Hinweisen im OPS auszubremsen wird nicht klappen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Laut Terminbericht zur Sitzung vom 21.03.2018 hat im zweiten Fall tatsächlich mal wieder ein KH beim 1. Senat gewonnen (sic) 8o hört sich aber nach den Angaben aus den Vorinstanzen auch so an, als wenn die Kasse da ein wenig zu sehr darauf vertraut hat, dass der 1. Senat es trotz insgesamt 5 Sachverständigengutachten schon in ihrem Sinne richten wird... ^^

  • Das LSG RLP hat auf die Berufung einer KK ein Urteil des SG Speyer aufgehoben, mit dem sie zur Zahlung einer AWP verurteilt wurde. Die KK hatte in einem Fall aus 2012 (!) durch den SMD einen OPS prüfen lassen, der jedoch letztlich anerkannt wurde. Die daraufhin abgerechnete AWP wurde ebenfalls in 2012 gezahlt. Im Jahr 2014 kam die KK dann plötzlich mit der vom BSG gestützten Argumentation um die Ecke, das KH habe es versäumt, die Rehadaten nach § 301 Abs. 1 Nr. 8 SGB V a.F. mitzuteilen, weshalb die AWP nicht zu zahlen sei (im Prüfauftrag hatte die KK noch gefordert, es sollten "kostenintensive OPS"(!) geprüft werden). Nach Verrechnung klagte das KH auf Zahlung der AWP und hatte damit auch in erster Instanz Erfolg.

    Das LSG schließt sich nun jedoch dem BSG und dessen Erfindung der sachl-rechnerische Fallprüfung an und bewertet diesen Fall als ebensolche. Die Regelung des § 275 Abs. 1c S. 4 SGB V entfalte keine Rückwirkung (wohl aber offenbar die Rspr. des BSG ab 2014...). Auch eine Verwirkung sei vorliegend nicht einschlägig. Die Revision wurde nicht zugelassen.

    Es bleibt zu hoffen, dass die Richter in Karlsruhe dem Ganzen noch Einhalt gebieten, ansonsten sehe ich für AWP in Kodierungsfragen vor 2016 schwarz... ;(

  • Hallo,

    jetzt wissen wir endlich wie die Dokumentation beim OPS 8-550.1 korrekt ist:
    Zu dokumentieren sind konkret wochenbezogen jeweils Behandlungsergebnisse und eigenständige Behandlungsziele je Therapiebereich aufgrund der wöchentlich stattfindenden gemeinsamen Teambesprechung einschließlich der personenbezogenen Benennung aller teilnehmenden Berufsgruppen nach ihren Vertretern und der fachärztlichen Behandlungsleitung. Dies erfordert nach allgemeinem Sprachgebrauch eine planvolle, geordnete zielgerichtete Zusammenfassung. Es geht um die konzentrierte Darstellung eines strukturierten Dialogs (der wöchentlichen Teambesprechung) nach fachärztlicher Behandlungsleitung, teilnehmenden Berufsgruppen, Ausgangspunkt (bisherige Behandlungsergebnisse) und Ergebnis der Besprechung (weitere Behandlungsziele). Inhalte haben alle Berufsgruppen (ärztliche Behandlung, die vier benannten Therapiebereiche, Pflege, Sozialdienst), nicht nur die bislang tätig gewordenen Therapiebereiche beizusteuern. Die Therapiebereiche, die in der vergangenen Woche seit der letzten Teambesprechung den jeweiligen Versicherten behandelt haben, haben erreichte und damit zugleich ggf (noch) nicht erreichte, aber schon angestrebte konkrete Behandlungsergebnisse mitzuteilen. Dies schließt mit ein, dass die bislang nicht tätig gewordenen Berufsgruppen ihrerseits ihren Sachverstand mit einbringen, Vorschläge für ihren Bereich unterbreiten und sich an der Festlegung der Behandlungsziele für die jeweils nächste Woche diskursiv beteiligen. Die Behandlungsziele sind angesichts des im Wortlaut mehrfach hervorgehobenen Teamgedankens das Ergebnis der gemeinsamen Beratung von Vertretern aller Berufsgruppen unter dokumentiert fachärztlicher Behandlungsleitung. Dem zu bezeichnenden Facharzt mit Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich "Klinische Geriatrie" kommt dabei die Moderation und Gesamtverantwortung zu. Die Wochenbezogenheit und der organisatorische Rahmen für die Einbindung des gesamten Teams in die Umsetzung der Behandlungsziele, auch wenn nicht alle Teammitglieder an der wöchentlichen Teambesprechung teilnehmen (können), erfordern eine möglichst konkrete, für alle Teammitglieder nachvollziehbare Beschreibung des Ist-Zustandes und der weiteren Behandlungsmaßnahmen........

    Er muss zur erforderlichen Frührehabilitation einer spezifischen, konkreten, mehrstimmigen, aber konzertierten Therapieantwort des aus verschiedenen Berufsgruppen bestehenden Teams bedürfen. Hierzu zählen die Ärzte, die vier Therapiebereiche und jedenfalls auch das Pflegepersonal und der Sozialdienst. Insbesondere muss erkennbar sein, welcher jeweils eigenständige Beitrag von jedem der vier genannten Therapiebereiche (Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/fazioorale Therapie, Psychologie/Neuropsychologie) für den einzelnen Patienten in Abstimmung mit den anderen Therapiebereichen zur Erreichung des Therapieziels im Rahmen des teamintegrierten Einsatzes erbracht werden kann und noch zu erbringen ist. Vertreter aller Berufsgruppen müssen dokumentiert bei der wöchentlichen Teambesprechung anwesend sein. Hierzu sind alle Teilnehmer individuell und nach ihrer Berufsgruppen zu bezeichnen. Denn OPS 8-550 unterscheidet sich von den anderen Prozeduren mit Dokumentationspflicht dadurch, dass sie als einziger vierstelliger OPS-Kode ausdrücklich die Beteiligung aller Berufsgruppen anordnet. Die Team-Abstimmung muss aus der Dokumentation als qualifizierter konkreter Handlungsanleitung klar ersichtlich hervorgehen. Allgemeine Formulierungen, die Bezeichnung bloßer Globalziele (zB Steigerung der Selbstständigkeit, Mobilität) genügen nicht. Dementsprechend fordert der OPS bei etlichen Komplexbehandlungen nach seinem Regelungssystem eine wochenbezogene Dokumentation, wenn sich die Komplexität (auch) aus der Unterschiedlichkeit der Therapiebereiche ergibt und deswegen ein erhöhter Abstimmungsbedarf besteht. ......

    Die Dokumentation kann orientiert an dem professionellen Horizont der Therapeuten adressatengerecht knapp und abgekürzt erfolgen. Auch schließt der Wortlaut des OPS 8-550 Bezugnahmen auf ausführliche Darstellungen an anderer Stelle nicht aus.

    Quelle: Das Bundessozialgericht Urteil vom 19.12.2017, B 1 KR 19/17 R 

    Noch Fragen?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • medman2: Die Verfahrensdauer beim BVerfG ist sehr unterschiedlich, wenn Sie mal auf die Liste der aktuell anhängigen Verfahren schauen, finden Sie dort Fälle, die bereits seit mehreren Jahren anhängig sind (z.B waren die aktuell entschiedenen Beschwerden zur Grundsteuer teilweise aus dem Jahr 2011 aber auch aus 2015 - erkennbar an den jeweiligen Aktenzeichen). Wonach die Fälle zur Verhandlung ausgewählt werden, ist unterschiedlich, lt. Aussage des BVerfG sind "beispielsweise die Art der Sache sowie ihre politische und soziale Bedeutung" zu berücksichtigen. Es wurden Verfahren wegen überlanger Verfahrensdauer angestrengt, bei Fällen die erst 5 Jahren nach Einreichung beim BVerfG entschieden wurden, wobei teilweise eine zu lange Dauer festgestellt wurde, während in anderen Fällen noch eine angemessene Dauer attestiert wurde. Der Umstand, dass die AWP-Fälle aktuell auf der Jahresvorschau für 2018 geführt werden ist ein gutes Zeichen, aber eben keine Garantie. Spätestens 2022 wissen wir also mehr... 8o:saint:

    E_Horndasch:

    Da kann sich das DIMDI ja mal ein Beispiel dran nehmen und der OPS-Katalog wird dann 3000 Seiten lang, aber wenigstens sind dann doch alle Unklarheiten beseitigt und wir sparen uns mehrjährige Klageverfahren... :P

    Zur eigentlichen Fragestellung der Revision - Einsichtsrecht der KK in die Patientenakte im Klageverfahren - war die Entscheidung ja keine Überraschung. Interessant aber die Rz.19: "Das SGB V sieht bei Streit über Krankenhausvergütung vorprozessual kein Verwaltungsverfahren mit Amtsermittlung vor. Erst der vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) geprägte Rechtsschutz des SGG ermöglicht als folgerichtige Ergänzung eine umfassende Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts. Er eröffnet die nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast eintretenden Folgen, wenn Beteiligte sich weigern, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Die damit verbundenen rechtsstaatlichen Garantien, namentlich der Anspruch auf rechtliches Gehör, stehen weder zur Disposition des Gerichts noch eines Beteiligten, hier der Klägerin." Da bin ich ja mal gespannt, ob das BSG das genauso sieht, wenn die angebliche PrüfvV-Ausschlussfrist dort verhandelt wird...:rolleyes:

    MfG, RA Berbuir