Neues vom BSG / LSG

  • Hallo,

    das ist interessant. Wie kann die beklagte Krankenkasse die Revision in Fall 5 nach Verkündung der Urteile in den Fällen 6 bis 8 zurücknehmen?

    Viele Grüße

    M2.

  • naja auch die anderen Entscheidungen zur PrüfvV sind absolut hart für die Krankenhäuser.

    Hallo,
    das war aber nach den Entscheidungen der LSGs zu erwarten. Interessant ist eher die Beweislage bei verschickt oder nicht verschickt? Da werden wir noch viel Freude bekommen.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo,

    naja auch die anderen Entscheidungen zur PrüfvV sind absolut hart für die Krankenhäuser.

    Hier müssen vermutlich eine Unmenge an Klagen zurückgenommen werden..

    BG

    Hallo Sozialrechttitan,

    Wenn ich die Terminberichte richtig verstehe, haben die Krankenhäuser doch mehrheitlich in diesen Verfahren zur PrüfvV zumindest teilweise Recht bekommen und eine Rückverweisung an die LSG erreicht. Ich glaube, Sie sehen es zu pessimistisch.

    Ich denke eher, dass die Urteile zu einer nachhaltigen Erhöhung einerseits der Kodierqualität in den Kliniken führen ( weil die nicht mehr nachträglich beliebig viele Diagnosen und Prozeduren aus dem Ärmel ziehen können) und andererseits auch der MD Begutachtung, weil nur vom MD tatsächlich geprüfte Sachverhalte dahingehend „safe“ sind.

    Genauso dürfte sich die Anforderung von Unterlagen durch den MD präzisieren/ konkretisieren und die Zusendung dieser Unterlagen durch die Kliniken.

    Wenn der digitale Austausch endlich kommt, sollte sich die Nachvollziehbarkeit der Datenlieferung ja wohl massiv vereinfachen. Bis dahin entnehme ich den Urteilen, dass das BSG keinen Grund hatte, an den Angaben des MDK zu fehlenden Unterlagen zu zweifeln- und die klagenden Kliniken scheinen es in den konkreten Fällen auch nicht bestritten haben.

    Ich persönlich finde die BSG Urteile ( wieder mal) sehr ausgewogen und gut nachvollziehbar.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo,

    das ist interessant. Wie kann die beklagte Krankenkasse die Revision in Fall 5 nach Verkündung der Urteile in den Fällen 6 bis 8 zurücknehmen?

    Viele Grüße

    M2.

    Guten Morgen,

    ich versuche es mal, dass ich es zusammen bekomme... alle Fälle wurden mündlich ausführlich verhandelt.

    Nachdem alle Fälle, darunter der vorliegende fünfte Fall, verhandelt wurden, zog sich der Senat beratend zurück. Nach Rückkehr aus der Beratung verkündete der Vorsitzende Richter zum gleichgelagerten Verfahren Az. B 1 KR 34/20 R das Urteil und wies die Revision der Krankenkasse zurück. Er führte aus, dass § 7 Abs. 5 PrüfVV a.F. der nachträglichen Veränderung des Datensatzes keinesfalls entgegenstand, weil der beichtigte Teil nicht Gegenstand des eigentlichen Prüfverfahrens war.

    Zum fünften Fall, beklagter war dort ebenfalls die AOK Bayern wie bei 34/20 wies der Richter nach Verkündung des Urteils darauf hin, dass er diese Ausführungen ebenso auf die Neufassung der PrüfVV als berechtigt erachtet. Er fragte deshalb die Vertreterin der AOK Bayern, ob auch die Angelegenheit B 1 KR 33/20 R entschieden werden solle oder ob diese nicht lieber zurückziehen möchte. Die Vertreterin der AOK hat den Rückpass gerne angenommen und die Revision zurückgenommen.

    Tja das war wohl eine gewisse Wohltat gegenüber dem Kostenträger?!? Warum das so gelaufen ist... keine Ahnung.

    Vielleicht ist es ein neuer Stil des Vorsitzenden, den dann auch Kliniken in Zukunft genießen dürfen, wenn es mal anders herum laufen sollte ;)

    An sich bewerte ich die Urteile in der Fragestellung Nachabrechnung eher als positiv zu Gunsten der Kliniken ein.


    MfG
    Ductus
    Die Welt ist global, das Denken lokal

  • Hallo zusammen,

    ich denke auch, dass die Urteile recht vorhersehbar waren. Dass die bloße Umsetzung des MDK-Prüfergebnisses bei einem Mehrerlös sich von den KK nicht über § 7 Abs. 5 verhindern lässt lag m.E. auf der Hand und wurde auch in den Instanzen fast überwiegend so gesehen.

    Bzgl. des Unterlagenversands an den MDK hat das BSG mE den KH noch eine Hintertür offen gelassen, indem es eben ausführt, dass man seinen Zahlungsanspruch nicht mehr mit vom MDK "konkret angeforderten" Unterlagen begründen darf. Vorbehaltlich der schriftlichen Urteilsgründe würde ich daraus ableiten, dass die KHs in allen Fällen, wo der MDK die Auswahl der nötigen Unterlagen mittels Textbaustein an die KH delegiert hat, aus dem Schneider sind... 8o Evtl. können die Ohrenzeugen der Verhandlung dies noch erhellen?

    Zur Revisionsrücknahme, das Vorgehen des BSG ist so üblich, wenn eben eine Mehrzahl von gleichgelagerten Verfahren verhandlt wird, haben ja die Parteien letztlich nichts davon, wenn sie 10 Urteile mit derselben Begründung erstreiten - und das BSG erspart sich etwas copy&paste-Arbeit. Mit der Rücknahme spart die KK oder das KH dann noch etwas Gerichtskosten.

    Beste Grüße

    RA Berbuir

  • Zitat

    Wenn ich die Terminberichte richtig verstehe, haben die Krankenhäuser doch mehrheitlich in diesen Verfahren zur PrüfvV zumindest teilweise Recht bekommen und eine Rückverweisung an die LSG erreicht. Ich glaube, Sie sehen es zu pessimistisch.

    Guten Tag Herr Breitmeier,

    nun, ich nutze Ihre Argumentation (nicht persönlich, aber stellvertretend) mal wieder für eine grundsätzliche Überlegung. Jahrelang war eine Forderung der Kassen, dass "korrekt" abgerechnet werden solle. Unter dieser Nebelkerze funktionieren derzeit auch die vielen Regulierungsversuche der Politik.

    Tatsache ist aber, dass es kleinliches Gezerre um gesehene oder nicht gesehene Nachweise oder Dokumente gibt. In fast allen SG-Verfahren, die ich kenne, wird monatelang um Ausschlussfristen gerungen, Exegese von Verordnungen betrieben etc.

    Um die Sache, also um die Frage, was hat der Patient tatsächlich bekommen, geht es immer seltener.

    Es geht auch nicht darum

    Zitat

    beliebig viele Diagnosen und Prozeduren aus dem Ärmel ziehen

    sondern in einigen Fällen ging es darum, dass vom MDK gefundene Sachverhalte von den KTR dennoch abgelehnt wurden. Und in anderen ging und geht es darum, dass objektiv gegebene Sachverhalte aufgrund von Formalia nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, obwohl sie völlig unstreitig gegeben waren. Das Thema der Komplexität der Abrechnung und ihrer Regeln ist uns doch allen klar, das müssen wir nicht mehr besprechen.

    Auch hier gilt, wie bei OPS-Strukturen: Die Kosten bleiben im System und verteilen sich später nur anders.

    Das indes große Beträge klar nachweisbarer Maßnahmen wegen Verfristung der Lieferung von Nachweisdokumenten verfallen, halte ich auch weiterhin für einen Skandal. Das Nachberechnungen klar nachweisbarer Maßnahmen nicht mehr möglich sind, ebenso.

    Man zwingt KH in zwei Richtungen: Nachberechnungen werden ausgeschlossen, wenn sie auch noch so begründet sind, wenn sie auch technischer Natur sind oder was auch immer. Und Korrekturen ZUGUNSTEN der KTR werden auch unmöglich gemacht, was dann hinsichtlich Quoten der MDK Prüfungen wieder gegen KH genutzt wird.

    Insofern ist es für mich wenig befriedigend, wenn KH in dieser Sache "teilweise" recht bekommen. Aber mittlerweise ist man so geschädigt, dass man das noch mit "immerhin" zur Kenntnis nimmt.

    Und zu beatmeten Schockraum-Patienten, wenn auch verlegt:

    Das ist endgültig geschmacklos. Hier geht es nicht um mengenanfällige Leistungen. Hier geht es auch nicht um Fehlallokation. Hier geht es um Maximalmedizin, von der nun ein Teil - ein bedeutender Teil - in den ambulanten Bereich gequatscht wird.

    Einlieferung, Intubation, Beatmung, Stabilisierung, Großgerätediagnostik, Labor, US, vieles mehr.

    mindestens Fachdisziplinen Ärztinnen und Ärzte (Anästh. Chir, Radiologie, Innere) , Pflege der Ambulanz, Anästhesiefachpflege, MRTA, Laborkräfte, Assistenzpersonal.

    Alles in mind. 4-Ärztinnen und Ärzte, mind. 4 Pflege / MRTA + technischen Aufwand, Materialkosten etc.

    Das alles für eine Ambulanzpauschale + Großgeräte, ganz zu schweigen von den Vorhaltekosten bwz den Kostenanteilen an med. und nichtmed. Infrastruktur. Im Ernst:

    Es war eine Zumutung, dass die Kassen das überhaupt verlangt haben. Das gilt auch für die Fälle der Patienten, die nach kurzer Zeit versterben. Nun ist es manifest. Im Vorliegenden Falle relativ zügige Verlegung.
    Ein Kollateralschaden auf immer umfangreichere Versorgungen darf angenommen werden.

    Zitat

    (wieder mal) sehr ausgewogen und gut nachvollziehbar

    finde ich daher leider insbesondere im Hinblick auf die SR-Problematik all das nicht. Leser*Innen mögen sich den Jubel in unseren zentralen Notaufnahmen, auch für die Wertschätzung ihrer Arbeit, vorstellen.

    Gruß

    merguet

  • Hallo Ductus, hallo Herr Berbuir,

    besten Dank für die Erläuterung. Ich wusste nicht, dass die Fälle erst konsekutiv verhandelt und dann konsekutiv die Urteile verkündet werden.

    Viele Grüße

    M2

  • Lieber Herr Merguet,

    Ich kann ja nachvollziehen, dass Sie über viele Entwicklungen im DRG System enttäuscht, vielleicht sogar frustriert sind, mir geht es mit anderen Dingen ähnlich. Ich finde auch Abrechnungen einiger Kliniken „geschmacklos“- aber so ist halt das System ( „Mischkalkulation“) Der Ehrliche ist auch hier nicht selten der Dumme. Ich finde es leider auch nicht tröstlich, dass das Geld nur innerhalb des Systems anders verteilt wird.

    Ohne Frage wird die Vergütung für den Schockraumpatienten nach BSG Urteil nicht sachgerecht sein. Dasselbe mag für Fälle gelten, in denen Beatmungsparameter 15 Minuten über den Fallsplit dokumentiert werden usw usf. Ich glaube, diese Diskussion bringt uns hier nicht weiter.

    Die Argumentation des BSG zur Fehlenden Aufnahmeentscheidung im Schockraum finde ich nachvollziehbar und konsequent, jede andere Entscheidung wäre auch angreifbar und willkürlich gewesen.

    Mein Beitrag oben fokussierte ja aber eigentlich auf die anderen Urteile zur PrüfvV und deren negative Bewertung durch Sozialrechttitan. Und diese BSG Urteile sind so, dass weder Krankenhäuser, noch MDK noch Kassen damit uneingeschränkt zufrieden sind- und dann sind es m.E. eben ausgewogene Urteile. Man konnte doch wohl nicht ernsthaft erwarten, dass angesichts der klaren Formulierungen im $ 7 der PrüfvV die Fristen für die Krankenhäuser überhaupt keine Bedeutung haben würden? Und es war auch abstrus, dass ein paar Kassen eine Rechnungskorrektur nach MDK Gutachten nur dann zulassen wollten, wenn sich der Erlös nicht verteuerte…

    Wenn Kassen und DKG es nach bald 20 Jahren DRG System einfach nicht eindeutig regeln wollen, darf man sich m.E. nicht beschweren, wenn Juristen dies für sie tun, dann aber zurecht auch nur nach juristischen Masstäben…

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Guten Morgen,

    leider dringe ich mit meiner Argumentation nicht durch. Die VO und Gesetze zementieren einen Zustand, der durch zähes Ringen entstanden ist. An jeder Stelle könnten die Parteien, die Verordnungsgeber und Sozialrichter das anders machen, tun es aber nicht.

    Die alte Forderung nach "korrekter" Kodierung bzw. Rechnung wird dann begraben, wenn daraus Forderungen der Leistungsseite entstehen, und seien sie noch so begründet. Der Effekt nutzt der Kassenseite nicht. Denn die Kosten bleiben im System und müssen nur anders verteilt werden. Einen kurzfristigen Liquiditätseffekt mag es geben. Mittel- bis langfristig wird das Gegenteil des erwünschten erreicht, da die Kosten pauschal auf andere DRG- Anteile umgeschichtet werden. Dies bewirkt keine Schärfung oder Konzentration, sondern eine Verwässerung des Systems.

    Wenn es eindeutige Beweise für eine teure Maßnahme gibt, könnte man das als Kostenträger auch akzeptieren. Im Übrigen: Es gibt viele, mit denen das völlig unproblematisch möglich ist, natürlich nur in wenigen Einzelfällen. Im Gegenzug sind auch leistungsseitig Korrekturen über die starren Abläufe hinaus möglich, eine Frage des Miteinanders.

    Hier:

    Zitat

    Ohne Frage wird die Vergütung für den Schockraumpatienten nach BSG Urteil nicht sachgerecht sein. Dasselbe mag für Fälle gelten, in denen Beatmungsparameter 15 Minuten über den Fallsplit dokumentiert werden

    Werden zwei Sachverhalte vermischt. Das erste ist die Frage nach ambulant vs. stationär. Im Ergebnis werden intubierte und beatmete Schockraumpatienten als primär fehlbelegt eingestuft. Wahnsinn. Der Hinweis auf die fehlende Aufnahmeentscheidung ist ein Konstrukt, denn eine Entscheidung ist im Moment, da der Patient über die Schwelle des KH kommt, gefallen. Wenn man dann anhand der fachlichen Notwendigkeit die Weiterverlegung veranlasst, ist das keine Entscheidung gegen eine Aufnahme, sondern eine Entscheidung nach Feststellung der Sachlage, dass eine Verlegung stattfinden muss. Man könnte das auch anders werten, nämlich, dass die Aufnahme bereits stattgefunden hatte.

    Remember: ambulare (lat).: umherwandeln. Groteskt.

    Der zweite Sachverhalt impliziert bereits wieder einen Vorwurf. Das gehört hier nicht her.

    Gruß

    merguet

  • Frohe Pfingsten !

    Im Ergebnis werden intubierte und beatmete Schockraumpatienten als primär fehlbelegt eingestuft. Wahnsinn. Der Hinweis auf die fehlende Aufnahmeentscheidung ist ein Konstrukt,

    Wenn man dünnhäutig wäre, könnte man das Wort „Wahnsinn“ auch als Vorwurf verstehen. 😜.

    Ich bin mir sicher, dass Sie und viele andere hier verstehen, was ich meine: Es ist nicht ehrlich und überzeugend, wenn eine Seite bei vermeintlichen Kostenvorteilen für sich eine grosszügige oder sachgerechte Vergütung ohne Rücksicht auf hemmende Formalien einfordert, bei anderen Sachverhalten aber auf Formalien besteht, wenn die Vergütung dadurch maximal hoch bleibt. Ich beziehe das ausdrücklich auf beide Seiten.

    Zum zweiten Punkt muss ich Ihnen aber widersprechen: Die Aufnahmeentscheidung ist kein Konstrukt, sondern zuallererst eine ärztliche Entscheidung. Alle Interessierten kennen die seit Jahren „gefestigte“ Rechtssprechung des BSG dazu, dass diese Aufnahmeentscheidung erst nach einer Aufnahmeuntersuchung getroffen werden darf und prospektiv für mindestens einen Tag und eine Nacht gelten soll.

    Ich sehe wirklich nicht, warum ein oberstes Bundes-Gericht diese Grundsätze für einen Einzelfall über Bord werfen sollte? Jeder Arzt wäre im streitgegenständlichen Fall nach der Aufnahme-CT- Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser Patient keinesfalls einen Tag und eine Nacht in dem KHS A verbleiben sollte, welches keine Neurochirurgie hat!

    Das wirkliche Problem ist doch gar nicht die BSG Entscheidung zur Aufnahme, sondern nur die geringe Höhe der Ambulanten Notfallvergütung.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier