Neues vom BSG / LSG

  • Hallo zusammen,

    ich halte es für möglich, dass aufgrund des in ähnlicher Sachlage ergangenen BSG-Urteils B 1 KR 11/20 R das KH komplett zurückgezogen hat.

    Aus dem Urteil B1 KR 11/20:

    "22

    Eine über Intubation und Beatmung hinausgehende organisatorische Eingliederung der Versicherten in die Infrastruktur des klägerischen Krankenhauses kann auch nicht allein daraus hergeleitet werden, dass die Behandlung in einem Schockraum erfolgte. Das Vorhandensein einer die Möglichkeit der Lebensgefahr einschließenden Indikation bei der Versicherten und die Verwendung einzelner technischer Apparaturen, die auch in der Intensivmedizin zum Einsatz kommen, geben der Behandlung im Schockraum nicht bereits das Gepräge einer intensivmedizinischen Behandlung mit der Folge einer vollstationären Eingliederung. Vielmehr setzt die vollstationäre Behandlung auch im Fall der Intensivmedizin eine entsprechende Aufnahme in das behandelnde Krankenhaus voraus, das heißt die Entscheidung, den Versorgungsauftrag für Intensivmedizin wahrnehmen zu wollen. [...] Auch ist eine - kurzzeitige - Aufnahme der Versicherten auf die Intensivstation des Krankenhauses nicht erfolgt. Eine solche hätte im Übrigen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) verstoßen.

    [...]

    24

    Ein Krankenhaus hat keinen Anspruch auf eine gesonderte Vergütung der Aufnahmeuntersuchung, wenn die Aufnahmeuntersuchung - wie hier geschehen - Hand in Hand mit der aus der Gesamtvergütung zu finanzierenden ambulanten Notfallbehandlung einhergeht und in tatsächlicher Hinsicht von dieser nicht unterschieden werden kann."

    Kann mir vorstellen, das die KH-Seite vom BSG aufgefordert worden ist, ihren Fall unter Berücksichtigung des zitierten BSG-Urteils zu bewerten.

    Viele Grüße

    FBR

  • Hallo Forum,

    Hallo Papiertiger,

    Die Urteile werden doch nicht unwirksam....

    Wenn mir ein Urteil nicht passt gehe ich in die nächsthöhere Instanz. Wenn ich das dann, bevor überhaupt ein höherinstanzliches Urteil gesprochen wird, zurückziehe, dann akzeptiere ich doch das vorherige Urteil?!?


    Würde ja bedeuten das KH hätte alles zurück gezogen (nicht nachvollziehbar) -> und da frage ich mich ob das überhaupt geht NACHDEM es ja schon Urteile gibt.


    Eine Klage zurück ziehen geht doch nur bevor der Richter ein Urteil fällt.

    Wenn mich meine juristischen Kenntnisse nicht ganz verlassen haben, können die Urteile des SG und des LSG nicht rechtskräftig sein, da gegen diese Rechtsmittel eingelegt wurden in Form der Revision. Folglich ist keines der bisher ergangenen Urteile auch noch nicht rechtskräftig und gültig.

    Vielleicht gibt es da noch bessere Erklärungen, aber das wäre meine zu dem Thema.

    Einen schönen Tag noch

    8) Stefan Schulz, Med. Controlling

  • Hallo zusammen,

    folgendes aktuelles BSG Urteil - B 1 KR 15/21 - für Sie zur Info. Kann für das ein oder andere KH interessant sein:

    Tenor:

    Für die im Versorgungsauftrag ausgewiesenen Bereiche hat das Krankenhaus die räumliche, apparative und personelle Ausstattung zur Erbringung der wesentlichen Leistungen selbst vorzuhalten. Es darf solche Leistungen nicht regelmäßig und planvoll auf Dritte auslagern.

  • Hallo,

    noch als kleine Ergänzung aus der PM (bin auch schon erschrocken):

    Der Krankenhausplan weist für das Krankenhaus eine Fachabteilung für Strahlentherapie aus. Das Krankenhaus konnte aber nach der Schließung dieser Abteilung selbst keine strahlentherapeutischen Leistungen mehr erbringen. Bestrahlungen sind für ein Krankenhaus mit einem Versorgungsauftrag für Strahlentherapie jedoch wesentliche Leistungen.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo,

    nun ist auch der Terminbericht online:

    Zur "Bestätigung":
    Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass jedenfalls für die Zeit vor 2019 die Berechnung zweier Behandlungsfälle als ein Behandlungsfall nach den aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot abgeleiteten Grundsätzen des fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die Vertragsparteien der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) Regelungen über die Fallzusammenführung vereinbart haben.

    Auch interessant:

    Maßgeblich dafür ist der im Zeitpunkt der Entscheidung über die Entlassung verfügbare Wissens- und Kenntnisstand der Krankenhausärzte. In der Regel ist ein Zeitraum von zehn Tagen ab der Entscheidung über die Entlassung bis zur Fortsetzung der Behandlung noch als überschaubar anzusehen ist.

    Das Krankenhaus hätte nach diesen Grundsätzen lediglich einen einzigen, beide Behandlungsepisoden erfassenden Behandlungsfall abrechnen dürfen. Denn das Krankenhaus hätte angesichts der bevorstehenden Tumorkonferenz die Versicherte nicht entlassen dürfen. Es war auch absehbar, dass die Fortsetzung der stationären Behandlung binnen zehn Tagen in Betracht kam.

    https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Dow…icationFile&v=3

    Bin gespannt, wie sich der MD dazu positioniert, wenn - wie im Urteil - "Warten auf Tumorkonferenz" vom BSG als medizinischer Grund angesehen wird, der gegen eine Entlassung spricht.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

    Einmal editiert, zuletzt von E_Horndasch (27. April 2022 um 15:38)

  • Hallo Herr Horndasch,

    Vorbehaltlich des Volltextes des Urteils gehe ich davon aus, dass BSG und MD nach der ersten Teilbehandlung keine Entlassung sondern die Beurlaubung fordern ( „ absehbare Fortsetzung der Krankenhausbehandlung innerhalb von 10 Tagen“). Somit wäre auch nebenbei ein Zeitfenster für solche Beurlaubungen definiert.

    Ich denke, für Fälle bis 2019 kann man von einer gefestigten Rechtsprechung ausgehen, da der Senat in wechselnder Zusammensetzung jeweils gleichsinnig entschieden hat.

    Spannend werden ( vielleicht) nochmal Fälle aus den 20er Jahren werden.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo Herr Breitmeier,

    wir sollten die Grenzen nicht beliebig verschieben.

    Allenfalls für Fälle ab 1.1.2019 kann es spannend werden ;)

    Viele Grüße

    M2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (29. April 2022 um 18:45)

  • Guten Tag,

    das BSG hat mal wieder gesprochen. Interessant wird es jetzt bei der Benennung von Unterlagen:

    Das LSG wird auch festzustellen haben, ob das Interventionsprotokoll ein OP-Bericht im Sinne der vom MDK ihrer Art nach konkret angeforderten Unterlagen ist. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere der medizinische Sprachgebrauch.

    Der Terminbericht ist hier zu finden.

    Und können mir die Juristen hier mal erklären, warum es einmal heißt:

    Die PrüfvV 2014 galt im Jahr 2016 auch für sachlich-rechnerische Prüfungen. § 7 Abs 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV 2014 enthält eine materielle Präklusionsregelung.

    und einmal

    Soweit der Prüfauftrag auch die sachlich-rechnerische Prüfung der Prozeduren umfasste, findet die PrüfvV (2014) und damit eine Präklusionsregelung keine Anwendung.

    Das die Prüfung von Zusatzentgelten (Auffälligkeitsprüfung) mit der Prüfung von OPS (Sachlich-Rechnerische Prüfung) nix tun haben wird sicher in der Urteilsbegründung ausführlich erläutert werden.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

    Einmal editiert, zuletzt von E_Horndasch (23. Juni 2022 um 14:40)

  • Hallo Herr Horndasch,

    ich denke, weil mit dem Krankenhausstrukturgesetz zum 1.1.2016 folgender Satz in § 275 Abs. 1c SGB V ergänzt wurde:

    • "4 Als Prüfung nach Satz 1 ist jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen, mit der die Krankenkasse den Medizinischen Dienst beauftragt und die eine Datenerhebung durch den Medizinischen Dienst beim Krankenhaus erfordert."

    Damit war die PrüfvV auch für die sogenannten sachlich-rechnerischen Prüfungen gültig.

    Viele Grüße

    M2

  • Guten Tag,

    das BSG hat sich zu der monokausalen Kodierung geäussert:

    Die Kodierung von Prozeduren knüpft nach den Deutschen Kodierrichtlinien (hier Version 2016) an den vom jeweiligen OPS-Kode definierten Eingriff an und nicht an das mit der Behandlung insgesamt verfolgte Ziel. Es ist weder jeder einzelne Handgriff zu kodieren noch werden alle zur Erreichung des Behandlungsziels erforderlichen Maßnahmen insgesamt in einem OPS-Kode zusammengefasst. Welche Behandlungsschritte Komponenten einer Prozedur sind, bestimmt sich nach den Regeln der ärztlichen Kunst für die Ausführung des jeweiligen, durch einen OPS-Kode konkret definierten Behandlungsverfahrens. Dies ist tatrichterlich zu ermitteln. Nach den bindenden Feststellungen des Landessozialgerichts wird die partielle Maxillektomie als eigenständige Prozedur durchgeführt, nicht lediglich als Komponente einer anderen Prozedur.

    https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Ver…KR_06_22_R.html

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch