Neues vom BSG / LSG

  • Hallo Herr Horndasch,

    Zitat

    sehe ich nicht so. die bleiben natürlich bestehen


    ich erklär es mal andersrum: Ziel der Einführung von Regeln zur Fallzusammenführung (lang, lang ist es her...) war es doch, ein ökonomisch veranlasstes Fallsplitting möglichst zu verhindern. Dabei wurde in Kauf genommen, dass von den Vorschriften gelegentlich auch Fälle betroffen waren, bei denen eben kein medizinischer Zusammenhang bestand.

    Wenn die Sozialgerichte jetzt aber sagen: alle Behandlungen, die medizinisch zusammengehören, sind zusammenzuführen, wirft das ja ganz neue Fragen auf. Zum Beispiel: welche Fristen gelten denn dafür (das Zitat: \"Jedenfalls so lange eine solche Untersuchung im Rahmen der üblichen Verweildauer hätte durchgeführt werden können, scheidet die Abrechnung eines zweiten Behandlungsfalles aus\" lässt auf die obere Grenzverweildauer schließen) , bzw. gelten die Ausschlussfristen nach § 2 FPV denn überhaupt noch? Wenn es sich bei den in der FPV ausdrücklich geregelten Konstellationen nur um \"eine beispielhafte Aufzählung, die nicht abschließend ist\" handelt, warum soll dann die Beschränkung auf 30 Tage beim Partitionswechsel noch gültig sein?

    Umgekehrt gibt es dann allerdings auch kein Argument mehr, medizinisch nicht zusammenhängende Fälle zusammenzuführen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Zitat


    Original von R. Schaffert:
    Schönen guten Tag allerseits,

    ein interessantes Urteil zur Frage Symtom/zugrundeliegende Krankheit als HD findet sich unter:

    https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.…=esgb&id=141685

    ...

    Hallo Herr Schaffert, da findet es sich leider nicht mehr... Könnten sie das Gericht und Az bitte noch einmal posten?
    Danke,
    J.Helling

  • Schönen guten Tag allerseits,

    es gibt wieder einmal zwei interessante Urteile zur DRG-Abrechnung:

    Ein erstintanzliches Urteil zur Frage des Einwendungsauschlusses der Krankenkasse, wenn keine MDK-Prüfung innerhalb der 6-Wochen-Frist angezeigt wurde:

    https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.…=esgb&id=144206

    Ein LSG Urteil zur Frage der Hauptdiagnose KHK oder Angina Pectoris sowie der Interpretation und Rangfolge (speziell-allgemein) von Kodierrichtlinien:

    https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.…=esgb&id=144199

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr schaffert,
    danke für die Hinweise. Durch die Urteile fühle ich mich in meinem laienhaften Rechtsverständnis erst einmal bestärkt.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo und vielen Dank!

    Das erste Urteil des SG Dortmund sollte man sich ausdrucken und an die Wand hängen, für einen dieser schlechten Tage...
    Besonders geschmeidig formuliert (gemessen an SG-Urteilen), nachvollziehbar und einleuchtend finde ich folgende Passage:

    \"Die Frist ist – anders als bspw. die Verjährung – von den Gerichten von Amts wegen zu beachten. Eine Beschränkung der Frist auf die vorgerichtliche Auseinandersetzung der Beteiligten ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Sie ist auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu erklären, die eine missbräuchliche Verzögerung des Rechnungsprüfungsverfahrens zulasten des Krankenhauses verhindern soll. Im Gegenteil würde der Gesetzeszweck gleichsam konterkariert werden, wenn sich die Krankenkasse durch Klageeinreichung über die im vorgerichtlichen Verfahren eingetretene Präklusion hinwegsetzen könnte. Eine solche Beschränkung der Präklusionswirkung wäre auch rechtspolitisch nicht erklärlich, weil sie die Belastung der Gerichte weiter verstärken würde und die Bemühungen der Beteiligten außergerichtliche Lösungen für Konflikte zu finden, verringern könnte (SG Darmstadt a.a.O.; SG Dortmund, Urteil vom 23.11.2010, Az. S 48 KN 151/09 KR). Die Wirkungen der Ausschlussfrist sind im vorliegenden Fall eingetreten. Fristbeginn war die Rechnungsübermittlung am 23.01.2008. Die Sechs-Wochen-Frist ist daher am 05.03.2008 abgelaufen (§§ 187 Abs. 1 , 188 Abs. 2 BGB). Die Anzeige durch den MDK ist aber erst am 06.03.2008 oder 10.03.2008 und damit nach Ablauf der Frist erfolgt. Die Klägerin hat daher auch nach Ablauf der Frist zu Recht die Herausgabe medizinischer Unterlagen an den MDK verweigert.\"
    Das mußte ja endlich mal gesagt werden!

    Außerdem kann ich den link von Hr. Schaffert nur empfehlen, da in der Urteilsbegründung gut recherchiert auf viele andere Urteile verwiesen wird, die dort auch verlinkt sind.

    Herzliche Grüße aus Südhessen
    L. Nagel

    Dr. Lars Nagel
    Leiter Medizincontrolling
    Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg
    [Groß-Umstadt | Seeheim-Jugenheim]

  • Hallo,

    @ M. Bauer (Beitrag vom 21.07.2011): entschuldigen Sie die Neugier - aber darf man fragen, wie der Termin am 4.8. vor dem LSG Rheinland-Pfalz gelaufen ist?

    Viele Grüße
    Shorty

  • Schönen guten Tag allerseits,

    hier findet sich ein schönes, eindeutiges (erstinstanzliches) Urteil zur Frage der Kodierung bei Neugeborenen diabetischer Mütter ( ICD Z83.3 ):

    https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.…rds=&sensitive=

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Schönen guten Tag allerseits,

    hier ist noch ein interessantes Urteil zur Frage der Anwendbarkeit der Aufwandspauschale auf Fälle vor dem 01.04.2007:

    https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.…=esgb&id=138624

    In diesem Urteil wird ausführlich und und nach meinem dafürhalten sehr fundiert die unterschiedliche Rechtsprechung zu diesm Thema diskutiert und die von anderen Urteilen abweichende Meinung begründet. Hier eine Kostprobe:

    Zitat

    Auch die gesetzessystematischen Erwägungen des BSG stützen das von ihm gefundene Ergebnis nicht. Es führt insoweit aus, der Zusammenhang von § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V mit § 275 Abs. 1 SGB V und dessen Einbindung in die Leistungserbringung unterstreiche die Verwobenheit zu einem Gesamtkomplex. Ein Anspruch auf Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung setzte unter Anderem voraus, dass die Behandlung erforderlich war und die Voraussetzungen der gesetzlichen und vertraglich vorgesehenen Vergütungsregelungen erfüllt sind. Hierüber entscheide allein die Krankenkasse und im Streitfall ein Gericht, ohne dass diese an die Einschätzung des Krankenhauses oder seiner Ärzte gebunden sein. Die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs hätten die Krankenkassen gegebenenfalls erst durch eine Prüfung festzustellen, woran auch die Einführung des DRG-Systems nichts geändert habe. Die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung, ihre Vergütung und deren Kontrolle durch Krankenkassen und MDK seien dabei auf das Engste miteinander verknüpft und vertrügen kein Nebeneinander unterschiedlichen Rechts in Bezug auf die einzelnen Teilkomponenten. Die grundlegende Frage sei dabei nämlich, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt habe. Dies ist als Beschreibung zunächst unbestreitbar richtig, gibt aber erneut nichts dafür her, dass die Aufwandspauschale nur für die Prüfung von stationären Aufenthalten gelten solle, die nach dem 31. März 2007 begonnen haben. Die logische systematische Verknüpfung, die das BSG behauptet, fehlt. Außer dem Argument eines allgemeinen und (daher) wenig überzeugenden Zusammenhangs (\"Verwobenheit\") zwischen Behandlung, Abrechnung und Prüfung ergibt sich daraus nichts. ff) Auch der Hinweis des BSG auf die nicht unerhebliche finanzielle Belastung, die mit der Aufwandspauschale für die Krankenkassen verbunden sein kann, gibt für die Gesetzesauslegung nichts, insbesondere für die Frage der Aufnahme eines Versicherten vor oder ab dem 1. April 2007. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil sich mögliche Streitfälle nur auf einen Übergangszeitraum beziehen, deren Quantität dadurch stark begrenzt ist. Gleiches gilt für das Argument, dass dem \"Novum\" der Aufwandspauschale keine spiegelbildliche Begünstigung der Krankenkassen gegenüberstehe. Als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers ist dies hinzunehmen und jede Gesetzesauslegung, die dieser einseitigen Begünstigung entgegen wirkt, muss daher zwangsläufig den gesetzgeberischen Willen konterkarieren. Hierzu sind die Gerichte aufgrund ihrer Bindung an das Gesetz (Art. 97 Abs. 1 GG) nicht befugt. gg) Soweit das BSG sodann auf den Willen des Gesetzgebers Bezug nimmt und darauf verweist, dass mit § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V ein notwendiger Bürokratieabbau \"für die Zukunft\" herbeigeführt werden solle, so ist erneut darauf zu verweisen, dass die Aufwandspauschale Prüfungen durch den MDK in der Zukunft verhindern sollte, die aber als solche – wie das HessLSG in der bereits zitierten Entscheidung zutreffend ausgeführt hat – eine Abrechnung voraussetzen und sodann eine Entscheidung der Krankenkasse, die Prüfung als solche einzuleiten. Der Abbau von Bürokratie, die in der Vergangenheit vorgeherrscht hat, ist rein faktisch nicht möglich. Daher kann jeder Bürokratieabbau nur zukünftig wirken. Hier hat der Gesetzgeber die abzubauende Bürokratie in (zu vielen) MDK-Prüfverfahren gesehen. Diese sollten ab dem 1. April 2007 und damit zukünftig verringert werden durch die abschreckende Wirkung einer drohenden Aufwandspauschale, die aber nicht dadurch ausgelöst wird, dass ein Versicherter stationär behandelt wird, sondern dadurch, dass eine MDK-Prüfung eingeleitet wird, die die Richtigkeit einer Abrechnung belegt. Daher kommt es auf den Beginn oder den Abschluss der stationären Behandlung für den mit § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V verfolgten Bürokratieabbau nicht an.

    (Hervorhebungen von mir)

    :i_respekt:
    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Einen wunderschönen guten Tag,

    ich habe gerade die schriftliche Ausfertigung von meinem Gerichtstermin beim LSG Rheinland-Pfalz erhalten. Ich füge es - anonymisiert - in der Anlage bei.

    Kernaussage:

    \"...Entgegen der Aussage der Klägerin ist der Begriff \"In den Verantwortungsbereich des KH fallende Komplikation\" nicht im Sinne eines vorwerfbaren Verhaltens, also eines Behandlungsfehlers zu verstehen. Es handelt sich lediglich um eine Ursache-Folge-Verknüpfung zwischen der vom KH durchgeführten Leistung und dem Eintritt einer zur Wiederaufnahme des Patienten führenden unerwünschten Folge der Behandlung. Diese Ursache-Folge-Verknüpfung fehlt dann, wenn maßgeblich für die Komplikation ein weiterer nicht vom KH gesetzter Umstand ist, etwa ein unvernünftiges Verhalten des Patienten oder ein fehlerhaftes Behandlungsverhalten eines weiterbehandelnden Arztes....\"

    Das Urteil ist nicht rechtskräftig! Die Revision ist zugelassen und von der Gegenseite bereits angekündigt!

    Ein schönes (kühleres) Wochenende!

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Hallo Herr Bauer,

    da lehnt sich das Gericht aber weit aus dem Fenster: \"typische Komplikation nach einem operativen Eingriff\" und sonst nichts zum Verantwortungsbereich des KH außer einer Wikipedia-Definition von \"Verantwortung\". Na wenigstens wurde dadurch das Online-Lexikon geadelt.

    Wer sagt eigentlich, dass die Patientin (unauffälliger Befund bei Entlassung) nicht zwischenzeitlich (immerhin drei Tage bis zur Wiederaufnahme) vergewaltigt wurde (Unterbauchschmerzen, vaginale blutige Sekretion)?

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld