Die Sache mit der Hauptdiagnose

  • Hallo Elodie,

    • zunächst bezieht sich die Hauptdiagnose des verlegenden Hauses auf die dort für die Aufnahmesituation zu kodierende Hauptdiagnose (s. auch Frage von Herrn Breitmeier). Es kann z.B. ein Patient mit einem Ikterus aufgenommen werden und dann nach mehrtägiger Behandlung eine Sepsis entwickeln, deretwegen der Patient zu Ihnen verlegt wird. Damit wäre Ihre Hauptdiagnose eine andere als die des verlegenden Hauses,
    • Ihre Hauptdiagnose kann auch davon abhängen, wieviel Ressourcen z.B. bei konkurrierenden Diagnosen, die als Hauptdiagnose in Frage kommen, jeweils in Anspruch genommen wurden,
    • außerdem gibt es eine spezielle Kodierregel bei Verlegung unter einer Verdachtsdiagnose (DKR D008),
    • zudem ein bisschen mehr Selbstvertrauen. Keiner kodiert so präzise und zutreffend wie Sie, die anderen sind einfach nicht so gut! Mal im Ernst: Identische Sachverhalte werden von zwei Kodierern durchaus unterschiedlich kodiert. Das kann auch einem Kodierer passieren, wenn er einen Fall mal an zwei verschiedenen Tagen kodiert. Kodierung ist keine exakte Wissenschaft. Das unterliegt vielen Einflüssen, z.B. der zugrunde liegenden Dokumentation und deren Auswertung. Fragen Sie mal Krankenkassenmitarbeiter, die erleben das sicher regelmäßig.

    In Ihrem speziellen Fall stellt sich z.B. die Frage, ob bei Organversagen (Thrombopenie) ein zweites Sepsiszeichen neben der Leukozytose (>= 12.000/mm³?) vorhanden war. Wurde z.B. wegen der Cholangitis eine aufwendige Diagnostik betrieben (z.B. MCPR plus ERCP) bei nur kurzem Aufenthalt, dann ggf. K80.31 als Hauptdiagnose.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo Herr Breitmeier, hallo medman2,
    meine Schilderung des Aufnahmestatus bezieht sich auf die Situation im verlegenden Krankenhaus. Der Patient kam dann zur geriatrischen Komplexbehandlung zu uns.
    Die aufwändigen Untersuchungen liefen im verlegenden Krankenhaus ("Anlage eines Plastik-Stent unter ERC mit EPT"). Die Sepsis lag vor.
    Letztendlich geht es natürlich um Geld- die Sepsis in Zusammenhang mit der Komplexbehandlung wird besser vergütet als die K80.31 (T44Z versus H44Z).
    Der MDK schreibt wörtlich: "Hier (im verlegenden Krankenhaus) wurde die K80.31 als HD verschlüsselt, daher sollte sie auch im jetzigen Aufenthalt HD sein. Zum Aufnahmezeitpunkt bestand aus med. Sicht kein Anhalt, A41.8 als HD zu kodieren."

    Vielen Dank fürs Mitdenken! Elodie

  • Hallo Elodie,

    unabhängig wie Sie die Akten Lage bei Übernahme betrachten, so ist die Hauptdiagnose des zu Verlegenden KH
    in die Geriatrie zu übernehmen.

    Es sei denn, der Patient wird ausdrücklich aus einem anderem Grund zu Ihnen in die Geriatrie verlegt.

    VG
    luckystroke

  • Guten Morgen,
    sehe ich auch so. Außerdem: Sie haben sicherlich in der Geriatrie nicht die komplette Akte des verlegenden Hauses vorliegen und können somit eigentlich nicht 100%ig sagen ob die Sepsiskriterien erfüllt waren,
    Gruß
    ganss

  • Hallo liebe Mitdenker,
    die konkrete Kodierung des Vorkrankenhauses lag uns ja (was wohl die Regel ist) nicht vor- das weiß ich erst vom MDK, dass die K80.31 kodiert war. Bei der Lektüre des Entlassungsbriefes hielten wir die Sepsis für die schlüssigere Diagnose..
    Die Frage bleibt, ob der MDK von uns die Umkodierung verlangen kann, nur weil das Vorkrankenhaus anders kodiert hat.

    Viele Grüße und danke! Elodie

  • Hallo Elodie,

    ich denke der MDK darf das verlangen, da die KK ja die beiden unterschiedlichen Datensätze vorliegen hat.

    Sie übernehmen doch die Diagnosen aus dem Verlegungsbrief und der lag doch bei Aufnahme dabei .

    Die Sepsis haben Sie "interpretiert" als die HD?

    Steht im E Brief Cholangitis dann ist das die HD, steht Sepsis dann hätte ich die Sepsis kodiert.

    VG
    Luckystroke

  • Jetzt wird der Fall interessant und zwar auch grundsätzlicher Art:
    1. Ich denke nicht, dass Ihre Hauptdiagnose zwingend derjenigen des Vor-KHS entsprechen muss. Es gibt jedenfalls keine DKR, die das fordert! Meist wird es wohl so sein, aber prinzipiell gilt für jedes Haus die DKR D002 neu: Sie müssen und können also neu evaluieren, was den Aufenthalt bei Ihnen veranlasst hat. Ein sicher unstrittiges Beispiel wäre es, wenn der Patient wegen Gallensteinen im KHS A operiert worden wäre ( HD somit K80ff) und dann wegen einer postoperativen Sepsis zu Ihnen verlegt worden wäre ( HD A40ff).
    2. so betrachtet hat wahrscheinlich zum Aufnahmezeitpunkt bei Ihnen in der Geriatrie weder ein Steinleiden noch eine Sepsis vorgelegen. Die SIRS Kriterien können Sie in der Regel auch nicht mehr belegen, weil hoffentlich ausgeheilt.
    Ein "Zustand nach" soll aber nicht kodiert werden. Also müssen Sie gucken, welche Diagnose den Aufenthalt bei Ihnen hauptsächlich veranlasst hat. Das könnten Folgezustände der Vorerkrankungen, Mobilitätsproblemen oder Ernährungsprobleme o.ä. Sein.
    Anders ist es bei Frakturen o.ä., deren Behandlung zum Verlegungszeitpunkt nicht abgeschlossen ist, weil sie sich regelhaft über Wochen bis Monate hinziehen. In solchen Fällen kodiere ich dieselbe HD wie das abgebende Haus.

    Mal sehen, wie die Diskussion weitergeht...
    Mit freundlichen Grüßen
    Breitmeier

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Guten Abend in die Runde....
    Vor geraumer Zeit hatten wir auch die Situation, dass unsere Datensätze direkt von der KK zurückgewiesen wurden mit der Begründung, KH XY hätte dies oder jenes als HD kodiert und das hätten wir zu übernehmen. Anhand des Entlassbriefes war aber ersichtlich, dass das verlegende KH dann in der Tat falsch kodiert hatte. Knifflig wirds ja auch dann, wenn im Vorkrankenhaus mehrfach intern verlegt wurde und wir nur den letzten Brief erhalten.

    Für die Richtigkeit der Kodierung sowie Strukturierung der Entlassbriefe (steht HD immer oben....tut sie das??) können wir als folgendes KH natürlich nicht garantieren.
    Wir haben dann der KK nahegelegt, doch bitte beide Fälle per MDK prüfen zu lassen und dann war plötzlich Schluß damit.

    Zur Sepsis als HD im Folgekrankenhaus kann ich nur aus meiner Sicht sagen....sehr schwierig. Ist oft als HD angegeben, lässt sich aber aus dem Entlassbrief des Vorkrankenhauses nur selten entsprechend der Kriterien eruieren.
    Je nachdem, was ich im Entlassbrief finde, nehme ich die mir schlüssigere HD und mache eine Notiz in meinen Fall, so dass man in einer Begehung sofort sieht, die Sepsis aus dem Vorkrankenhaus war mir nicht schlüssig.

    Mitunter kodier ich dann auch einen R-Kode aus dem Bereich Immobilität oder Störung der Mobilität entsprechend den Befunden von Physio und Ergo im Assessment. Nicht ganz glücklich, weil führt in eine B44D/C und trifft es eben nicht ganz, wenns vielleicht doch die Sepsis gewesen wäre.
    Zu empfehlen ist aus meiner Sicht auch der Kodierleitfaden der Geriatrie. Dort stehen ganz gute Ansätze drin.

    Bezugnehmend zu Herrn Breitmeier, genau das sind die Ansätze des Geriatrie-Leitfaden, dort heißt es in etwa
    1. HD ist die HD des Vorkrankenhauses (passt meistens) oder
    2. eine den Aufenthalt dort verkomplizierende (Neben)diagnose (Pneumonie, Sepsis, Thrombose, ...), dann hat das den Zustand so verschlimmert, dass eine geriatrische Komplexbehandlung notwendig wurde (zugegeben, mach ich selten, weil dann immer die Sache mit der HD des Vorkrankenhauses vom MDK kommt) oder
    3. wenn man gar nichts Adäquates findet solle man die M96.88 nehmen, als Immobilität sozusagen

    Die M96.88 wird uns von einem Gutachter permanent vorgehalten, dass wir das kodieren sollen. Nun ja...führt in die unspektakuläre I41Z, wenn ich mich recht erinnere und ist aus meiner Sicht nicht korrekt um eine Immobilität abzubilden.

    Es ist in der Tat schwierig in manchen Fällen. Selbst wenn man das schon Jahre kodiert.

    Einmal editiert, zuletzt von Snow (9. August 2017 um 18:06)

  • Hallo,
    dass die HD des aufnehmenden Krankenhauses auch der HD des verlegenden KH entsprechen muss, ergibt sich aus den DKR nicht ansatzweise.

    Offenbar ist das weit verbreitete Praxis. Die SEG 4-Emfphelungen 22 und 33 führen dazu aus

    • "Wird ein Patient nach ACVB-Operation in ein anderes Krankenhaus zur Weiterbehandlung verlegt, bleibt die ursprüngliche Erkrankung Hauptdiagnose, z.B. I25.- Chronisch ischämische Herzkrankheit, es sei denn, eine andere Erkrankung begründet hauptsächlich die Weiterbehandlung.
    • "Bei Verlegung in die Geriatrie aus einem anderen Krankenhaus wird neben der Hauptdiagnose des Voraufenthaltes alternativ auch die Hauptdiagnose R26.8 akzeptiert, sofern die für die Störung des Ganges und der Mobilität verantwortliche Diagnose bei Multimorbidität nicht eindeutig bestimmbar ist." (Konsens mit dem FOKA)

    Worauf die Empfehlung basiert, ist mir nicht klar, sie scheint mir aber pragmatisch.

    Viele Grüße

    Medman2