"Pflicht zum Entlassmanagement nach §39 Abs. 1 SGB V" versus "sekundäre Fehlbelegung MDK"

  • Liebe Forumsgemeinde,

    seit Anfang 2012 besteht ja gemäß §39 SGB V die Pflicht der Krankenhäuser zum Entlassmanagement. Im konkreten Wortlaut liest sich das wie folgt: "Die Krankenhausbehandlung umfasst auch ein Entlassmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die Versorgung nach der Krankenhausbehandlung".

    Nun ja, das Problem der "Versorgungslücke" nach einer stat. Krankenhausbehandlung dürfte in Anbetracht der immer kürzeren Verweildauern, der demographischen Entwicklung und der gesellschaftlichen Strukturen (kranker verwitweter Großvater in Deggendorf, Kinder arbeiten in Hamburg und London) eher zu- als abnehmen.

    Meine Frage(n):

    wie weit reicht die gesetzliche Pflicht des KH bzw seines Entlassmanagements diese Probleme tatsächlich zu "lösen"? Gehört dazu auch die Sicherstellung eines Termins beim nachbehandelnden niedergelassenen (Fach)Arzt? Wenn ja: Facharzttermine sind - zumindest für GKV-Versicherte - rar und mit längeren Wartezeiten verbunden, was ja auch mehrfach in der Laienpresse zur Diskussion kam. Muss der KH-Entlassmanager sich die Finger wund telefonieren, um einen ambulanten kardiologischen Kontrolltermin für eine Patienten nach Infarkt sicherzustellen (um das mal plakativ zu formulieren)?

    Abgesehen von der Praktikabilität einer "Lösung" im Sinne des Gesetzes per se wird dies vermutlich hier und da eine Verlängerung der Verweildauer nach sich ziehen, was wieder den MDK ("sekundäre Fehlbelegung") auf den Plan ruft. Greift hier das G-AEP-Kriterium F4 ("fehlende Versorgungsmöglichkeiten") als Argument gegenüber dem MDK? Wie gesagt, die "eigentliche" medizinische Krankenhausbehandlung ist zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Wie sind Ihre Erfahrungen?

    Herzlichen Dank im Voraus und einen sonnigen Tag!

  • Sehr interessante Thematik die Sie da ansprechen!

    Anderes Beispiel ist auch:

    MDK fordert vorzeitige Entlassung aus KH in eine Kurzzeitpflegeeinrichtung für 1 - 2 Tage zur Überbrückung von fehlenden Versorgungsmöglichkeiten oder der Aufnahme in eine geriatrische Reha weil kein anderer Termin zur Verfügung steht.

    In der Regel resultieren dadurch natürlich (z.T.erhebliche) Erlösminderungen für das KH. Das Wohl des Patienten bleibt dabei völlig auf der Strecke.

  • Hallo,
    hier hilft auch ein Blick ins SGB V und dort in den Paragraphen 11 Absatz 4

    Zitat

    Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche; dies umfasst auch die fachärztliche Anschlussversorgung. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Guten Morgen Herr Horndasch & Forum,

    das ist ja genau der Knackpunkt!

    "Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung" bedeutet für mich: in Richtung und nicht gegen die Versorgungskette. Der Ball liegt also beim KH, da sich z.B. eine Rehaklinik oder eine Pflegeeeinrichtung wahrscheinlich nicht oft bemühen werden, einen Verlegungstermin vorzuziehen, um das KH zu entlasten.

    Der vage Begriff der "Unterstützung" durch die KK bedarf m.E. auch einer Konkretisierung. Weiß jemand, ob es zu diesem Thema schon eine Rechtssprechung gibt, was für Unterstützungsleistungen man sich konkret von einer KK erhoffen kann? Ansonsten fallen mir - quasi metaphorisch - Szenarien ein, wie sie möglicherweise auch andere Kollegen am Anfang ihrer Karriere erlebt haben, wenn es (meist von vorgesetzter Stelle) hieß "machen Sie mal, ich unterstütze Sie natürlich.." ;)


    Beste Grüße