FZF wegen Komplikationen: Widersprüche zwecklos?

  • Haben Sie Belege für ein "unvernünftiges Verhalten" des Versicherten oder nicht? Wenn ja, können Sie diese auch geltend machen (dann verstehe ich aber Ihre Eingangsfrage nicht), wenn nein, sollten Sie Ihre Finger schonen und das Schreiben von Widersprüchen unterlassen, da es nichts bringt: die Beweislast dafür, dass es sich bei einer Komplikation nicht um ein schicksalhaftes Ereignis gehandelt hat, sondern vom Versicherten selbst provoziert wurde, liegt nunmal bei Ihnen.


    Hallo Herr Hollerbach,

    wie bereits geschrieben: Die Patienten kommen selten und geben an zuhause an Wunden herumgefingert zu haben! Warum eine Wunde nun wieder aufgeht ist hier auch garnicht die Frage. Es geht mir darum, dass der Verantwortungsbereich des Krankenhauses bei schicksalshaften Ereignissen verlassen wurde!

    Scheinbar sind sich die Kassen intern über diesen Passus* der FPV auch nicht einig. Bei Fallbesprechungen stimmen uns einige Sacharbeiter und Medizincontroller zu, andere dementieren. Am Ende geht die Sache meist zum Vorgesetzten der KK und bis jetzt wurde uns 50/50 Recht gegeben. Wo nun der Unterschied zwischen den Fällen liegt, dass die Argumentation meines Hauses manchmal angezweifelt wird und mal nicht, habe ich noch nicht ergründen können. ?( Sieht nach einem Quotenproblem aus, würden böse Zungen behaupten :D , dass gerne zum "Big-boss" abgeschoben wird. :pinch:

    Zitat


    FPV § 2 Abs 3 : Eine Fallzusammenführung ist nur durchzuführen wegen einer in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallenden Komplikation innerhalb der oberen Grenzverweildauer. 

  • Hallo Digitalis,

    das BSG hat bereits vor 2 Jahren entschieden (Herr Selter hat den Terminbericht über das Urteil ja weiter oben zitiert), dass die Formulierung "in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallend" dahingehend auszulegen ist, dass auch "all jene Komplikationen, die bei bestimmten Krankheiten bzw Eingriffen typischerweise oder auch nur in Ausnahmefällen auftreten und nicht (bzw nicht beweisbar) auf ein irgendwie geartetes fehlerhaftes Verhalten der Krankenhausärzte oder des Pflegepersonals zurückzuführen sind, also unvermeidbar erscheinen und einem schicksalhaften Verlauf entsprechen, in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen" (Az. B 3 KR 15/11 R, Randzeichen 20).

    Ausgenommen von der Verpflichtung zur Fallzusammenführung sind lediglich solche Komplikationen, "die zwar auch im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung des Krankenhauses stehen, aber maßgeblich erst durch ein hinzukommendes weisungswidriges oder sonstwie unvernünftiges Verhalten des Versicherten nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, durch ein Behandlungsverhalten des ambulant weiterbehandelnden Arztes, zB des Hausarztes, oder durch ein sonstiges, nicht vom Krankenhaus zu beeinflussendes Ereignis wie zB einen Verkehrsunfall hervorgerufen worden sind."

    Ihre Auffassung, schicksalhafte Ereignisse fielen nicht in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses, ist also schlichtweg falsch! Das ist auch keine Frage von Mehrheits- oder Minderheitsmeinungen bei Krankenhäusern bzw. Krankenkassen, sondern rechtlich eindeutig entschieden.

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Ohweh - da war ich wohl mit Blindheit geschlagen. Damit dürfte dann nun wirklich alles klar sein!

    Danke für die vielen Antworten und Mühe!

  • Hallo zusammen,

    eine Frage/Falldarstellung in diesem Zusammenhang:

    Pat. mit DFS. Nach Amputation einer Zehe sekundäre Heilung und offene Wundbehandlung. Entlassung mit stabilen, offenen Wundverhältnissen. 3 Wochen nach Entlassung Wiederaufnahme wegen Stumpfinfektion und der Folge Vorfußamputation.

    Die Wiederaufnahme erfolgte knapp innerhalb der ogvd vom 1. Aufenthalt. Formal Fallzusammenführung daher möglich, medizinisch auch? Was hätten wir anderes machen können, als den Pat. mit sauberer Wunde zu entlassen? Egal, was man macht: Haben wir einfach nur Pech, dass der Pat. 2 Tage "zu früh" kam? :wacko:

    Danke für ein feedback :thumbup:

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Hallo Riol,

    wenn Sie formal lt. FPV zusammenführen müssen, kommen Sie m.E. nach nicht daran vorbei (30 Tage Part. M auf O o.ä.)
    moniert hingegen die Kasse die WA wegen Komplikation argumentieren wir hier gerne und recht erfolgreich mit der
    Verschlechterung eines chronischen Krankheitsbildes. M.E. nach hat der Patient als auch der niedergelassene
    Arzt sicherlich als "Dritter" zwischenzeitlich mitgewirkt. Gleiches wäre bei eine Herzinsuffizienz etc.

    Solche Fälle stellen wir gerne strittig und bekommen von den Kassen auch häufig recht.

    MfG
    Ductus
    Die Welt ist global, das Denken lokal

  • Hallo riol,

    ich glaube hier würde ich auch nicht gleich aufgeben. Wenn sie den Patienten mit intakten Stumpfverhältnissen entlassen haben, ist doch eher, so wie Wurmdobler sinngemäß schrieb, von einer Verschlechterung der Grundkrankheit (ich vermute mal pAVK) auszugehen. Will sagen, dass sie meinetwegen wegen Gangrän die Zehe amputiert haben, die Durchblutung im Fuß wird ja davon nicht besser. Das es in der Folge zu weiteren Infektionen oder Gangrän kommt hat primär nichts mit der erfolgten KH-Behandlung zu tun, sondern ist der Grundkrankheit geschuldet.

    MfG findus

    MfG findus

  • Hallo allerseits,

    ich spiele ja ungern den Advocatus Diaboli, aber nach meiner Interpretation des BSG-Urteils kommen Sie auch bei dieser Konstellation um eine Fallzusammenführung nicht herum.

    Generell hat das BSG entschieden, dass alle negativen Erscheinungen, welche irgendwie mit der Krankenhausbehandlung zusammenhängen und nicht nachweisbar von Dritten verursacht wurden, innerhalb der oberen Grenzverweildauer zu einer Fallzusammenführung wg. Komplikation führen. Während des Aufenthaltes ist das ja ohnehin so - alle negativen Ereignisse, die den Krankenhausaufenthalt verlängern, gehen bis zur oberen Grenzverweildauer zu Lasten des Krankenhauses. Wäre es in dem geschilderten Fall also gar nicht erst zu sauberen Wundverhältnissen gekommen, eine Entlassung mithin nicht möglich gewesen, hätten Sie ja auch von der Krankenkasse bis zum Erreichen der oGVD keinen Zuschlag verlangen können.

    Im Gegenzug sind dafür alle Komplikationen, die außerhalb der oGVD-Frist auftreten, zusätzlich als neue DRG berechenbar.

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Hallo zusammen,

    vielen Dank für die hilfreichen Antworten. Vermutlich hat Herr Hollerbach recht mit seiner Zusammenfassung. Im Grunde hat man in solchen "chronischen Fällen (hier Diab.-Fußsyndrom)" Pech, wenn der Pat. zwar ganz knapp aber innerhalb der ogvd vom 1. Aufenthalt wiederkommt :thumbdown:. Gerade diese Pat. kommen mitunter mehrfach im Jahr in die Klinik mit dem gleichen Problem ....

    Besten Dank nochmal :thumbup:

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Hallo zusammen,

    habe einen ähnlichen Fall, aber knapp oberhalb der oGvD!
    Pat. mit Sakraldekubitus: Debridement, VAC, Schwenklappen, Entlassung nach 50 Tagen (oGvD von 54d!). Pat wird nach 5(!) Tagen wieder aufgenommen wegen Wunddehiszenz! Man beachte, sie kommt genau ein Tag nach Ende der oGvD vom 1. Aufenthalt!
    Unser KISS sagt bei automatischer Prüfung (formal lt. FPV!) keine FZF!
    Der MDK meint, natürlich FZF, da ja eindeutig medizinischer Zusammenhang. Die Fäden hätten ja nicht gehalten, also vom KH verursacht!
    Wat nu ?(

    Grüße aus dem verregneten Unterfranken :thumbdown:

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Hallo,

    gemäß FPV müssen Sie die Fälle auch nicht zusammenführen, dafür gibt's diese Reglung (auch wenn manche Kassen alle Fälle von Geburt bis Tod gerne zusammengeführt hätten, weil damit hat ja schließlich alles angefangen ;-)). Es ist ja in der FPV sogar so, dass ganz klar drin steht, dass die Zahl der Kalendertage ausschlaggebend ist, nicht die Zahl der Belegungstage und zwar innerhalb der oGVD (Tag 54 ist nach der FPV dann ja schon der erste Tag mit Zuschlag). Hat die Kasse hier explizit den Prüfauftrag wegen Fallzusammenführung bei Komplikation erteilt, ohne Grundlage hierfür in der FPV?

    Schöne Grüße aus dem verregneten und in höheren Lagen schon verschneiten Oberbayern

    Angela Klapos

  • Hallo Frau Klapos,

    danke für Ihre Antwort.
    Nein, der 2. Fall wurde zunächst wegen etwas anderem geprüft. Als wir dann die Akte des Voraufenthaltes aufriefen, meinte der MDK-Gutachter, da wäre ja eindeutig ein Zusammenhang und wir hätten zu früh entlassen und überhaupt ...... FZF :!: .

    Sehe es aber so wie Sie.
    Wollte nur noch mal eine Bestätigung :rolleyes:
    Eine schöne Woche

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg