Subileus durch Darmkompression bei Tumor unklarer Dignität

  • Liebe Kollegen,

    folgende Fallkonstellation möchte ich gerne zur Diskussion stellen:

    Stationäre Aufnahme einer Patientin mit diffusen Bauchschmerzen; sonographisch Bild eines Ileus bei riesigem zystischen Tumor unklarer Dignität mit kompressiver Wirkung.

    Ablehnung weiterer Diagnostik bei betagter Patientin, Stuhlgang unter Laxantientherapie wieder möglich.

    Unsere HD: D48.7; MDK fordert K56.6

    Wir hatten mit der DKR 002 argumentiert:

    DKR 002f:

    Zuweisung der zugrunde liegenden Krankheit als Hauptdiagnose

    Wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und die zugrunde liegende Krankheit zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt ist und behandelt wird bzw. während des Krankenhausaufenthaltes diagnostiziert wird, so ist die zugrunde liegende Krankheit als Hauptdiagnose zu kodieren.

    Da der Tumor im Vorfeld nicht bekannt war und als Ursache der Beschwerden anzusehen ist, sahen wir diesen als korrekte Hauptdiagnose an. Der MDK sieht in unserer Argumentation "zwei Fehler" ==> Der Ileus sei als eigenständiges Krankheitsbild zu bewerten und nicht als Symptom. Bestätigt wird, das der Ileus Folge des Tumor sei.

    Zudem wird augeführt, die Grundkrankheit wäre bei Aufnahme noch nicht bekannt gewesen ( was wir ebenso sehen...).

    Welche Hauptdiagnose ist zutreffend?

    Herzlichen Dank vorab

    Stephan Wegmann

  • Hallo,
    ich habe auch keinen rechten Plan, möchte aber zwei Argumente einführen, um die Verwirrung zu vergrößern.
    D68.7 ist eigentlich nur dann anzugeben, wenn in der Krankheit der Klassifikation der Morphologie der Neubildungen der Malignitätsgrad /1 zugeordnet wird. Eine Histologie ist aber nicht beschrieben.
    Der Ileus ist evtl. nach der Systematik des ICD als Symptom anzusehen. Unter den Symptomen, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen (R10-R33) ist im Exkl. der Ileus als Symptom beschrieben, welches an anderer Stelle (K56.-) zu finden ist. Damit haben Sie weitere Argumente pro und (eigentlich nur) contra der angegebenen Kodes.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo,
    ich möchte noch mehr verwirren :)
    Die stationäre Aufnahme einer Patientin mit diffusen Bauchschmerzen ....
    dieses kann sowohl der Tumor, als auch der Subileus auslösen ;)

    Nun haben Sie das Problem ...

    D002f Hauptdiagnose ...
    Zwei oder mehr Diagnosen, die gleichermaßen der Definition der Hauptdiagnose entsprechen...

    Wenn zwei oder mehrere Diagnosen in Bezug zu Aufnahme, Untersuchungsbefunden und/oder der durchgeführten Therapie gleichermaßen die Kriterien... die meisten Ressourcen verbraucht hat.

    Sie haben das Krankheitsbild eines Subileus, der durch einen Tumor bedingt ist ...
    Vergleichbar mit ... Lungenembolie vs. Beinvenenthrombose


    Aufnahme wegen Lungenembolie bei tiefer Beinvenenthrombose. Was ist Hauptdiagnose: tiefe Beinvenenthrombose als zugrundeliegende Ursache oder Lungenembolie?

    Hauptdiagnose ist die Lungenembolie, da die Zuweisung der zugrunde liegenden Krankheit als Hauptdiagnose nur gilt, wenn sich der Patient mit einem Symptom vorstellt. Lungenembolie ist eine eigenständige Diagnose, kein Symptom.

    FoKA/ KDE-66

    Was die Bedeutung der "Symptome" betrifft, habe ich einmal vor vielen Jahren von einen Dozenten folgendes gelernt,deren Aussage jedoch mit Sicherheit nicht "amtlich" ist. Ein Symptom hat keine Symptome. Der Ileus kann jdoch folgende Symptome haben: Bauchschmerzen, Erbrechen, Stuhlverhalt ... :whistling:
    Das DRG-System sieht die Symptome eher als R-Diagnosen ...

    Gruß
    ochpowi

  • hallo Herr Wegmann!

    Ihr Patient hatte keinen Ileus sondern einen Subileus. Das der Tu den Darm komprimierte ist eine Vermutung, weder bewiesen noch widerlegt. Im vorgerückten Alter kann es auch eine Impaction sein, mit und auch ohne Kompression. Die " Lösung " nach Laxantien spricht gegen eine externe Kompression ( und auch gegen Tu-Schmerzen ).


    Von diesen Überlegungen unabhängig ist die Kodierung. Das alphabICD ordnet dem Subileus den spezifischen Kode K56.7 zu. Die vermutete Ursache des Subileus spielt da keine Rolle.


    Herr Horndasch hat bereits auf den fehlenden Malignitätsgrad /1 für D37-D48 hingewiesen. Sie wissen nicht einmal das Organ, ansonsten hättten Sie zb D37.4 ( Kolon ) oder zb D39.1 ( Ovar ) kodieren können.
    Ohne Organzuordnung und ohne Histopathologie spricht man beim Bauch üblicherweise von einer intra-abdominalen oder pelvinen Raumforderung: R19.0 Raumforderung im Abdomen oder Becken.


    Ochpowi hat die HD bereits entschieden. Analog zu Lungenembolie vs ( Becken- ) Venenthrombose.
    Der Subileus hat die Aufnahme veranlasst. ( Laxantien die Entlassung, das zählt im DRG-System aber nicht )


    meine Kodierung: HD K56.7, ND R19.0


    mfg ET.gkv


  • D68.7 ist eigentlich nur dann anzugeben, wenn in der Krankheit der Klassifikation der Morphologie der Neubildungen der Malignitätsgrad /1 zugeordnet wird. Eine Histologie ist aber nicht beschrieben.


    Hallo Hr. Horndasch,
    das sehe ich nicht so. Die Formulierung ist nach meinem Verständnis lediglich ein Hinweis, dass es sich bei einer erfolgten histologischen Untersuchung um den Malignitätsgrad /1 handelt. Daraus kann m.E. nicht die Forderung erhoben werden, dass der Kode nur bei erfolgter histologischer Untersuchung anwendbar ist.

    hallo Herr Wegmann!

    Im vorgerückten Alter kann es auch eine Impaction sein, mit und auch ohne Kompression. Die " Lösung " nach Laxantien spricht gegen eine externe Kompression ( und auch gegen Tu-Schmerzen ) ...
    spricht man beim Bauch üblicherweise von einer intra-abdominalen oder pelvinen Raumforderung: R19.0 Raumforderung im Abdomen oder Becken. ...

    Ochpowi hat die HD bereits entschieden. Analog zu Lungenembolie vs ( Becken- ) Venenthrombose.

    Hallo ET.gkv,

    wenn Sie schon auf die üblichen Begrifflichkeiten hinweisen, ist die "Impaction" eher nicht angebracht. Das ist zumindest im hiesigen Sprachraum eher unüblich.

    Auch hat Ochpowi m.E. nichts entschieden; eine Entscheidung steht hier eigentlich niemandem zu.

    Bei der medizinischen Wertung hinsichtlich der Raumfordrung und Kodierung mit R19.0 kann ich Ihnen durchaus folgen.
    Ihre Argumentation, dass für den Subileus/Ileus ein von Ihnen als "spezifisch" bezeichneter Kode, weil nicht R-Kode, vorgesehen ist und damit ein eigenständiges Krankheitsbild vorliegt, überzeugt mich nicht.
    Medizinisch kann ein Ileus durchaus ein eigenständiges Krankheitsbild darstellen. Wie würden Sie aber die Hauptdiagnose kodieren, wenn ein Patient mit starken Schmerzen infolge einer Peritonitis bei perforiertem Ulcus ventriculi aufgenommen wird? Peritonitis oder perforiertes Ulcus? Wie, wenn bei verzögerter Aufnahme Erbrechen infolge eines paralytischen Ileus hinzukommt und im Vordergrund steht. Ich würde als HD das perforierte Ulcus wählen.

    Weder in den DKR noch im ICD gibt es eine dahingehende Vereinbarung/Festlegung, dass ein Nicht-R-Kode als eigenständige Diagnose und nicht als Symptom zu werten ist. Man kann auch kodiertechnich den Ileus als ein Symptom erachten (s.o. Argumentation von Hr. Horndasch zu den Hinweisen zu R10-R19), was auch zu einem "symptomatischen Ileus", z.B. bei Peritonitis infolge Perforation (s.o.), passt. Wir haben immer wieder die Frage, ob man eine Erkrankung/Diagnose als symptomatisch/Symptom einer anderen Diagnose erachtet und die ursächliche Dagnose als HD kodiert oder die Erkrankung/Diagnose eben als eigenständig und damit als Hauptdiagnose bewertet.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo Medman2,

    ich gehe mit allen Ihren Stellungnahmen konform.

    Möchte jetzt jedoch noch mehr Verwirrung schaffen. Darf der Tumor (egal welcher Klassifikation) überhaupt kodiert werden?

    Abnorme Befunde - Abnorme Labor-, Röntgen-, Pathologie- und andere diagnostische Befunde werden nicht kodiert, es sei denn, sie haben eine klinische Bedeutung im Sinne einer therapeutischen Konsequenz oder einer weiterführenden Diagnostik (nicht allein Kontrolle der abnormen Werte).

    Im Fall von Kollege Münsterländer ist keine weitere Diagnostik / Therapie gelaufen. Zufallsbefund ohne weitere Maßnahmen.

    So einfach und doch so bleiern kann Kodierung sein ... ;( 8o


    Gruß

    ochpowi

  • Hallo Ochpowi,

    ich meine schon, da er bei Aufnahme bestand und auch ein Grund zur Aufnahme war. Der Umstand, dass der V.a. weder gesichert werden konnte noch der Befund als Hauptdiagnose ausgewählt wurde, schließt die Kodierung nicht aus.

    Viele Grüße

    Medman2

  • hallo!


    Es werden immer mehr Baustellen in diesem threat.


    Thema Ileus/ Subileus
    Klinisch lag ein Subileus vor, s. Überschrift.
    Warum der mdk-Kollege nun zu einem Okklusions-Ileus tendiert versteh ich nicht.
    Ein Subileus / Präileus wird nach alphabVZ mit K56.7 kodiert, nicht mit K56.6.
    K56.7 ist keine Resteklasse.
    Medizinisch ist die Änderung der Diagnose Subileus in Ileus unvertretbar.


    Thema D48.7
    Für mich ist das onkologischer Horror. Es findet sich eine abdominopelvine Raumforderung und sofort wird von Neubildung ausgegangen. Ohne jeglichen Beweis.
    ( Ich erinnere mich an einen Patienten mit einer " dreckigen " zystischen RF im Unterbauch. Wegen einer Krebsanamnese waren alle sich sicher: bösartige NB.
    Postop Diagnose: Pancreaspseudozyste. )
    Hier in diesem Fall ist eine NB hochwahrscheinlich, aber weder bestätigt noch widerlegt.
    Die Kodierung von D48.7 verstößt gegen D008, Verdachtsdiagnosen.
    Es ist das Symptom zu kodieren.


    Thema Symptome
    Codes für Symptome finden sich in vielen Kapiteln.
    Deutet ein Symptom auf 2 oder mehr Erkrankungen / Organsysteme, so ist im R-Kap aufgelistet.
    Deutet ein Symptom auf eine bestimmte Erkrankung / Organsystem, so ist es im entsprechenden Organ-Kap aufgelistet.
    Nachzulesen direkt unter R00-R99.
    Beispiele für Nicht-R-Symptome:
    Belastungsangina deutet auf " Herz ": I20.8
    Meläna deutet auf Magen-Darm-Trakt: K92.1


    hallo medman2!
    Ihre Kritik von " Impaction " ist mehr als berechtigt. Peinlich, es hätte zumindest " fecale Impaction " heißen müssen. So kann`s daneben gehen.
    Ich habe allerdings ein Problem, ich weiß keinen deutschen Ausdruck dafür.
    Natürlich werde auch ich für eine " Perforations-Peritonitis " das perforierte Ulkus als HD nehmen. Schließlich kommen die Salzsäure und die Bakterien aus dem Magen.


    hallo ochpowi1
    " ... so bleiern kann Kodierung sein ".
    Empfinde ich auch so. Seit langer Zeit knacke ich am Beispiel 3 von D009. Manchmal denk ich, ich hätt`s kapiert, tags darauf denke ich, das ist doch irre.
    Ich schreibe das, weil das alphabVZ den Subileus in < Ileus, nicht näher bezeichnet > klassifiziert.

    mfg ET.gkv