• Zu den beiden Statements im News-Portal von medhochzwei:

    Holger Höhmann, Vorsitzender der Fachgruppe Psychiatrische Einrichtungen des VKD, wörtlich:

    „Wir sind froh über diesen Schritt, der die Chance für ein stimmiges Finanzierungssystem eröffnet, das wirklich bedarfsgerecht ist. Die Behandlung psychisch kranker Menschen kann sich nicht an Tagesentgelten orientieren, wie es im PEPP vorgesehen war. ..."

    Warum nicht? Die alten Pflegesätze nach der BPflV waren auch tagesbezogen. Jetzt gibt es nur eine Differenzierung nach Fallgruppen und eine Degression der Tagesentgeltsätze bis zum Degressionsendpunkt. Dies ist aber auch notwendig, wenn leistungsorientiert vergütet werden soll. Genau an dieser Leistungsorientierung soll festgehalten werden. Wie soll der neue Entgeltmechanismus aussehen? Fallpauschalen wie im DRG-System mit den wirklich harten ökonomischen Anreizen zur Verweildauerverkürzung?

    "Das nun angedachte Budgetsystem ermöglicht es den psychiatrischen Kliniken, auch weiterhin ganz individuell auf jeden Patienten einzugehen. Gleichzeitig sollen auf der Grundlage der Psychiatrie-Personalverordnung sowie der wissenschaftlichen Behandlungsleitlinien Vorgaben für die Mindestausstattung in den Kliniken festgelegt werden. Auch das war eine unserer Forderungen."

    Was heißt, dass man durch das neue Budgetsystem "individuell" auf den Patienten eingehen kann? Aufstockung des Budgets auf das Niveau der Psych-PV ist auch ohne neues System möglich. Für welche Fälle und für wie viele Fallgruppen wird es Behandlungsleitlinien geben? Für jeden einzelnen Patienten, für jeden Behandlungsfall?

    Nur bei Vorliegen des Kostendeckungsprinzip wird jeder Fall völlig individuell vergütet. Gegen jegliche Elemente dieser Art werden sich die Krankenkassen mit allen Mitteln wehren. Von den Krankenkassen hat sich bislang auch noch keiner zu den neuen Vorschlägen zu Wort gemeldet.


    DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum:

    „Dazu gehören aus der Sicht der Krankenhäuser eine deutliche Entbürokratisierung und Vereinfachung des Leistungsverzeichnisses. Die vorgesehenen Neuregelungen zur besseren Berücksichtigung der medizinischen Kosten und des Personalbedarfs im Kalkulationsverfahren müssen allerdings um entsprechende Finanzierungsregelungen für die konkreten Budgetverhandlungen vor Ort ergänzt werden. Was kalkuliert wird, muss am Ende auch über die Budgets finanziert werden“

    Zur Umsetzung der Entbürokratisierung enthält das Eckpunktepapier keine Vorschläge.

    Die Budgetverhandlungen vor Ort werden der große Knackpunkt. Alle Mittel über dem Niveau der Psych-PV müssen ausgehandelt werden. Was ist, wenn die Krankenkassen auf die Idee kommen, dass zwar ausreichend Mittel dem Krankenhaus zur Versorgung seiner Fälle zur Verfügung stehen, aber das Krankenhaus aus deren Sicht noch nicht effizient genug arbeitet? Bei den Verhandlung argumentiert man auch immer mit hypothetischen zukünftigen Behandlungsfällen. Da stelle ich mir die Argumentation gegenüber den Krankenkassen nicht unbedingt leichter vor, als die Diskussionen über vergangene Fälle in den MDK-Prüfungen.

    Die Freiheiten bei der Behandlungsdurchführung, die das PEPP-System bei allen zu erbringenden Leistungsnachweisen und Einschränkungen bietet, sind, glaube ich, erstmal nicht zu unterschätzen.

    Einmal editiert, zuletzt von Putzmunter (2. März 2016 um 10:46)

  • Hallo,

    eine weitere gute Zusammenfassung der Ergeignisse ab dem 18.02.2016 finden Sie hier in der aktuellen Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes vom 04.03.2016.


    MfG,

    ck-pku

  • Liebe GW und Putzmunter,

    ich bin ja (wenn überhaupt) nur Amateur in der Abrechnung, aber ich verstehe die Änderungen in PEPP seit 2015 unterjährig so, dass für einen Behandlungsfall wie von Ihnen geschildert nicht die Summe der degressiv verlaufenden BWR der Behandlungstage 1 bis Entlasstag angewendet wird, sondern die BWR des Entlasstages mal Behandlungstage. Unter dieser Voraussetzung hätte die Degression nun doch stärkere Anreizeffekte. Korrigieren Sie mich gerne, es handelt sich um eine Verständnisfrage. Ich habe einen Vortrag von Herrn Schaffert vom INEK Ende 2015 genau so verstanden.

    Dank und Gruß
    talberti

  • Hallo talberti,

    Sie haben Recht, es gilt die BWR des Entlassungstages multipliziert mit der Anzahl der Tage. Nur sieht die Abnahme der BWR/Tag in der Tabelle relativ deutlich aus. Wenn Sie sich jedoch den (für das KH relevanten) Gesamterlös der Fälle (Entlassen am Tag 1, Tag 2, Tag 3 usw) aufzeichnen, können Sie den Effekt (Abweichung von einer linearen Steigung) kaum erkennen. Meine Aussage ist: Der daraus resultierende Anreiz ist im Verhältnis zu anderen Anreizen und zu bedenkenden Aspekten (wie z.B. dass ein leerstehendes Bett Geld kostet) so gering, dass er für die Entscheidung zur Entlassung keine Rolle spielen sollte (zumindest wenn man rechnen kann).

    Gruß

  • Guten Morgen,

    gestern äußerte sich Bundesgesundheitsminister Gröhe auf dem DRG-Forum zum neuen Entgeltsystem wie folgt (siehe hier):
    Bei der Reform der Vergütung psychiatrischer Leistungen liege noch „sehr viel Arbeit" vor der Politik, wobei der Anfang getan sei. „Von dem Buch sind jetzt nicht nur das Deckblatt sondern auch die Kapitelüberschriften geschrieben." Falls am Ende mehr Zeit nötig sei für die Details der künftigen Finanzierung, werde sich die Politik diese nehmen. Gegen das PEPP als Preissystem habe immer ein Budgetsystem gestanden. „Wir haben uns entschieden, dass wir ein Budgetsystem brauchen. Steuerungssysteme bleiben die im Rahmen von PEPP in den Kalkulationshäusern erarbeiteten Relationen." Es dürfe aber nicht zu einer Abwärtsspirale bei den Preisen kommen. „Dem haben wir entgegengewirkt. Empirie und normative Vorgaben sollen zusammenkommen. Ich verstehe, dass es da im Kleingedruckten zu Fragen kommt." Die Kalkulation werde aber nicht abgeschafft, sie verändere nur ihren Charakter. Es gibt nun umfangreiche Möglichkeiten für regionale Versorgungsstrukturen. Im Vergleich zur frühen Systematik bleibe die Kalkulation „tiefgreifend verändert".

    Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, erklärte:
    Die Weiterentwicklung des Psych-Entgeltsystems unterstütze die DKG. Baum plädierte dabei für eine „Light-Version" des Entgeltkatalogs.

    Wulf-Dietrich Leber, Leiter Abteilung Krankenhäuser beim GKV-Spitzenverband (GKV-SV) äußert sich folgendermaßen:
    Kritisch äußerte er sich zum Kurswechsel der Bundesregierung bei dem pauschalierenden Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP). Fast zwei Drittel der Patienten würden mittlerweile über PEPP abgerechnet. Zu den jüngsten Eckpunkten aus dem Bundesgesundheitsministerium erklärte er: „Man weiß nicht, was sie beschlossen haben. Es gibt keine Konvergenz mehr zu landeseinheitlichen Preisen." Grundlage sei der bundesweit empirisch kalkulierte Entgeltkatalog. „Das heißt: PEPP bleibt", sagte Leber. Es gebe aber nun sieben Dimensionen der Budgetfindung. „Das Wort, das dies am besten beschreibt lautet: Irgendwie." Nötig ist aus Lebers Sicht eine bundeseinheitliche Regelung der Psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA). Die wesentliche ambulante Versorgungsform werde auch künftig nicht im Rahmen des sogenannten Hometreatment stattfinden, sondern über PIA.
    Zu der im Jahr 2015 auf dem 14. DRG-Forum heftig diskutierten Prüf-Verfahrensvereinbarung (Prüf-VV) und der Frage, wie viel die Kassen den Krankenhäusern beim Aufwand vom MDK-Prüfungen zahlen, sagte Leber auf Nachfrage lediglich: „Friede (sei - d.V.) mit Euch (!“ - d.V.)

    InEK-Geschäftsführer Frank Heimig erklärte:
    Keine neuen Aussagen traf er zum neuen Entgeltsystem Psychiatrie und Psychosomatik. Scherzhaft schlug er als neuen Namen vor: „Leitlinienorientiertes Vergütungs- und Entgeltsystem", Abkürzung: LOVE. Er schloss mit der ironischen Bemerkung: „Make Love, not PEPP!"


    MfG,

    ck-pku

    Einmal editiert, zuletzt von ck-pku (18. März 2016 um 10:46)

  • Sorry aber der muss sein:

    Ich habe mir bereits ein neues Namensschild bestellt: Name, Absatz: LOVE-Controller

    Ach hab ich gerade spaß!

  • Die bisherigen Pläne aus dem Ministerium kamen bei den Vertretern der Ärzteverbände gar nicht gut an. "So haben wir uns das aber nicht vorgestellt" kam zwei drei mal, um dann den SPD-Bundestagsabgeordneten zu Wort zu bitten, damit er die gewünschte Linie nochmal vorgibt. Das war schon amüsant.

    Höhepunkt war der Moment als der Ministeriumsvertreter den Krankenhausbetriebsvergleich auf Basis eines inoffiziellen Landesbasisentgeltwert als Richtgröße vorgeschlagen hat und somit ziemlich entlarvt worden ist, dass kaum etwas geändert werden soll.

    Warum sich (hoffentlich) nicht allzu viel ändern wird:

    - Der Widerspruch, dass man sich nicht in der Lage sieht mittels diagnosenbasierter Vergütung eine fallgerechte Vergütung zu erwirken, aber mittels Leitlinien plötzlich alle Sachverhalte einfangen möchte.

    - Mittels der Leitlinien die Kompetenz der Kliniken zur Behandlung der Patienten dem G-BA übergeben wird. Das halte ich eigentlich für das größte Unding und es ist eigentlich unfassbar, dass das von den Ärzteverbänden gefordert wird. Zudem wird auch von den Krankenkassen und sogar vom Ministerium bezweifelt, dass aus den Leitlinien Personalbedarfe abgeleitet werden können.

    - Normative Elemente in der Kalkulation keinen Euro mehr ins System bringen und mögliche zu niedrig bemessene Krankenhausbudgets kein Problem eines diagnosenbasierten Vergütungssystem sind.

    - Dafür verzichtet man auf die Konvergenz, als System, das Geld in das System leitet, da das PEPP als Preissystem aufgegeben werden soll. Vor allem ist mir unklar, was das Problem an einem "Preissystem" ist. Sobald ich Erlösbudget durch Budgetmenge teile, habe ich immer einen "Preis".

    - Leistungsorientierte Vergütung immer die Dokumentation der Leistung voraussetzt und der Aufwand sich kaum reduzieren wird.

    - Keine Bereitschaft seitens der Krankenkassen da sein wird, die Wünsche bezüglich der Personalforderungen seitens der Krankenhäuser zu erfüllen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass bereits bezahlte Stellen schon nicht besetzt werden. D.h. die ersten Argumentationslinien für die dann als Allheilmittel dienenden regionalen Budgetverhandlungen schon aufgebaut werden.

    Ich will nicht nur meckern, aber mir ist einfach völlig unklar, warum man so einen Murks veranstaltet und so viele Ressourcen, Kräfte und Vertrauen durch die ewigen Systemänderungen vergeudet werden. Das kommt den Patienten auf jeden Fall nicht zu Gute.

  • Hallo,

    die DKG hat gestern die aktualisierte Excel-Arbeitsmappe zur Aufstellung der Entgelte und Budgetermittlung (AEB-Psych 2016) im PEPP-Vergütungssystem nach § 17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) zur Verfügung gestellt. Sie erhalten diese kostenlos hier.

    Ich wünsche allen Lesern ein schönes Osterfest.


    MfG,

    ck-pku

  • Guten Morgen,

    solange wir noch auf den angekündigten Referentenentwurf zum neuen Entgeltsystem warten habe ich diverse Beiträge zur 'Überbrückung' bereitgestellt:

    • Korrektur der Excel-Arbeitsmappe zur Aufstellung der Entgelte und Budgetermittlung (AEB-Psych) im PEPP-Vergütungssystem nach § 17d des Krankenhausfinanzie-rungsgesetzes (KHG) [Stand: 29.03.2016] hier,
    • ausführlicher Artikel aus dem Rheinischen Ärzteblatt 3/2016 "Große Koalition rückt von Fallpauschalen in der stationären Psychiatrie ab" hier,
    • Statement "Hinreichend unklar" von Dr. Wulf-Dietrich Leber, Abteilungsleiter Krankenhäuser GKV-Spitzenverband, aus dem HIGHLIGHTS MAGAZIN (AUSGABE 6/16 – 9. MÄRZ 2016) des GKV-Spitzenverbandes hier,
    • eine Pressemitteilung "Christliche Krankenhausverbände unterstützen Reformprozess zur Neuorientierung des PEPP-Systems" der Christlichen Krankenhäuser in Deutschland vom 16.03.2016 hier und
    • Seite 4 der PSYCHE IM FOKUS (Das Magazin der DGPPN), Ausgabe 1, 2016 mit dem Titel "BUDGETSYSTEM STATT PEPP: KURSWECHSEL IM BUNDESGESUNDHEITSMINISTERIUM" hier.

    Schon 1,5 Monate alt, aber unbedingt lesenswert, sind über 30 Beiträge der 8. Fachtagung Psychiatrie des "FORUM für Gesundheitswirtschaft e.V." mit dem Titel "Anspruch trifft auf Realität – Psychosoziale Versorgung und Ökonomie", die Sie hier finden. Darunter beschäftigen sich viele Redner auch mit dem Thema PEPP.

    Sofern Sie den "BibliomedManager" der Bibliomed-Medizinische Verlagsgesellschaft mbH abonniert haben, stehen Ihnen hier auch sämtliche Präsentationen des diesjährigen DRG-Forums zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es dann auch hier eine f&w-Sonderausgabe zum DRG-Forum.


    MfG,

    ck-pku