Zutreffende Hauptdiagnose - Anafistel versus Neutropenie

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    gerne würde ich die folgende Frage im Forum diskutieren:

    Stationäre Aufnahme eines Patienten als Einweisung durch den Hausarzt mit fieberhaftem Infekt, Verdacht auf Mononucleose, bakterieller Tonsillitis und periproktitischem Abszess.

    Der Patient wird initial konservativ in der Inneren Medizin aufgenommen, eine Mononucleose wird per Schnelltest ausgeschlossen und die Tonsillitis antibiotisch mittels i.v. - Penicillingabe therapiert. Die massive neutrophile Granulozytopenie wird per Laborverlauf kontrolliert, eine belastbare Ursache kann nicht benannt werden. CRP und Gesamt - Leukozyten sind deutlich erhöht. Der Abszess wird zunächst konservativ durch die Chirurgie mitbehandelt, am vierten Belegungstag wird der Patient in die Chirurgie verlegt und dort operiert. Bei weiter fast nicht meßbaren neutrophilen Granulozyten wird der Patient wieder in die Innere Medizin übernommen, umkehrisoliert und letztlich extern verlegt. Besondere Diagnostik z.B. eine Knochenmarkstanze erfolgte nicht.

    Frage der korrekten Hauptdiagnose ...

    Bin für jeden Hinweis dankbar.

    Viele Grüße

    Stephan Wegmann

  • Hallo Herr Wegmann,
    klingt nach konkurrierenden HDs und Sie dürfen sich jetzt auf die Suche nach der Diagnose mit dem höchsten Ressourcenverbrauch machen.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Wegmann,

    nicht zu vergessen auch, dass aufgrund der Verlegung auch eine Verdachtsdiagnose in Frage kommt, wenn Sie explizit mit Verdacht auf z.B. Leukämie verlegt haben.

    MfG,
    B. Liebermann

    P.S.: Müsste es im Titel nicht heißen "Analfistel versus NEUTROPENIE" anstatt Neutrophilie? Hat mich als Nicht-Mediziner beim Lesen des Beitrags etwas irritiert...

  • Danke für den Hinweis bzgl. der Überschrift, habe ich soeben geändet.

    Über die Anwendung der Verlegungsregeln habe ich ebenso nachgedacht.

    Hier stellt sich die Frage, ob jetzt bzgl. konkurrierender Hauptdiagnosen entschieden werden muss oder die Verlegungsregeln anzuwenden sind... - Was hat Vorrang ?

    Explizit verlegt mit der Frage einer Leukämie haben wir nicht. Eine medikamenteninduzierte Ursache wurde (weitgehend) ausgeschlossen; aus meiner (nicht - ärztlichen) Sicht ist vor allem der akute Entzündungszustand an zwei Lokalisation als Ursache denkbar.

    Faktisch haben wir drei Möglichkeiten von bei Aufnahme bestehenden Diagnosen:

    Akute, eitrige Tonsillitis ==> behandelt mit Antibiose
    Akuter Perianalabzess ==> operativ behandelt
    Leukopenie: bei Aufnahme Gesamt - Leukozytenzahl erniedrigt; neutrophile Granulozyten noch normwertig, Lymphozyten jedoch erhöht; im Verlauf dann Neutropenie der Granulozyten bis zum fehlendem Nachweis, dafür Anstieg der Lymphozyten (verdoppelt) und der basophilen Granulozyten (verdoppelt)

    Eine Therapie der Leukopenie erfolgte nicht.

    Viele Grüße

    Stephan Wegmann

  • Hallo Herr Wegmann,

    wenn im Lauf von Diagnostik und Behandlung der Verdacht entsteht, dass hinter den lokalen Infekten und der Neutropenie eine systemische Grunderkrankung als verbindende Ursache steht, und der Patient zur weiteren Abklärung verlegt wird, dann ist m.E. die Verdachtsdiagnose die HD.

    Wenn es keinen Anhaltspunkt für eine hinter den Infekten stehende Grunderkrankung gibt und die Neutropenie als Folge des hohen Granulozytenverbrauchs erklärt werden kann, haben Sie je nach RV die Wahl zwischen Tonsilitis, Abszess und Neutropenie. Auch wenn Sie keine spezifische Therapie der Neutropenie eingeleitet haben, haben Sie den Pat. doch isoliert, was ja auch mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden ist.

    Rein interessehalber: darf ich noch fragen, warum Sie verlegt haben? Zur weiteren Diagnostik oder zu Behandlung der Neutropenie? Oder aus einem ganz anderen Grund?

    Schöne Grüße,
    B. Liebermann

  • Verlegt haben wir in die Hämatologie zur weiteren Abklärung der Neutropenie. Argumentativ hält uns der Kostenträger entgegen, das die aufnehmende Klinik den Perianalabszess als Aufnahmediagnose übermittelt hat (warum auch immer als hämatologische Klinik ...).

    Viele Grüße

    Stephan Wegmann

    PS. Die Isolation war nur für einen Tag.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    mal unabhängig von der HD-Frage hier.

    Argumentativ hält uns der Kostenträger entgegen, das die aufnehmende Klinik den Perianalabszess als Aufnahmediagnose übermittelt hat (warum auch immer als hämatologische Klinik ...).

    Was nichts zu bedeuten hat:
    DKR D002
    Die nach Analyse festgestellte Hauptdiagnose muss nicht der Aufnahmediagnose oder Einweisungsdiagnose entsprechen.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau