Informationsschreiben einer KK zur Aufwandspauschale

  • OK, Herzchen war schneller ;)

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • ...und das ist rechtskräftig? Muss sich das BSG nicht jetzt auf jeden Fall noch mal dazu äußern?

    Gruß
    B.W.

  • nö, wenn die Kasse keine Lust hat und kein Rechtsmittel einlegt, werden solche Urteile rechtskräftig, obwohl sie dem BSG zuwiderlaufen - hat halt idR wenig Breitenwirkung - fast immer wenn ich bei anderen SG mit einem Urteil des SG Mainz wedle, lächeln die Richter mitleidig und entscheiden dann auf BSG-Linie...

  • so, habe jetzt die ersten Fälle vorliegen, bei denen einzelne KKen 5-stellige Beträge bzgl. längst gezahlter AWP von einzelnen KHs zurückfordern - rückwirkend bis 2011... Teilweise recht beliebig inkl. Verweildauerprüfungen (das wird dann wohl einfach verdientes Geld), teilweise aber auch nur Kodierungsfälle. Bin jedenfalls gespannt, wie die Gerichte reagieren, wenn sie dutzendfach dieselbe Klagebegründung mit einem Streitwert von je € 300,- reinbekommen... ||

  • Guten Morgen.

    Spannende Entwicklung. Jeder Einzelfall wurde allerdings als 275 1c Prüfung angezeigt.
    Und nun?

    merguet

  • Morgen,

    es ist für mich doch die Frage, ob man sich im Nachhinein auf ein Rechtskonstrukt berufen kann, das niemand vorab kannte.

    Gruß

    merguet

  • Insoweit hat der BGH im Zivilrecht mal ein paar interessante Ausführungen gemacht:

    Zitat von BGH Urteil vom 18.01.1996, IX ZR 69/95

    Höchstrichterliche Urteile sind kein Gesetzesrecht und erzeugen keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Durch das Abweichen von einer früher vertretenen Rechtsansicht verstößt der Richter grundsätzlich nicht gegen Art. 20 Absatz III GG. Gerichtliche Entscheidungen, die die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts betreffen, wirken schon ihrer Natur nach auf einen in der Vergangenheit liegenden, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein. Diese sog. unechte Rückwirkung ist, ebenso wie bei gesetzlichen Vorschriften, grundsätzlich zulässig. Jedoch ergeben sich Schranken aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit, welche für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz bedeutet. Durfte die betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen und verdient dieses Vertrauen bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen der Beteiligten sowie der Belange der Allgemeinheit den Vorzug, greift die Rückwirkung in rechtlich geschützte Positionen ein.

    Fraglich ist dann, ob vor Jahren abgerechnete und bezahlte AWP-Forderungen einen abgeschlossenen Sachverhalt in diesem Sinne darstellen oder ein Sachverhalt erst mit Ablauf der Verjährungsfrist als abgeschlossen gilt (ähnlich wie mehrjährige MDK-Prüfungen...)

  • Hallo Herr Berbuir,

    wie sieht es denn aus mit dem Datenschutz? Bekanntlich handelt es sich ja datenschutzrechtlich um einen Verbotstatbestand mit Erlaubnisvorbehalt. D.h., dass zunächst alles verboten ist, was nicht -ausdrücklich- erlaubt ist.

    Die Erlaubnis zur Erhebung und Speicherung von Sozialdaten für den MDK ergibt sich aus § 276 Abs. 2 SGB V:

    • "Der Medizinische Dienst darf Sozialdaten nur erheben und speichern, soweit dies für die Prüfungen, Beratungen und gutachtlichen Stellungnahmen nach § 275 und für die Modellvorhaben nach § 275a erforderlich ist; ..."

    Die Befugnis zur Übermittlung durch z.B. das KH ergibt sich aus dem folgenden Satz:

    • "haben die Krankenkassen nach § 275 Abs. 1 bis 3 eine gutachtliche Stellungnahme oder Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlaßt, sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des Medizinischen Dienstes unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist."

    Die Verwertbarkeit von Daten wird durch den dann folgenden Satz eingeschränkt:

    • "Die rechtmäßig erhobenen und gespeicherten Sozialdaten dürfen nur für die in § 275 genannten Zwecke verarbeitet oder genutzt werden, für andere Zwecke, soweit dies durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuchs angeordnet oder erlaubt ist."

    Wie ist denn die vom 1. Senat konstatierte sachlich rechnerische Prüfung einzuordnen? Der MDK darf ja offensichtlich lediglich im Rahmen des § 275 Daten erheben, wobei hier nur § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in Frage kommt. Eine Erhebung und Speicherung außerhalb § 275 ist m.E. nicht zulässig. Damit dürften die Daten nicht verarbeitet oder genutzt werden.

    Viele Grüße

    Medman2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (22. August 2015 um 13:21)

  • Hallo medman2,

    genau diese Frage stelle ich mir schon lange. Die Prüfungen werden ja zunächst als §275-Prüfung eingeleitet, so dass man sich der Mitwirkung nicht entziehen kann. Erst hinterher wird dann die erfolglose Kodierprüfung zur Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit erklärt. Dabei werden Sozialdaten erhoben, die dem Datenschutz unterliegen.
    Ich bin kein Jurist, aber für mich ist das eine Straftat, ähnlich wie ein Kriminalermittler, der sich seine Beweise durch Einbruch, Diebstahl und Vorspiegelung falscher Tatsachen besorgt. Der MDK wird dabei zum Komplizen gemacht, willentlich oder nicht.
    Oder? Wie sehen das die Fachleute?

    Viele Grüße
    C.Lehmann

    Einmal editiert, zuletzt von clehmann (24. August 2015 um 15:50)

  • Das BSG hat sich mit der Konstruktion der "sachlich-rechnerische Prüfung auf Grundlage des § 301 SGB V" selbst in eine unauflösbare Problemlage gebracht. Wenn § 301 SGB V die Rechtsgrundlage für die "sachlich-rechnerische" Prüfung ist, kann die Prüfung nur anhand der § 301 Daten erfolgen. Die reichen aber für eine Prüfung der Codierung nicht aus, hierfür braucht der MDK mehr Sozialdaten, die kann er aber nur auf Grundlage des § 275 SGB V erhalten, in dessen Rahmen es aber keine "sachlich-rechnerische" Prüfung gibt, nur eine Auffälligkeitsprüfung, also hilft es nur die "sachlich-rechtliche" Prüfung zunächst als Auffälligkeitsprüfung zu deklarieren und, um die Zahlung der AWP zu verhindern, dies dann doch im Nachhinein als "sachlich-rechtliche" Prüfung zu deklarieren. Die ganze Konstruktion des BSG ist also vorne und hinten nicht stimmig und macht den Eindruck, nur den Sinn zu verfolgen, möglichst oft die Zahlung der AWP zu verhindern - oder ich verstehe die gesamte Rechtsprechung falsch oder gar nicht.