Kodierung retinale Ischämie als Hirninfarkt mit Erfassung der neurologischen Komplexbehandlung

  • Liebe MitstreiterInnen,

    bei uns werden retinale Ischämien in der Regel als Hirninfarkte kodiert und die Pat. auf der Stroke Unit behandelt - mit Abrechnung der neurologischen Komplexbehandlung.
    Wie auch bei anderen Hirninfarkten kodieren wir als Hauptdiagnose nicht den Verschluss des Gefäßes sondern die Ischämie - in diesen Fällen die I63.-.
    Dies passt dem MDK natürlich nicht - wobei wir nach Widerspruch und Hinweis, dass die Retina anatomisch dem Gehirn zuzuordnen sei, auch schon mal bestätigt wurden.

    Wie sehen Sie diese Kodierproblematik?
    Wer hat ähnliche Probleme?
    ?(
    vielen Dank

  • Hallo Milka,

    das ist ja eine spannende Sache, das habe ich so bisher noch nicht gehört. Und die gängigen Studien oder Guidelines für die Stroke Unit erwähnen diese Klientel nicht (oder jedenfalls nicht gesondert).

    Was mich dabei interessieren würde: nehmen Sie alle Patienten mit akuter Visusverschlechterung auf die Stroke auf - und damit den Augenärzten aus den Händen? Oder differenzieren Sie zunächst einmal nach Glaukomanfall, Arteriitis oder embolischem Verschluss - und übernehmen nur die mit der Thrombose aus der Augenklinik? Und was machen Sie dann auf der Stroke mit diesen Patienten? Eine Thrombolyse (was ja bei den Mediainfarkten einen Gutteil der Wirkung der Unit ausmacht)? Oder monitoren Sie die Patienten bloß über 24h - und lassen sie dann wieder zurück zu den Augenärzten? Denn ABC-Management braucht ja vermutlich keiner davon....

    Gruß

    W.

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag



    Retinale Ischämie = Ischämischer Schlaganfall im Versorgungsbereichder Carotis


    Die A. carotis interna versorgt das Auge (A.ophthalmica, A. retinalis) und

    die vorderen zwei Drittel einer Hemisphäre (A.cerebri anterior und A. cerebri media).


    Die Amaurosis fugax wird verursacht durch einenkurzzeitigen Verschluss der A. ophthalmica

    oderder A. retinalis.




    Gruß

    ERembs

  • hallo Milka12!

    kann sein das ich mich damit in die Nesseln setze.
    Aber ist diese Kodierung wirklich DRG-konform?

    Im alphabICD findet sich:
    Retina > Ischämie H34.2
    der gleiche Kode wie bei Retina > Infarkt.

    Sie kodieren das mit I63.-
    Weil entwicklungsbiologisch sich die hinteren Augenabschnitte sich aus dem ( Zwischen- ) Hirn entwickeln.
    Für I63.- müssen Sie 2 Entscheidungen treffen.
    - nehmen Sie eine präzerebrale oder eine zerebrale Arterie?
    - nehmen Sie Embolie oder Thrombose? (nicht wichtig )

    Die Aa ophthalmica et centralis retinae sind keine zerebralen oder präzerebralen Aa.
    Im alphabICD findet sich daher:
    Arteria > ophthalmica > Embolie H34.2
    Arteria > ophthalmica > Thrombose H34.2

    Im ICD ist das Auge kein ausgelagertes Gehirn!
    H34.- ist nicht in I63.- umzudeuten.

    Ausnahme.
    Beim Okulären Ischämiesyndrom ist die A. carotis die Ursache. I-Kodes sind da o.k.

    mfg ET.gkv

  • Hallo,

    vielen Dank für die Antworten.

    Zu den Fragen von Willis: natürlich primär die Aufnahme in der Augenklinik - dort Ausschluss anderer Ursachen - dann notfallmäßige Verlegung in die Neurologie. Hier erfolgt die Akutbehandlung (evtl. Lyse) und die weitere ätiologische Diagnostik.

    Zu den Ausführungen von ERembs und ET.gkv: ??? - sehe ich da einen Widerspruch?
    Bin ehrlich gesagt auch noch nicht wirklich schlauer.

    viele Grüße
    Milka12

  • Hallo,

    vielleicht liege ich ja jetzt völlig falsch, aber warum nicht Amaurosis fugax (G45.3_)? Handelt es sich um eine transiente Störung? Hier ist dann auch die Komplexbehandlung kein Problem.

    Viele Grüße
    drglü

  • Hallo,

    bei transienter Störung (bis 24h) kodieren wir G45.-. Hier haben wir keine Probleme.
    Schwierig wirds eben bei Fällen mit Symptomatik >24h.

    viele Grüße
    Milka12

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag

    Die Netzhaut (Retina) stellt entwicklungsgeschichtlich eineAusstülpung des Zwischenhirnes dar, ist also bereits als ein Teil des Gehirnszu betrachten


    Siehe:

    Demgegenübersieht die neuste Definition eines ischämischen Insults eine über 24 Stundenbestehende Symptomatik oder eine anhand einer Bildgebung verifizierte akuteGehirnläsion vor [4].

    https://www.iqwig.de/download/A09-0…ll_oder_TIA.pdf

    Gruß

    E Rembs

  • Hallo Milka,

    der Mechanismus des Zentralarterienverschlusses mag in Teilen verwandt sein mit dem gemeinen Schlaganfall, die Auswirkungen und damit die Behandlung unterscheiden sich trotzdem erheblich.

    Das Monitoring auf der Stroke Unit dient der Erkennung von Sekundärproblemen (= hypertensive Krise, Pneumonie, Fieber), die ab einem mindestens mittelgradigen NIHSS vermehrt auftreten.
    Deshalb benötigen ja auch nur wenige Patienten eine Überwachung dort über mehr als 48 Stunden.
    Solche Sekundärprobleme sind aber bei einem Zentral-Arterien-Verschluss CRAO eher nicht zu erwarten.
    Und die Europäische Assesment Gruppe für Lysetherapie am Auge (EAGLE) hat im September 2015 von der Lyse abgeraten.
    Damit entfällt auch dieser Aspekt. Deshalb muss hier das KH natürlich nicht nur die Kodierung richtig sortieren.

    Mindestens so spannend ist doch die Frage: Was soll denn das? Und: gibt es irgendeinen Hinweis, daß die Patienten davon profitieren?

    Wenn diese Fragen nicht suffizient beantwortet werden können, dann kommt der MDK auch mit der Fehlbelegung auf der Stroke um die Ecke, wie sie hier schon verbreitet geprüft wird.

    Als Controller sollte man wissen, daß man sich damit ein gewisses Kostenrisiko ins Haus holt....

    Gruß

    W.